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VIII. Franz Gänseprediger an Magister Ortuin Gratius.

Grüße,, daß tausend Talente sie mit ihrem Gewichte nicht aufwiegen können. Ehrwürdiger Herr Magister, ich tue Euch zu wissen, daß hier viel Redens von Euch ist und die Theologen Euch außerordentlich loben, weil Ihr ohne Rücksicht auf irgend wen zur Verteidigung des Glaubens gegen den Dr. Reuchlin geschrieben habt. Einige Gesellen dagegen, die keine Einsicht haben, sowie auch die Juristen, die vom christlichen Glauben nicht erleuchtet sind, setzen Euch herab und reden viel wider Euch; sie können jedoch nicht aufkommen, da die theologische Fakultät es mit Euch hält. Als vor kurzem jene Bücher, welche den Titel »Acta Parisiensium« führen, hierher kamen, da kauften fast alle Magister dieselben und freuten sich höchlich; auch ich kaufte sie damals und schickte sie nach Heidelberg zur Einsicht. Und ich glaube, die Heidelberger haben es nach genommener Einsicht bereut, daß sie mit der segenspendenden Universität Köln keinen gemeinschaftlichen Beschluß gegen Dr. Reuchlin gefaßt hatten. Deswegen hat auch – wie ich höre – die Universität Köln die Bestimmung getroffen, daß sie in Ewigkeit keinen promovieren wolle, wenn er auch alle Vorbedingungen für das Bakkalaureat oder Magisterium in Heidelberg erfüllt hat. Und das ist wohlgetan, denn so müssen sie lernen, was es um die Universität Köln ist, und müssen es ein andermal mit dieser halten. Ich wollte, man machte es den andern ebenso; allein ich glaube, daß die anderen Universitäten keine Kenntnis davon hatten, und darum habt Nachsicht mit ihnen wegen ihrer Unwissenheit. Auch hat mir ein guter Freund schöne Gedichte gegeben, die Ihr an der Universität Köln bekannt machen sollt; ich habe sie den Lehrern und unsern Magistern gezeigt, bei denen sie vielen Beifall gefunden haben. Ich habe sie, Euch zum Ruhme, in viele Städte gesandt, weil ich Euch wohl will. Hier sind sie, damit Ihr wisset was ich meine:

Wer mit der Ketzer schlimmem Treiben gern vertraut
Sich macht, und gut Latein daneben lernen will,
Der kaufe sich die »Acta« derer zu Paris,
Sowie die Schriften, welche über das was jüngst
Sich zu Paris ereignet hat, erschienen sind:
Wie Reuchlin abgeirrt vom rechten Glauben ist,
Was Arnold von Tongern gelehrt bewiesen hat.
Hierüber will Magister Ortuin ohn' Entgelt
Vorträge halten auf dieser Universität;
Dabei legt er den Text an allen Stellen aus
Und zeichnet, was bemerkenswert, besonders an.
Auch auf Beweise für und wider geht er ein,
Wie uns die Theologen zu Paris den Weg
Gezeigt, als sie den »Augenspiegel« untersucht
Und Reuchlin, den Verfasser, nach Befund verdammt:
Dies ist den Brüdern Karmelitern wohl bekannt,
Wie auch den andern, die man Jakobiten nennt.

Ich wundere mich, wie Ihr solche Dinge ausdenken könnet. Ihr seid sehr kunstreich in Euern Schriftwerken und besitzet viel Annehmlichkeit, so daß ich immer vor Vergnügen lache, wenn ich etwas lese, was Ihr verfaßt habt, und stets wünsche, Ihr möget lange leben, auf daß Euer Ruhm fort und fort wachse, da Euere Schriften von so hohem Nutzen sind. Gott erhalte Euch bei stets frischer Lebenskraft und überantworte Euch nicht den Händen Eurer Feinde; und wie der Psalmist sagt: »Der Herr gebe Euch, was Euer Herz begehrt und erfülle alle Eure Anschläge.« Schreibet mir auch über Euere Tätigkeit, da ich gerne höre und sehe, was Ihr tut und treibet. Und so lebt denn wohl!

Aus Freiburg.


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