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Tausend und eine Nacht. Band XVIII
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Geschichte des Königs Ibrāhîm und seines Sohnes.

»O König, es war einmal ein König, der Sultan Ibrāhîm geheißen, dem die Könige in Unterwürfigkeit unterthan waren; jedoch hatte er keinen Sohn, und die Brust war ihm deshalb beklommen, da er fürchtete, daß das Reich aus seinen Händen fallen könnte. In seinem Verlangen nach einem Erben kaufte er sich in einem fort Sklavinnen und ruhte bei ihnen, bis eine von ihnen schwanger ward. Da freute sich der König mächtig und teilte Geschenke und reiche Spenden aus, bis die Monde der Sklavin erfüllt waren und die Zeit ihrer Niederkunft nahte, worauf er die Sterndeuter kommen ließ, welche die Stunde ihrer Niederkunft beobachteten und die Astrolabien hoch hoben und die Zeit genau bestimmten. 91 Das Mädchen aber gebar zur höchsten Freude des Königs ein Knäblein, und die Leute beglückwünschten hierzu einander. Als dann aber die Sterndeuter ihre Berechnungen anstellten, um seine Geburtszeit und sein Gestirn ausfindig zu machen, wechselten sie bestürzt ihre Farbe, so daß der König sagte: »Gebt mir sein Horoskop an, und es sei euch Gnade gewährt, und fürchtet nichts.« Da sprachen sie zu ihm: »O König, das Horoskop dieses Knaben deutet darauf hin, daß für ihn in seinem siebenten Lebensjahr die Gefahr besteht von einem Löwen zerrissen zu werden; entkommt er jedoch, so wird eine noch schlimmere und schwerere Sache eintreten.« Nun fragte der König: »Was ist's?« Sie versetzten: »Wir sagen es nicht eher, als bis es uns der König gebietet und uns zusagt, vor aller Furcht sicher zu sein.« Da sagte der König: »Gott gewähre euch Sicherheit!« Und nun sprachen sie: »Wenn er dem Löwen entrinnt, so wird der König durch seine Hand umkommen.« Da wechselte der König die Farbe und sagte mit beklommener Brust: »Ich will acht geben und dafür sorgen, daß ihn kein Löwe zerreißt; mich aber kann er nicht ermorden; die Sterndeuter lügen.« Hierauf ward der Knabe unter den Ammen und Matronen erzogen, während dem König die Worte der Sterndeuter nicht aus dem Kopf gingen und sein Leben dadurch verdüstert ward. Und so machte er sich einst zum Gipfel eines hohen Berges auf und ließ in ihm eine tiefe Grube aushöhlen, in der er viele Räume und Kammern anlegen ließ; dann füllte er die Grube mit allem, was an Speise, Kleidung und dergleichen erforderlich ist, und legte Wasserleitungen vom Gebirge her darinnen an, worauf er den Knaben mit einer Amme, die ihn erziehen sollte, dort unterbrachte. An jedem ersten des Monats begab sich dann der König zu jener Grube und ließ ein Seil hinunter, an dem er den Knaben zu sich emporzog, worauf er ihn an die Brust preßte und küßte und eine Weile mit ihm spielte, bis er ihn wieder in die Grube hinunterließ und heimkehrte; und er zählte die Tage, bis die sieben Jahre verstrichen waren. 92 Als nun die verhängte Zeit und das auf die Stirne geschriebene Verhängnis nahte, und nur noch zehn Tage fehlten, bis der Knabe sein siebentes Jahr vollendet hatte, kamen Jäger zu jenem Berge, um Wild zu jagen, und sahen einen Löwen. Sie verfolgten ihn, und er floh vor ihnen und suchte auf dem Berge Zuflucht, wobei er mitten in die Grube hineinfiel. Als die Amme ihn sah, flüchtete sie vor ihm in eine der Kammern; da sprang er auf den Knaben und verwundete ihn an der Schulter, worauf er der Amme in die Kammer folgte und sie packte und zerriß, während