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Sechstes Kapitel.

Timon. Alles, hört, treibt Dieberei;
Gesetz, Euch Peitsch' und Zaum, stiehlt trotzig selbst,
Und ungestraft.
                  *                     *                     *
Die süße Folg' die schnell die Welt dem bietet,
Der frei darf winken jedem Reiz, der ihm Gehorcht.

Timon von Athen.

An dem Tag und zu der Stunde, welche zu der Besprechung mit dem Unbekannten, der den Mr. Beaufort besucht hatte, festgesetzt waren, saß Lord Lilburne in der Bibliothek seines Schwagers, und vor seinem Armstuhl, in den er sich nachläßig gestreckt hatte, stand unser alter Bekannter Mr. Sharp, der Held von Bow-Street -

»Mr. Sharp,« sagte der Peer, »ich habe Euch rufen lassen, um mir einen kleinen Gefallen zu erweisen. Ich erwarte hier einen Mann, der vorgibt, meinem Schwager, Mr. Beaufort, Nachweisungen in Betreff eines Prozesses geben zu können. Es ist nöthig, den Werth seines Zeugnisses genau kennen zu lernen. Ich wünschte, daß Ihr alle seine Verhältnisse genau erkundetet. Seyd so gut und setzt Euch in den Pförtnersstuhl im Vorsaal; faßt ihn beim Hereintreten, selbst unbeobachtet, ins Auge – aber da er Euch vermuthlich unbekannt ist, faßt ihn noch schärfer ins Auge, wenn er das Haus verläßt; folgt ihm in einiger Entfernung; bringt heraus, wo er wohnt, mit Wem er umgeht, wo er Besuche macht – alle Namen und Adressen – was sein Charakter und Beruf ist, kurz Alles was Ihr könnt, und stattet mir jeden Abend Bericht ab. Spürt ihn recht auf, verliert ihn nie aus dem Gesicht – Ihr werdet schon bezahlt werden. Ihr versteht mich?«

»Ha!« sagte Mr. Sharp, »laßt mich nur machen, mein Lord. Bin auch schon von Euer Lordschaft Schwager in Anspruch genommen worden. Weiß wohl, wie es damit ist.«

»Ich zweifle nicht daran. Auf Euern Posten! Ich erwarte ihn jeden Augenblick.«

Und in der That hatte sich Mr. Sharp kaum in den Pförtnersstuhl geworfen, als der Fremde anpochte – im nächsten Augenblick ward er zu Lord Lilburne geführt.

»Sir,« sagte Se. Lordschaft ohne aufzustehen, »seyd so gut und nehmt einen Stuhl. Mr. Beaufort sah sich genöthigt, die Stadt zu verlassen, er bat mich, mit Euch zu sprechen – ich bin ein Verwandter von ihm – seine Frau ist meine Schwester – Ihr könnt gegen mich so offen seyn wie gegen ihn, – vielleicht noch mehr!«

»Ich bitte Euch um die Gunst, mir Euern Namen zu sagen, Sir,« sagte der Fremde, seinen Kragen zurecht rückend.

»Zuerst den Eurigen – Geschäft ist Geschäft.«

»Nun denn, Kapitän Smith.«

»Von welchem Regiment?«

»Auf Halbsold. Soldaten wurde nur der halbe Sold gezahlt, weil entweder gerade kein Krieg war oder sie trotz Krieg keine Verwendung fanden. – Anm.d.Hrsg.«

»Ich bin Lord Lilburne. Euer Name ist Smith– hm!« fuhr der Peer fort, und blickte auf einige Aufzeichnungen, die vor ihm lagen. »Ich sehe, das ist auch der Name des Zeugen, auf den sich Mrs. Morton berief – hm!«

Auf diese Bemerkung und noch mehr auf den begleitenden Blick hin gerieth das zuvor unverschämte und selbstgefällige Gesicht des Kapitän Smith in sichtliche Verlegenheit; er räusperte sich und sagte mit einigem Zögern:

»Mein Lord, dieser Zeuge lebt!«

»Ohne Zweifel! Zeugen sterben nie, wo es sich um Vermögen handelt und ein Betrug im Werke ist.«

In diesem Augenblick trat ein Diener ein und legte ein zierlich gefaltetes Billet vor Lord Lilburne hin, Er sah es mit Ueberraschung an, öffnete es, und las Folgendes, mit Bleistift geschrieben:

»Mein Lord; ich kenne den Mann; nehmt Euch in Acht mit ihm; es ist ein so dicker Spitzbube als je einer athmete; er ward vor etwa drei Jahren deportirt, und wenn ihm nicht seine Zeit vom Ministerium abgekürzt worden, so ist er ohne Urlaub abwesend. Wir pflegten ihn Dashing Jerry zu nennen. Der Junge, dem wir auf Mr. Beauforts Wunsch nachsetzten war ein Spießgeselle von ihm. Entschuldigt die Freiheit, die ich mir nehme.

J. Sharp.«

Während Lord Lilburne diese Mittheilung gegen das Licht hielt und zusammenbuchstabirte, fuhr Kapitän Smith, seine Fassung wieder gewinnend, also fort:

»Betrug, mein Lord, Betrug! Ich verstehe Euch in der That nicht. Eure Lordschaft scheint wirklich so argwöhnisch, daß es ganz unleidlich ist. Mir gilt es freilich ganz gleich; und wenn Mr. Beaufort es nicht für geeignet hält, mich selbst zu sprechen, so thue ich wohl am besten, mein Compliment zu machen.«

Und Kapitän Smith stand auf.

»Wartet einen Augenblick, Sir. Was Mr. Beaufort thun mag, kann ich nicht sagen; aber so Viel weiß ich: Ihr seyd eines sehr schweren Vergehns angeklagt, und wenn Euer Zeuge oder Eure Zeugen – Ihr mögt meinethalb funfzig haben – ebenso schuldbelastet sind, – dann desto schlimmer für sie!«

»Mein Lord, ich begreife in der That nicht«

»Dann will ich offener sprechen. Ich klage Euch an, eine infame Lüge anzuzetteln, in der Absicht Geld zu erpressen. Laßt Eure Zeugen vor dem Gerichtshof auftreten, und ich verspreche Euch, daß Ihr, sie und der junge Mann, Mr. Morton, dessen Ansprüche sie behaupten, angeklagt werden sollen wegen Complottes – eines Complottes der schwärzesten Art, wenn, wie der Fall ist bei Euren Zeugen, begleitet von Meineid. Mr. Smith, ich kenne Euch, und vor morgen um zehn Uhr werde ich auch wissen, ob Ihr Sr. Majestät Urlaub hattet, die Kolonien zu verlassen. Ha! ich bin aufrichtig genug, wie Ihr seht!«

Und Lord Lilburne warf sich in seinen Stuhl zurück und betrachtete ganz kalt das kreideweiße Gesicht und den bestürzten Ausdruck des kleinlaut gewordnen Kapitäns. Nach einer Pause voll Verwirrung, Erstaunen und Furcht, machte der Ehrenmann mit einer drohenden Geberde unwillkürlich einen Schritt auf Lord Lilburne zu; der Peer legte kaltblütig die Hand an die Glocke.

»Noch einen Augenblick,« sagte der Letztere; »wenn ich diese Glocke ziehe, so ist es, um Euch in Haft bringen zu lassen. Laßt Mr. Beaufort Euch nur noch einmal hier sehen, ja! laßt ihn nur noch ein Wort von diesem vorgeblichen Prozeß hören, so wandert Ihr wieder nach den Kolonien zurück. Pah! runzelt die Stirne nicht so gegen mich, Sir! Ein Beamter von Bow-Street ist im Vorsaal. Fort! – Nein, bleibt noch einen Augenblick und nehmt eine Lehre fürs Leben mit. Versucht es nie wieder, Leuten von Rang und Vermögen zu drohen, um jeden Reichen zieht sich eine Mauer herum – rennt lieber nicht mit dem Kopfe dagegen an!«

»Aber ich schwöre aufs Feierlichste,« rief der Schurke mit einer so überraschenden Emphase, »daß sie ganz das Gepräge der Wahrheit trug, daß die Trauung wirklich stattfand.«

»Und ich erkläre nicht minder feierlich: Jeder, der dies vor einem Gerichtshof beschwört, soll wegen Meineids verfolgt werden! – Ha, Ihr seyd ein trauriger Spitzbube eigentlich!«

Und mit einer Miene voll der gründlichsten, halb mitleidigen Verachtung wandte sich Lord Lilburne weg und schürte das Feuer. Kapitän Smith murmelte noch einen Augenblick und spielte mit seinen Handschuhen – dann zuckte er die Achseln und schlich sich hinaus.

