Adelbert von Chamisso
Gedichte
Adelbert von Chamisso

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Vetter Anselmo.

1.

                 

    Noch war zu Toledo in hohem Flor
Die heimliche Kunst, die sonst sich verlor;
Ein weiser Meister war dort bekannt,
Yglano, der Magier und Nekromant.

    Wie Abends er einst vor dem Stundenglas
In seinem Museum sinnend saß,
Trat ein zu ihm demütig fast
Sein Vetter Anselmo, ein seltener Gast. –

    Herr Vetter Anselmo, wie hat man das Glück?
Was führt euch endlich zu uns zurück?
Ihr wart ja sonst auf der rechten Bahn,
Was gingen euch da die Verwandten an? –

    Seid grausam nicht und ungerecht,
Herr Vetter, versteht mich endlich recht.
Mich hielt von Toledo's leuchtendem Stern,
Von Don Yglano nur Ehrfurcht fern.

    O wüßtet ihr, wie der Busen mir schwoll,
Wann euer Lob mir entgegen erscholl!
Wie stolz und jubelnd ich eingestimmt:
Der ist uns allen zum Muster bestimmt!

    Der Eine rief, der Andere schrie:
So Einen sah die Welt noch nie,
Der zaubermächtig und weise zugleich
Beherrscht der Geister nächtliches Reich.

    Er ist das Gold der Wissenschaft,
Und ist das Erz und ist die Kraft;
So männlich fest, so kindlich mild,
So aller Tugend vollendetes Bild.

    Doch hat euch Einer zu tadeln gewußt,
Den Alle so preisen zu meiner Lust,
Und dieser Tadel, daß ihr es wißt,
Ist eben der Wurm, der das Herz mir frißt.

    Er sprach: wie kommt es, wer macht mir das klar,
Daß euer Löw' und Lamm und Aar
Den Biedermann, der sein Vetter doch ist,
Den guten Anselmo so schmählich vergißt? –

    Was sagtet denn ihr, wenn ich bitten darf,
Zu solchem Tadel, so spitz und scharf?
Ich machte die Lehre mir gern zu Nutz;
Ihr nahmt mich, Vetter, doch wacker in Schutz? –^

    Vermocht' ich es denn, der ich da stand
Dem hämischen Kläger bequem zur Hand,
Um so mich zu legen ad acta gleich,
Zerlumpt, verhungert, hager und bleich?

    Ich frag' euch, o blickt doch auf mich herab,
Sah je ein Bettler als Leiche im Grab
Erbärmlicher aus? o tilgt doch die Schmach!
Sie trifft euch zumeist, wie der Neider sprach.

    Mir eine Pfründe, ein Bischofsstab!
Das macht nur bald mit dem Teufel ab,
Und ihm und euch mit Haut und Haar
Verschreib' ich mich auf immerdar –

    Herr Vetter, Herr Vetter! ei, ei, mit Vergunst!
Von Gott allein ist meine Kunst,
Versteht mich recht, von Gott allein;
Hab' mit dem Teufel nichts gemein. –

    Von Gott, versteht sich! sagt' ich es nicht?
Es ist der Hunger, der aus mir spricht.
Mit Gott, Herr Vetter, verhelft mir zu Brot
Und rechnet auf mich auf Leben und Tod! –

    Ihr wolltet dankbar, erkenntlich sodann
Vergelten, was Gutes ich euch gethan,
Wann einen Gönner und Schutzpatron
Ich einmal suchte für meinen Sohn? –

    Ja, dankbar, ja! mit unendlicher Lust!
Die Dankbarkeit ist die Tugend just,
Die einz'ge vielleicht, deren, unverblümt,
Mit Fug und Recht mein Herz sich rühmt.

    Man hat von mir euch Böses gesagt,
Mich manches Lasters angeklagt,
Mich angeschwärzt zu aller Stund',
Oft, leider! vielleicht nicht ohne Grund.

    Ich weiß, Herr Vetter, ich habe gefehlt,
Das Gute versäumt, das Böse gewählt,
Gewatet in Sünden bis an die Knie;
Undankbar aber, das war ich nie.

    O Dankbarkeit, du süße Pflicht,
Du Himmelslust, du Himmelslicht!
Wie hab' ich dich mir eingeprägt,
Wie hab' ich dich stets heilig gehegt!

