Adelbert von Chamisso
Gedichte
Adelbert von Chamisso

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Lebens-Lieder und Bilder

1.
Der Knabe.

       

Gehört vom Lindwurm habt ihr oft,
    Ihr meine Spielgesellen,
Nun wird es wahr, was ich gehofft,
    Den Drachen werd' ich fällen.
Er liegt gekrümmt am dunklen Ort
Im kleinen Schrank am Spiegel dort,
    Da hat er seine Höhle.

Ihr seid die beiden Doggen traut,
    Die ich zum Kampfe brauche,
Ich treib' euch an, ihr heulet laut
    Und packt ihn unterm Bauche.
Ich geh' mit Schwert und Schild voran,
Mit Helm und Panzer angethan,
    Und schrei' ihn aus dem Schlafe.

Hervor! hervor! du Höllenbrut!
    Da, seht den grimmen Drachen!
Hu! wie er Feuer speit und Blut
    Aus weit gesperrtem Rachen!
Wir kamen unbedachtsam nicht
Zu diesem Strauß, thut eure Pflicht,
    Ihr meine guten Doggen.

Und schnappt er gierig erst nach mir,
    Ich werd' ihn listig fassen,
Die aufgehäuften Bücher hier
    Sind schwere Felsenmassen,
In seinen Rachen werf' ich sie,
Du Untier, erst verschlucke die,
    Bevor du mich kannst beißen.

Die Schlacht beginnt, wohl aufgepaßt!
    Wir wollen Gutes hoffen;
Er denkt: er hält mich schon gefaßt,
    Sein weites Maul ist offen, –
Der dicke Scheller fliegt hinein,
Die andern folgen, groß und klein,
    Der Bröder und der Buttmann.

O Buttmann! o was thust du mir,
    Du dummer, zum Verderben?!
Du triffst den Spiegel, nicht das Tier,
    Da liegen, ach, die Scherben!
Der dumme Spiegel nur ist schuld,
Und tragen soll ich in Geduld
    Deshalb noch viele Schläge.

Das Glück hat feindlich sich erprobt,
    Getrost, ihr Spielgesellen;
Ich werde, wenn der Meister tobt,
    Mich selbst für alle stellen.
Er schlage mich nach Herzenslust,
Daß er es kann, ist mir bewußt,
    Doch wird es so nicht dauern.

Ich bin auf immer nicht ein Kind,
    Es wird das Blatt sich wenden.
Die durch die Rute mächtig sind,
    Die Ruten werden enden.
Ich hab' als Kind den Schwur gethan,
Und bin ich erst erwachs'ner Mann,
    Dann weh' den Rutenführern!

2.
Das Mädchen.

       

Mutter, Mutter! meine Puppe
    Hab' ich in den Schlaf gewiegt,
Gute Mutter, komm und siehe,
    Wie so englisch sie da liegt.

Vater wies mich ab und sagte:
    Geh', du bist ein dummes Kind!
Du nur, Mutter, kannst begreifen,
    Welche meine Freuden sind.

Wie du mit den kleinen Kindern,
    Will ich Alles mit ihr thun,
Und sie soll in ihrer Wiege
    Neben meinem Bette ruh'n.

Schläft sie, werd' ich von ihr träumen,
    Schreit sie auf, erwach' ich gleich, –
Meine himmlisch gute Mutter,
    O wie bin ich doch so reich!

3.
Er.

       

Möchte doch Einer die Fäuste sich nagen!
Also zu jung! nicht stark noch genug!
Hören muß ich die Trommel schlagen,
Sehen die andern Waffen tragen,
Fernab ziehen, verschwinden den Zug.

Hören muß ich, und ruhig kauern,
Schelten der Fremden Übermut;
Sehen die Mutter beten und trauern,
Aber gefangen in diesen Mauern
Kühlen am Tacitus meine Wut.

Ziehet, ihr glücklichen, fröhlichen Fechter,
Sorget, daß ihr vom Joch uns befreit;
Aber bestellt mich vertrauend zum Wächter
Über die künftigen Schergengeschlechter,
Einst auch kommen wird meine Zeit.

