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Drittes Kapitel.

               Verweile wonnevoller Traum!
Laß wandeln ihn in seinem schönen Garten!
Laß Arm in Arm sie holder Stunden warten!

Crabbe.

Da, Robert, da! Jetzt könnt Ihr die neuen Ställe sehen. Beim Jupiter, sie sind das Vollkommenste, was es gibt in den drei Königreichen!«

»Ein wahrer Prachtbau! Aber ist das das Haus? Ihr logirt Eure Pferde prächtiger als Euch selbst.«

»Aber ist es denn nicht ein schönes Landhaus? – Gewiß, es verdankt Alles Katharinens Geschmack. Theure Katharine!«

Mr. Robert Beaufort – denn zwischen beiden Brüdern fiel dies Gespräch vor, während ihre Britschke Im Original: »britska«, ein langer, geräumiger, von zwei Pferden gezogener Wagen mit vier Rädern sowie einem Klappverdeck; es bot den Reisenden nachts Platz zum Liegen. rasch den Berg herabfuhr, an dessen Fuß Fernside-Cottage mit seinem Miniatur-Landgut lag – Mr. Robert Beaufort zog sich seine Reisemütze über die Stirne und sein Gesicht verfinsterte sich, sey es nun über dem Namen Katharinens, oder wegen des Tons, in welchem dieser Name ausgesprochen wurde; und es trat ein Stillschweigen ein, das unterbrochen wurde von dem dritten Insassen der Britschke, einem Jüngling von etwa siebzehn Jahren, der den Brüdern gegenüber saß.

»Und Wer sind die Knaben dort auf dem Rasen, Oheim?«

»Wer sind diese Knaben?« Es war eine einfache Frage, aber sie klang dem Mr. Robert Beaufort widrig ins Ohr – sie erweckte einen Mißton in seinem Herzen. »Wer sollten diese Knaben seyn?« welche so auf dem grünen Rasen daher rannten, begierig ihren Vater in der Heimath zu bewillkommen; die im Westen stehende Sonne ergoß ihr volles Licht auf ihre fröhlichen Gesichter – ihre jugendlichen Gestalten waren so schlank und anmuthig – ihr fröhliches Lachen schallte durch die stille Luft. »Diese Knaben,« dachte Mr. Robert Beaufort, »die Kinder der Schande, berauben den meinigen seines Erbes.« Der ältere Bruder wandte sich auf die Frage seines Neffen um und sah den Ausdruck, den Roberts Gesicht angenommen. Er biß sich auf die Lippe und antwortete ernst:

»Arthur, das sind meine Kinder.«

»Ich wußte nicht, daß Ihr verheirathet seyd,« versetzte Arthur und beugte sich vor, um seine Vettern genauer zu sehen.

Mr. Robert Beaufort lächelte bitter, und Philipps Stirne ward dunkelroth.

Der Wagen hielt vor dem kleinen Parkhause. Philipp öffnete den Schlag und sprang heraus; der Bruder und sein Sohn folgten. Im nächsten Augenblick war Philipp von Katharinens Armen umschlossen und ihre Thränen strömten auf seine Brust; seine Kinder hielten ihn am Rock gefaßt, und der Jüngere schrie in ungeduldigem, schrillendem Tone: »Papa! Papa! siehst Du Sidney nicht, Papa?«

Mr. Robert Beaufort legte die Hand auf seines Sohnes Schulter und hielt seine Schritte zurück, während sie die Gruppe vor ihnen betrachteten.

»Arthur,« sagte er in hohlem, flüsterndem Tone, »diese Kinder sind unsere Schmach und Deine Erbräuber! es sind Bastarde, Bastarde! und sie sollen seine Erben seyn!«

Arthur antwortete Nichts, aber das Lächeln, mit dem er bisher seine neuen Verwandten betrachtet hatte, verschwand.

»Katty,« sagte Mr. Beaufort, indem er sich von Mrs. Morton wegwandte und seinen jüngern Sohn in seinen Armen emporhob; »das ist mein Bruder und sein Sohn; sie sind willkommen, nicht wahr?«

Mr. Robert verbeugte sich tief und streckte mit steifer Leutseligkeit seine Hand der Mrs. Morton hin, etwas eben so Verbindliches als Unverständliches murmelnd.

Die Gesellschaft begab sich nach dem Hause. Philipp und Arthur schlossen den Zug.

»Schießt Ihr?« fragte Arthur, da er das Gewehr in seines Vetters Hand sah.

»Ja. Ich hoffe diesen Herbst so viele Stücke zu treffen, als mein Vater, der ist ein trefflicher Schütze. Aber das ist nur eine einläufige Büchse und eine altmodische Art von Puffer. Mein Vater muß mir ein Gewehr von der neuen Art anschaffen. Ich kann es mir nicht selbst kaufen.«

»Das glaube ich wohl,« sagte Arthur lächelnd.

»Ha, was das betrifft,« fuhr Philipp rasch und mit lebhaftem Erröthen fort, »ich hätte es recht gut machen können, hätte ich nicht dieser Tage dreißig Guineen Eine von 1663 bis 1816 in Umlauf befindliche britische Goldmünze, die als erste maschinell hergestellt wurde; ihr Wert wurde 1717 auf 21 Schilling (= 1 Pfund und 1 Shilling) festgesetzt. Mit diesem Wert von 1,05 GBP ist die Guinee bis heute als Rechnungseinheit in Gebrauch. – Anm.d.Hrsg. für ein Paar Spürhunde gegeben; es sind die besten Hunde, die Ihr je gesehen.«

»Dreißig Guineen!« wiederholte Arthur, seinen Vetter mit naivem Erstaunen anblickend; ei, wie alt seyd Ihr denn?«

»Gerade fünfzehn Jahr an meinem letzten Geburtstag. Holla John, John Green!« schrie der junge Gentleman in gebieterischem Ton einem der Gärtner zu, der über den Rasen schritt, »sorgt daß die Netze morgen an den See hinuntergebracht werden, und daß mein Zelt bis um neun Uhr gehörig aufgeschlagen wird bei den Linden. Ich hoffe, Ihr versteht mich diesmal recht; der Himmel weiß, man muß Euch viel in die Ohren schwatzen, bis Ihr einen recht versteht!«

»Ja, Mr. Philipp,« sagte der Mann, sich unterwürfig verbeugend, und dann murmelte er im Weitergehen: »da sehe man den jungen Laffen! spricht mit einem armen Mann, als ob er nicht von Fleisch und Blut wäre!«

»Hält Euer Vater Jagdpferde?« fragte Philipp.

»Nein.«

»Warum nicht?«

»Ein Grund ist vielleicht, daß er nicht reich genug ist.«

»Oh, das ist Schade. Aber das thut Nichts, wir wollen Euch schon beritten machen, so oft Ihr uns einen Besuch machen wollt.«

Der junge Arthur zog die Schultern in die Höhe, und sein von Natur offenes und mildes Wesen wurde hochmüthig und zurückhaltend. Philipp starrte ihn an und fühlte sich beleidigt, er wußte selbst nicht recht warum, aber von diesem Augenblick an faßte er einen Widerwillen gegen seinen Vetter.



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