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Tausend und eine Nacht. Band XVIII
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Neunte Nacht.

Der einfältige Ehemann.

»Wisse, glückseliger König, in alten Zeiten lebte einmal ein einfältiger Tropf, der viel Geld hatte und eine hübsche Frau zur Gattin besaß, die einen hübschen Gesellen liebte. Dieser Jüngling belauerte ihren Mann und besuchte sie während seiner Abwesenheit, und es verstrich hierüber geraume Zeit, bis er eines Tages, als sie wiederum mit ihm allein zusammen war, zu ihr sagte: »Meine Herrin und meine Geliebte, wenn du nach mir verlangst und mich liebst, so gieb dich mir in Anwesenheit deines Gatten hin oder ich komme nie wieder zu dir und nähere mich dir nicht mehr.« Da sie ihn nun über die Maßen liebte und sich keine einzige Stunde von ihm zu trennen vermochte und ihn auch nicht ärgern wollte, sagte sie zu ihm: »In Gottes Namen, mein Liebling und mein Augentrost; dein Hasser möge nicht leben!« Hierauf sagte er: »Heute!« Und sie versetzte: »Gut, bei deinem Leben!« und verabredete sich mit ihm. Als nun ihr Mann hereinkam, sagte sie zu ihm: »Ich möchte einen Ausflug 165 machen.« Er erwiderte: »Freut mich und ehrt mich.« Hierauf zogen sie aus, bis sie zu einem hübschen Ort kamen, der reich an Reben und Wasser war, wo er ihr ein Zelt neben einem hohen Baum aufschlug. Dann suchte sie sich einen Platz neben dem Zelt aus und machte dort eine Grube. Einige Tage später sagte sie zu ihrem Gatten: »Ich möchte auf den Baum steigen.« Ihr Gatte versetzte: »Thu's.« Wie sie nun in den Gipfel des Baumes gestiegen war, schrie sie und rief, indem sie sich vors Gesicht schlug: »Du schamloser Mensch, ist dies dein Brauch? Du hast mir Treue geschworen und mich belogen.« Sie wiederholte diese Worte einmal und noch einmal und zum drittenmal, worauf sie wieder hinunterstieg, ihre Kleider zerriß und rief: »Du schamloser Mensch, wenn du so vor meinen Augen verfährst, was magst du dann erst in meiner Abwesenheit thun!« Er versetzte darauf: »Was fehlt dir denn?« Sie erwiderte: »Du hast vor meinen Augen mit einem Weib gebuhlt.« Er entgegnete: »Nein, bei Gott: schweig' still, bis ich selber auf den Baum gestiegen bin und zuschaue.« Ehe er jedoch den Baum erklommen hatte, kam ihr Geliebter aus der Grube und umarmte sie; und, als er nun aus der Höhe sein Weib in den Armen eines Mannes sah, rief er: »Du Buhldirne, was soll das heißen?« Dann stieg er eilends vom Baum hinunter, worauf seine Frau ihn fragte: »Was hast du gesehen?« Er versetzte: »Ich sah einen Mann in deinen Armen.« Sie entgegnete jedoch: »Du lügst, du hast nichts gesehen; du bildest es dir nur ein.« Dies thaten sie dreimal, während jedesmal, wenn ihr Mann den Baum erklomm, ihr Liebhaber herauskam und sie umarmte, während er von oben zuschaute und sie ihn fragte: »Du Lügner, hast du etwas gesehen?« worauf er es bejahte und eilends wieder herunterkletterte, ohne jemand zu sehen. Dann sagte sie zu ihm: »Bei meinem Leben, sieh zu und sprich nichts als die Wahrheit.« Er antwortete: »Komm und laß uns aus dieser Gegend fortziehen, denn es spukt hier von Dschinn und Mâriden.« Hierauf verbrachte er die Nacht und glaubte am andern 166 Morgen, es wären nur Wahn und Traumgebilde gewesen. Und so stillte der Liebhaber sein Gelüst.

Jedoch, o König der Zeit, ist diese Geschichte nicht wunderbarer als die Geschichte vom König und dem Zehntenempfänger.« Als der König die Geschichte von dem Wesir vernommen hatte, entließ er ihn und bestellte ihn am nächsten Abend zu sich, worauf er von ihm die Geschichte vom König und dem Zehntenempfänger zu hören verlangte. Und so hob der Wesir an und erzählte:

 


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