Karl Emil Franzos
Der Pojaz / Vorwort
Karl Emil Franzos

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Sechzehntes Kapitel

Als Sender wieder zum Bewußtsein gelangte und um sich blickte, fand er sich in seinem Bette, aber im Wohnzimmer des Mauthauses. Es war Nacht, auf dem Tisch brannte ein Öllämpchen, die Fenster standen weit offen und ließen die laue Frühlingsluft einströmen. Von der Straße her klang lauter Gesang aus rauhen Kehlen, der allmählich in der Ferne verhallte. Dieses Lärmen mochte ihn aus dem Schlaf geweckt haben, in dem er wohl lange gelegen, sehr lange; er empfand dies sofort, als er die Augen aufschlug. Auf seinem Kopf lag etwas Kaltes, Nasses – er tastete darnach, es war ein in Eiswasser getauchtes Tuch.

Vom Fußende des Bettes erhob sich eine Gestalt und beugte sich über ihn. »Reb Itzig?« murmelte der Kranke erstaunt.

»Gottlob!« rief der Marschallik fröhlich. »Aber nun schläfst du noch ein bissele wenn ich dich schön bitten tu'! Es ist kaum Zwei – was fängst du so früh an?!«

»Ich war wohl krank?« stammelte Sender und nun kam ihm die dunkle Erinnerung, als hätte sich das letzte Mal, da er dies Antlitz gesehen, etwas Peinvolles, ja Furchtbares zugetragen – aber was war es nur gewesen – und wann?...

»War das gestern?« murmelte er.

»Pst!« machte der Marschallik. »Geschichten erzählen wir uns ein andermal.« Er streichelte ihm liebevoll das Antlitz. »Nun schlaf', sag' ich!«

Und Sender schloß gehorsam die Augen – er fühlte sich so furchtbar müde. Der Alte nickte zufrieden. Dann schlich er auf den Fußspitzen ans Fenster.

Am Schranken draußen stand Frau Rosel; sie konnte heute nacht ihren Posten kaum auf eine Minute verlassen. Denn es war die Nacht nach der Rekrutierung; von Mitternacht ab strömten die Bauern des Bezirks aus Barnow wieder in ihre Dörfer zurück; die einen traurig, die anderen fröhlich, aber alle betrunken. Wer der Gefahr entronnen, mußte dies ausgiebig feiern; die Rekruten aber und ihre Angehörigen konnten ja nicht ungetröstet heimkehren. Unablässig scholl das Heulen, Schluchzen und Johlen durch die Nacht, kaum daß der Lärm des einen Trupps verklungen war, verkündete schon der nächste sein Nahen. So eben jetzt –

»Mädel, einen letzten Kuß,
Weil ich jetzt marschieren muß –«

heulte eine meckernde Stimme in den höchsten Tönen aus dem Leiterwagen, der langsam herangehumpelt kam, und die anderen, die im Wagen saßen, fielen johlend im Chorus ein: »Marschieren muß...«

Dennoch teilte der Marschallik der Frau nur flüsternd die Freudenbotschaft mit.

»So wahr ich die Freud' haben soll«, schwor er, »meine Jütte unter dem Trauhimmel zu sehen, er hat ganz deutlich ›Reb Itzig‹ gesagt und vernünftig gesprochen. Frau Rosel, er ist gerettet.«

Sie erhob die Augen zum Himmel.

»Aber nun schließet die Fenster«, bat sie, »Das Gesindel schreit immer lauter! Wenn nur die Nacht schon vorbei wär'!«

Der Marschallik tat, wie sie gewünscht, aber das nützte auf die Dauer nicht. Gegen die dritte Stunde kam ein Trupp vorbei, der sich für den Heimweg ganz besonders gestärkt, denn er brüllte, daß die Scheiben zitterten:

»Nach Wien werd' ich gehen
Vor des Kaisers weißes Haus
Und werde weinen und flehen:
Gib den Iwon heraus!«

»Der Teufel wird euch holen, ehe ihr hinkommt«, murmelte der Marschallik grimmig und beugte sich unwillkürlich über den Kranken, als könnte er dadurch das Lärmen von ihm abhalten.

Aber schon war Sender emporgefahren.

»Rekruten –« murmelte er verstört. »Ich muß auch mit...« Er suchte die Decke abzuschütteln.

»So wie du bist in dieser Generalsuniform?« lachte der Marschallik und drückte den Kranken in die Kissen nieder. »Du bist kein Rekrut, es geht dich nichts an«, sagte er nachdrücklich. »Heut' bin ich dein Hauptmann und befehl' dir: ›Augen zu‹!« Aber er mußte lange bitten, bis Sender sich beruhigte, und nun fuhr der Kranke bei jedem Geräusch empor.

So auch, als Frau Rosel zwei Stunden später endlich abkommen konnte und an sein Lager trat.

