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XXXI. Dem wohlbestallten Bakkalaureus der Theologie Bartholomäus Colp, Karmeliter Ordens empfiehlt sich nebst Gruß Willibrord Riceti aus dem Orden der Wilhelmiten Kursor in der Theologie mit Genehmigung des hochwürdigen Ordensgenerals.

So viele Wassertropfen sind im Meer,
So groß im heiligen Köln das Kuttenheer,
So dicht voll Haar das Fell des Esels ist,
So viel, und mehr noch, sei von mir gegrüßt!

Ehrwürdiger Herr Karmeliter Colp, ich weiß, daß Ihr dem besten Orden angehöret, viele Indulgenzen von dem apostolischen Stuhle habt, und daß kein Orden dein Euern den Vorrang abgewinnen kann, weil Ihr für verschiedene Fälle in der Beichte Absolution erteilen könnet, wenn nämlich die Beichtenden Reue und Leid gemacht haben und willens sind zu kommunizieren. Daher möchte ich an Ew. Herrlichkeit eine theologische Frage stellen, die Ihr wohl entscheiden könnt, denn Ihr seid in den freien Künsten gut bewandert und verstehet auch gut zu predigen und habt großen Glaubenseifer und seid gewissenhaft. Dabei höre ich auch, daß Ihr eine große Bücherei in Eurem Konvent habt, worin sich viele Werke über die heilige Schrift, Philosophie, Logik, auch über Petrus Hespanus befinden; desgleichen der Lehrgang der Magister zu Köln von der Laurentius-Burs, deren Vorstand wirklich unser Magister von Tongern ist, ein sehr glaubenseifriger, in der spekulativen Theologie grundgelehrter und im katholischen Glauben erleuchteter Mann. Es will ihn zwar ein gewisser Doktor der Rechte mißhandeln, der aber kennt die Form des Disputierens nicht, auch ist er in den »Libri sententiarum« nicht bewandert, daher kümmern sich unsere Magister nichts um ihn. Namentlich höre ich auch, daß in obengenannten Büchern, wo die Kursoren in der Theologie ihr Studierlokal haben, ein sehr merkwürdiges Buch an einer Kette befestigt sei, welches den Titel »Combibilationes« führt und auch theologische Gutachten und die Hauptgrundlagen der heiligen Schrift enthält; dasselbe habe Euch einer unserer Magister in seiner Todesstunde vermacht, als er seine Beichte ablegte, und gewisse Geheimnisse im Bonaventura geoffenbart und verordnet, daß niemand darin lesen solle, der nicht aus Eurem Orden wäre, und es verleihe darin der Papst gewisse Indulgenzen und vierzigtägige Ablässe. Neben diesem Buche liegt »Henricus de Hassia« und »Verneus«, sowie alle anderen Schriftsteller über die »Libri sententiarum«, mit welchen allen Ihr gründlich vertraut seid; auch verstehet Ihr die ganze Disputiermethode der Alten, der Neuen, der Skotisten, der Albertisten und derer, welche von der Kneck-Burs in Köln sind, wo sie einen eigenen Lehrgang haben, zu verteidigen. Daher bitte ich Euch herzinniglich, Ihr wollet meine Bitte nicht übel aufnehmen, sondern mir einen guten Rat in meiner Frage nach Vermögen erteilen und mir angeben, was für eine Entscheidung die Herren Doktoren nach vorausgegangener Untersuchung und Schlußformulierung getroffen haben. Es gestaltet sich aber diese Frage folgendermaßen: »Sind die Lolharden und Begutten in Köln weltliche oder geistliche Personen; sind sie gehalten, Prozeß zu tun; und können sie Weiber und Männer nehmen?« Ich habe lange in der heiligen Schrift studiert, im »Discipulus« und im »Fasciculus ternporum«, auch in anderen in hohem Ansehen stehenden Büchern über die heilige Schrift, konnte es aber nicht finden. So ging es auch einem gewissen Priester in Fulda, der viel in den genannten Büchern studierte, aber er konnte weder in Katalogen, noch in den Büchern selbst etwas finden. Er ist aus der Familie des Herrn Pfarrers daselbst, ist ein Poet, weiß sich gut lateinisch auszudrücken und Aufsätze zu machen; ich aber bin Leutpriester, vom Kloster bestellt, und habe viele Kommunikanten und auch solche Personen, hinsichtlich derer ich nun die Frage stelle. Unser Superintendent sagt unverhohlen, es falle ihm schwer auf das Gewissen, eine solche Frage zu entscheiden, obgleich er die Disputationen vieler Doktoren in Paris und Köln kennt, denn er hat es bis zur Lizentiatur gebracht und nach Inhalt und Form für deren Erlangung respondiert. Wenn Ihr über diesen Gegenstand Euch nicht entscheiden könnet, so müßt Ihr den Magister Ortuin fragen, der wird uns über alles Aufschluß geben. Er heißt ja Gratius, wegen der göttlichen Gnade, die in ihm, und welcher nichts verborgen ist. Ich habe ein heroisches Gedicht über obengenanntes Buch verfaßt; Ihr müßt es lesen und einen Punkt da machen, wo ich zu weitläufig oder zu kurz bin. Suchet auch zu erfahren, wie es dem Magister Ortuin gefällt. Ich will es drucken lassen. Es lautet folgendermaßen:

So dumm darf keiner sein, so voll Anmaßlichkeit,
Erleuchtung zu erlangen in der heil'gen Schrift,
Und aus Bonaventura Corallarien
Zu formulieren, wenn er nicht auswendig erst
Die »Combibilationes« weiß, von unseren
Magistern zum Leitfaden überall erwählt,
In erster Reih' jedoch von denen in Paris,
Das aller Universitäten Mutter ist;
Sodann in Köln, wo jüngst sie wurden approbiert
Durch unsere Magister im gelehrten Streit,
Die über alles ihren Endbeschluß gefaßt,
Wie darin vorgegangen der seraphische
Doktor Bonaventura; denn weit besser ist's,
Man kennet jene »Combibilationes«, die
Fast über alles sich verbreiten, als, man weiß
Auswendig den Hieronymus und Augustin,
Die richtiges Latein zu schreiben nur verstehn.
Die »Combibilationes« sind der beste Stoff,
Den unsere Magister in den Klöstern all
Zum Disputieren wählen; denn es lassen sich
Ganz meisterhafte Schlüsse formulieren draus,
Und wesentliche Namen für das Göttliche.
Sie handeln auch vom Grundstoff der Theologie
Und andrem, was die Herrn Magister noch berührt.


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