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Es sei dem Spott, dem bittern Hohne
Das derbe Wort nicht untersagt,
Nie werde vor der Wahrheit Throne
Die Muse, welche zürnt, verklagt.
Hermann Lingg.
Es gibt ein gottgesegnet Land,
So recht die Wiege für den Dichter!
Der Strom stürzt von der Felsenwand
Und donnernd durch die Schluchten bricht er.
Alm thürmt an Alpe sich, es glüht
Der ew'ge Schnee im Sonngefunkel,
Das keusche Edelweiß erblüht
Hoch über'm Bergsee tannendunkel.
Wer, Aug' und Herz am rechten Fleck,
Sich arm hier läßt geboren werden
In solcher Tischlein-deck'-dich-Eck',
Spielt Tantalusspiel schon auf Erden!
Er wird zum Dichter, meiner Seel',
Wie's manchem Kraftgenie ergangen;
Gott seinen Leib er anempfehl', –
Vom
Staate wird er
nichts erlangen!
Mag singen er vom »Schweizerland«,
Das wird uns nicht den Teufel scheren!
Er habe praktischen Verstand,
Dann wird das Musenwurm sich nähren!
Der
Leuthold war nicht besser d'ran,
Auch
Keller mußte spreewärts wandern;
Dranmor fuhr über'n Ozean, –
Willst Dichterruhm – mach's wie die andern.
Einstweilen psalt're und lobsing'
Dir und dem Vaterland zur Ehre!
Als Phönix dich zum Himmel schwing'
Leicht nach dem Urgesetz der
Schwere!
Wärst du ein Maler noch –
eh bien! –
Dann könnt' dem Mann geholfen werden!
So ist die Aussicht freilich eng
Für Schweizergeist auf Flügelpferden.
*
Mein Lied ist nicht von dazumal,
Geschmiedet ward's für unsre Tage!
Es steh' im Land als Prangerpfahl,
Der Leuthold's Flammeninschrift trage!
In alle Gaue jag' der Wind
Die Klag' vom Dichtermißgeschick:
»So litt dein Kind, so starb dein Kind,
Du Volk der freien Republik!«