»Mutter!« rief er freudig, als er sie erkannte. Dann aber wurde seine Miene ängstlich. »Bist du – bist du mir bös?«

Sie hatte bisher tapfer an sich gehalten, nun war ihre Kraft zu Ende. »Mein armes Kind!« schluchzte sie auf, und die Tränen überströmten das bleiche, vergrämte Antlitz, das in diesen bösen Tagen um Jahrzehnte gealtert war, »quäl' dich nicht. Wenn du nur gesund wirst, ist alles gut!«

Da lächelte der Kranke, und als ihm die Mutter die Hand auf die Stirne legte, schlummerte er sanft wieder ein.

»Das wär' in Ordnung«, sagte der Marschallik. »Das Fieber ist weg, in vier Wochen ist er gesund. Der versoffene Grundmayer hat ja kaum gewußt, was er verschreibt, aber Gott hat ihn gerettet!«

»Gelobt sei Sein Name!« stimmte sie unter heißen Tränen bei. »Aber morgen wird er sich besinnen, was geschehen ist, und zu fragen anfangen...«

»Und dann ist Gott tot und ihr verloren!« fiel der Marschallik ein. »Sprecht nicht so töricht, Frau Rosel, es wird sich alles finden! Jetzt aber legt Ihr Euch auf ein paar Stund' schlafen!... Gleich werdet Ihr gehorchen!« fuhr er fort, als sie sich sträubte. »Wollt Ihr auch krank werden?«

»Reb Itzig«, sagte sie gerührt, »was seid Ihr für ein Mensch!«

»Ein kluger!« erwiderte er. »Der einzige Schlaukopf in ganz Barnow! Da ist eine arme, verlassene Witwe mit ihrem todkranken Sohn – wo war mehr Gotteslohn zu holen, als in den letzten vierzehn Tagen hier? Und alles haben die dummen Leut' mir gelassen... Im Ernst, Frau Rosel«, fügte er bei, »ich hab' Euch zu danken.«

Nachdem sie in ihre Kammer gegangen war, setzte sich der Marschallik an das Fußende des Lagers und verließ den Platz nur, wenn ein Wagen am Schranken hielt. Er dachte nach – es waren keine fröhlichen Gedanken, die den mitleidigen Mann erfüllten. Er war kein Fanatiker, der fröhliche, kluge Lustigmacher von Barnow, es entsetzte ihn nicht, daß Sender heimlich die »christlichen Zeichen« erlernt, aber unbehaglich war es ihm doch. »Darum also«, dachte er, »hast du mir und dem dicken Mortche in Mielnica so übel mitgespielt. Natürlich, ein ›Deutsch‹ heiratet spät oder gar nicht. Und ein ›Deutsch‹ willst du ja werden. Wer das hinter dem lustigen Pojaz gesucht hätt'! Mein armer Jung', dazu wär's, fürcht' ich zu spät für dich, und wie willst du's denn nun machen? Wer dir die Bücher geschenkt hat, die wir oben in deiner Lade gefunden haben, mag der Teufel wissen; sie sind nun verbrannt, aber das Schlimme für dich ist geblieben! Der Rabbi in Wut, die Gemeinde gegen dich – was machen wir nun aus dir? Und was sagen wir dir jetzt, wo du deinen richtigen Namen kennst?«

Sorgenvoll griff er nach Senders Gebetriemen, die – wie es die fromme Sitte bei schwer Erkrankten gebietet – samt dem Andachtsbüchlein in einem Netz zu Häupten des Lagers hingen, schlug sie um Stirn und Rechte und verrichtete sein Morgengebet. Als er an die Stelle kam: »Hilf uns, Vater, dann wird uns geholfen sein! Denn von dir allein kommt das Heil«, belebte sich sein Antlitz, und nachdem er das Gebet beschlossen, wiederholte er die Worte noch einmal.

»O ich Narr!« murmelte er. »Gott ist doch auch sein Vater! Nein, du wirst nicht zu Grunde gehen, du armer Mensch. Er wird mir schon was für dich einfallen lassen, auch wenn ich selbst keinen Rat mehr weiß!«

Diese zuversichtliche Stimmung hielt in ihm vor, als Frau Rosel wieder erschien, ihn abzulösen. »Denket, wie es vor vierzehn Tagen war«, mahnte er. »Als sollt' die Welt über Euch und ihm zusammenstürzen. Und in abermals vierzehn Tagen ist vielleicht alles gut.«