der Knabe ohnmächtig auf dem Boden dalag. Wie nun die Jäger sahen, daß der Löwe in die Grube gefallen war und das Geschrei des Knaben und der Frau vernahmen, bis es nach einer Weile verstummte, erkannten sie, daß der Löwe sie zerrissen hatte. Sie blieben deshalb an der Öffnung der Grube stehen, und mit einem Male versuchte der Löwe aus der Grube nach oben zu klettern und zu entfliehen. So oft er jedoch den Kopf hob, warfen sie ihn mit Steinen, bis sie ihn wieder zu Fall gebracht hatten. Dann stieg einer von ihnen in die Grube hinunter und tötete ihn vollends, wobei er den verwundeten Knaben fand; und, als er in die Kammer ging, fand er auch die Frau, die tot dalag, und an welcher der Löwe sich satt gefressen hatte. Außerdem sah er auch das Zeug und die andern Sachen, die sich dort befanden und teilte es seinen Gefährten mit, worauf er sich daranmachte, ihnen die Sachen zuzureichen. Dann trug er den Knaben aus der Grube hinaus und nahm ihn zu sich in sein Haus, wo sie seine Wunde pflegten. Er wuchs bei ihnen auf, ohne daß sie wußten, wie es sich mit ihm verhielt, da er nicht wußte, was er auf ihre Fragen sagen sollte, weil er, als er in die Grube gesteckt wurde, noch ganz klein gewesen war. Sie verwunderten sich über seine Rede und gewannen ihn sehr lieb, und einer von ihnen nahm ihn an Sohnes Statt an und lehrte ihn Jagen und Reiten, bis er sein zwölftes Lebensjahr erreicht hatte und ein wackerer Jüngling geworden war, der mit den Leuten 93 auf Jagd und Raub auszog. Da traf es sich, daß sie eines Tages, als sie wieder auf Wegelagerei ausgezogen waren, des Nachts eine Karawane überfielen. Die Männer in der Karawane waren jedoch kampfbereit und überwältigten sie; sie erschlugen die Räuber, während der Jüngling verwundet niederstürzte und bis zum Morgen an seinem Platz dalag. Als er dann die Augen öffnete und seine Gefährten tot daliegen sah, raffte er sich auf und schleppte sich weiter. Unterwegs traf ihn ein Schatzsucher und fragte ihn: »Wohin gehst du, Bursche?« Da erzählte ihm der Jüngling, wie es ihm ergangen war, worauf der Mann zu ihm sagte: »Sei guten Mutes, dein Glück ist nun gekommen und Gott bringt dir Freude und Fröhlichkeit. Ich weiß einen verborgenen Schatz, in dem sich viel Geld befindet. Komm mit, daß du mir hilfst, und ich will dich für dein ganzes Leben mit Geld versorgen.« Hierauf nahm er ihn mit sich in seine Wohnung und pflegte seine Wunde, bis er sich wieder erholt hatte. Dann nahm der Schatzsucher ihn samt zwei Saumtieren und allem Erforderlichen mit, und sie reisten, bis sie zu einem hohen Berg gelangten. Hier holte er ein Buch hervor und las es, worauf er fünf Ellen tief in den Gipfel des Berges grub, bis ein Stein sichtbar wurde. Dann hob er den Stein auf, der eine Grube verdeckte, und wartete, bis sich der Dunst aus der Grube verzogen hatte, worauf er dem Jüngling ein Seil mitten um den Leib band, ihm eine brennende Kerze gab und ihn so auf den Boden der Grube niederließ. Wie sich nun der Jüngling in der Grube umsah, gewahrte er im Hintergrund einen Haufen Geld, und nun ließ der Schatzsucher einen Korb an einem Seil herunter und der Jüngling füllte ihn in einem fort, während der Schatzsucher ihn heraufzog, bis er genug hatte. Dann belud er seine Maultiere und beendete sein Geschäft, während der Jüngling wartete, daß er ihm das Seil hinunterlassen und ihn wieder herausziehen sollte; der Mann legte jedoch einen großen Stein auf die Öffnung der Grube und zog seines Weges. 94

