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IX. Kapitel.
Ein schauervolles Ende.

Motto:

Es stürzt ihn mitten in der Bahn!

Schiller.

Wo steht indessen der Weltregent?

Noch hält er hoch zu Roß an demselben Platze. Der Donner ist auch über ihn hingerollt, es bäumen sich ringsum die Rosse und nur zitternd stehen sie wieder stille. Auch sein Auge zuckt, doch nur einen Augenblick. Düster und grollend schaut er drein, befehlend und herrschend blitzt sein Auge über seine Umgebung hin. Sein Geistesbann hält sie gefangen und er türmt seinen Hochmut jetzt noch höher als einst seine Macht. Er ist noch immer bereit, zu trotzen dem, dem gegeben ist alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Im Wahnsinn des Stolzes wäre es ihm lieb, persönlich, wenn es möglich wäre, den Kampf aufzunehmen mit dem, der da kommt in des Himmels Wolke! Wenn es sein muß, daß er stürzt, so möchte er jedenfalls fallen als ein Großer, als der Allermächtigste, – in der That, wenn es möglich wäre, am liebsten im Handgemenge mit dem da droben! Siehe da, sein Leben eine Lästerung, sein Tod eine Lästerung!

Vereinigt ist er hier mit den Großen seines Reichs, mit den Helfershelfern seiner Christusfeindschaft, den eingeschworenen Feinden des Christentums, die ihn tausendweise wie eine Leibgarde umgeben.

Und rings umher auf weitem Plan, da lagern ja die Völkerscharen in ungezählter Menge, – alle noch sein, alle noch sein! dessen rühmt und freut er sich immer noch. –

Und dennoch stürzt er, der Antichrist! Jetzt ist ein Mächtigerer über ihn gekommen! Zwar die Herrlichkeit des Herrn bleibt unbeweglich in des Himmels Wolke zu schauen; denn wie durch den bloßen Hauch seines Mundes will der Herr ihn wegfegen. Aber ein Ende wird es jetzt mit ihm, ein Ende in einem Augenblick!

Wie er zu Fall kam, weiß heute noch kein Mensch. Er selbst war das Geheimnis der Bosheit, und sein Tod ist auch ein Geheimnis der Bosheit geworden. Ob mit Schrecken nun verlassen von den Eigenen im allerengsten Kreis, ob gar durch die Hand eines Schmeichlers, eines seiner Schergen, der jetzt den Judas an ihm machte, ob durch eigene Hand, in wilder Verzweiflung immer noch trotzig, sich nimmermehr in die Hände eines andern, Größeren, zu geben? – wie dem auch sei, sein Sturz ist jetzt besiegelt. Der Mensch der Sünde, der Fluch der Welt, die Qual der Christen, geht Christo fluchend zu Grund – und fährt in den Abgrund, in das Verderben! Es war, als hätte die Erde ihren Mund aufgethan, ihn lebendig zu verschlingen. So schauervoll war sein Tod, so gräßlich sein Ende! –

Und nun seine Gewaltigen und Großen, die Machthaber in seinem Reich und seine Auserwählten? – ihr Haupt ist gefallen, aber was ist denn sonst geschehen? Übergroß ist ja der Schrecken unter ihnen! Wo ist denn ein Feind? wer kämpft denn mit ihnen? Sie wissen es selber nicht, sie sehen auch niemand. Und doch im ganzen weiten Kreis ringsum bricht der Schrecken sich jetzt Bahn und die Verwirrung nimmt überhand. Es ist ein Fliehen und Rennen, ein Sichentgegenstellen und Mitfortgerissenwerden. Wer drängt sie denn? wo ist der Feind? Immer noch weiß es eigentlich niemand, aber Schrecken und Kampf um und um, als wären unsichtbare Mächte mit im Spiel, im Kampf mit ihnen. Es wird eine allgemeine Verzweiflung, eine wilde Flucht, hierhin und dorthin wogend, vorwärts und wieder rückwärts, es ist ein Morden und Würgen ohne Wahl und ohne Zahl, und zuletzt ist der ganze stolze Wall seiner Großen und seiner Besten um ihn her aufgelöst und zertrümmert; die Tausende liegen erschlagen auf dem Kampfplatz und kein Mensch bleibt am Leben von dieser stolzesten Wehr des Antichrists. Wie einst die Rotte Korah unterging, wie Sanherib mit seinem Heer einst geschlagen ward, so gehen sie alle zu Grunde!

Wo ist diese schauerlichste aller Völkerschlachten geschlagen worden, – wenn man es so heißen will, dieses größte Gottesgericht über Gottesfeindschaft, diesen selbstmörderischen Todeskampf des Antichristentums? Nicht in Europa, sondern in Asien, nicht mehr im verfluchten Babylon, sondern im ›gelobten Lande‹, – da wo sich die letzten Geschicke der Völkerwelt geschichtlich abspielen sollten!


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