Das hoffte sie nicht, aber die Vergleichung war auch ihr tröstlich. Wie hart hatten sich die Leute in jener peinvollen Stunde gegen sie und ihren Sohn betragen! – Mit Mühe nur hatte der Marschallik einige bewogen, den bewußtlosen »Sünder« ins Mauthaus zu tragen. Allerdings wußte niemand recht, was Sender gefrevelt, es genügte ihnen, daß ihn der Rabbi verflucht. Um ihr die qualvolle Sorge um den Kranken zur Verzweiflung zu steigern, war nur der »Doktor« Grundmayer zur Hilfe da, der Stadtarzt hatte ja nach Lemberg reisen müssen. Der Marschallik hatte recht: Wenn Sender genas, so hatte ihn nur Gott gerettet! Dann aber zürnte Er vielleicht gar nicht so sehr wie sein Diener, der Rabbi. Sie war in strengster Gläubigkeit alt geworden, und nie hatte sie irgend ein Zweifel beschlichen, nicht einmal an einem Ausspruch des Rabbi, geschweige denn an der Notwendigkeit eines einzigen der unzähligen Gebote und Verbote ihrer Sekte. Auch nun zweifelte sie nicht, daß Sender schwere Sünde auf sich geladen, und nicht allein aus Vorsicht, auch um Unseliges nicht in ihrem Hause zu dulden, hatte sie die Bücher und Schriften verbrannt. Aber der Fluch eines Rabbi ist eine furchtbare Strafe, sie macht den Bestraften elend und verlassen – war sie hier nicht zu hart? Und da die Wucht dieser Strafe Sender verblutend zu Füßen seines Richters hingeworfen – hätte er nicht dann Mitleid üben, die Herbeieilenden zur Rettung des Jünglings anfeuern sollen? Er aber sagte nur: »Schaffet ihn fort! Das Blut des Sünders befleckt diese Stube!« War das auch im Namen und nach dem Willen Gottes gesprochen?....

Sie richtete sich hoch auf.

»Nein, Rabbi, das war zu hart!« murmelte sie, als stünde sie ihm gegenüber. »Und ihr anderen gar, was wollt ihr von ihm? Er hat gesündigt, ja, aber wer weiß warum und durch wessen Verführung? Aus den Wolken sind ihm ja jene Bücher nicht in die Lade gefallen! Und was er gesündigt hat, hat er gebüßt, und wenn ihm Gott verzeiht, indem er ihn genesen läßt, so sollt ihr anderen ihn nicht verfolgen! Er ist mein Kind – ich werde zu meinem Kinde stehen!«

Um die Mittagsstunde kam der Wundarzt Grundmayer, nach seinem Patienten zu sehen. Das war ein Beweis seines großen Pflichtgefühls, denn er hielt sich kaum auf den Beinen. Sein gewöhnlicher Rausch war allerdings immer schon am nächsten Vormittag ausgeschlafen, aber am Abend nach der Rekrutierung hatte er sich eben einen besonderen angetrunken, schon aus Freude darüber, weil sich diesmal die »Fehler« aller seiner Klienten als wirksam bewährt. Stolpernd und pustend kam er auf das Mauthaus losgesteuert.

Frau Rosel ersah ihn zufällig schon von fern und trat ihm vor der Tür entgegen; Sender sei wieder bei Bewußtsein, jetzt schlafe er tief und fest, es sei wohl das beste, ihn nicht zu wecken.

»Hoho!« gröhlte der Trunkene, »woher wissen Sie, was das beste ist? Aber meinetwegen –« er sank auf die Bank vor dem Hause – »lassen wir ihn schlafen! Wenn er aufkommt, zahlen Sie mir hundert Gulden, denn dann war das eine Wunderkur. Blutsturz – Nervenfieber – was weiß ich – alles zusammen.« Er lachte laut auf. »Aber er kommt ja nicht auf. Unsinn! Deshalb müssen Sie mir doch einen Gulden für jeden Besuch zahlen! Auch für den heutigen. Sonst –«

Er erhob sich und nahm eine drohende Haltung gegen sie an. Zum Glück kam in diesem Augenblick ein Wagen vorbei; der dicke Simche Turteltaub, der einstige Lohnherr Senders, lenkte ihn. Auch er hatte sich bisher nicht einmal nach dem Befinden des Kranken zu erkundigen gewagt. Als er jedoch die Szene sah, hielt er an und sprang vom Kutschbock.

»Steigt ein!« befahl er dem Trunkenen. »Ich bring' Euch heim.« Dann wandte er sich an Frau Rosel. »Das geht nicht, daß mein Sender in solchen Händen bleibt. Ich hab' eben den Herrn Regimentsarzt, der gestern die Rekrutierung in Barnow geleitet hat, zu einigen Kranken in Biala gebracht; Nachmittag soll ich ihn abholen, ich halt' auf dem Rückweg bei Euch an.«

Sie vermochte ihm vor Rührung kaum zu danken. »Recht habt Ihr«, sagte sie dem Marschallik, als er des Nachmittags wieder erschien, »Gott verläßt uns nicht.«

Sender war nur auf wenige Minuten erwacht und hatte die Suppe, die sie ihm gereicht, mit Heißhunger gegessen. Nun schlief er wieder.

