Karl Emil Franzos
Der Pojaz / Vorwort
Karl Emil Franzos

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Zwölftes Kapitel

In den nächsten Tagen war Sender sehr zerknirscht, die Reue, die Mutlosigkeit lasteten schwer auf ihm. »Es war Notwehr«, sagte er sich zur Entschuldigung, aber wenn er die Trauer der Mutter sah oder ihrem finsteren, vorwurfsvollen Blick begegnete, kam er sich wie ein rechter Sünder vor.

Dann freilich regte sich jener leichte Sinn wieder, der ihm ebenso im Blute lag wie der dunkle Drang nach seinem Ziel. Es gab nun freilich nur noch eine Hilfe für ihn: der Direktor in Czernowitz mußte ihn aus seinen Barnower Ketten befreien, aber dieser Mann tat es auch sicherlich! Und seltsam genug wuchs seine Zuversicht desto mehr, je länger die Antwort auf sich warten ließ.

»Warum schweigt er?« dachte er. »Weil der gute Mensch eine Beschäftigung für mich sucht. Einen anderen Grund kann er gar nicht haben. Wollte er ›Nein‹ sagen, er würde mich darauf nicht warten lassen! Und bis er was findet, brauch' ich ja nicht müßig zu bleiben: ich hab' ja die Bücher im Kloster! Freilich schneidet mein Fedko mürrische Gesichter, wenn ich ihm keinen Schnaps zahlen kann, aber er läßt mich doch immer hinein, und mit der Zeit wird mir der liebe Gott auch wieder zu einem Fläschchen Slibowitz für ihn verhelfen! Und am Frieren kann doch mir nichts liegen! Hab' ich als Kutscher bei Simche immer hinter dem Ofen sitzen können?!«

Nur eines machte ihm ernste, ja bittere Sorge: was er nun lesen sollte.

Mit der »Emilia Galotti« war es schlecht gegangen, er hatte fast nichts davon verstanden, mit dem nächsten Bändchen des »Theater von Lessing«, wie der vergilbte Wiener Nachdruck betitelt war, dem »Philotas«, ging es gar nicht mehr.

An die zehn Male mußte er den Eingangsmonolog lesen, bis ihm eine Ahnung davon aufdämmerte, in welcher Lage und Stimmung Philotas war.

»Mir scheint«, sagte er vor sich hin, »dieser Philotas ist auch ein Soldat wie der Tempelherr. Gut, da hab' ich nichts dagegen! Denn warum? Mit einem Soldaten kann viel geschehen, ein Soldat läßt sich in einem ›Spiel‹ gut machen. Das letzte Mal hab' ich zu ›Purim‹ (jüdische Fastnacht) auch einen Soldaten gemacht, einen Oberleutnant, den ältesten Sohn von Haman, dem Judenfeind, der sich aber bei den Juden gern Geld leiht – die Leut' haben sehr gelacht. Das hier scheint ein ernster, ein trauriger Soldat – tut nichts – kann ich auch machen. Aber was für ein Mensch ist er? Da kann ich bis jetzt nur so viel sehen, daß er gewiß kein Jud' ist. Denn erstens hat ein Jud' noch nie Philotas geheißen, und zweitens sagt er, daß er schon als kleiner Knabe von Waffen geträumt hat und von Schlachten – das hat auch seit Judas dem Makkabäer kein jüdisch Kind mehr getan...«

»Also«, spannen sich seine Gedanken weiter, »ein trauriger christlicher Soldat. Aber was für einer? Ist er ein Österreicher oder ein Russ', oder ein Preuß' oder ein Franzos', oder ein Engländer? Es ist gar nicht gesagt. Schon das gefällt mir nicht! Denn wenn das Spiel gemacht wird, und ich bin dieser Philotas, so muß ich doch eine Uniform anziehen. Soll ich einen weißen Rock und einen Tschako tragen wie unsere Soldaten, oder einen grauen Rock und eine Mütze wie ein Russ'? Aus dem Namen kann man es auch nicht erkennen. ›Philotas!‹ und da stehen ja auch die anderen. ›Aridäus, Strato, Parmenio‹ – in meinem ganzen Leben bin ich noch keinem Menschen begegnet, der so geheißen hat. Übrigens – da fällt mir eben ein – der Laborant in der Apotheke heißt Philipp – vielleicht heißt das in einer anderen Sprache Philotas, vielleicht sind es Franzosen, denn Deutsche oder Polen oder Russen sind es nicht...«

Er nickte.

