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III. Magister Bernhard Federteser an Magister Ortuin Gratius.

Viele Grüße!

»Schlimm ist ein Mäuschen daran, das nur ein einziges Loch weiß.«

Das kann auch ich von mir sagen, mit Vergunst, ehrwürdiger Mann, weil ich ein armer Wicht wäre, wenn ich nur einen Freund und, wofern dieser mich aufgäbe, keinen andern mehr hätte, der mich freundschaftlich behandelte. So ist z.B. dermalen hier ein gewisser Poet Namens Georg Sibutus: er gehört zu den weltlichen Poeten, hält öffentliche Vorlesungen über Poesie und ist auch sonst ein guter Geselle. Allein – wie Ihr wißt – jene Poeten, wenn sie nicht auch zugleich Theologen sind, wie Ihr, wollen immer nur andere tadeln und schätzen die Theologen gering. Einmal nun bei einer Zecherei in seinem Hause, wo wir Torgauer Bier tranken, bis drei Uhr sitzen blieben und ich etwas angetrunken war – denn dieses Bier steigt mir in den Kopf – daß auch einer dabei war, der ohnedies nicht gut mit mir stand: dem trank ich eine halbe Kanne vor; er nahm es an, wollte mir aber nachher keinen Bescheid tun. Ich forderte ihn dreimal auf; er aber weigerte sich mir nachzutrinken, sondern blieb ruhig sitzen und sagte nichts Da dachte ich: »Ha, der verachtet dich ja auch noch, macht den Stolzen und will dich blamieren. Mein Zorn wurde rege, ich nahm die Kanne und schlug sie ihm an den Kopf. Da ergrimmte obengenannter Poet über mich und sagte: ich hätte Skandal in seinem Hause erregt und solle mich in Teufels Namen hinausmachen. Hierauf erwiderte ich: »Was liegt denn auch daran, wenn Ihr mein Feind seid? ich hatte wohl mehr solche schlechte Feinde, dergleichen Ihr einer seid, und blieb dennoch bei ihnen; was ist's denn auch, daß Ihr ein Poet seid? ich scheiße Euch wohl in Eure Poeterei! Was glaubt ihr denn? glaubt Ihr, ich sei ein Narr, oder auf dem Baum gewachsen, wie das Obst?« Da hieß er mich einen Esel und sagte: Ich hätte noch nie einen Poeten gesehen. Ich aber entgegnete: Du selber bist ein Esel mit Haut und Haar; »ich habe wohl mehr Poeten gesehen als Du« – und führte Euch und unsern Magister von Zütphen in der Kneck-Burs, den Verfasser der bekannten Glosse, und den Herrn Lizentiaten der Theologie, Rutger, in der Burs unter XVI Häusern an, und damit verließ ich sein Haus, und wir sind noch Feinde. Derowegen bitte ich Euch recht herzlich, Ihr möchtet mir einmal etwas Schriftliches aufsetzen: das will ich dann diesem Poeten Lind den anderen vorzeigen und mit Ruhm melden, daß Ihr mein Freund, und wohl ein besserer Poet seid, als er. Besonders aber schreibet mir, was Herr Pfefferkorn macht, ob er noch lebt, und ob ihr ihn immer noch verteidiget, wie vordem. Lasset mir auch eine Neuigkeit zukommen.

Lebet wohl in Christo!


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