    Und euer vortrefflicher, teurer Sohn –
Wie lieb' ich den lieben Vetter doch schon!
O, welch ein Glück ist Dankbarkeit!
O wär' ich doch erst, Herr Vetter, so weit! –

    Gemach, gemach, das liegt noch fern,
Und nicht das Nächste versäum' ich gern.
Da kommt Frau Martha, die eben fragt,
Was mir zum Abendessen behagt.

    So hört, Frau Martha; seid eben gefaßt –
Nicht wahr, Herr Vetter? – auf einen Gast;
Ihr habt zwei Hühner; das zweite Huhn
Steckt erst an den Spieß, wenn ich's heiße thun.

    Jetzt aber nehmt die Flasche dort,
Und dort den Humpen von seinem Ort,
Und schenkt mir langsam den edlen Wein
Von hoch, recht perlend und schäumend ein.

    Ihr, Vetter, indeß kommt näher zu mir,
In diesen Kreis auf dem Estrich hier;
Da, nehmt das Stundenglas in die Hand,
Und schaut nur scharf auf den rinnenden Sand.

    Es ist nur so ein Experiment.
Ihr wißt den Anfang, ich weiß das End'.
Sic hocus pocus, bracadabra!
Wir sind noch hier und wähnen uns da. –

    Er hatte die Worte murmelnd gebraucht,
Und heimlich zugleich ihn angehaucht;
Anselmo stand die Augen verdreht
Und starr, wie ein hölzerner Heiliger steht.


2.

    Die Boten sind kommen, Anselmo, du bist
Bischof geworden zu dieser Frist;
Vernimmst du's? Bischof! erschrickt dir vor Lust
Das schlagende Herz in der schwellenden Brust?

    Wirf ab die schlechten Lumpen geschwind,
Die grau und zerschlitzet vor Alter sind;
Leg' an das seidene Purpurgewand;
Zum Segen lerne falten die Hand.

    Das Kreuz auf die Brust, das blinkende Ding,
An deinen Finger den Siegelring:
Leg' an, Anselmo, den vollen Ornat,
Und zeige dich uns als stolzer Prälat.

    Und wie im Palast er heimisch war,
Umglitzerten rings ihn die Wände so klar,
Er legte sich, strahlend vom Widerschein,
Ins Fenster und sah in die Straße hinein.

    Da hätt' er gerne die Leute gefragt:
Ihr Lumpenvolk da unten, sagt,
Wie nehm' ich denn hier oben mich aus?
Steht trefflich mir nicht das prächtige Haus?

    Doch ward es ihm bald zu öd' und zu weit,
Ihm graute schier in der Einsamkeit;
Da kam ihm eine . . . . Nichte nach,
Von welcher man schon zu Toledo sprach.

    Hoffärtig war und launisch das Kind,
Wie solche Nichten zu Zeiten es sind;
Die trug nun auch ein seidenes Kleid
Und brauchte Perlen und and'res Geschmeid.

    Das Regiment, wie sich's gebührt,
Ward bald allein von ihr geführt,
Und Regen kam und Sonnenschein
In Haus und Kirche von ihr allein.

    Wie wetterwendisch sie's immer trieb,
Er ärgerte sich und hatte sie lieb,
Und also kam es, bei Ärger und Spaß,
Daß ganz er Vetter Yglano vergaß.

    Wie einst beim Vespern er fröhlich war,
Bedünkte es ihn fast sonderbar;
Die Thür ging auf und herein gewallt
Erschien Yglano's vergess'ne Gestalt.

    Gott grüß' euch, Herr Vetter; ich bin erfreut
Euch wohl zu finden; mit nichten gereut
Es mich, was immer ich für euch gethan,
Sofern ihr seid ein zufriedener Mann.

    Doch seht: die Welt ist kugelrund,
Der Supplikant, der bin ich zur Stund'.
Entsinnt euch, ich sprach euch von meinem Sohn,
Versorgt mir ihn jetzt, das sei mein Lohn.

    Die kleine Pfründe, die eben vakant
Geworden ist, wie wohl euch bekannt,
Und die ihr erst vergeben sollt,
Die wäre so recht, was für ihn ich gewollt. –

    Die Pfründe, versetzte hastig die Maid,
Ist schon vergeben, es thut mir leid;
Mein Bruder bekommt sie; ihr seht selbst ein,
Das nächste Recht war doch wohl sein.