»Also wahrscheinlich ein Franzos'!... Aber was ist dieser Philotas? Das ist gar zum Lachen! Hier steht: ›Aridäus – König‹ – gut! ›Strato‹ ist sein ›Feldherr‹, ›Parmenio‹ ist ›Soldat‹ – aber Philotas?! ›Philotas gefangen‹. Zum Lachen sag' ich. ›Gefangen!‹ ist das ein Stand, ist das eine ›Parnosse‹ (Broterwerb)?! ›Gefangen!‹ – Kommt man so auf die Welt, und kann man davon leben? ›Gefangener Feldwebel‹ sollte es heißen oder ›Hauptmann‹ oder ›General‹, denn ein Gemeiner, wie mein armer Wild, ist dieser Philotas nicht, sonst würde ihn ja der König nicht so pflegen lassen. Sein eigenes Zelt hat er und ›alle Bequemlichkeiten‹. Aber ist er damit zufrieden? Nein! er ärgert sich gar noch darüber und schimpft und schimpft und möchte sich sogar seine Wunden aufreißen.

Aber warum schimpft er?! Kann kein Mensch verstehen! Weil er gefangen ist? Das ist doch keine Schande! Er hat sich doch gewehrt, sonst hätt' er doch keine Wunde! Wenn ich ein Soldat bin und muß – Gott verhüte es gnädig! – in eine Schlacht und schlag' mich herum und werd' verwundet und gefangen, so ist das gewiß nicht angenehm, aber ich werde sagen: ›Das kann doch jedem Soldaten passieren, und wenn es schon geschieht, so ist es doch besser, ich habe Pflege, als daß ich sterben muß!‹ Also dieser Philotas ist ein Esel oder verrückt – und solche Leut' gehören in kein Spiel, und von dem will ich nichts mehr hören!«

Er warf das Bändchen auf den Tisch und ging erregt auf und nieder.

»Vielleicht auch –« murmelte er nach einer Weile und hielt den Schritt an und dachte nach.

»Lessing!« sprach er dann laut vor sich hin. »Was hat Wild immer gesagt?! ›Ein großer Dichter!‹ Und er hat ja auch das Spiel vom Nathan aufgeschrieben. Lessing schreibt gewiß nur, was vernünftig ist! Vielleicht ist es gar nicht ernst gemeint, ich mein', vielleicht sollen die Leut' über diesen französischen Philipp lachen... Aber nein, es ist ja ein Trauerspiel, da weint man! Oder vielleicht hat es doch einen Sinn, und ich versteh's nur nicht! Ja, so wird es sein! Ich bin selbst der Esel und nicht der Philotas!«

Unschlüssig begann er wieder seinen Rundgang um den Tisch. Seine Zähne klapperten vor Frost, was ihm freilich nicht zum ersten Male begegnete, nur daß er diesmal diese eisige und zugleich moderschwere Luft gleichsam bis in sein Herz hinein dringen fühlte, vielleicht weil ihn heute auch das Unbehagen des Gemüts so sehr peinigte. Darum kam ihm auch diesmal Fedko nicht zu früh, und als sie an der Tartarenpforte schieden, schwebte es ihm auf den Lippen: »Ich komme nicht wieder!«

Er sprach es nicht aus, und schon nach wenigen Stunden schien ihm der bloße Gedanke eine Sünde. Freilich verspürte er ein heftiges Kratzen in Hals und Nase. Am Abend brach eine arge Grippe aus, und der Husten ließ ihn auch des Nachts nicht ruhig schlafen, aber das schien ihm wahrlich kein Grund, um am nächsten Tage das Kloster zu meiden, und vollends gab es keinen inneren dazu. Wenn er das »Spiel« vom französischen Philipp nicht verstand, so durfte er es freilich nicht weiter lesen – aus der Erfahrung mit der »Emilia Galotti« wußte er nun, wie wenig Nutzen ihm derlei bot. Aber was folgerte daraus? Er mußte eben ein anderes Spiel suchen, das er fassen konnte.

