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XIII. Magister Conrad von Zwickau grüßt den Magister Ortuin.

Nachdem Ihr mir geschrieben habt, daß Ihr Euch nicht mehr um jene Leichtfertigkeiten bekümmert, und die Weibspersonen nicht mehr lieben, auch nur ein- oder zweimal im Monat eine hernehmen wollet, so kann ich mich nur wundern, daß Ihr solches schreibt. Doch, ich weiß das Gegenteil. Es befindet sich hier ein Geselle, der kürzlich aus Köln angekommen und Euch wohl bekannt ist, auch dort immer um Euch war. Er sagt, daß Ihr mit der Frau des Johannes Pfefferkorn zuhaltet; er versicherte es mir als eine Wahrheit und mit einem Schwur, und darum glaube ich es auch. Ihr seid ja so gar liebenswürdig und wißt auch gute Worte zu geben, und dazu noch kennet Ihr vollkommen die Kunst zu lieben aus dem Ovid. Auch sagte mir ein gewisser Kaufmann, es heiße in Köln, auch unser Magister Arnold von Tongern bediene sich ihrer als Unterlage; allein das ist nicht wahr, da ich wahrhaftig weiß, daß er noch keusch ist und nie ein Weib berührt hat. Allein, auch wenn er es getan hätte, oder tun würde, – was ich aber nicht glaube – so wäre er deshalb doch nicht so schlecht, weil irren menschlich ist. Ihr schreibet mir viel von dieser Sünde, daß es keine größere Sünde in der Welt gebe, und führet viele Schriftstellen an. Ich weiß wohl, daß es nicht recht ist, aber doch findet man auch in der heiligen Schrift, daß einige auf diese Weise gesündigt haben und gleichwohl selig geworden sind. So Simson, der bei einer Hure schlief, und doch geriet nachher der Geist des Herrn über ihn. Auch kann ich den Gegenbeweis gegen Euch folgendermaßen führen: »Jeder, der nicht boshaft ist, empfängt den heiligen Geist; Simson aber ist nicht boshaft, folglich empfängt er den heiligen Geist.« Ich halte den Obersatz für richtig, da geschrieben steht: »In eine boshafte Seele wird der Geist der Weisheit nicht kommen«; aber der heilige Geist ist der Geist der Weisheit folglich etc. Der Untersatz ist klar; denn, jene Sünde der Hurerei etwas so gar schlechtes wäre, so wäre der Geist des Herrn nicht über Simson geraten, wie doch klar im Buch der Richter steht. Auch liest man von Salomo, daß er dreihundert Königinnen, und Kebsweiber ohne Zahl gehabt habe. Er war der größte Hurer bis zu seinem Tode, und doch kommen die Doktoren allzumal zu dem Schlusse daß er selig geworden sei. Wie kommt Euch jetzt die Sache vor? Ich bin nicht stärker, als Simson, und bin nicht weiser, als Salomo, und darum muß ich hie und da eine Ergötzlichkeit haben, weil, wie die Ärzte sagen, dies wirksam ist gegen die Melancholie. Ach, was redet Ihr auch von jenen griesgrämigen Vätern! Sagt doch der Prediger: »es lasse sich nichts besseres ergreifen, als daß ein Mensch fröhlich sei in seiner Arbeit.« Daher spreche ich mit Salomo zu meiner Seele: »Du hast mein Herz verwundet, meine Schwester, meine Braut; du hast mein Herz verwundet mit einem deiner Augen und mit einer deiner Halsketten. Wie schön sind deine Brüste, meine Schwester, meine Braut, deine Brüste sind lieblicher, als Wein u. s. w.« Bei Gott! es ist gar angenehm, die Weiber zu lieben, nach jenem Gedichte des Dichters Samuel:

Lerne, lieber Kleriker, hübsche Mädchen küssen,
Die mit süßen Küßchen auch uns zu lohnen wissen,
Deine Jugendblüte wirst du zu bald nur missen.

Die Liebe ist die Liebe, und Gott ist die Liebe, also die Liebe kein schlimmes Ding«: löset mir diesen Satz auf Auch sagt Salomo: »Wenn ein Mensch alles, was sein Haus enthält, für die Liebe geben wollte, so gälte es alles nichts.« Doch, lassen wir das, und kommen zu etwas anderem. Ihr habt mich ersucht, Euch etwas neues zu berichten: so wisset denn, daß schon während der Fasten hier große Lustbarkeiten stattfanden. Es gab ein Turnier, und der Fürst selbst erschien zu Pferde auf dem Platze; er ritt ein schönes Tier, das eine Schabracke über hatte, worauf ein Frauenbild in herrlichem Schmucke gestickt war, und daneben saß ein Jüngling mit gelockten Haaren, der auf einer Orgel spielte nach dem Psalmisten: Jünglinge und Jungfrauen, alte mit den jungen sollen loben den Namen des Herrn.« Und als der Fürst in die Stadt kam, führte ihn die Universität in großer Prozession auf den Thron; die Bürger hatten' viel Bier gebraut, tischten leckere Gerichte auf und bewirteten den Fürsten und das ganze Hofgefolge bestens; hierauf veranstaltete man einen Ball, und ich stand auf einem Schaugerüste, von wo aus ich zusehen konnte. Mehr weiß ich nicht, als daß ich Euch alles Gute wünsche. Gehabt Euch wohl im Namen des Herrn!

Aus Leipzig.


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