So traf ihn der Regimentsarzt. Er ließ sich die Krankengeschichte erzählen und untersuchte dann den Leidenden. Als Sender die Militäruniform sah, schrak er zusammen. Aber der Arzt beruhigte ihn: »Nein, mein Sohn, aus dir wird dein Lebtage kein Soldat!«

Dies sagte er auch der Mutter. »Eine Gefahr für sein Leben besteht jetzt nicht mehr, und wenn er sich schont, gut nährt, vor jeder Aufregung, aber namentlich auch vor jeder Erkältung hütet, so kann er recht alt werden. So gesund, um rekrutiert zu werden, wird er freilich niemals wieder.«

Sie fragte, ob die Aufregungen jener Szene den Blutsturz herbeigeführt.

Der Arzt zuckte die Achseln.

»Vielleicht«, sagte er. »Wenigstens wäre er sonst wahrscheinlich nicht so heftig gewesen. Aber dann wär's eben ein Bluthusten geworden.... Für die Erkrankung Ihres Sohnes kann der Rabbi nichts, wohl aber hängt es von ihm wie von jedem, der dem Kranken Freude oder Schmerz bereiten kann, ab, wie rasch und gründlich er sich erholt. Die Suppen allein werden's nicht machen!«

Der Marschallik, der neben Simche, dem Kutscher, ehrfurchtsvoll lauschend an der Tür stand, gab diesem einen kräftigen Rippenstoß. »Hört Ihr?« flüsterte er. »Ihr sollt mir dafür Zeuge sein.«

Nachdem der Arzt gegangen, sagte er zu Frau Rosel: »Also die Hauptsache: keine Vorwürfe, keine Fragen! Und fragt er was, eine beruhigende Antwort. Wißt Ihr keine, so sagt es mir, ich werd' sie wissen.«

»Immer?« fragte sie zweifelnd.

»Ja«, erwiderte er. »Ich bin nicht dumm, und Gott ist allweise!«

Aber dazu kam es in den nächsten Tagen nicht. Sender schlief viel und lag die übrige Zeit still da. So oft die Mutter an sein Lager trat und ihm die blassen Wangen streichelte, überflog ein Lächeln sein Antlitz, er schloß die Augen, und dies Lächeln haftete dann noch auf den Zügen des Schlummernden. Ihm war's, als sei er wieder ein Kind und es könne ihn kein Leid anrühren, so lang ihn die Mutter behüte und mit ihm zufrieden sei. Und als er endlich fragte, ob er außer Gefahr sei und wie es um seine Militärpflicht stehe, so brauchte sie ja nicht erst mit dem Marschallik zu beraten, um ihn zu beruhigen.

Inzwischen war Itzig Türkischgelb bemüht, auch für all die anderen Fragen, die wie drohende Klippen das fernere Leben seines armen Schützlings umstarrten, eine freundliche Lösung zu finden.

Zunächst warb er den dicken Simche als Bundesgenossen. »Ihr müßt mir helfen, den Ochsen bei den Hörnern zu fassen«, sagte er ihm. »Der Ochs ist unsere Gemeinde. Mit dem Schweif, den kleinen Schreiern, wollen wir uns nicht abgeben. Kommt zum Rabbi!«

Als sie vor dem Gelehrten standen, begann der Marschallik mit der Frage, ob der Rabbi Sender in den »Cherem« (Bann) getan. Niemand wisse es genau.

»Nein!« erwiderte Rabbi Manasse. »Meinen Fluch habe ich über ihn ausgesprochen, den Bann nicht; das muß ja schriftlich geschehen. Ich warte noch. Denn es steht geschrieben: ›Der Mensch richte nicht, wo Gott gerichtet.‹ Er soll ja im Sterben liegen...«

Das sei zum Glück nicht wahr, erwiderte der Marschallik und erzählte ausführlich von Senders Zustand und der Mahnung des Arztes; auch seien die Bücher bereits verbrannt. »Und darum werdet Ihr Barmherzigkeit üben«, schloß er flehend.

Der Rabbi schüttelte finster den Kopf. »Hat er denn mich beleidigt, daß ich ihm verzeihen könnte? Es war ein Frevel gegen Gott, und den muß ich strafen. Mit den fremden Zeichen schleicht sich der Abfall in die Reihen Israels ein. Ihr deutet seine Genesung als eine Gnade Gottes? Nein, er läßt den Sünder leben, damit er auf Erden büße, was er auf Erden gefrevelt!«

»Aber der Bann ist ja eine furchtbare Strafe!« klagte der Marschallik. »Der Unglückliche wäre dann brotlos, friedlos, heimatlos. Und was ist seine Schuld? Dasselbe tun alle Juden in Deutschland und in unseren großen Städten.«

»Traurig genug«, war die Antwort. »Ich habe leider nur über meine Gemeinde die Macht! Ich schütze sie vor dem Gift. Luiser und Dovidl – ich sagt's Euch schon – sind Apotheker. Aber von Mutwilligen ist Sender der erste und soll der letzte bleiben. So wollen's unsere Weisen!«