4.
Sie.

 

Mutter, Mutter! unsre Schwalben –
    Sieh' doch selber, Mutter, sieh'!
Junge haben sie bekommen,
    Und die Alten füttern sie.

Als die lieben kleinen Schwalben
    Wundervoll ihr Nest gebaut,
Hab' ich stundenlang am Fenster
    Heimlich sinnend zugeschaut;

Und wie erst sie eingerichtet
    Und bewohnt das kleine Haus,
Haben sie nach mir geschauet
    Gar verständig klug hinaus.

Ja, es schien, sie hätten gerne
    Manches heimlich mir erzählt,
Und es habe sie betrübet,
    Was zur Rede noch gefehlt.

Also hab' ich, liebe Schwalben,
    Unverdrossen euch belauscht,
Und ihr habt, mit euren Rätseln,
    Wunderseltsam mich berauscht;

Jetzt erst, jetzt hat das Geheimnis,
    Das ihr meintet, sich enthüllt,
Eure heimlich süße Hoffnung
    Hat sich freudig euch erfüllt.

Sieh' doch hin! die beiden Alten
    Bringen ihnen Nahrung dar.
Giebt es Süßeres auf Erden,
    Als ein solches Schwalbenpaar!

5.
Er.

         

Kraft der Erde, Licht der Sonne,
    Schäumt der edle Wein;
Laßt, ihr Brüder, ernst und heilig
    Unsre Stimmung sein.

Heute nicht dem Rausch der Freude,
    Nicht der eitlen Lust,
Nein, dem Gotte soll er gelten
    Tief in unsrer Brust.

Gleich dem Weine warm und kräftig,
    Lauter, rein und klar,
Bringen wir das volle Leben
    Ihm zum Opfer dar.

Schmach der Feigheit! Krieg der Lüge!
    Allem Schlechten Krieg!
Herrlich für die Freiheit sterben,
    Herrlicher der Sieg!

Wir für Menschenrecht und Würde
    Kämpfen allzumal,
Weihen den gefall'nen Helden
    Funkelnd den Pokal.

6.
Sie.

       

Rose, Rose, Knospe gestern
Schliefst du noch in moos'ger Hülle,
Heute prangst in Schönheitsfülle
Du vor allen deinen Schwestern.
Träumtest du wohl über Nacht
Von den Wundern, die geschahen,
Von des holden Frühlings Nahen
Und des jungen Tages Pracht?

7.
Er.

       

Ich hab' in den Klüften des Berges gehaust
        Gar manche schaurige Nacht,
Und wann in den Föhren der Sturm gesaust,
        Recht wild in den Sturm gelacht.

Da, wo die Spur sich des Menschen verlor,
        Ward's erst mir im Busen leicht;
Ich bin geklommen auf Gipfel empor,
        Die sonst nur der Adler erreicht.

Das Land, vom luftigen Horst geschaut,
        Lag unten, von Wolken verdeckt;
Da schallte mein Lied gar grimmig und laut, –
        Das Lied – hat schier mich erschreckt.

Und nieder trieb mich die grausige Lust
        Am Strom der Wildnis entlang;
Ihn überschrie aus bewegter Brust
        Mein seltsam brausender Sang.

Der Strom vertobt in ein friedliches Thal,
        Dort liegt ein einsames Haus –
Ein Rosengarten – ein Gartensaal –
        Es schaut wohl jemand heraus.

Und wie ich schweifend vorübergewallt
        Am Hag, wo die Rosen sind,
Sind alle die schaurigen Lieder verhallt,
        Ich ward so ein sanftes Kind!

8.
Sie.

             

Ich muß den Zweig, den bösen Rosenzweig
                Verklagen.
Er bat so sanft, wie sollt' ich den ihm gleich
                Versagen?

Doch war's, daß ich ihn selbst zum Strauch geführt,
                Nicht weise,
Wo seine Hand die meinige berührt,
                So leise.