Vor allem etwas von »Scheckspier«, dem Verfasser des »Schaje«. Diesen Dichter verstand er gewiß, und das war ja obendrein, wie ihm Wild versichert, der größte, der je für die Bühne geschrieben. Freilich hatte er seine Werke bisher in der Bibliothek nicht aufgefunden, aber sicherlich waren auch sie vorhanden, und dann war ihm geholfen. Sein Herz klopfte vor Erregung, wenn er daran dachte, daß er nun vielleicht auch jenes »Spiel«, das ihn in Czernowitz so mächtig ergriffen, würde nachlesen können.

Die beiden nächsten Male verbrachte er die Stunden in vergeblichem Suchen, Regal an Regal sah er durch, ungeheure Staubwolken jagte er auf und zerstörte Tausenden von Spinnen die emsige Arbeit ihres ganzen Lebens; Antlitz, Hände und Gewand überzogen sich mit einer Schmutzkruste, und der Husten wurde so arg, daß ihm der Brustkasten bei jedem Atemzug weh tat. Aber »Scheckspier« stand auf keinem der Bücherrücken.

Gerade der beste fehlte! Wie war dies zu erklären?! »Vielleicht haben die Mönche nichts von ihm wissen wollen«, dachte er, »weil er an einer Stelle auch für die Juden ein Herz gezeigt hat! – Aber das kann's doch nicht sein«, fiel ihm sofort bei, »das hat Lessing noch mehr getan, und der ist da!«

Indes – sein Gutes hatte dies vergebliche Suchen doch. Zur Zeit, da noch Wild sein Lehrer gewesen, hatte dieser einmal, als er ihn besonders hartnäckig mit Fragen gequält, lachend ausgerufen: »Ich bin ja kein Konversationslexikon!« Natürlich hatte er durch diese Abwehr nichts erreicht als die erneute Frage Senders: »Was ist das?« Wild hatte es ihm erklärt und beigefügt, das sei ein sehr nützliches Buch, man könne darin alles finden, was man wissen wolle.

Ein solches Buch war Sender bei der Jagd nach dem großen Dichter in die Hände gefallen. Er hatte es beiseite gelegt und holte es nun hervor. Vielleicht war es besser, wenn er statt der unverständlichen Spiele dies nützliche Werk durchlas. Freilich war es gerade kein ermutigendes Anzeichen, daß er auch hier schon den Titel nicht verstand: »Konversationslexikon oder enzyklopädisches Realwörterbuch. Leipzig 1846.«

Aber vielleicht ging es mit dem Text besser. Daß man ein solches Buch nur zum Nachschlagen benütze, wußte er natürlich nicht; er schlug das erste Blatt auf und las weiter, unter beständigem Räuspern, Husten und Schnäuzen. So erfuhr er, daß Aa ein Fluß in Frankreich sei, Aachen eine Stadt in Preußen, Aal ein schlangenförmiger Fisch und Abbotsford das Landgut eines Herrn Walter Scott, den er aber nicht kannte.

Kurzweilig war auch dies nicht, und hätten ihn die Kälte im Büchersaal und sein körperliches Mißbehagen nicht wach erhalten, so wäre er wohl über dem Bande eingenickt. Und natürlich verstand er auch in diesem Buche nicht alles. Trotzdem hielt er tapfer aus und hatte bereits erfahren, daß Akbar ein mongolischer Kaiser von Hindostan gewesen und Akerside ein englischer Dichter, als sich ein Hindernis ergab, das auch diesen bescheidenen Lesefreuden ein Ende zu machen drohte.

