Unbekannte Autoren
Tausend und eine Nacht. Band XVIII
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Er-Raschîd und die Barmekiden.

Ferner berichtet man folgende Geschichte als eins der wunderbarsten Erlebnisse Hārûn er-Raschîds: Als sein Bruder El-Hâdī das Chalifat angetreten hatte, verlangte er nach einem Siegelring von hohem Wert, der seinem Vater El-Mahdī gehört hatte, und vernahm, daß Er-Raschîd ihn an sich genommen hatte. Er verlangte ihn deshalb von ihm, doch weigerte sich Er-Raschîd den Siegelring des Chalifats trotz seines ungestümen Drängens auszuliefern und warf ihn von der Brücke in den Tigrisstrom. Als nun El-Hâdī starb und Er-Raschîd das Chalifat antrat, begab er sich an jenen Ort und warf genau an derselben Stelle einen Bleiring in den Strom, worauf er den Tauchern befahl nach ihm zu suchen. Die Taucher thaten es und holten den ersten Siegelring heraus, ein Ereignis, das man als Vorbedeutung für Er-Raschîds Glück und den Bestand seiner Herrschaft ansah. 124 Als Er-Raschîd Chalife geworden war, bekleidete er Dschaafar bin Jahjā bin Châlid den Barmekiden mit dem Wesirat. Dschaafar aber war wegen seiner Großmut und Freigebigkeit hochberühmt, und die hierüber handelnden Geschichten sind weit und breit bekannt und in Büchern aufgezeichnet. Keiner der Wesire erreichte den hohen Rang, den Dschaafar bei Er-Raschîd einnahm, der ihn Bruder nannte und ihn mit sich in sein Haus nahm. Die Dauer seines Wesirats betrug neunzehn Jahre, und eines Tages sprach sein Vater Jahjā zu ihm: »Mein Sohn, so lange dein Kalam donnert, laß ihn von Huld regnen.« Über die Ursache seines Todes ist man uneins, jedoch ist die richtigste Ansicht folgende. Er-Raschîd vermochte sich weder von Dschaafar noch von seiner Schwester El-Abbâse, der Tochter El-Mahdīs, der schönsten Frau ihrer Zeit, auf eine einzige Stunde zu trennen und sagte deshalb zu Dschaafar: »Ich will dich mit ihr vermählen, damit es dir freisteht sie zu sehen, doch darfst du sie nicht berühren.« Hierauf pflegten beide zu gleicher Zeit bei Hārûn er-Raschîd zu sitzen; wenn er jedoch sein Zimmer verließ und beide von Wein erfüllt waren, erhob sich Dschaafar und genoß ihrer Liebe, da doch beide jung waren. So ward sie von ihm schwanger und gebar einen hübschen Knaben, den sie aus Furcht vor Er-Raschîd durch einen ihrer Vertrauten nach Mekka der erlauchten Stadt – Gott erhöhe sie an Ruhm, Majestät, Ansehen und Verehrung! – schaffen ließ.

Die Sache blieb verborgen, bis El-Abbâse mit einer ihrer Sklavinnen Zank bekam, worauf diese die Sache von dem Knaben Er-Raschîd hinterbrachte und ihm auch seinen Aufenthalt angab. Auf seiner Pilgerfahrt ließ Er-Raschîd den Knaben vor sich bringen, und, da er die Sache für wahr befand, ließ er über die Barmekiden kommen, was da kamDer Chalife ließ das ganze Geschlecht, über tausend Seelen, mit Ausnahme von drei, hinrichten. Der Grund ist jedoch nicht festzustellen: wahrscheinlich waren die Barmekiden ihm zu mächtig geworden, und Verleumdung mag das ihrige dazu beigetragen haben.. 125

 


 


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