Anthony Graf Hamilton
Die Memoiren des Grafen Grammont
Anthony Graf Hamilton

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Vorrede des Verfassers

Da die, welche bloß zu ihrer Unterhaltung lesen, mir vernünftiger scheinen, als die Krittler, die ein Buch nur aufschlagen, um Fehler drin zu entdecken, so erkläre ich, daß ich mich um die Gelahrtheit der letzteren wenig kümmere und nur zum Amüsement der ersteren die Feder ergreife.

Ferner bemerke ich, daß mich bei Abfassung dieser Memoiren die Reihenfolge der Ereignisse wenig stören soll, weil sie dem Schriftsteller mehr Arbeit, als dem Leser Genuß schafft.

Da ich die Absicht habe, ein Bild von meinem Helden zu geben, werde ich die ihn charakterisierenden Züge in dem folgenden Lebensabriß so bringen, wie sie gerade vor meinem Geiste auftauchen.

Was macht es denn bei einer Zeichnung, wo man sie anfängt, wenn nur die Teile ein Ganzes bilden, das die Züge des Urbildes treu wiedergibt?

In dieser Art will ich nun einen Mann vorführen, dessen Charakter so unvergleichlich ist, daß er uns seine Schwächen übersehen läßt – die ich aber keineswegs vertuschen will – einen Mann, der aus Fehlern und Tugenden zusammengesetzt ist, die, wie von Natur aus verschmolzen, ein selten vorkommendes harmonisches Ganze bilden und dennoch durch Kontrastwirkung um so schärfer hervortreten.

Diese eigentümliche Charaktermischung hat dem Grafen Grammont im Kriege, bei Liebesabenteuern, beim Spiel und in allen anderen Situationen seines langen Lebens die Bewunderung seiner Zeitgenossen gewonnen. Durch sie hat er in allen Ländern, in die er seine Anmut und seine – Unbeständigkeit hintrug, Entzücken erregt; überallhin hat sein lebensfrisches Genie treffende Aussprüche gestreut, die der einstimmige Beifall, den sie fanden, auf die Nachwelt brachte; so hat er allenthalben Spuren seiner Unerschöpflichkeit hinterlassen und sein treffendes Urteil selbst in drängendsten Gefahren bewahrt, indem er mitten unter den Schrecken des Krieges eine Heiterkeit und Kaltblütigkeit an den Tag legte, die wohl nicht jedermanns Sache sind.

Sein äußeres Bild will ich nicht zeichnen. Über sein Aussehen haben die Memoirenschreiber Bussy-Rabutin und Saint-Evremond mehr frei als treu berichtet. Der eine hat den Chevalier Grammont in Liebessachen als verschlagen, wankelmütig, selbst ein wenig perfid, in seiner Eifersucht rast- und schonungslos hingestellt. Saint-Evremond hat eher Pastellfarben gewählt, um Geist und Art des Grafen zu malen, aber beide haben in ihren Darstellungen sich selbst mehr Ehre als dem Helden Gerechtigkeit erwiesen.

Man muß also ihn allein in jenen ergötzlichen Berichten von Schlachten und Belagerungen hören, bei denen er sich an eines andern Helden Seite auszeichnete; nur ihm selbst muß man auch bei weniger rühmlichen Ereignissen ein gläubiges Ohr schenken.

Nur auf seine Stimme muß man in diesem Buch lauschen, weil ich nur die Feder führe, während er mir die seltsamsten und unbekanntesten Züge aus seinem Leben diktiert.


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