Als der Jüngling sah, was der Schatzsucher mit ihm gethan hatte, setzte er sein Vertrauen auf Gott – Preis ihm, dem Erhabenen!« – und rief in seiner Ratlosigkeit: »Wie bitter ist dieser Tod!« Denn die Welt ward ihm verfinstert, und die Grube schloß ihn rings ein. Weinend sprach er dann: »Ich entkam der ersten Grube und den Räubern, und nun muß ich in dieser Grube langsam sterben!« Niedergeschlagen und in trüben Gedanken erwartete er seinen Tod, als er mit einem Male ein Wasser laut rauschen hörte. Da erhob er sich und schritt in der Höhle dem Rauschen zu, bis er an das Ende derselben gelangte und das Rauschen mit aller Macht vernahm. Da lauschte er auf dasselbe und sprach bei sich: »Dies ist ein gewaltiger Wasserlauf, und, da ich heute oder morgen hier sterben muß, so will ich mich lieber ins Wasser stürzen, um nicht eines langsamen Todes in der Grube zu sterben.« Alsdann stärkte er sein Herz und warf sich, seine Säume zusammenfassend, ins Wasser, das ihn mit großer Gewalt fortriß und unter der Erde forttrug, bis es ihn in ein tiefes Wadi getragen hatte, in dem das Wasser als mächtiger Strom aus der Erde hervorbrach. Als der Jüngling sich wieder an der Oberfläche der Erde sah, blieb er den ganzen Tag erschöpft und ohnmächtig daliegen. Dann erhob er sich und schritt, Gott, den Erhabenen, lobpreisend durchs Wadi, bis er aus ihm herauskam und in eine bewohnte Gegend zu einer großen Ortschaft im Gebiet seines Vaters gelangte. Er betrat den Flecken und suchte seine Bewohner auf, die ihn fragten, wer er wäre, worauf er ihnen seine Geschichte erzählte. Staunend vernahmen sie, wie Gott ihn aus allem errettet hatte, und er wohnte bei ihnen, von allen geliebt.

