Karl Gjellerup
Der Pilger Kamanita
Karl Gjellerup

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Note

Mit Ausnahme der Begegnung des Buddha und des Pilgers in der Vorhalle des Hafners (Majjhimanikayo Nr. 140, wo aber der Pilger den Buddha versteht und erkennt) und der Bekehrung Angulimalas)XXXIV. Kap. Die Einzelheiten der Legende nach Majjh. No. 86. Doch ist das vereitelte Pfeilschießen von mir hinzugefügt. Das Höllenbild findet sich auch nicht dort, sondern in No. 50; die daran sich schließende Stelle vom Höllenrichter ist aus No. 130 genommen; die dann folgende Skala von den Vielen und den Wenigen gehört einem andern Teile des Kanons an (Anguttara-Nikayo – nach K. E. Neumanns »Buddhistischer Anthologie«, p. 104ff.) sind die in diesem Buche erzählten Begebenheiten von mir frei erfunden – was ich deshalb bemerke, weil einige Leser des Manuskriptes glaubten, ich hätte irgend eine indische Sage bearbeitet. Nur die Schilderung des Ballspieles habe ich aus Dandins Novellenkranze Daçakumaracaritam genommen; auch in der glänzenden Einleitung der deutschen Übersetzung dieses Werkes – von J. J. Meyer – fand ich manchen guten Wink. Daß ich zum Ausmalen des Milieus kulturhistorische Werke älteren und neueren Datums – vor allen die Jatakas – benutzt habe, versteht sich wohl von selber; von modernen Werken sei hier Richard Schmidts »Beiträge zur indischen Erotik« als ausgiebige Fundgrube erwähnt (Lotus-Verlag, Leipzig 1902; in demselben Verlage ist Daçakumaracaritam erschienen).

Die echten Buddhaworte sind durch ihren Stil leicht als solche zu erkennen – wiewohl einige nachgemachte (p. 140 bis 144) mit ihnen verwechselt werden können. Sie sind meistens dem großartigen Übersetzungswerke Dr. Karl E. Neumanns »Die Reden Buddhos« (Majjhimanikayo) entnommen. Aber auch dem epochemachenden und noch immer unübertroffenen Werke Prof. Oldenbergs (»Buddha«) verdanke ich einige wichtige Stellen.

Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß die wenigen Upanishadstellen (p. 36ff., 129, 141) nach Prof. Deussens »Sechzig Upanishads des Veda« zitiert sind. Dem zweiten großen Übersetzungswerke dieses trefflichen und unermüdlichen Forschers »Die Sutras des Vedanta« verdankt mein zehntes Kapitel seine Entstehung. Wenn dies kuriose Stück inhaltlich eine Darstellung des indischen Übermenschentums ist – als des äußersten Gegensatzes zum Buddhismus – so ist es in seiner Form eine peinlich genaue Nachbildung des vedantischen Sutrastils, mit der änigmatischen Kürze des Textes, dessen eigentliches Prinzip – wie Deussen richtig erkannt hat – darin besteht, nur Stichworte für das Gedächtnis, keineswegs aber die für den Sinn wichtigen Worte zu geben; so konnte man ohne Gefahr den Text schriftlich fixieren, da er doch von keinem verstanden wurde, dem der Lehrer nicht auch mündlich den Kommentar mitteilte, der dann gewöhnlich um so pedantisch umständlicher ausfiel. Allerdings sind diese Kali-Sutras – wie der ganze Vajacravas – eine scherzhafte Fiktion von mir, – aber eine, glaube ich, von der jeder Kenner des alten Indien zugeben wird, daß sie sich innerhalb der Grenzen des Möglichen – ja sogar des Wahrscheinlichen – hält. Indien ist eben das Land, wo auch der Räuber philosophieren muß und es gelegentlich bis zum »wunderlichen Heiligen« treibt, und wo auch der Höllenwächter »höflich bis zur letzten Galgensprosse« bleibt.

Sollte nun einen solchen Kenner die Lust anwandeln, mich wegen einiger Ungenauigkeiten zu schulmeistern, so bitte ich ihn, zu bedenken, daß der, der den »Pilger Kamanita« schrieb, wohl am besten weiß, welche Freiheiten er sich genommen hat und warum. So hätte ich ja leicht anstatt des späteren Sukhavati den Himmel der dreiunddreißig Götter nehmen können und wäre dann korrekt geblieben. Aber was in aller Welt hätte ich mit dreiunddreißig Göttern anstellen sollen, da ich nicht einmal in Sukhavati für den einen Amithaba Verwendung hatte? So ließ mich denn auch als Dichter die Frage recht kalt, ob das Mahabharatam schon zur Zeit des Buddha existierte, und in welcher Form. Auch gestehe ich gern, daß ich gar nicht weiß, ob man von Kusinara aus die Schneegipfel des Himalaya erblicken kann, ja daß ich dies sogar sehr bezweifle; wiewohl nicht der Entfernung wegen, da Schlagintweit aus noch größerer den Gaurisankar von der Ebene aus gesehen hat. Dem sei nun wie es wolle: ich bin der Ansicht, daß die Forderungen der Poesie denen der Geographie vorangehen. Dagegen würde ich mir nie erlaubt haben, am ursprünglichen Buddhismus »poetischer« Zwecke halber auch nur den geringsten Zug zu ändern; denn daß ich, wie gesagt, die später so höchst populäre Vorstellung von Sukhavati hineingezogen habe, wird man mir nicht als eine solche Entstellung anrechnen können, da doch der Sache nach identische Vorstellungen im ältesten Buddhismus lebendig sind. Vielmehr ist es mir ein Herzensbedürfnis gewesen, ein echtes Bild buddhistischer Lebens- und Weltanschauung aufzurollen. Wenn Dr. K. E. Neumann, ohne dessen Arbeiten diese Dichtung nicht hätte entstehen können, in seinem Nachwort zum »Wahrheitspfad« vor dreizehn Jahren schrieb: »Die letzten Jahrzehnte, die letzten Jahre haben uns erst Aufschluß darüber gegeben, wer der Buddha war und was er gelehrt hat ... Die Poesie des Buddhismus, sein Innerstes, ist uns aber noch ein Buch mit fünf Siegeln. Eins nach dem andern muß gelöst werden, wollen wir sein Herz verstehen lernen ... Nachdem die Gelehrten das Ihrige getan haben, komme nun der Dichter und tue das Seinige: die Pali-Urkunden warten auf ihn. Dann erst wird die Buddhalehre auch bei uns zum Leben erwachen, wird deutsch unter Deutschen blühn« – so hoffe ich, daß mein gelehrter und verehrter Freund – und vielleicht mancher mit ihm – in diesem Werk den Anfang der Erfüllung jenes Wunsches begrüßen wird.

Dresden, September 1906

Karl Gjellerup


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