    Und nächstens, – künftig, – einst vielleicht
Wird eurem Sohn das Seine gereicht;
Geht's heut' nicht an, ist's uns're Schuld?
Der Vetter muß warten: Geduld. Geduld! –

    Muß warten! erhub in demselben Ton
Der würdige Bischof seinen Sermon;
Ihr Bruder . . mein Neffe . . wir ändern es nicht,
Die Sache verhält sich so, wie sie spricht.

    Ein Bistum ist kein Königreich!
Ich werde geplagt dem Besten gleich,
Von Schranken und aber Schranken beengt,
Von Supplikanten und Bettlern bedrängt.

    Sie haben den Vorteil, ich habe die Qual;
Ich kann nicht helfen allen zumal,
Nicht Jeden fördern nach seinem Begehr; –
Ein Kardinal, der könnte schon mehr.

    Ja, Vetter, hättet ihr mich gemacht
Zum Kardinal, und entspräche die Macht
Dem redlichen Willen des Herzens nur,
So wollt' ich euch helfen, bei meinem Schwur.

    Darauf mit großer Seelenruh'
Der Vetter Yglano: Da drückt euch der Schuh?
Der rote Hut, der rote Hut!
Nicht wahr, das ist, was Not euch thut? –

    Darauf erglühend im Angesicht
Der geistliche Herr: Ich leugn' es nicht.
Und wenn ihr den mir noch verschafft,
So wahr mir helfe des Zaubers Kraft . . . .

    Ihm fiel der Wunderthäter ins Wort:
Genug! kein Schwur ist hier am Ort;
Ich lasse mich den Versuch nicht reu'n,
Euch mag der rote Hut noch erfreu'n.

    Er hub die Hand bedrohlich fast,
Zog Kreis auf Kreis in die Luft mit Hast:
Sic hocus pocus Schiboleth!
Es wird erst Tag, wenn die Nacht vergeht! –

    Ihm schaute zu, und atmete kaum,
Der geistliche Herr wie im Fiebertraum;
Das Wort war gesprochen, das Werk vollbracht;
Er rieb sich die Augen, es war noch Nacht.


3.

    Da kam vom heiligen Vater der Brief,
Der unsern Prälaten nach Rom berief;
Zum Fürsten der Kirche, zum Kardinal
Erhebt ihn des Dreimalgekrönten Wahl.

    Der alten Günstlinge junger Genoss'
Erschien er am Hof, wo bald ihn umfloß
Der trüglichen Sonne blendendes Licht,
Das dort auf schwankendem Boden sich bricht.

    Selbstsüchtig schritt, ehrgeizig hinan
Er unverdrossen die schwindlige Bahn.
Und hatte, bei üppiger Lust und Pracht,
Mit nichten noch an Yglano gedacht.

    Einst saß er am offenen Fenster allein
In der scheidenden Sonne verlöschendem Schein,
Und starrte, befallen mit finsterem Mut,
Hinaus in die blutig dämmernde Glut.

    Da regte Geräusch sich im Säulengang,
Hin warf er den Blick, noch schimmerte lang
Ein farbiges Spiel dem Geblendeten vor;
Yglano erschien, als der Schein sich verlor;

    Und wie er ihn scharf in das Auge gefaßt,
Ward Eines ihm klar, er erzitterte fast:
Die Sonne sinkt, dein Stern geht auf!
Der lenkt für dich des Geschickes Lauf.

    Wie kühn er den Wurf schnell überschaut,
Trat hastig hervor und grüßt ihn vertraut,
Und sprach, als ein welterfahrener Mann,
Geflügelten Wortes zuerst ihn an:

    Du kommst, mich zu mahnen an deinen Sohn,
Mich anzuspornen, das merk' ich schon;
Doch solches, mein Alter, ist nicht am Ort;
Vergaß ich denn je ein gegebenes Wort?

    Und was ich bin, dir schuld' ich es nur,
Dein bin ich, deine Kreatur;
Ich sag' es laut, ich bekenn' es frei; –
Du zweifelst, ob ich erkenntlich sei?

    Du hast mich erzogen und meiner gepflegt,
Hast, guter Vetter, mich liebgehegt,
Du halfest dem Liebling nach deiner Macht;
Doch Eines hast nicht recht du bedacht.