Und als er zögernd aus dem Garten war
                Gegangen,
Stand zitternd ich, als hätt' ich Böses gar
                Begangen.

O hätt' ich seiner holden Rede nicht
                Gelauschet!
Mich nicht an seines Auges klarem Licht
                Berauschet!

Nun trag' ich unablässig, schreckhaft, bang,
                Mit Schmerzen,
Das Licht des Auges und der Stimme Klang
                Im Herzen.

9.
Er.

           

Ein Rosenzweig dich schmücken?
Du Wilder, wie will sich's schicken?
    Was hast du mit Rosen gemein?
Es stehen drei Sterne am Himmel,
    Die geben der Lieb' ihren Schein.

Zwei Knospen am Zweig und die Rose
Entscheiden nun meine Lose,
    Die Dreie, die mein' ich allein. –
Es stehen drei Sterne am Himmel,
    Die geben der Lieb' ihren Schein.

Die Rose, die zarte, blühet,
Die Liebe blühet und glühet,
    Das fühl' ich im Herzen mein. –
Es stehen drei Sterne am Himmel,
    Die geben der Lieb' ihren Schein.

Noch Knospen im grünen Laube,
Die Hoffnung und der Glaube,
    Sie müssen zur Blüte gedeih'n. –
Es stehen drei Sterne am Himmel,
    Die geben der Lieb' ihren Schein.

Ich pflanz' ihn in meinen Garten,
Den Zweig, und seiner zu warten.
    Dem will ich ernst mich weih'n. –
Es stehen drei Sterne am Himmel,
    Die geben der Lieb' ihren Schein.

Ich seh' ihn im freudigen Traume
Erwachsen zum starken Baume,
    Mein Obdach soll er sein. –
Es stehen drei Sterne am Himmel,
    Die geben der Lieb' ihren Schein.

Und hat der Traum mich betrogen,
Verdorrend der Zweig mich belogen,
    Mag alles dann Lüge sein;
Dann steht kein Stern am Himmel,
    Kein Stern giebt der Liebe den Schein.

10.
Sie.

       

Hör' ich seine Stimme wieder?
Weh' mir, weh' mir! welche Lieder!
Ach! was hab' ich ihm gethan?
Mitleid sollt' er an mir üben,
Aber nur mich zu betrüben
Sinnt der schonungslose Mann.

Vor den Liedern sollt' ich fliehen,
Mich verbergen, mich entziehen
Der bezaubernden Gewalt –
Aber lauschen muß ich, lauschen,
Gierig, schmerzlich mich berauschen,
Bis der letzte Ton verhallt.

Schweigt er, hallt in mir die Weise
Nach, gar unbegriff'ner Weise,
Traurig mild, und schaurig wild. –
Und die Träume! Wehe, wehe!
Wann ich leuchtend vor mir sehe
Wundersam sein hohes Bild.

11.
Er.

           

Am Rosenhag im Thal, am Quell der Linden,
Da haben meine Lieder oft gerauscht;
Sie hofften gläubig, Widerhall zu finden;
Hast, Widerhall, den Liedern du gelauscht,
Und ahnungsvoll gebebt bei ihrem Klange? –
                                           Lange!

Geahnet hättest du, daß ich dich meinte,
Und dich in Schmerz und Lust mit mir vereint?
Und hättest bald, wenn ich verzagend weinte,
Betrübet und verzagend auch geweint?
Und bald gehofft, wann ich ermutigt hoffte? –
                                           Ofte!

Du kennst das unbegriff'ne bange Sehnen,
Den Widerstreit in der bewegten Brust?
Den Hochgesang der Freuden und die Thränen,
Den liebgehegten Schmerz, die herbe Lust?
Der Hoffnung Honigseim, des Zweifels Galle? –
                                           Alle!

Wohlan! Ich werde geh'n, mein Haus zu bauen:
Sei fest, wie ich es bin, gedenke mein.
Den dreien Sternen will ich fest vertrauen,
Die dort der Liebe geben ihren Schein;
Und wirst auch du vertrauen ihrem Schimmer? –
                                           Immer!