»Unsere Weisen!« rief der Marschallik. »Unter den zehntausend Meinungen von zehntausend Rabbinern, die der Talmud verzeichnet, ist vielleicht auch eine, die Euch recht gibt, und die hundert, die Euch unrecht geben, beachtet Ihr nicht! Der Talmud ist wie ein Wald; ruft Ihr ›Rache‹ oder ›Gnade‹ hinein – es wird daraus schallen, wie Ihr gerufen!«

»Ihr redet, wie Ihr's versteht. Ich folge unseren Weisen! Übrigens – es war ihm vorbestimmt. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamme. Seinen Vater hat der eigene Vater verflucht!«

Der Marschallik wollte heftig erwidern. Da hielt er plötzlich inne. Von seinem Antlitz wich die zornige Erregung und machte tiefer Betrübnis Platz.

»Kommt, Reb Simche«, sagte er tief aufseufzend. »Unsere Pflicht haben wir getan – gegen Sender, aber auch gegen den Stolz unserer Gemeinde... Der frömmste Rabbi des Landes in den Händen der Polizei. Aber wird's unsere Schuld sein, Reb Simche?«

»Nein«, wehrte der Fuhrmann entsetzt ab. Er verstand nicht, was der Marschallik meinte, aber er wollte keinesfalls daran schuldig sein.

Der Rabbi horchte hoch auf. »Was meint Ihr damit?« fragte er.

»Ja, wenn ich's sagen dürft'!« seufzte der Marschallik. »Aber kann ich's sagen? Redet, Reb Simche, könnt Ihr's sagen? Könnt Ihr?«

»Nein!« beteuerte dieser, und da log er wahrlich nicht.

»Ich nehm's Euch nicht übel, Reb Simche. Ihr seid eben Familienvater! Und ich auch... Lebt wohl, Reb Manasse. Aber wenn der Bann erlassen ist, und es kommt die Polizei und holt Euch – denkt dann an mich...«

»Die Polizei?« fragte der Rabbi geängstigt. Er wußte wohl, des Kaisers Gericht hatte den Rabbinern streng verboten, den Bann zu schleudern, auch war die angedrohte Strafe hoch. Aber zur Untersuchung kam es nur, wenn die Anzeige eines einflußreichen Mannes vorlag, sonst kümmerten sich die Bezirksämter nicht darum. »Hat dieser Sender so mächtige Freunde?«

»Ja!« sagte der Marschallik. »Mögen diese Herren dann mit mir tun, was sie wollen, ich warne meinen Rabbi! Nur von zweien dieser Freunde will ich reden. Der eine ist so mächtig, daß er neulich – ich war zufällig dabei – einen Herrn in Uniform zu Sender gebracht hat, und der hat gleich versprochen: ›Sender wird nie Sellner werden.‹ Ist es wahr, Reb Simche?«

»Ja«, erwiderte dieser feierlich, obwohl er das Lachen mit Mühe unterdrückte.

Der Rabbi rückte unruhig hin und her. »Könnt Ihr bezeugen«, wandte er sich an den Fuhrmann, »daß auch Ihr diesen mächtigen Freund von Sender kennt?«

»Bei Weib und Kind kann ich's schwören«, beteuerte der dicke Mann. »Ich kenn' ihn wie mich selbst!«

»Wer mag das sein?« murmelte der Gelehrte beängstigt. Dann aber erhellte sich sein Antlitz.

»Warum hat denn Frau Rosel so vor der Rekrutierung gezittert?« fragte er. »Warum ist der Mann in Uniform nicht früher gekommen?«

Türkischgelb lächelte überlegen. »Ihr vergeßt, daß Sender geglaubt hat, er ist befreit. Und der Mann in Uniform ist damals noch nicht in Barnow gewesen!« Er beteuerte auch dies mit schweren Eiden, und der Fuhrmann tat das gleiche.

Der Rabbi seufzte. »Aber wer war es?« fragte er.« Sagt es doch.«

»Darf ich Euch nicht sagen«, erwiderte Türkischgelb. »Und ebenso kann ich Euch nicht sagen, wer sein zweiter, noch viel mächtigerer Beschützer ist. Ich kann nicht. Aber ist Euch nicht aufgefallen, woher der Bursch plötzlich lesen und schreiben kann? Woher er die Bücher hat? Welch einen Haufen haben Frau Rosel und ich verbrannt! Welch einen Haufen! Alles von diesen reichen Herren... Glaubt Ihr, Rabbi, daß solche Herren schweigen werden? Eine kleine Straf' für ihren Schützling hätten sie hingenommen, aber den Bann? Ihr kommt ins Kriminal, Rabbi, ich seh' schon die Polizei, wie sie Euch holt!... Aber das ist nicht zu ändern, Ihr müßt nach Eurem Gewissen handeln... Kommt, Reb Simche...«

»Halt!« sagte Rabbi Manasse und wischte sich den Schweiß von der Stirne. »Sender ist reuig, sagt Ihr, und die Bücher sind verbrannt?«

»Ja, aber das nutzt ja nichts! Kommt, Reb Simche!« Und er zog den Fuhrmann zur Tür hinaus.

