Carl Spitteler
Lachende Wahrheiten
Carl Spitteler

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Ein Büschel Aphorismen

  1. Das Buch des Verrates beginnt mit den Worten: »Unsere Zeit . . .«
  2. Es genügt nicht immer, blödsinnig zu tun, um geistreich zu sein.
  3. Der Realismus hat jetzt ihren Dienst getan. –
  4. Zeitgeist gegoren: Theaterdirektoren. –
  5. Die neue Iphigenie:

    »Das Land der Szythen mit der Seele suchend.« –

  6. Einem jungen Dichter ins Stammbuch: »Schwan, kleb an.« –
  7. Du! wollen wir nicht auch zusammen ein Genie gründen? –
  8. »Dumm! heute will mir kein anständiger Vers gelingen!«

    Einfach, mach eine Revolution, die Verspoesie sei veraltet. –

  9. Archimedes. »Gebt mir sechs entschlossene Kanaillen, so will ich Europa aus den Angeln heben.« –
  10. Diogenes (Anno 1900). »Es ist niemand da.« –
  11. Am treffsichersten wird die deutsche Sprache von Kavalieren verpöbelt. –
  12. Weltliteratur und Allerweltsliteratur ist zweierlei.
  13. Ein Zeitalter kommt zur Not mit drei Grundideen aus. Aber nur unter der Voraussetzung, daß sie falsch sind.
  14. Eine Generation, die sich nicht um die Augen der Vorwelt kümmert, wird bübisch.
  15. Literarische Zustände sind immer schlecht, je »besser«, desto schlimmer. Es sollte gar keine literarischen Zustände geben.
  16. Was ist Bildung?

    Bildung ist das Nationallaster der Deutschen.

  17. Die Deutschen haben einen heiligen Berg, namens Montmartre.
  18. Ein Kanon von vorn und hinten zu lesen (deutsches Sprachspielchen für geschwollene Kinder): Dichter-König, König-Dichter, Lord-Dichter, Dichter-Lord, Schuhmacher-Dichter usw.
  19. Noch ein Spielchen: Das Bettelarmband. Kette ein Dutzend historische Namen, einerlei welche, mit Bindestrichen zusammen und hänge irgendeinen Wicht daran, einerlei welchen, so schnellt der Wicht sofort in historische Höhe empor, wie an einem Gletscherseil. Beispiel:

    Perikles – Thukydides – Alexander – Hannibal – Cäsar – Raffael – Goethe – Beethoven – Rembrandt – Rubens – Müller. Hast du gesehen, was für eine welthistorische Größe jetzt der Müller ist?

  20. Eine musikalische Gleichung: Man hat einst Beethoven unverständlich und bizarr genannt. Den Dissonanzky nennt man heute auch unverständlich und bizarr, folglich Dissonansky = Beethoven.

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