So erging es ihm; als nun aber sein Vater der König wie gewöhnlich zur Grube kam und die Amme rief, erhielt er keine Antwort von ihr, so daß ihm deshalb die Brust beklommen ward und er einen Mann hinunter ließ. Als dieser dem König mitteilte, daß der Knabe verschwunden war und 95 die Amme zerrissen dalag, schlug er sich vors Haupt und weinte bitterlich; dann stieg er selber in die Grube hinunter, und, als er dort die Amme und den Löwen tot daliegen sah, während der Knabe verschwunden war, teilte er den Sterndeutern mit, daß sich ihre Worte als wahr erwiesen hätten, worauf diese zu ihm sagten: »O König, der Löwe hat den Knaben gefressen; das Verhängnis hat sich an ihm erfüllt, und du bist nun seiner Hand entronnen. Wäre er dem Löwen entkommen, so müßten wir, bei Gott, für dein Leben fürchten, da des Königs Tod durch seine Hand eingetreten wäre.« Hierauf tröstete sich der König, und die Tage verstrichen; und er vergaß den Vorfall, bis Gott seinen Befehl auszuführen beschloß, gegen den aller Eifer umsonst ist.

Der Jüngling war in dem Dorf geblieben, bis er eines Tages mit einem Trupp seiner Bewohner auf Raub auszog. Da beklagten sich die Leute bei dem König hierüber, und der König zog mit einer Truppenschar aus und umzingelte die Räuber. Unter ihnen befand sich auch sein Sohn, und der Jüngling zog einen Pfeil heraus und verwundete den König an einer tödlichen Stelle, worauf sie ihn nach seinem Palast trugen, nachdem sie den Jüngling und seine Gefährten zuvor gefangen genommen hatten. Sie führten sie vor den König und fragten ihn: »Was sollen wir mit ihnen thun?« Der König erwiderte: »Ich bin zur Stunde um mich selber bekümmert, bringt mir die Sterndeuter.« Als sie nun die Sterndeuter vor ihn brachten, sprach er zu ihnen: »Ihr sagtet, ich sollte durch die Hand meines Sohnes sterben, wie also verliere ich nun durch diese Räuber mein Leben?« Da versetzten die Sterndeuter sich verwundernd: »O König, die Sterne trügen nicht, und nach Gottes Allmacht kann der, welcher dich verwundet hat, wohl dein Sohn sein.« Als der König die Worte der Sterndeuter vernahm, ließ er die Räuber vor sich kommen und sprach zu ihnen: »Sagt mir die Wahrheit, wer von euch schoß den Pfeil, der mich traf?« Sie versetzten: »Dieser Jüngling hier war es.« Da schaute 96 ihn der König an und sagte zu ihm: »O Jüngling, sag' mir, wer du bist, und wer dein Vater ist; und ihr sollt Sicherheit vor Gott haben.« Nun sagte der Jüngling: »Mein Herr, ich kenne meinen Vater nicht; mein Vater brachte mich mit einer Amme, die mich großziehen sollte, in einer Grube unter, wo uns eines Tages ein Löwe überfiel und mich an der Schulter verwundete; dann ließ er mich los und fiel über die Amme her, die er zerriß; Gott aber schickte mir jemand, der mich aus der Grube zog.« Alsdann erzählte er dem König alle seine Widerfahrnisse von Anfang bis zu Ende, und, als der König alles vernommen hatte, stieß er einen lauten Schrei aus und rief: »Bei Gott, dies ist mein Sohn!« Dann sprach er zu ihm: »Entblöße deine Schulter.« Da that er es, und siehe, sie trug die Narbe eines Risses. Hierauf versammelte der König seine Vornehmen und Unterthanen und die Sterndeuter und sprach zu ihnen: »Wisset, was Gott auf die Stirn geschrieben hat, sei es Glück oder Unglück, kann niemand auslöschen, und alles, was über einen Menschen verhängt ist, trifft ein. All mein Eifer und meine Mühe frommte mir nichts, denn alles, was Gott über meinen Sohn verhängte, erduldete er, und was er mir bestimmte, traf mich. Jedoch lobe ich Gott und danke ihm dafür, daß dies durch die Hand meines Sohnes und keines andern geschah, und, gelobt sei Gott, daß das Reich auf meinen Sohn kam.« Alsdann zog er seinen Sohn an sich, umarmte und küßte ihn und sprach zu ihm: »O mein Sohn, die Sache verhielt sich so; in meiner Sorge um dich vor dem Verhängnis brachte ich dich in jener Grube unter, doch frommte mir meine Mühe nichts.« Dann nahm er die Königskrone vom Haupt und setzte sie ihm auf, worauf er alles Volk und die Unterthanen ihm huldigen ließ und ihm die Unterthanen empfahl und ihn zur Gerechtigkeit und Billigkeit ermahnte. Nachdem er dann von ihm noch in derselben Nacht Abschied genommen hatte, starb er, und sein Sohn regierte an seiner Statt. 97

Ebenso, o König, steht es auch mit dir. So Gott auf meine Stirn etwas geschrieben hat, so muß es über mich kommen, und mein Reden zum König und alle meine Gleichnisse frommen mir nichts gegen Gottes Verhängnis. Ebenso aber nützt auch diesen Wesiren all ihr Eifer und ihre Mühe nichts, denn, wenn mich Gott erretten will, so hilft er mir wider sie.«

Als der König diese Worte vernahm, ward er verwirrt und sprach: »Führt ihn bis morgen ins Gefängnis zurück, wo wir dann Einsicht in seine Sache nehmen wollen; der Tag geht zu Ende, und ich will ihn des schimpflichsten Todes sterben lassen, und wir wollen ihm geben, was er verdient.«

Zehnter Tag.
Über den verzeichneten Termin, dessen Stunde nicht verschoben werden kann.

