Adelbert von Chamisso
Gedichte
Adelbert von Chamisso

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Memento.

         

Wer nennt mir diesen Flüchtling, diesen Alten,
    Der zitternd führt den Wanderstab zur Hand
    Und bleich die Stirne zieht in düstre Falten?
Besudelt, scheint mir Purpur sein Gewand,
    Und auf der Stirne, welch' ein seltsam Mal?
    War der ein König über dieses Land?
Er war es gestern, und zum drittenmal
    Entfleucht er, und zum letzten, seinen Reichen,
    Worüber nicht mit Weisheit er befahl.
Und nun? – Er hofft, die Fremde zu erreichen,
    Das fremde Land, wo ihm des Fremden Gnade
    Das bittre Brot des Mitleids möge reichen.
Gelangend an das Meer auf scheuem Pfade,
    Wo Schiffe, fremde Schiffe, seiner warten,
    Blickt er zurück zur Heimat vom Gestade;
Und lauscht– dem trunknen Freudenruf, dem harten,
    Der himmelangetragen widerhallt
    Inmitten neuerblühtem Friedensgarten.
»Zerriß er den Vertrag doch selbst, da galt
    Es nur das Fest der Freiheit zu erneuen;
    Er stand allein, und drohte mit Gewalt!«
Die Stimmen nur von wenigen Getreuen
    Erheben sich, die, vor den freud'gen Scharen,
    Sich seinen Stern nicht zu betrauern scheuen,
Die Stimmen derer muß er nun erfahren,
    Die er verstieß mit Unbill und mit Schmach,
    Weil Thoren nicht, weil Knechte nicht sie waren. –
Und solchem Bilde sinnt der Dichter nach,
    Verstummt, von Gunst und Mißgunst gleich entfernt;
    Er sinnt und weint, sein Saitenspiel zerbrach.
Ihr Mächtigen der Erde! schaut und lernt!

 


 


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