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Märzenschnee

Das Glück, das lachen kann, scheint mir kein Glück.
In uns're süßeste Minute mengt sich
Ein Tropfen von unsäglich tiefem Schmerz.
Vielleicht die Ahnung, daß der Augenblick
Nur eine Blume ist – und welkt.

Madách, Tragödie d. Menschen.

 

Die Flocken tanzen! Solch ein Frühjahrswirbel!
Wer hätt's gedacht –, und auf dem Tisch hier Veilchen,
Ein ganzer Strauß, so süß und fein wie du.
Rück' nur heran und birg dein Angesicht,
Das liebe, bleiche, an des Freundes Schulter.
Der Himmel lastet auf dem Kirchendach
Und scheint mit ihm verwachsen, weiß in Weiß,
Das Auge starrt an eine Nebelwand,
Vom Nichts geblendet, – und die Wimper sinkt.
Nun spür' ich deines Herzens ängstlich Klopfen,
Ich fühle deine fieberkalte Hand,
Die mich umschlungen hält auf Tod und Leben,
Und athme Veilchenduft, – – das ist das Glück!
Jetzt still, ganz still! Kein Blick auf unser Elend!
Schlürf' die Sekunden sel'gen Wonnetraums,
Genieß', du hastend Herz, dein Wintermärchen
Und laß den Schnee Erinn'rung überdecken,
An der des Lebens Schicksalsfetzen flattern
Wie Laubwerk, das um Dornenbüschel rauscht.
Du unsagbares Etwas, das behaglich
Jetzt durch die Adern rinnt, – du also bist's!
Bist jenes Glück, nach dem wir uns verzehren
In Wagemuth, Verzweiflung, Stolz und Gier?
Du bist ein And'res, bist dem Tod verwandt,
Und bringst statt wilder Lust den kühlen Traum,
Die Ruhe statt des Taumels und den Frieden.
Du Märzenschnee mit deinen tausend Flocken,
Zieh um uns Beide rasch ein Mäuerlein
Und sperr' uns mit dem jungen Glück zusammen,
Bevor's von dannen schleicht. – – Und höher,
Immer höher steig' der Schneewall um das Häuschen,
Dann schlummert, statt in Rosen, mir zur Seite
Dornröschen, meine weiße Braut, im Schnee
Und träumt und lächelt ewiges Entzücken ...

Im Rhythmus einer Schlummermelodie
Zwei Herzen leise aneinanderhämmern – –,
Die Veilchen duften, – – und der Tag zerrinnt.


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