Am zehnten Tage, der El-Mihrdschân hieß, und an dem alles Volk, Vornehm und Gering, zum König kam, ihm Glück zu wünschen und ihn zu begrüßen und dann wieder fortzugehen, kamen die Wesire überein, sich mit einer Anzahl der Angesehenen der Stadt zu bereden, und sprachen zu ihnen: »Wenn ihr heute zum König geht und ihn begrüßt habt, so sprecht zu ihm: »O König, Gottlob führst du preislichen Wandel und rühmliches Regiment in Gerechtigkeit gegen alle deine Unterthanen; weshalb aber lässest du diesen Burschen am Leben, dem du Gutes erwiesest, während er zu seinem gemeinen Ursprung zurückkehrte und eine schimpfliche That beging? Du hast ihn in deinen Palast eingeschlossen und hörst alle Tage auf sein Geschwätz, ohne ihn zu töten und ohne zu wissen, was die Leute darüber reden. Lasse ihn hinrichten, auf daß du Ruhe vor ihm hast.« Sie versetzten: »Wir hören und gehorchen.« Als sie nun mit dem Volk eintraten und sich vor dem König niedergeworfen und ihn beglückwünscht hatten, erhöhte er ihren Rang. Nach dem üblichen Brauch pflegten die Leute nach der Begrüßung wieder 98 fortzugehen, als sie aber diesmal sitzen blieben, erkannte der König, daß sie ihm etwas zu sagen hatten. Er wendete sich deshalb zu ihnen und sprach: »Bittet um euer Begehr.« Die Wesire waren aber zugegen. Und so sprachen sie alles, was die Wesire sie gelehrt hatten, und die Wesire sprachen ebenfalls mit ihnen. Da versetzte der König: »Ihr Leute wisset, sicherlich redet ihr nur aus Liebe zu mir und um mir einen guten Rat zu erteilen; ihr wisset auch, daß, wenn ich die Hälfte dieser Leute hinrichten lassen wollte, ich es thäte, ohne daß es mich hart ankäme; um wieviel mehr also diesen Jüngling, der in meinem Gefängnis und unter dem Bereich meiner Hand ist? Fürwahr, seine Schuld ist erwiesen, und er hat den Tod verdient; jedoch habe ich seine Hinrichtung nur um der Größe seiner Schuld willen verschoben. Wenn ich dies mit ihm thue, und wenn mein Rechtsgrund gegen ihn gestärkt ist, so ist mein Herz und das meiner Unterthanen geheilt; töte ich ihn jedoch nicht heute, so entgeht mir sein Tod morgen nicht.« Hierauf befahl er den Jüngling zu holen, der sich vor ihm niederwarf und ihn segnete. Der König fuhr ihn jedoch an: »Wehe dir, wie lange sollen mich noch die Leute deinetwegen schelten und tadeln, daß ich deinen Tod verschiebe? Das Volk meiner Stadt macht mir um deinetwillen Vorwürfe, man schwatzt über mich und sie kommen zu mir und schelten mich dafür, daß ich deinen Tod aufschiebe. Wie lange soll dies noch dauern? Heute will ich dein Blut vergießen, damit die Leute nicht über dich zu reden haben.« Der Jüngling versetzte: »O König, wenn man um meinetwillen über dich redet, so sind, bei Gott, und noch einmal beim großen Gott, diejenigen, welche dieses Gerede der Leute über dich gebracht haben, deine ruchlosen Wesire, die mit dem Volk schwatzen und ihnen gemeine Sachen und schlimme Dinge über das Haus des Königs berichten. Jedoch hoffe ich zu Gott, daß er ihre Arglist über ihr eigenes Haupt bringen wird. Wenn mich ferner der König mit dem Tod bedroht, so bin ich ja in seiner Hand, und der König braucht 99 sich nicht mit meinem Tod zu schaffen machen, da ich wie der Sperling in der Hand des Vogelstellers bin; wenn er will, schneidet er ihm die Kehle ab, und, wenn er will, läßt er ihn los. Was endlich die Aufschiebung meiner Hinrichtung anlangt, so kommt sie nicht vom König, sondern von dem, in dessen Hand mein Leben steht; denn, bei Gott, o König, wenn Gott meinen Tod wollte, so könntest du ihn nicht auch nur auf eine einzige Stunde aufschieben. Der Mensch vermag kein Unheil von sich abzuwenden, wie es auch dem Sohn des Königs Suleimân Schâh erging, dem sein Eifer und seine Sorge zur Erreichung seines Wunsches dem neugeborenen Kind gegenüber nichts nützte, da der Termin des Knaben immer und immer wieder verschoben ward und Gott ihn errettete, bis er seine Zeit erreicht und sein Leben erfüllt hatte.« Da rief der König: »Wehe dir, wie mächtig ist deine List und Rede! Sag' an, wie ihre Geschichte war.« Und der Jüngling erzählte:

 


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