Als sie auf der Straße waren, brach der dicke Mann in ein Lachen aus, daß es wie ein Dröhnen klang.

»Reb Itzig«, rief er bewundernd, »was seid Ihr für ein Kopf! Aber warum seid Ihr nicht dageblieben? Wir hätten irgend eine Buße für Sender vereinbart, und die Sach' wär' im reinen!«

»Weil die Buße morgen, wenn er mich holen läßt, kleiner sein wird. Denn zwischen heut' und morgen liegt eine Nacht, die er schlaflos verbringt.«

In der Tat erschien am nächsten Morgen Meyerl Kaiseradler beim Marschallik und entbot ihn sofort zu dem Rabbi. Türkischgelb ließ sich auch nicht lange bitten. »Vielleicht fragt er sonst einen anderen«, dachte er.

Aber damit hatte es keine Gefahr.

»Unser gestriges Gespräch bleibt unter uns«, begann der Rabbi. »Sonst könnten die Leut' glauben, daß ich mich vor der Polizei fürchte, während ich nur unseren Weisen folge. Nach unseren Weisen läßt sich eine so schwere Strafe doch nicht aussprechen – ich hab' mich davon überzeugt. Es mag genügen, wenn Sender die folgenden Bedingungen erfüllt. Erstens muß er zu mir kommen und mir Abbitte tun für die Kränkung, die er meinem frommen Herzen bereitet hat...«

Der Marschallik nickte. »Das sind Worte«, dachte er, »auf Worte wird es meinem Sender nicht ankommen!«

»Zweitens, er muß mit einem Schwur auf die Thora geloben, nie wieder ein deutsches Buch anzurühren...«

»Hm!« Türkischgelb räusperte sich. Seine eigene Empfindung darüber war eine unsichere, er verdammte Sender nicht, sondern bemitleidete ihn nur: die Wissenschaft brachte ihm schwere Anfeindung und keinerlei Nutzen, aber gleich abschwören wie eine Sünde! Und Sender mußte doch einen Zweck dabei verfolgt haben, und gleichviel, wie töricht dieser gewesen, würde er nun gewillt sein, ihn aufzugeben?

»Hm?« fragte der Rabbi.

»Hm!« wiederholte der Marschallik. Aber er sah ein: da konnte der Rabbi wirklich nicht nachgeben, ohne sein Ansehen einzubüßen.

»Und was noch?« fragte er.

»Zum dritten soll Sender zwei Jahre lang jeden Montag und Donnerstag fasten und zum vierten jeden Sabbat auf dem Sünderplatz neben der Tür der ›Schul'‹ stehen.«

»Daraus wird nichts!« erklärte Türkischgelb entschieden. Und in beweglichen Worten stellte er dem Rabbi vor, daß ein kränklicher Mensch doch nicht im Winter an der Tür stehen und zweimal wöchentlich fasten könne.

»Aber eine dauernde Buße muß er auf sich nehmen!« wandte Rabbi Manasse ein.

»So laßt ihn durch zwei Jahre täglich fünf Psalmen sagen.«

»Das ist eine zu leichte Strafe«, meinte der Gelehrte, gab sich aber schließlich damit zufrieden. »Außerdem aber«, sagte er, »will ich ihm das Versprechen abnehmen, bald zu heiraten. Dann wird er ehrbar und vernünftig. Warum soll er nicht zum Beispiel die Lea aus Kolomea nehmen?«

»Rabbi!« rief der Marschallik lachend. »Das wäre ja die vierte und härteste Buße. Und eine Straf' soll's doch nicht sein! Es steht ja geschrieben: ›Ehestand ist Glücksstand‹. Aber daß er Euch das Versprechen leisten soll, damit bin ich einverstanden.«

Er meinte dies ernst. Denn er wollte ja nicht, daß Sender ein »Deutsch« werde und unvermählt bleibe, wollte es, von dem Vorurteil abgesehen, das auch in ihm nicht schwieg, vor allem deshalb nicht, weil es ihm für den »armen Jung'« kein Glück schien, nun in neue, fremde Bahnen einzulenken – für den Zwanzigjährigen von schwankender Gesundheit war's zu spät.

Als der Marschallik seinem Bundesgenossen Simche das Ergebnis dieser Verhandlung mitteilte, brach der Fuhrmann in den ungestümen Ausruf der Bewunderung aus:« Reb Itzig, gegen Euch ist Gortschakow ein Esel, und Schwarzenberg ein Ochs. Wenn Ihr »Tippelmat« (Diplomat) geworden wäret, es gäb' keinen Krieg auf der Welt. Mehr hätte niemand für Sender erwirken können, auch sein eigener Engel nicht.«

Minder bilderreich drückte Frau Rosel ihre Zustimmung aus. »Gott wird's Euch vergelten«, sagte sie. »An Eurer Jütte wird er's Euch vergelten« – aber auch dies wenige erriet er mehr, als er es hören konnte, weil die Tränen der Freude die Stimme der armen Frau erstickten.