    Du hättest gern recht hoch mich gestellt,
Zu wirken, zu schaffen in Kirche und Welt;
Ein Kardinal! das Wort schallt recht, –
Sein Sinn ist: der Knechte niedrigster Knecht.

    Mein guter Vetter, o wüßtest du doch,
Wie gespannt du mich hast in ein schmähliches Joch!
Der Neid umlagert die Pfade der Gunst;
Es gilt, sich zu dreh'n und zu wenden, für Kunst.

    Dich lockt die Larve, du trauest ihr wohl?
So schlag' an das Herz, da klingt es hohl;
Von Ränken und aber Ränken umgarnt,
Der stellt dir ein Bein, der vor Schlingen dich warnt.

    Die Schuld, die heimlich im Finstern schleicht,
Die hat das Ziel am ersten erreicht;
Verworfene Dirnen, um Sünde und Geld,
Und Schächer beherrschen die christliche Welt.

    Du wähnest annoch, gutherziger Mann,
Daß deinen Sohn ich befördern kann?
Ich bin, ob sündenhaft, zu rein,
Um irgend in Rom vermögend zu sein.

    In meinem Bistum vermocht' ich's einmal,
Zu schalten, zu walten nach Einsicht und Wahl;
Das schlechteste Dorf ist ein kleines Reich,
In Rom ist der Zweite dem Letzten gleich.

    Der heilige Vater ist schwach und alt, –
Der müden Hand entsinkt die Gewalt, –
Er ist sehr krank, – er leidet viel, –
Er sehnt sich selbst nach dem letzten Ziel.

    Er könnte . . . . sterben, der alte Mann,
Er könnte! mein lieber Vetter, und dann . . . .
Ich meine nicht . . . . versteh' mich nur:
Er könnte, es liegt im Lauf der Natur.

    Sieh' krampfhaft deine Knie' mich umfah'n!
Verbess're, vollende, was du gethan,
Zieh' mich empor aus dem Sündenpfuhl
Und bahne den Weg mir zum heiligen Stuhl!

    Dann bricht mir an der gehoffte Tag,
Wo alles ich dir zu vergelten vermag;
Dein Sohn . . . Gebiete, Vetter, du bist
Mein einziger Gott, mein Heiland, mein Christ!

    Gelassen darauf Yglano: genug,
Zu viel gesprochen in einem Zug;
Was aber dahinter verborgen, und nicht,
Wir fördern es, mein' ich, sogleich an das Licht.

    Der Kardinal ist euch zu gering,
Es dünkt euch Papst sein ein anderes Ding;
Wir wollen seh'n, wir wollen seh'n!
Euch mag nach eurem Glauben gescheh'n. –

    Er hub die Hand bedrohlich fast,
Zog Kreis auf Kreis in die Luft mit Hast:
Sic hocus pocus Schiboleth!
Es wird erst Tag, wann die Nacht vergeht!

    Ihm schaute zu, und atmete kaum,
Der Kardinal, wie im Fiebertraum;
Das Wort war gesprochen, das Werk vollbracht;
Er rieb sich die Augen, es war noch Nacht.


4.

    Und bald sprang auf ein verschlossenes Thor,
Der Papst Anselmo trat hervor,
Und ward geweiht in St. Petri Dom;
Ihm jauchzte entgegen das heilige Rom.

    Darauf von den hohen Stufen herab
Er urbi et orbi den Segen gab,
Und sah vor seiner Heiligkeit
Sich beugen die sämtliche Christenheit.

    Dann eilten herbei von nah und fern
Die Abgesandten der Fürsten und Herr'n,
Den Fuß in Demut zu küssen bestellt
Dem dreimalgekrönten Beherrscher der Welt.

    Drauf saß er geruhig im Vatikan,
Der niedern Sorgen abgethan,
Und nicht war an Lust und Freuden karg
Der enge Raum, der ihn verbarg.

    Der Tisch war gut, die Pfühle weich,
Der Kämmerling dem geübtesten gleich;
Ein Kardinal ging ihm zur Hand,
Der Lesen und Schreiben trefflich verstand.

    Und was das lästige Volk betrifft,
Das nicht zufrieden noch mit der Schrift,
Redselig uns oft viel Kummer macht, –
Da hielten die Pförtner schon gute Wacht.

