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Tausend und eine Nacht. Band XVIII
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Die Geschichte des Königs Schâh Bacht und seiner Wesirs Er-Rahwân.

Man erzählt, daß einst in alter Zeit und in längstentschwundenen Tagen ein König der Zeit lebte, Namens Schâh Bacht, der eine Menge Truppen, Eunuchen und Diener besaß. Auch hatte er einen Wesir, Namens Er-Rahwân, einen gelehrten und verständigen Mann von trefflichem Rat, der seine Lust an Gottes, des Erhabenen, Gebot hatte. – Preis Ihm, dem Mächtigen und Herrlichen! – Der König hatte diesem Wesir die Staatsgeschäfte und das Wohl seiner Unterthanen anvertraut, und er verbrachte in dieser Weise geraume Zeit, während welcher der König nach dem Worte des Wesirs sprach. Der Wesir hatte jedoch viele Feinde, die seine Stellung beneideten und ihm zu schaden suchten, ohne daß sie einen Weg hierzu fanden. Da verfügte es Gott, der Erhabene, in seiner Voraussicht und dem vorausbestimmten Verhängnis, daß der König einen Traum träumte, in dem der Wesir ihm eine Frucht reichte, nach deren Genuß er starb. Erschrocken und von Grausen erfaßt, erwachte der König und erzählte nach dem Besuch des Wesirs seinen Vertrauten, nachdem er sich wieder allein mit ihnen befand, sein Traumgesicht, worauf diese ihm rieten, die Sterndeuter und Ausleger kommen zu lassen und ihm insbesondere einen Weisen empfahlen, für dessen Weisheit sie sich ihm verbürgten. Infolgedessen berief der König diesen Weisen zu sich und zog ihn in seine Nähe. Eine Anzahl der Feinde des Wesirs hatten ihn zuvor jedoch ausgesucht und ihn unter Verheißung von reichem Geldeslohn 127 gebeten, den Wesir beim König zu verleumden und ihm seinen Tod anzuraten. Der Weise willigte ein und erklärte dem König, der Wesir würde ihn im Laufe eines Monats zu töten suchen, weshalb er seinen Tod beschleunigen müßte, damit der Wesir ihm nicht zuvorkäme. Bald hernach trat der Wesir ein, worauf der König dem Wesir ein Zeichen gab den Raum zu leeren; infolgedessen gab der Wesir den Anwesenden ein Zeichen sich zurückzuziehen, und als sie fortgegangen waren, sagte der König zu ihm: »Was sagst du, o Wesir, du mein treuer Ratgeber in allen Angelegenheiten, zu einem Gesicht, das ich im Traum erschaute.« Der Wesir fragte: »Und was ist's, o König?« Da erzählte ihm der König sein Gesicht und sagte: »Der Weise hat es mir ausgelegt und erklärte, wenn ich nicht den Wesir binnen Monatsfrist umbrächte, so brächte er mich ganz gewißlich um. Nun thut es mir weh einen Mann wie dich zu töten, doch fürchte ich mich dich am Leben zu lassen. Was rätst du mir demnach in dieser Sache zu thun?« Da senkte der Wesir sein Haupt zu Boden; doch erhob er es wieder nach einer Weile und sprach zum König: »Gott beglücke den König! Der, vor dem sich der König fürchtet, darf nicht am Leben bleiben, und mein Rat ist, meinen Tod zu beschleunigen.« Als der König seine Rede vernahm und seine Worte begriffen hatte, wendete er sich zu ihm und sagte: »Mir fällt es schwer, o mein Wesir und treuer Ratgeber;« dann erzählte er ihm, daß die andern Weisen es mit ihrem Zeugnis bestätigt hätten. Als der Wesir des Königs Worte vernahm, seufzte er, da er erkannte, daß der König sich vor ihm fürchtete; jedoch zeigte er ihm Festigkeit und sprach: »Gott fördere den König! Mein Rat ist, daß der König seinen Befehl ausführe und seinen Beschluß vollstrecke; dem Tod kann niemand entgehen, und besser ist's, ich sterbe vergewaltigt als daß ich jemand gewaltthätig töte. Wenn aber der König meinen Tod bis morgen verschieben und die Nacht mit mir zubringen und sich in ihr von mir verabschieden will, so mag er dann morgen mit mir 128 thun, was ihm beliebt.« Alsdann weinte der Wesir, daß ihm die Thränen in seinen grauen Bart liefen und der König aus Mitleid mit ihm in seine Bitte einwilligte und ihm die Nacht als Gnadenfrist gewährte, worauf er ihn entließ. Als der Abend anbrach, ließ er den Wesir wieder rufen, der bei ihm eintrat, und die Erde vor ihm küßte, worauf er ihm folgende Geschichte erzählte:

 


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