»Ihr sagt es ihm aber erst, wenn er außer Bett ist«, mahnte er. Ihm machte jener Schwur Sorge, und obwohl er sonst auch sein eigenes Verdienst sehr gern und sehr lebhaft anerkannte, vermochte er doch diesmal nicht recht in das Lob der anderen einzustimmen. Denn da Sender in der Gemeinde beliebt war, ärgerten sich nur die Frömmsten darüber, daß er so glimpflich davonkommen sollte, wenn es auch die meisten geradezu wie ein Wunder berührte, daß der sonst so strenge Rabbi nicht einmal auf einer öffentlichen Buße beharrte – von den beiden Mächtigen, die dies bewirkt, erfuhr ja niemand ein Sterbenswörtchen.

Nur ein Mann der Gemeinde, sonst der Stillste und Sanfteste, konnte sich über die Milde nicht beruhigen. »Schimpf verdient Ihr, nicht Lob«, rief Jossele Alpenroth dem Marschallik zu, als sie am Sabbat nach Abschluß jenes Vergleichs vor der Schul zusammentrafen. »Ihr habt den Rabbi betört.«

Itzig Türkischgelb war sonst nicht der Mann, auf einen groben Klotz einen feinen Keil zu setzen, diesmal tat er es doch. Der Uhrmacher hatte bisher in seinen Zukunftsplänen für Sender eine große Rolle gespielt; natürlich sollte der Jüngling nach seiner Genesung in die Werkstätte zurückkehren.

»Reb Jossele«, sagte er betroffen, »Ihr seid doch sonst ein Milder und Weiser. Ihr werdet doch den armen Jungen nicht verstoßen?«

Der kleine Meister wurde krebsrot.

»Was?« schrie er und warf die Arme in die Luft. »Ihr glaubt, ich nehm' ihn wieder auf? Diesen Pojaz, diesen Tagedieb, diesen Gotteslästerer! Wenn ich mein Versprechen brechen wollt', was könnt' ich von ihm erzählen! Und wie viel Rädchen hat er mir zerbrochen!«

Die Umstehenden lachten laut.

»Lacht nicht!« rief er außer sich vor Wut. »Wenn Gott noch zu den Menschen reden tät', er würde Euch zurufen: ›Schickt ihn als Baal Taschuba (fahrenden Büßer) hinweg aus dieser frommen Gemeinde. Sonst –‹«

»Zerbricht er noch ein Rädchen«, fiel der Marschallik ein. »Ihr irrt, so würdet Ihr reden, wenn Ihr Gott wäret. Aber Gott ist kein kleiner, dummer, heimtückischer Uhrmacher!«

Das Gelächter erhob sich noch lauter. Jossele Alpenroth flüchtete schmachbedeckt in den Vorhof der Schul, aber auch seinem Besieger war's schwer ums Herz. »Was nun?« dachte er. »Ein neues Handwerk kann er doch jetzt nicht anfangen. Simche nähm' ihn gleich wieder, aber das ist doch kein Geschäft für einen kränklichen Menschen.«

Indes, diese Frage konnte nur mit Senders Zutun erwogen werden. Eine andere Sache aber hatte der Marschallik sofort zu ordnen. Der Name Glatteis im Ladungsschein mußte als Irrtum erscheinen. Auch die schonendste Enthüllung seiner Abkunft hätte den Genesenden furchtbar erregt, aber noch aus einem anderen Grunde schauderte Frau Rosel davor zurück: »in der nämlichen Stund' geht er in die weite Welt wie sein Vater! Er hält's dann für seine Bestimmung, und dasselbe Blut hat er ja leider. Glaubt Ihr, er wär' auf die christlichen Bücher gekommen, wenn er nicht Mendele Schnorrers Sohn wäre? Ich bin nicht eher ruhig, bis er ein Weib hat und auch vor dem Kaiser mein Kind ist.« Sie wollte ihn nach Luisers Weisung adoptieren und diesem, der neben seinem Amt auch Winkelschreiberei betrieb, die Durchführung der Sache übergeben. Aber vorher mußte der Gemeindeschreiber jenen »Irrtum« bescheinigen.

