Horaz
Oden
Horaz

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4. An Calliope.

          Steig' hoch vom Himmel und mit der Flöt' ertön'
Ein großes Lied mir, hehre Calliope!
    Ob lieber nun mit heller Stimme,
        Ob mit der Sait' und Zither Apollos.
Hört ihr es? oder täuscht mich entzückender
Wahnsinn? Zu hören glaub' ich in seligen
    Lusthainen irrend, wo mit Anmut
        Säuselnde Flut sich ergeußt und Kühlung.
Mich, auf dem Voltur meiner Apulia,
Da fern der Heimat Schwellen ich niedersank,
    Vom Spiele matt und Schlummer, schützten
        Tauben, berühmt im Gesang, den Knaben,
Mit jungem Hainlaub; allen ein Wunder, die
Den hohen Klippenhorst Acherontia,
    Bantiner-Waldhöhn und die fetten
        Äcker bewohnen im Thal Ferentums:
Daß unverletzbar dunkelen Nattern ich
Einschlief' und Bären, daß ich in hüllendem
    Festlorbeer ruht' und Myrtenreisig,
        Nicht ohne Gott, ein beherztes Knäblein.
Euch wert, ihr Musen, tret' ich die luftigen
Sabinergipfel; euch, ob das kühlende
    Präneste mir, ob Tiburs Abhang,
        Ob mir die Heitre gefiel um Bajä.
Mich eurer Born' und Chöre Geweiheten
Hat nicht Philippi durch die gewandte Schlacht,
    Nicht ausgetilgt der Baum des Unheils,
        Noch Palinurus im Schwall des Sundes.
Wenn mich zu leiten ihr nur erscheint, o gern
Im Schiff den graunvoll tobenden Bosporos
    Verfluch' ich und durchglühte Sande
        Längs dem Assyrergestad', ein Wandrer;
Britanner schau' ich, welchen der Fremdling bebt,
Und, der in Roßblut schwelget, den Konkaner;
    Auch selbst Gelonenschwärm' in Köchern
        Schau' ich und Scythias Strom gefahrlos.
Ihr schafft dem Cäsar, wann der Erhabene
Vom Streit erschöpfte Krieger in Städten barg,
    Und Ende sucht mühsamer Arbeit,
        Unter pierischer Grott' Equickung.
Ihr ratet mild ihm, und der gegebne Rat,
Ihr Guten, freut euch. So hat der frevelnden
    Titanen ungeheure Heerschar
        Er mit dem fallenden Strahl zerdonnert:
Der träges Erdreich, der das empörte Meer
Und Städte mäßigt und den Bezirk des Grauns
    Und Götter und Gewühl der Menschen
        Lenkt er allein mit gerechter Obmacht.
Nicht wenig Schrecken hatten erregt dem Zeus
Mit grausem Arm hochtrotzende Jünglinge
    Und Brüder, angestrengt zu wälzen
        Pelion auf des Olympus Waldhöhn.
Doch was vermag wohl Typhon und Mimas Kraft,
Was wohl in drohnder Stellung Porphyrion,
    Was Rhötus, und ob Stämm' entwurzelnd
        Selber Enceladus kühn emporschnellt,
Was wider Pallas tönende Ägis all'
Anstürmend? Hier stand, feuriger Tapferkeit,
    Vulkanus, hier die Herrin Juno,
        Und, mit Geschossen umrauscht die Schultern,
Der loses Haupthaar spült in Kastalias
Thauhellem Sprudel, der auch in Lycia
    Luftwaldung heget und Geburtshain,
        Delos und Pataras Hort, Apollo.
Kraft ohne Klugheit stürzet durch eigne Last:
Kraft, die sich mäßigt, schwingen die Götter auch
    Zum Größern; doch sie hassen Kräfte,
        Die nach Verbrechen nur stehn und Gräul.
Zeug' ist der hundertarmige Gyges mir
Des wahren Ausspruchs, und, der die lautere
    Diana schnöd' nachstellt', Orion,
        Schnell von dem Pfeile gezähmt der Jungfrau.
Ihr eignes Scheusal lastet die Erd' in Gram,
Um Söhne trauernd, welche der Donner schlug
    Zum fahlen Orkus; nie zermalmet
        Raffende Glut das Gewicht des Ätna;
Des Schamentweihers Tityos Leber nicht
Verläßt der Vogel, ewig der Missethat
    Zur Hut gestellt; dreihundert Ketten
        Halten Pirithous fest, den Buhler.

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