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XXXVII. Lupold Federfuchser, demnächst Lizentiat entbietet dem Magister Ortuin Gratius so viel Grüße, als die Gänse Gras fressen.

Herr Magister Ortuin, es ist zu Erfurt unter allerlei anderen eine gar spitzfindige Frage bei zwei Fakultäten, der theologischen und der naturwissenschaftlichen, aufgeworfen worden. Die einen sagen: wenn ein Jude Christ werde, so wachse ihm die Vorhaut wieder, nämlich die Haut, welche ihm nach dem Gesetze der Juden gleich nach der Geburt vom männlichen Gliede weggeschnitten wurde. Es sind dies diejenigen, weiche den theologischen Weg einschlagen, und sie haben ganz gewichtige Gründe für sich, worunter einer der ist, weil sonst die Juden, welche Christen geworden sind, am jüngsten Gerichte für Juden gehalten würden, wenn sie an ihrem männlichen Gliede ohne Haut wären, und ihnen Unrecht geschähe, Gott aber niemandem Unrecht tun wolle, folglich etc. Ein anderer Grund stützt sich auf die Autorität des Psalmisten, welcher sagt: »Er decket mich zur bösen Zeit und verbirgt mich heimlich«, er sagt: zur bösen Zeit das heißt: am jüngsten Gericht im Talejosaphat, wenn man Rechenschaft über alles Böse geben muß. Weitere Gründe übergehe ich der Kürze wegen, seitdem wir in Erfurt »Neue« sind, und die Neuen, wie Ihr wisset, die Kürze lieben. Auch deshalb, weil ich ein schlechtes Gedächtnis habe, kann ich nicht vieles auswendig anführen, wie die Herren Juristen tun. Die andern aber sind des Dafürhaltens, jene Meinung könne nicht bestehen, und sie haben für sich den Plautus, welcher in einer seiner Dichtungen sagt, Geschehenes könne nicht ungeschehen gemacht werden. Aus diesem Ausspruche leiten sie den Beweis ab: wenn der Jude während er Jude war, einen Teil seines Körpers verloren habe, so bekomme er ihn, auch wann er die christliche Religion angenommen, nicht wieder. Auch behaupten sie, aus den Beweisgründen jener lasse sich kein regelrechter Schluß ziehen; sonst würde aus dem ersten Grunde folgen, daß jene Christen, welche wegen ihrer Ausschweifung einen Teil von ihrem Gliede verloren haben, wie dies oft bei weltlichen und geistlichen Personen der Fall ist, beim jüngsten Gerichte auch für Juden gehalten würden. Allein dies zu behaupten, ist ketzerisch, und unsere Magister, als Inquisitoren der ketzerischen Verkehrtheit, geben es keineswegs zu, weil sie selbst auch zuweilen an jenem Teile mangelhaft sind; allein dies kommt bei ihnen nicht von den Huren her, sondern wann sie sich in den Bädern nicht gehörig in acht nehmen. Daher bitte ich Ew. Herrlichkeit untertänig und ehrerbietig, Ihr wollet durch Entscheidung die Wahrheit der Sache feststellen und die Frau des Johannes Pfefferkorn fragen, mit der Ihr ja gut stehet, und sie wird keinen Anstand nehmen, vor Euch alles, was Ihr nur wollet, zu sagen, wegen des freundschaftlichen Umganges, den Ihr mit ihrem Manne pfleget. Ich höre auch, Ihr seid ihr Beichtvater, deshalb könnet Ihr sie zwingen unter der Strafe des heiligen Gehorsams. Saget nur: »Meine Frau, Ihr braucht Euch nicht zu scheuen, ich weiß, daß Ihr eine ehrenwerte Person seid, wie es nur eine in Köln gibt; ich verlange nichts Unanständiges von Euch; aber teilet mir die Wahrheit der Sache offen mit: hat Euer Ehegatte eine Vorhaut oder nicht? Saget es keck heraus, ohne Scheu, bei der Liebe Gottes, was schweiget Ihr?« jedoch, ich will Euch nicht belehren, Ihr wisset besser, wie Ihr Euch mit den Weibern zu verhalten habt, als ich.

Geschrieben in aller Eile aus Erfurt, aus der Drachengasse.


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