    Die Sonne stieg am Morgen auf,
Beschloß am Abend ihren Lauf,
Es wurde Tag, es wurde Nacht,
Und alles ging, wie hergebracht.

    Der Frühling kam mild, der Sommer warm,
Der Herbst kam reich, der Winter arm;
Es wurde Tag und wurde Nacht,
Und alles ging, wie hergebracht.

    Da wiegte der heilige Vater sein Haupt
Und sprach: Ich hätte nimmer geglaubt,
Bevor ich selber die Macht erreicht,
Es sei die Welt zu regieren so leicht.

    Und wie im Traum ein Bild uns erscheint,
Das längst wir tot und verschollen gemeint,
Trat einst ein Vergessener mahnend vor ihn,
Der schier ihm unheimlich, gespenstisch erschien:

    Ich bin's, Herr Vetter; erkennt ihr mich nicht?
Es ist Yglano, der mit euch spricht;
Ich ließ euch Zeit, ich hatte Geduld;
Nun komm' ich einzufordern die Schuld.

    Errötend, erblassend in einem Nu
Sprang auf der Papst und schrie ihm zu:
Hinweg aus meinem Angesicht!
Hinweg! entfleuch! ich kenne dich nicht.

    Yglano blieb geruhig, und trat
Zwei Schritte noch vor, dann lächelnd that
Er auf den Mund mit leisem Hohn,
Und sprach in schaurig flüsterndem Ton:

    O Dankbarkeit, du süße Pflicht,
Du Himmelslust, du Himmelslicht!
Wie hat sich dieser dich eingeprägt?
Wie hat er stets dich heilig gehegt?

    Ich zog dich, Wurm, aus deinem Staub,
Und mästete dich mit der Kirche Raub;
Du stiegest und stiegest im schwindelnden Flug
Auf meinen Flügeln, nichts galt dir genug.

    Ich machte, nach deiner gierigen Wahl,
Zum Bischof dich, zum Kardinal,
Und machte dich gar am Ende zum Papst, –
Wo blieb das Wort, das du mir gabst?

    Der heilige Vater hub an zu schrei'n:
Wer ließ mir den groben Gesellen herein?
Trabanten und Wachen herbei! wir sind
Gefährdet, ergreift den Alten geschwind!

    Da Keiner erschien, fuhr Yglano fort:
Erfülle mir, Papst, dein gegebenes Wort;
Zum andern, zum dritten fordr' ich dich auf,
Ich, welcher noch lenkt des Geschickes Lauf.

    Und laut und lauter inzwischen erscholl
Die Stimme des Papstes, er schrie wie toll:
Verruchter! Zauberer! Ketzer! dein Lohn,
Der Scheiterhaufen, erwartet dich schon!

    Yglano darauf: Herr Vetter, ihr wißt
Aus Erfahrung jetzt, was des Brauches ist:
Ein Jeder für sich; – was frommte mir nun
Das Allergeringste für euch zu thun?

    Dann trat er vor ihn und gab ihm zugleich
Mit fliegender Hand einen Backenstreich;
Anselmo starrte erwachend empor;
Ihm schallten die letzten Worte im Ohr.

    Er sah sich um; im Büchersaal
Yglano's stand er, wie dazumal;
Zerlumpt, das Stundenglas in der Hand,
Und unvermindert rann der Sand.

    Dort stand Frau Martha und schenkte den Wein
Mit erhobener Hand in den Humpen ein,
Und wie er gefüllt bis zum Rande war,
So reichte sie ihn dem Hausherrn dar.

    Yglano nahm den Humpen und trank
Und setzte ihn weg, und sagte: Schön Dank!
Erbat sich sodann das Stundenglas,
Und stellte es hin zu dem Tintenfaß.

    Und sprach: wir haben uns bedacht,
Frau Martha; ein einziges Huhn zur Nacht.
Es thut, Herr Vetter, mir herzlich leid,
Daß ihr zu fasten gesonnen seid.

    So lebt denn wohl! – Frau Martha! das Licht,
Daß nicht der Vetter den Hals noch bricht;
Ihr leuchtet ihm hübsch die Treppe hinab,
Und schließt die Hausthür hinter ihm ab.

 


 


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