Dies Hindernis war die Überzeugung des Fedko, daß jede Arbeit ihren Lohn verdiene. Wohl ließ er Sender täglich ein, aber seine Miene ward immer düsterer, und an dem Tage, da dem wißbegierigen Jüngling der Genuß winkte, über »Akerside« hinaus zu den »Akephalen« zu gelangen, stieß der Alte beim Empfang an der Tartarenpforte einen so tiefen Seufzer aus, daß Sender wohl oder übel um den Grund fragen mußte.

»Weil mein Herz schwer ist!« erwiderte Fedko. »Ein Jude im Kloster – es tut doch nicht gut! Gestern klagt mir der Pater Ökonom, daß unsere Schweine gar nicht mehr fett werden wollen! Am Ende ist das doch ein Zauber...«

»Aber Fedko«, wandte Sender traurig ein, »wie kannst du das glauben! Schweine mager zu machen ist doch ein schwerer Zauber, und ich hätt' nichts davon! Wenn ich zaubern könnt', möcht' ich mir meinen Husten und Schnupfen wegzaubern, und noch lieber möcht' ich dann meinem lieben Fedko ein Fläschchen Slibowitz in die Tasche zaubern! Denn Geld hab' ich leider nicht...«

Das leuchtete dem Alten ein, aber fröhlich machte es ihn nicht.

»Ich habe nur gemeint«, entschuldigte er sich, »weil ihr diese lieben Tierchen nicht leiden könnt... Ein dummes Volk seid ihr! Keinen Schweinebraten essen, keinem Mädchen nachlaufen, keinen Schnaps trinken, keine Lieder singen – ein ganz dummes und trauriges Volk... Aber wenn es auch nicht dein Zauber ist, so vielleicht Gottes Strafe: ›Ihr laßt mir einen Juden ins Kloster, ich mache eure Schweine mager!‹ Das bedrückt mich sehr...«

»Aber ohne Grund«, tröstete Sender. »Wenn wir nächstens wieder bei Srul Schänker zusammensitzen, werde ich es dir beweisen.«

»Nächstens?!« fragte Fedko kummervoll. »Mein Herz ist sehr schwer! – Könnte es nicht heute sein?«

»Ich sage dir ja: kein Heller!... Aber nächstens, wenn unter deiner Adresse ein Brief aus Czernowitz kommt – du weißt ja!«

»Ich weiß, daß du ihn erwartest!« erwiderte Fedko schmerzlich. »Aber sonst weiß ich leider nur, daß unsere armen Schweinchen – – Übrigens wie Gott will! Für eine Woche will ich's noch tragen!«

Auch Sender seufzte tief auf, als er diesmal in die Kutte des Ämilius schlüpfte und sich an dem großen Tische niederließ. Und seine Bekümmernis war nicht erheuchelt. »Noch eine Woche –« er wußte, daß Fedko Wort halten würde. Dann war ihm das einzige, was er hier aus eigener Kraft zur Erreichung seines Ziels tun konnte, abgeschnitten...

Betrübt beugte er sich auf das dicke Buch nieder.

»Akephalen«, begann er zu lesen, »das heißt ›Hauptlose.‹ – Was?« unterbrach er sich, »Menschen ohne Kopf?!«