So lebe wohl, du Seele meiner Lieder,
Und nur auf kurze Zeit verstumme du,
Gar bald erweckt dich meine Stimme wieder,
Dann rufen wir es laut einander zu,
Was ungesagt verschwiegen nicht geblieben, –
                                           Lieben!

12.
Sie.

               

So still das Thal geworden! – ach! die Lieder,
Seitdem er fortgezogen, sind verhallt;
Und sorglos wandl' ich, aber trauernd wieder
Am Quell der Linden, wo sie sonst geschallt.

Der Winter schleicht heran, die Bäume zeigen
Die Äste schon vom falben Schmuck beraubt,
Mein Rosenbaum wird bald die Krone neigen,
Vom Reife schwer und schimmernd neu belaubt.

Und auch auf meinen Wangen, hör' ich sagen,
Entfärben sich die Rosen, sie sind bleich;
Und mir ist wohl, ich habe nicht zu klagen,
Ich bin in der Erinnerung so reich!

Er hat, der Morgensonne gleich, dem Traume,
Dem nächtlichen, der Kindheit mich entrückt;
Er schreite vor im lichterfüllten Raume,
Es sinkt mein Blick geblendet und entzückt.

Ich werde nicht, einfält'ges Kind, begehren,
Daß mir die Sonne nur gehören soll;
Mag flammend mich ihr mächt'ger Strahl verzehren,
Ich segne sie und sterbe freudenvoll.

13.
Er.

       

Wie stürmte der Knab' in das Leben
    So feindlich schroff und ergrimmt! –
Ein Blick in dein klares Auge,
Ein Blick in den reinen Himmel,
    Wie friedsam ward er gestimmt!

Er liegt, der Wilde, besänftigt,
    Gelassen, besonnen und mild,
Zu deinen Füßen gebändigt,
Und hebet zitternd die Hände
    Zu dir, du friedliches Bild!

Ich habe mir einen Garten
    Bestellt nach allem Fleiß;
Da seh' ich die Rosen erblühen,
Sich härmen und still verglühen,
    Von denen die Herrin nicht weiß.

Ich hab' ein Haus mir erbauet,
    Begründet es dauerhaft;
Das seh' ich so düster trauern,
Weil nicht in den öden Mauern
    Die segnende Hausfrau schafft.

Ich habe von reinem Golde
    Bestellt mir einen Ring.
Den Ring – ich zittre verstummend –
Den Ring, du Reine, du Holde,
    Nimm au den goldenen Ring.

Den Gartenhag und die Rosen,
    Das Haus, des Ringes Zier,
Mein Herz und meinen Frieden,
Mein Leben und mein Lieben,
    Die leg' ich zu Füßen dir.

14.
Sie.

       

Mein güt'ger Herr, du willst herab dich lassen
    Beseligend zu deiner armen Magd!
    Mir hat die Sonne deiner Huld getagt!
    Ich kann es nicht ermessen, nicht erfassen.

Du sollst nicht wirre Träume neu beleben,
    Mein inn'res Herz nicht rufen an das Licht.
    Laß ab, du täuschest dich, du kennst mich nicht,
    Ich habe nichts als Liebe dir zu geben.

Laß ab, du Vielgeliebter, von der Armen,
    Die schon der Liebe Schmerz um dich beglückt;
    Sie heißt dich flieh'n, und fest und fester drückt
    Sie wonnetrunken dich in ihren Armen.

15.

             

Er.              

Wie klang aus deinem Munde
    Das Ja so wunderbar?
Ich bin nun zwei geworden,
    Der ich so einsam war.

Sie.              

Wie klang es aus deinem Munde
    Beseligend meinem Ohr?
Ich habe Ruhe gefunden,
    Da ich in dir mich verlor.

Er.              

Mein Kind, mein Weib, mein Liebchen,
    Mein süßes Eigentum,
Du meines Laubes Blume,
    Du meine Freude, mein Ruhm!

Sie.              

Dein Kind, dein Weib, dein Liebchen,
    Und deine Magd, und dein!
Mein teurer Herr, mein Gebieter,
    Du Vielgeliebter mein!

