Adelbert von Chamisso
Gedichte
Adelbert von Chamisso

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Idylle.

Möglichst treue Übersetzung aus der Tonga-Sprache.

Mariner's account of the Tonga-islands. Second edition, with additions. London 1818. V. II. Grammar. (Ohne Seitenzahl.)

           

    Müßig plaudernd von dem äußern StrandeDer äußere Strand, Licoo, der Rücken der Insel, die windwärts gelegene, den Schiffen unzugängliche Küste im Gegensatz zu der Küste unter dem Winde, wo die Landungsplätze und die Wohnungen der Menschen sind. Auf den niedern, sogenannten Korallen-Inseln und Inselgruppen: der Strand am äußern Meere, Illüch der Karoliner, Iligieth der Radacker, im Gegensatz zu dem Strande am Binnenwasser, Iar der Radacker.
Weilten wir und weilten, als daher kam,
Uns auffordernd, eine Schar von Mädchen:Mädchen. Fafine. Frauen im weitern Sinne, und hier solche, die dem Manne noch nicht unterthan sind.
Kommt, wir wandern nach dem äußern Strande,
Schaun von dort den Untergang der Sonne,
Lauschen dort dem Zwitschern von den Vögeln
Und der Klage von der wilden Taube.
Blumen wollen wir am Fuß der Klippen
Bei Matowto pflücken und das Mahl dort,
Das von One man uns bringt, genießen,
In dem Meere schwimmen, in den süßen
Wasserbächen uns das Salz abspülen,
Dann mit duft'gem SandelölSandelöl. Fango nanomoo. Das wohlriechende Öl von Tonga wird aus dem Sandelholz gewonnen. uns salben,
Und zu Kränzen uns're Blumen flechten.
Wann vom Scheitelpunkt der Vogelhöhle
Atemlos wir in die Tiefe starren,
Und des Meeres Fernen überschauen:
Weht zu uns, den Träumen Hingegeben,
Von der Ebne her der mächt'ge Landwind
Durch die Wipfel schlanker Kasuarinen;
Und betrachtend, wie die Brandung unten,
An den festen Fuß des Felsens schlagend,
Sich unsinnig müht, ihn durchzubrechen,
Fühlen wir uns das Gemüt erweitert;
Wohler wird uns also, denn beharrend
In des Lebens niederm Kreis befangen.

    Spät wird's, laßt zur StadtDie Stadt. Mooa. Unbedenklich die Hauptstadt, die Stadt, urbs, το άστυ, obgleich ohne Mauern und aus Strohhäusern bestehend. zurück uns kehren. –
Horcht! der Sänger Stimme schallt herüber;
Mögen wohl zum Fackeltanz sich üben,
Ihn zu Nacht beim Grabplatz von Tanea
Aufzuführen Laßt dahin uns wandern.

    O, der Tage müssen wir gedenken,
Eh' der Krieg das arme Land zerrissen!
Wehe! furchtbar ist der Krieg; o sehet
Das Gesträuch auf unsern Marken wuchernd,
Und die frühen Gräber vieler Helden!
Unsre FürstenFürsten. Egi, ho-egi. Edle, Fürsten, und zwar durch göttliches Recht und ohne Anfechtung. Wo der Adel, wie bei uns, erworben und verwirkt werden kann, ist er kein Adel mehr. irren ohne Wohnsitz,
Schleichen nicht mehr einsam bei dem Mondlicht,
Das geliebte Mädchen aufzusuchen. –
Eitles Sinnen! – Lasset ab zu grübeln,
Wütet doch der Krieg auf unsern Inseln,
Die von FidschiWie im Verkehr mit den kriegerischen Bewohnern der Fidschi-Inseln die Insulaner von Tonga sich deren Sitten angeeignet, siehe bei Mariner. haben uns, von Tonga,
Krieg gelehrt; nun heischt's, wie sie zu handeln.
Lasset uns des flücht'gen Tags genießen,Carpe diem. Hor. Und die also dichten und singen, werden meist von unsern Schriftgelehrten, ja von unsern Reisenden »Wilde« genannt! Ein Sprachgebrauch, dem ich mich nicht fügen kann.
Gilt's vielleicht doch morgen schon zu sterben!
Wollen uns mit Blumenkränzen schmücken
Und mit bunten Zeugen uns umgürten,
Wollen duft'ge Blumen um die Stirne,
Aber weiße um den Hals uns winden,
Uns're Bräune lieblich zu erhöhen.
Hört die Männer, hört, wie sie uns preisen!

    Aber schon der Fackeltanz vollendet,
Und bereits umhergereicht das Festmahl.
Morgen kehren wir zur Stadt zurücke.

    Nicht begehren unsrer wohl die Männer?
Bitten dringend nicht um unsre Kränze?
So mit Schmeichelreden uns erhebend:
Nicht wohl sind ausnehmend schön zu nennen
Unsre Mädchen von dem äußern Strande?!
Nicht wohl reizend ihre Sonnenbräune?!
Duftverbreitend, wie die blumenreichen
Schluchten Mata-locos und Vi-buas!
Uns verlangt es nach dem äußern Strande,
Laßt am nächsten Morgen uns dahin geh'n.

 


 


 << zurück weiter >>