In dieser Nacht empfing Lord Lilburne wieder seine Freunde, und unter seinen Gästen kam auch Vaudemont. Lilburne liebte das Studium von Charakteren, insbesondere der Charaktere solcher Männer, die mit der Welt zu kämpfen und zu ringen hatten. Ganz frei von jeder Art Ehrgeiz schien er sich mit seiner Apathie dadurch zu versöhnen, daß er, die Unruhe, die Kränkungen, das Herzweh und die Kämpfe derer studirte, welche das Schicksal der Ehrgeizigen sind. Wie die Spinne in ihrer Höhle beobachtete er mit hungriger Wonne die in dem Gewebe sich zerarbeitenden Fliegen, durch dessen schleimgesponnenes Labyrinth er mit bequemer Sicherheit wandelte.

Vielleicht war ein Grund, warum er das Spiel liebte, weniger die Freude am Gewinnen, als das philosophische Wohlbehagen, womit er sich an den Gemüthsbewegungen der Verlierenden weidete. Er war immer heiter und, ausgenommen in seinen Ausschweifungen, leidenschaftlos; – Magendie François Magendie (1783-1855), französischer Mediziner, Anatom und Physiologe; gilt als einer der Vorreiter der modernen Arzneimitteltherapie., wenn er wissenschaftliche Experimente an den Todesqualen eines gemarteten Hundes anstellte, konnte nicht inniger in seine Wissenschaft vertieft und gleichgültiger gegen den Hund seyn, als Lord Lilburne, wenn er ein Opfer zu Grund richtete, in die Analyse menschlicher Leidenschaften versunken, und voll stoischen Gleichmuths gegen die schmerzlichen Zuckungen des Unglücklichen, den er ruhig secirte.

Er wünschte Geld zu gewinnen von Vaudemont – diesen Mann zu ruiniren, der sich herausnahm, großmüthiger zu seyn als Andere – einen kecken Abenteurer dem Rade Fortunas unterliegen zu sehen, das in einem Kartenspiel regiert; – und das Alles natürlich ohne den mindesten Haß gegen den Mann, den er jetzt zum erstenmal sah. Im Gegentheil, er empfand Achtung für Vaudemont. Wie die meisten weltlichen Menschen hatte Lilburne ein günstiges Vorurtheil für Solche, die im Leben emporzusteigen suchen; und wie Männer, die in männlichen und athlethischen Uebungen sich ausgezeichnet, war er auch im Voraus eingenommen für Solche, die geeignet schienen, sich auch in dergleichen hervorzuthun.

Liancourt nahm seinen Freund beiseite, während Lord Lilburne mit seinen andern Gästen sprach:

»Ich brauche Euch, der Ihr nie spielt, nicht davor zu warnen, Euch Lord Lilburne's Gnade und Barmherzigkeit zu überlassen; bedenkt, er ist ein trefflicher Spieler!«

»Nein,« antwortete Vaudemont, »ich muß diesen Mann kennen lernen, ich habe Gründe, die allein mich veranlassen, sein Haus zu betreten. Ich kann schon Etwas aufs Spiel setzen, weil ich zu erfahren wünsche, und ich Etwas für eine mir sehr theure Person gewinnen kann. Und im Uebrigen (murmelte er) – kenne ich ihn zu gut, als daß ich nicht auf meiner Hut seyn sollte.«

Damit näherte er sich der Gruppe Lord Lilburne's, und nahm die Einladung an den Spieltisch an. Beim Souper sprach Vaudemont mehr als gewöhnlich, er richtete das Wort hauptsächlich an seinen Wirth, und hörte mit großer Aufmerksamkeit Lilburne's kaustischen Bemerkungen über jeden Gegenstand, welcher nach und nach auf die Bahn gebracht wurde, zu, und mochte dies nun von de Vaudemonts Geschick herrühren, oder von dem Interesse, welches Lord Lilburne empfand, einen ihm neuen Charakter zu studiren, oder daher, daß, da Beide in allen männlichen Fertigkeiten und Künsten sich auszeichneten, ihr Gespräch mehr für sie ausschließlich Anziehendes enthielt: kurz, es traf sich, daß sie noch miteinander plauderten, während schon das Tageslicht durch die Fenstervorhänge lugte.