Er.              

Wie anders ergeht in die Zukunft
    Sich nun der Gedanken Flug!
Nun gilt es, stark zu erhalten,
    Beharrlich, besonnen und klug.

Sie.              

Vergessen aller Zeiten
    An deiner lieben Brust!
Der Gegenwart genießen
    In süßer, himmlischer Lust!

Beide.              

Wirf, segenreicher Vater,
    Den Blick auf die Kinder dein,
Und laß ihre fromme Liebe
    Ein Dankgebet dir sein.

16.
Sie.

 

Du schlummerst, feiner Knabe,
    Du meiner Freuden Kind,
So sanft in meinen Armen,
    Die deine Welt noch sind.

Nun wachst du auf, du lächelst,
    Ich blicke wonnereich
In deines Vaters Augen
    Und in mein Himmelreich.

Laß schwelgend mich genießen
    Der süßen kurzen Frist,
Wo noch an meinem Herzen
    Du ganz der Meine bist.

Es will sich bald nicht passen,
    Es treibt und dehnt sich aus,
Es wird dem lock'gen Knaben
    Zu klein das Mutterhaus.

Es stürmt der Mann ins Leben,
    Er bricht sich seine Bahn;
Mit Lieb' und Haß gerüstet
    Strebt kämpfend er hinan.

Und der verarmten Mutter
    Ist nun Entsagung Pflicht;
Sie folgt ihm mit dem Herzen,
    Ihr Aug' erreicht ihn nicht.

O Liebling meines Herzens,
    Mein Segen über dich!
Sei gleich nur deinem Vater,
    Das Andre findet sich.

17.
Er.

       

Dein Vater hält dich im Arme,
    Du goldenes Töchterlein,
Und träumt gar eigene Träume,
    Und singt und wieget dich ein.

Es eilt die Zeit so leise,
    Gewaltig und geschwind,
Aus enger Wiege steiget,
    Hervor das muntere Kind.

Das Kind wird still und stiller,
    Es drängt an die Mutter sich;
Wie blühet heran die Jungfrau
    Bewußtlos so minniglich.

Ein Himmel, welcher Tiefe!
    Ihr Auge so blau und klar!
Wie bist du gleich geworden
    Der Mutter, die dich gebar!

Nun übertauen Perlen
    Des hellen Blickes Glanz,
Nun will der Zweig der Myrte
    Sich biegen zum bräutlichen Kranz.

Dein Vater hält dich im Arme.
    Du goldenes Töchterlein,
Und träumt von deiner Mutter,
    Und singt und wieget dich ein.

18.
Sie.

     

Du liebst mich wohl', ich zweifle nicht daran,
Und lebte nicht, wenn mir ein Zweifel bliebe,
Doch liebst du mich, du lieber böser Mann,
            Nicht so, wie ich dich liebe.

Geteilten Herzens, halb, und halb wohl kaum,
Wann eben Zeit und Ort es also geben,
Du aber bist mein Wachen und mein Traum,
            Mein ganzes Sein, mein Leben.

Du kennst nicht deiner süßen Stimme Macht,
Wenn du dich liebeflüsternd zu mir neigest;
Ein armes Wort, das schon mich selig macht,
            Du sprichst es nicht, du schweigest.

Noch winde dich aus meinem Arm nicht fort,
Laß lesen mich aus deinen lieben Augen,
Und von dem kargen Lippenpaar das Wort,
            Das ungesproch'ne, saugen.

19.
Er.

       

Ich werde nicht mit dir, du Süße, rechten, –
Dich lieben, so wie du mich liebest? nein.
Aus Rosen laß den Siegerkranz dir flechten,
            Der Liebe Preis ist dein.

Die Lieb' umfaßt des Weibes volles Leben,
Sie ist ihr Kerker und ihr Himmelreich.
Die sich in Demut liebend hingegeben,
            Sie dient und herrscht zugleich.

Gekehrt nach außen ist des Mannes Trachten,
Und bildend in die Zukunft strebt die That.
Als Pflegling muß die Liebe den betrachten,
            Dem segnend sie sich naht.

