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XXXVI. Eitelnarrabianus von Pesseneck, Kursor der Theologie vom Orden des heil. Wilhelm entbietet dem Magister Ortuin Gratius unzählige Grüße.

»Von Natur sind wir zum Bösen geneigt«, wie wir in den »Authentica« lesen. Darum hören wir unter den Menschen immer mehr Schlechtes, als Gutes. Ich habe unlängst zu Worms mit zwei Juden disputiert und ihnen bewiesen, daß ihr Gesetz durch Christus ungiltig gemacht worden und ihre Erwartung von dem Messias eine reine Posse und Hirngespinst sei, und hierfür habe ich den Herrn Johannes Pfefferkorn in Köln angeführt. Die aber lachten und sagten: »Euer Johannes Pfefferkorn in Köln ist ein ganz erbärmlicher Windbeutel; er kann nichts hebräisch, er ist Christ geworden, um seine Nichtsnutzigkeit zu verbergen. Als er noch Jude in Mähren war, schlug er eine Frau in's Gesicht, daß sie nicht auf den Zahltisch hinsehen konnte, wo das Geld gewechselt wurde, nahm mehr als zweihundert Gulden und machte sich damit auf und davon. Und an einem anderen Orte wurde ihm wegen seiner Dieberei ein Galgen errichtet, allein ich weiß nicht, auf welche Weise er loskam; wir haben den Galgen gesehen, und viele Christen haben ihn gesehen, auch einige Edelleute, die wir euch nennen können, daher dürfet ihr mir jenen Dieb nicht anführen.« Da geriet ich in Zorn und erwiderte: »Lüget in euern Hals hinein, ihr grundschlechten Juden; wenn ihr nicht Schutz genösset, so wollte ich euch bei den Haaren packen und in den Kot werfen; ihr sagt solches nur aus Haß gegen Herrn Johannes Pfefferkorn; er ist ein guter und eifriger Christ, wie es nur irgend einen in Köln gibt; ich habe das aus Erfahrung; er beichtet samt seiner Gattin oft bei den Predigern, hört gern die Messe und wann der Priester das hochwürdige Gut erhebt, blickt er es mit frommer Andacht an und schaut nicht auf den Boden, wie ihm seine Neider vorwerfen, außer, wenn er ausspuckt; allein das tut er deswegen, weil er viel Schleim hat und frühmorgens Arznei für die Brust einnimmt. Glaubt ihr, unsere Magister in Köln und Bürgermeister seien Narren, daß sie ihn zum Spitalmeister des Revilien-Hospitals und zum Salzmesser gemacht haben? Gewiß hätten sie das keineswegs getan, wenn er nicht ein guter Katholik wäre. Ich sage euch: das alles will ich ihm melden, damit er seine Ehre verteidigen und euch dadurch, daß er über eure Konfession schreibt, empfindlich zwacken kann. Allein ihr sagt, er stehe bei unsern Magistern und Bürgermeistern in Gunst wegen seiner schönen Frau. Das ist nicht wahr, denn die Bürgermeister haben selbst schöne Frauen, und unsere Magister kümmern sich nicht um Weiber, und man hat noch nie gehört, daß einer unserer Magister ein Eheschänder gewesen wäre. Sie selbst aber ist eine so ehrenhafte Frau, wie es nur eine in Köln gibt; lieber wollte sie ein Auge, als ihren guten Ruf verlieren. Auch habe ich oft von ihr gehört, sie habe häufig von ihrer Mutter gehört, die beschnittenen Männer machten den Frauen größeres Vergnügen als die unbeschnittenen; aus diesem Grunde sagt sie auch, wann ihr Mann sterbe, und sie einen andern nehme, so dürfe er auch keine Vorhaut am Gliede haben; daher ist nicht zu glauben, daß sie die Bürgermeister liebt, denn die Bürgermeister waren keine Juden, und sind nicht beschnitten, wie Herr Johannes Pfefferkorn. Deshalb lasset ihn in Frieden, sonst wird er einen Traktat gegen euch schreiben unter dem Titel ‹die Sturmglock›, wie er gegen Reuchlin getan hat.« Ihr müßt diesen Brief dem Herrn Johannes Pfefferkorn zeigen, damit er sich erfolgreich gegen solche Juden und den Hermann Busch verteidige; denn er ist mein ganz besonderer Freund und hat mir zehn Gulden geliehen, als ich zum wohlbestallten Bakkalaureus in der Theologie promoviert wurde.

Gegeben aus Bonn, wo Busch und sein Geselle »unter Fettenhennen« gespeist haben.


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