»Und ich bin länger geblieben als alle Eure Gäste,« sagte de Vaudemont, sich in dem leeren Zimmer umsehend.

»Das beste Compliment, das Ihr mir machen konntet. Ein andermal können wir unser tête à tête mit Ecarté beleben, obgleich es mich überrascht, Monsieur de Vaudemont, daß Ihr in Eurem Alter und bei Eurem Aussehen ein Freund vom Spiel seyd: ich hätte geglaubt, Ihr würdet nicht in einem Spiel Karten nach Herzen blicken! Aber vielleicht seyd Ihr in Beziehung auf das beau sexe schon frühe blasé

»Aber Eure Ergebenheit gegen dasselbe ist vielleicht noch so groß, wie immer!«

»Die meinige? – nein, nicht wie immer. Verschiedenen Altern verschiedene Abstufungen. In Eurem Alter warb ich, im meinigen kaufe ich – das bessere Theil eigentlich! es erfordert nicht halb so viel Zeit!«

»Eure Ehe, Lord Lilburne, war, glaube ich, nicht mit Kindern gesegnet. Vielleicht empfindet Ihr manchmal den Mangel derselben?«

»Wenn das wäre, könnte ich sie dem Dutzend nach haben. Andere Damen sind in dieser Beziehung freigebiger gewesen, als die weiland Lady Lilburne, Gott hab' sie selig!«

»Und,« sagte Vaudemont, die Augen mit einigem Ernst auf seinen Wirth heftend, »wenn Ihr wirklich überzeugt wäret, ein Kind, oder auch einen Enkel zu haben – die Mutter eine Geliebte Eurer ersten Jugend – ein liebevolles, schönes Kind, und ganz besonders Eurer Sorge und Eures Schutzes benöthigt: würdet Ihr nicht dies Kind, obgleich ein unrechtmäßiges, Euch den Mangel kindlicher Liebe und Zuneigung ersetzen lassen?«

»Kindliche Liebe und Zuneigung, mon cher!« wiederholte Lord Lilburne; »meiner Sorge und meines Schutzes benöthigt! Pah! Mit andern Worten: ob ich einem jungen Vagabunden Kost und Wohnung gäbe, der die Güte hätte, sich für den Sohn Lord Lilburne's auszugeben?«

»Aber wenn Ihr überzeugt wäret, daß das Anspruchmachende Euer Sohn wäre, oder vielleicht Eure Tochter – ein zärtlicherer Name und der Anspruch größerer Hülflosigkeit?«

»Mein lieber Monsieur de Vaudemont, Ihr seyd ohne Zweifel ein galanter Mann und ein Mann der Welt. Wenn die Kinder, die Einem das Gesetz aufhalst, neunmal unter zehn so verdammte Plagen sind: bedenkt und urtheilt selbst, ob man wünschen kann, der Vater von solchen zu seyn, welche zu verläugnen das Gesetz gestattet. Natürliche Kinder sind die Paria's der Welt, und ich – bin Einer von den Bramanen!«

»Aber,« beharrte Vaudemont, »verzeiht mir, wenn ich die Frage weiter verfolge. Vielleicht suche ich in Eurer Weisheit eine Anleitung für mein eigenes Verfahren; – gesetzt denn, ein Mann habe die Mutter geliebt und ins Unglück gebracht; gesetzt er sehe in dem Kind ein Geschöpf, das ohne seinen Beistand, jedem Fluche preisgegeben wäre, wovon die Paria's (ganz wahr, die Parias!) der Welt nur zu oft heimgesucht werden, und das mit seinem Beistand im Verlaufe der Zeit seine Gesellschafterin, seine Pflegerin, seine Trösterin werden könnte –«