So hab' ich dir im allgemeinen Bilde,
Beglückende, dein eigenes gezeigt,
Dein Bild, vor dem der Ungefüge, Wilde
            Sich sanft gebunden neigt.

O lasse mich in deinen lieben Armen
Vergessen dieser Zeiten düstern Schein,
In deiner lieben treuen Brust erwarmen
            Und reich und glücklich sein.

20.
Sie.

     

    Es wallt das Gewölk herüber,
Verhüllt, verfinstert meinen Stern.
    Es faltet sich trüb und trüber
Die Stirne meines teuern Herrn.

    Zu dir erhebet die Hände,
Erbarmer, die gebeugte Magd;
    Du, schaffe des Grames Ende,
Der meinem Herrn am Herzen nagt.

    Wo nicht sie vermag zu heilen,
Vertraut die Liebe dir allein!
    Befiehl dem Gewölk sich zu teilen,
Gieb meinem Stern du seinen Schein.

21.
Er.

           

Sei stark, du meine Männin, reiche mir
    Und weihe, sie berührend, meine Waffen;
    Nicht thöricht gilt's die Welt mehr umzuschaffen,
    Sei stark, für Recht und Ordnung kämpfen wir.

Bricht selbstverschuldet Unheil auf ein Land,
    Und krächzet mahnend links am Weg der Rabe,
    Wird ihm verderblich seine Sehergabe,
    Ihm giebt des Unheils Schuld der Unverstand.

Es hob sich wider mich der Thoren Zunft,
    Sie stürmten auf mich ein, mich zu zerreißen;
    Ich, Rabe, schrie: die schwangre Zeit will kreißen! –
    Nun bebt die Welt bei ihrer Niederkunft.

Das haben ja die Kinder schon gewußt,
    Und jene haben doch das Wort gesprochen;
    Nun ist der Tag des Blutes angebrochen;
    Mit Erz umgürte sich jedwede Brust.

Wir ziehen trauernd in die Männerschlacht,
    Und über Trümmern kämpfen wir und Leichen.
    Fluch über sie, die uns den Ölzweig reichen
    Verschmähend sah'n, und Krieg uns zugebracht!

Fluch über sie! denn losgerissen stürzt
    Anwachsend die Lawin' und schafft Verderben.
    Für Recht und Ordnung gilt's annoch zu sterben –
    Wer weiß, wie morgen sich der Knoten schürzt?

In Zwietracht auf erkämpftem Boden mag
    Sich leicht die Schar zerspalten der Genossen,
    Die heut' um mich den Heldenkreis geschlossen,
    Sind Feinde mir vielleicht am nächsten Tag.

Ich werde stehen, wo ich soll und darf,
    Und fallen, muß es sein, wo Edle starben,
    Für Recht und Ordnung wehen meine Farben,
    Für Recht und Ordnung ist der Tod nicht scharf.

Ich deck' euch kämpfend mit dem eig'nen Leib;
    Umarme mich noch einmal, laß das Weinen,
    Bring' her mir meine beiden armen Kleinen,
    Und nun – – leb' wohl, du vielgeliebtes Weib.

22.
Sie.

             

Bestreut mit Eichenlaub die Bahre dort – –
O meine Kinder! so wird hergetragen,
Der unser Vater war und unser Hort,
        Sein Herz hat ausgeschlagen.

Heb' auf das Tuch, du bist sein einz'ger Sohn;
Dem Sohne wird die Wunde dieses Helden,
Was Mannestugend sei, und was ihr Lohn,
        Gar unvergeßlich melden.

Des Namens Erbe, den er sich erwarb,
Sollst trachten du dereinst nach gleichem Adel
Und sterben, muß es sein, so wie er starb,
        Stets ohne Furcht und Tadel.

Du, Auge meiner Freude, fielest zu,
Dich, süßer Mund, erschließet nicht mein Sehnen, –
Ja, weine, meine Tochter, weine du,
        Ich habe keine Thränen.

 


 


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