Der Marschallik übernahm es, Luiser dazu zu bestimmen. »Ihr schreibt die Vorladung zur Losung noch einmal«, schlug er ihm vor, »auf den Namen ›Kurländer‹ und füget bei, bei ›Glatteis‹ wär' Euch damals die Feder ausgeglitten.«

Aber Luiser war für diesen bescheidenen Scherz unzugänglich. »Die größere Sach' übernehm' ich«, sagte er. »Warum nicht? Eine ehrliche Sach', kostet hundert Gulden. Aber etwas Falsches bescheinigen? Um keinen Preis! Es geht ja um meine Ehre. Nicht um mein Leben! Nicht um zehn Gulden!«

»Aber um zwei«, erwiderte Türkischgelb kaltblütig. »Zehn Gulden kann die arme Frau, die jetzt Arzt und Apotheker bezahlen muß, nicht erschwingen.«

»Meine Ehre um zwei Gulden?« rief Luiser entrüstet.

»Also zwei und einen halben«, sagte der Marschallik begütigend, »aber mehr keinen Heller. Sonst lüg' ich mir meinen Sender ohne Schein an.« Er faßte nach der Türklinke.

Seufzend griff der Schreiber nach einem Formular und schrieb das Gewünschte, fügte auch in seiner unbeholfenen Schrift in zollhohen lateinischen Lettern bei: ›Friher durch Irtum mit anterer Ruprike Glatteis geheusen.‹ – »Aber nun krieg' ich auch die größere Sach'!«

Der Marschallik zählte das Geld auf den Tisch und steckte den Schein ein.

»Wahrscheinlich«, erwiderte er. »Aber vorher frag' ich Dovidl, ob er's nicht billiger macht.«

»Den?« rief Luiser höhnisch. »Dovidl Morgenstern wollt' Ihr eine so schwere Sach' anvertrauen? Seid Ihr bei Vernunft? Natürlich wird er sie übernehmen, der Stümper, der zapplige Mensch übernimmt ja alles, aber kann er sie denn führen? Von den Gesetzen versteht er so viel wie ich von –« er suchte vergeblich nach einer Sache, von der er, Luiser Wonnenblum, nichts verstand, und verbesserte sich darum – »wie der Rabbi von einem Walzer! Und Deutsch schreibt er, hahaha« – er lachte krampfhaft – »in jedem Wort ist ein Fehler, auf Ehre! Die Herren vom Bezirksgericht schütten sich aus vor Lachen, wenn jemand mit einer Eingab' von ihm kommt. ›Das ist ja ein Unsinn‹, sagen sie, ›und nicht Deutsch, wir können's gar nicht erraten tun, was er will‹, sagen sie, ›warum nehmen Sie zu Ihrem Schaden so einen Esel?‹ Und ein Mensch – wißt Ihr, was er jetzt werden will? Alles, was Koscielski bisher war. Ihr lacht, Reb Itzig? Recht habt Ihr!«

»Fällt mir nicht ein«, sagte der Marschallik. »Warum sollt' ich lachen?« Wladimir Koscielski war der Lottokollektant und Versicherungsagent für Barnow, doch mußte er nun auf diese Ämter verzichten, da er Anfälle von Säuferwahnsinn hatte. »Besser als der versoffene Schlingel wird's Dovidl machen.«

»Schlechter«, rief Luiser grimmig. »Ich sag' ihm: ›Teilen wir zur ehrlichen Hälfte, ich die Kollektur, du die Versicherungen.‹ Aber er will alles! Der Stümper! Und er soll gar eine Adoption durchführen? Hahaha, der macht Euch den Froim lebendig, statt ihn totzusagen. Und warum das alles? Weil er um zehn Gulden billiger ist und nicht neunzig Gulden verlangt wie ich, sondern achtzig.«

Der Marschallik nickte ihm freundlich zu. »Nur weiter, Reb Luiser. Ihr redet gut, ich hör' Euch gern zu. Aber hundert – neunzig – in einer halben Stund' habt Ihr erst zehn Gulden nachgelassen – könnt's von nun an nicht schneller gehen?«

»Handeln laß ich mit mir nicht«, erwiderte der Gemeindeschreiber. »Was ich ausgesprochen hab', dabei bleibt's. Um achtzig will's Dovidl machen, sagt Ihr? Gut, aus Freundschaft für Euch tu' ich's um dasselbe Geld. Da kann Euch die Wahl nicht schwer sein, denn dieser Dovidl – wißt Ihr, wie weit es schon mit ihm gekommen ist? Ich sollt' mich ja darüber freuen, aber weil er Weib und Kind hat, so tut er mir eigentlich leid. Nämlich weil das Bezirksamt keine Eingab' mehr von ihm annimmt, sucht er jetzt einen Schreiber, der besser Deutsch kann als er. Ein Erbarmen, sag' ich Euch. Aber ist's ein Wunder? Er benimmt sich ja wie ein Narr – alles an ihm zappelt – soll man da Vertrauen zu ihm haben? Und so einen Menschen wollt Ihr mir vorziehen, wenn's bei uns beiden gleich viel kostet – siebzig Gulden.«

»Nein«, erwiderte der Marschallik. Wenn's bei euch beiden fünfzig kostet, kriegt Ihr die Sach', lebt gesund.«


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