»O still!« unterbrach ihn Lilburne mit einiger Ungeduld, »ich weiß nicht, wie unsere Unterhaltung auf solche Gegenstände gerieth – aber wenn Ihr wirklich meine Ansicht zu haben wünscht in Bezug auf einen Fall im praktischen Leben, so sollt Ihr sie haben. Seht denn, Monsieur de Vaudemont, kein Mensch hat die Kunst glücklich zu seyn, gründlicher studirt als ich; und ich will Euch das große Geheimniß sagen: habt so wenig Bande als möglich, die Euch fesseln! Wärterin! pah! Ihr oder ich, wir könnten eine tausendmal nützlichere und sorgfältigere, als ein lästiges Kind wäre, wochenweise jederzeit miethen. Trösterin! – ein Mann von Geist braucht nie Trost! Und es gibt überhaupt keinen Kummer, so lange wir Gesundheit und Geld haben, und uns um keinen Menschen auf der Welt einen Strohhalm kümmern. Wenn Ihr Andere lieben wollt, kann ihre Gesundheit und ihre Verhältnisse, wenn beide schief gehen, Euch belästigen; das eröffnet viele Möglichkeiten der Unlust. Nie allein gelebt, aber immer allein gefühlt! Ihr haltet das für nicht menschenfreundlich; möglich. Ich bin kein Heuchler, und gebe mir nie die Mühe etwas Anderes zu scheinen, als der ich bin – John Lilburne.«

Wie der Peer so sprach, betrachtete ihn Vaudemont an die Thüre gelehnt, mit einer seltsamen Mischung von Interesse und Abneigung.

»Und John Lilburne gilt für einen vornehmen Mann, und William Gawtrey war ein großer Spitzbube. Ihr verhehlt Euer Herz nicht? – nein, ich verstehe. Vermögen und Macht bedürfen der Heuchelei nicht; Ihr seyd der Mann des Lasters – Gawtrey war der Mann des Verbrechens. Ihr sündigt nie gegen das Gesetz – er war ein Missethäter durch sein Gewerbe, und der Missethäter rettete vor dem Laster das Kind und vor der Armuth die Enkelin ( Euer Fleisch und Blut,) die Ihr verläugnet: welchen wird der Himmel als den schlechtem Mann ansehen? Nein, arme Fanny! Ich sehe, ich irrte mich. Wenn er Dich auch anerkennen wollte, ich würde Dich nicht ausliefern an eine so eiskalte Seele! – besser der blinde Mann, als das erstorbene Herz!«

»Nun, Lord Lilburne,« sagte de Vaudemont laut, sich aus seiner Träumerei aufraffend, »ich muß gestehen, daß Eure Philosophie mir die weiseste zu sey scheint für Eure Person. Für einen armen Mann wäre es ein Anderes – die Armen brauchen Liebe.«

»Jaja, für die Armen ist das, gewiß!« sagte Lord Lilburne mit einer Miene gönnerhafter Offenheit.

»Und ich will auch noch gestehen,« fuhr de Vaudemont fort, »daß ich gerne mein Geld verloren habe, für die Belehrung, die ich dafür aus Eurem Gespräch geschöpft und gewonnen.«

»Ihr seyd sehr gütig. Kommt nächsten Donnerstag um Revenge zu nehmen. Adieu!«

 

Wie Lord Lilburne sich entkleidete und sein Kammerdiener ihm an die Hand ging, sagte er zu diesem Ehrenmann:

»Also habt Ihr den Namen des Fremden nicht erfahren können – des neuen Bewohners, von dem Ihr mir sagt?«

»Nein, mein Lord. Es heißt nur, es sey ein sehr stattlich aussehender Mann.«

»Ihr habt ihn nicht gesehen?«

»Nein, mein Lord. Was soll ich jetzt weiter thun?«

»Hm! Im Augenblick Nichts! Ihr macht Eure Sachen so ungeschickt; Ihr könntet mich in eine Klemme bringen. Ich thue nie Etwas, dessen sich das Gesetz oder die Polizei oder auch nur die Zeitungen bemächtigen könnten. Ich muß auf eine andre Art und Weise denken – hm! Ich gebe nie einen Plan auf, Dykeman, – oder doch! Wenn das Leben der Mühe werth wäre, die sich Thoren damit machen – der Arbeit und des Ehrgeizes – so wäre ich, glaube ich, ein sehr vornehmer, wichtiger Mann mit einer sehr schlechten Leber geworden – ha, ha, ha! Ich allein auf der Welt habe gefunden, wozu die Welt gut ist! Zieht die Vorhänge, Dykeman!«



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