Aber da hieß es nun: »›Zuerst die Monophysiten‹« – er buchstabierte es nochmals, »heißt ein Name!« seufzte er, »und was er bedeutet, mag Gott wissen! – also ›Monophysiten, welche sich 483‹ – wie lang ist das her?! Vierzehnhundert Jahr'! Gott meiner Väter, das ist doch schon gar nicht mehr wahr! Aber was haben diese Leut' vor vierzehnhundert Jahren gemacht? ›..., 483 von der Kirchengemeinschaft mit dem Patriarchen Petrus Magnus von Alexandrien lossagen‹ – das heißt, scheint mir, sie haben mit dem Peter nichts zu tun haben wollen, und da haben sie ja recht gehabt, weil er ein Patriarch war! Denn ein Patriarch heißt ein dicker, roter Geistlicher, der aber ganz schlecht ist und immer sagt, daß der Jude verbrannt werden muß, so steht es ja im Spiel vom Nathan. Also alles in Ordnung – Aber wissen möcht' ich, ob es mich was angeht, daß sie mit dem Peter im Altertum nicht in dieselbe Kirche haben gehen wollen – weil – Gott – was ist das für ein Wort! –, ›weil er das Häretikon des Kaisers Zeno angenommen hatte!‹... Was kann das sein, was er vom Kaiser angenommen hat?! Gewiß etwas Unrechtes! Aber was?...«

Er schüttelte den Kopf und las dann weiter.

»›Akiba‹ – was?! Er meint doch nicht den Rabbi Akiba?! Er wird doch mir nicht vom Rabbi Akiba erzählen wollen?! – ›der Sohn Josephs, Schüler des Gamaliel‹ – also doch, es ist wirklich der Rabbi Akiba, mit dem mich schon mein alter Lehrer Simon in Buczacz genug gelangweilt hat – ›war ein berühmter Rabbi‹ – wirklich?! Neuigkeiten weiß du einem zu erzählen! – ›der der Hauptgründer der Mischna wurde‹ – Und das ist alles, und mehr weiß er nicht!«

Erzürnt schlug Sender das Buch zu und sprang auf.

»Ich Narr!« rief er, »ich großer Narr! Eine Stund' frier' ich jetzt wieder zum Erbarmen! Und wenn ich so bedenk', was ich überhaupt während der drei Wochen aus dem Buch da gelernt hab' – lachen könnt' ich, wenn ich nicht weinen müßt'! Daß Aal ein Fisch ist, aber ohne Schuppen und wie eine Schlange, und man ißt ihn geräuchert oder gekocht oder mariniert! Davon werd' ich ein guter Spieler und kann zum Theater gehen! Obendrein weiß ich noch gar nicht, was ›mariniert‹ heißt, aber wenn ich's wüßt', hätt' ich auch nichts davon, denn Fische, die auf dem Land kriechen können, sind ja ›trefe‹ (nach dem jüdischen Speisegesetz verboten). Und dann weiß ich noch, daß die Affen vier Hände haben und einen Schwanz – aber das hab' ich schon früher gewußt – und alles andere, was ich noch gelesen hab', hab' ich vergessen... Nein, nein! – Wild hat sich einen Spaß mit mir gemacht, oder es gibt verschiedene Bücher von dieser Art, und das ist ein dummes schlechtes Buch... Und für diese Sach' sich krank machen und auch noch Schnaps zahlen und sorgen, wo man Geld dazu hernimmt?! Ich werd' dem Fedko sagen – wenn er nur schon käm' – ich werd' ihm sagen...«

Er schlug mit den Händen um sich, daß Staubwolken aus der Kutte fuhren, und murmelte vor sich hin, was er dem Alten sagen wollte. Aber es währte noch eine Stunde, bis Fedko erschien, und während dieser Zeit überlegte sich Sender die Sache anders und gründlicher.

Nein! Er gab das Lesen nicht auf, so lang es anging! Es schien keinen Nutzen zu haben, aber war er gebildet, war er ein »Deutsch«, stand ihm darüber ein Urteil zu?! Und wenn es nutzlos war, so tat er doch, was er konnte! »Hilf dir selbst, dann wird dir Gott helfen –« der fromme Spruch aus seiner Knabenzeit, an den er lang nicht mehr gedacht, klang wieder in ihm auf »Aushalten muß ich, aushalten!«

Als Fedko endlich kam, sagte er ihm genau das Gegenteil dessen, was er zuerst beabsichtigt: er sei ihm sehr dankbar und hoffe ihm diese Dankbarkeit bald zu beweisen.

Der Greis nickte.

»Binnen einer Woche«, sagte er nachdrücklich und entließ ihn auf die Straße.


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