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2. Kapitel

Herr Michael hatte recht: Kmiziz triumphierte. Die Ungarn, ein Teil der Dragoner Mieleschkos und Charlamps, welche sich mit denselben verbunden hatten, bedeckten mit ihren Körpern dicht den Schloßhof von Kiejdan. Nur einigen wenigen war es gelungen, zu entkommen und sich in der Umgebung des Schlosses und der Stadt vor den Verfolgungen der Reiterei zu verbergen. Viele von ihnen wurden noch eingefangen, die anderen ruhten nicht eher, bis sie das Lager Paul Sapiehas, des Wojewoden von Witebsk, erreicht hatten, um ihm als die ersten die Nachricht von dem Verrat des Großhetman, seinen Uebergang zu den Schweden und die Gefangennahme der Hauptleute, sowie den Aufstand der Truppen mitzuteilen.

Kmiziz war inzwischen, staub- und blutbedeckt, mit dem Banner der Ungarn in der Hand zu Radziwill geeilt, welcher ihn mit offenen Armen empfing. Aber Herrn Andreas hatte der Sieg nicht trunken gemacht; er sah im Gegenteil finster und zornig aus, gerade so, als hätte er gegen seine Ueberzeugung gehandelt.

»Durchlaucht,« sagte er, »ich mag keine Lobeserhebungen hören; ich hätte lieber gegen die Feinde des Vaterlandes gekämpft als gegen Soldaten, welche demselben sehr von Nutzen gewesen wären. Ich komme mir vor, als hätte ich mein eigenes Blut vergossen.«

»Wer anders trägt die Schuld als diese Rebellen?« entgegnete der Fürst. »Auch ich hätte sie lieber vor die Mauern Wilnas geführt, und so sollte es auch geschehen ... Sie dagegen zogen es vor, sich gegen die Obrigkeit aufzulehnen. Was geschehen, ist nicht rückgängig zu machen. Man mußte und muß noch ein Exempel statuieren.«

»Was gedenken Ew. Durchlaucht mit den Gefangenen zu thun?«

»Jeder Zehnte bekommt eine Kugel vor den Kopf. Die Uebrigen werden in die anderen Regimenter gesteckt. Du reitest heute noch zu den Fahnen Mirskis und Stankiewitschs und bringst ihnen den Befehl, zum Ausmarsch bereit zu sein. Ich ernenne dich hiermit zum Regimentar über diese beiden und über Wolodyjowskis Fahne. Die Statthalter sollen dir unterthan und in allem gehorsam sein. Die letztere Fahne wollte ich an Charlamp überweisen, aber der taugt nicht dazu ... Ich habe es mir überlegt.«

»Und im Falle eines Widerstandes? In der Fahne Wolodyjowskis sind lauter Leute aus der Lauda, welche mich furchtbar hassen.«

»Du machst bekannt, daß Mirski, Stankiewitsch und Wolodyjowski sofort erschossen werden.«

»Sie werden alsdann mit bewaffneter Hand gen Kiejdan ziehen, um sie zu befreien. Unter Mirski dient lauter hoher Adel.«

»Du nimmst ein Regiment schottischer Fußsoldaten und ein Regiment Deutsche mit dir, schließt sie zuerst ein, dann machst du den Befehl bekannt.«

»Durchlaucht haben zu befehlen!«

Radziwill stützte die Hände auf die Kniee und dachte nach.

»Mirski und Stankiewitsch wollte ich gern erschießen lassen, wenn sie nicht nur bei ihren Fahnen, sondern im ganzen Heere, bah! – im ganzen Lande so beliebt wären. Ich fürchte den Lärm und die allgemeine Rebellion, von welcher wir eben ein Vorspiel hatten. Glücklicherweise haben sie, dir zum Dank, eine tüchtige Lektion bekommen und jede Fahne wird sich wohl zweimal besinnen, ehe sie gegen uns sich erhebt. Wir müssen nur rasch handeln, damit die Unlustigen nicht zum Wojewoden von Witebsk überlaufen.«

»Durchlaucht sprachen nur von Mirski und Stankiewitsch und erwähnten Wolodyjowski und Oskierko gar nicht.«

»Oskierko muß ebenfalls geschont werden. Er ist ein bedeutender Mann und seine Verwandtschaft ist weit verzweigt. Wolodyjowski dagegen stammt aus Reußen und steht hier in keinem hohen Ansehen. Er ist ein tüchtiger Soldat, das ist wahr! Ich zählte auch auf ihn ... Um so schlimmer, da ich mich in ihm täuschte. Hätte der Teufel nicht diese Herkömmlinge hierher geführt, vielleicht hätte er anders gehandelt. Nach dem aber, was geschehen ist, gehört ihm eine Kugel in den Schädel, ebenso den beiden Skrzetuskis und dem Dritten, diesem Büffel, welcher zuerst brüllte: Verräter! Verräter!«

Herr Andreas sprang auf, wie von glühendem Eisen berührt.

»Durchlaucht! Die Soldaten erzählen, daß Wolodyjowski bei Zybichow Ew. Durchlaucht das Leben gerettet hat.«

»Er that damals seine Pflicht und ich wollte ihm dafür Dydkamen als lebenslängliches Lehen lassen ... Jetzt hat er mich verraten und dafür wird er erschossen.«

Die Augen Kmiziz' funkelten, die Nasenflügel bebten.

»Durchlaucht, das darf nicht geschehen!«

»Wie? es darf nicht geschehen?« fragte Radziwill stirnrunzelnd.

»Ich flehe Ew. Durchlaucht an,« sagte Kmiziz heftig, »daß kein Haar auf dem Haupte Wolodyjowskis gekrümmt wird. Durchlaucht verzeihen ... ich flehe darum! ... Wolodyjowski brauchte mir den Aufgebotsbrief nicht zu geben, denn Durchlaucht hatten ihn zu seinen Händen geschickt und es in seinen Willen gestellt ... Er gab ihn mir dennoch ... Er riß mich vom Rand des Abgrundes ... Dadurch kam ich unter die Botmäßigkeit Ew. Durchlaucht ... Er zögerte nicht, mich zu retten, obgleich er um dasselbe Mädchen warb wie ich ... Ich bin ihm zu Dank verpflichtet und ich habe mir geschworen, daß ich diesen Dank abtragen werde! Durchlaucht werden um meinetwillen weder ihn noch seine Freunde strafen. Kein Haar darf ihnen, bei Gott, gekrümmt werden, so lange ich lebe! ... Ich flehe Ew. Durchlaucht an!«

Herr Andreas bat mit gefalteten Händen; durch seine Worte aber klang es wie verhaltener Zorn, Drohung und Entrüstung. Seine unbändige Natur kam zum Durchbruch. Er stand vor Radziwill mit einem Gesicht, das dem Kopfe eines gereizten Raubvogels mit funkelnden Augen glich. Im Antlitz des Hetmans wetterleuchtete es ebenfalls. Bisher hatte sich alles in Litauen und Reußen seinem eisernen Willen und seinem Despotismus gebeugt. Niemals hatte es jemand gewagt, ihm zu widersprechen, niemals jemand um Gnade für einmal Verurteilte gebeten, und nun bat Kmiziz nur scheinbar – seine Bitte klang mehr wie eine Forderung. Und die Lage des Fürsten war eine derartige, daß es fast unmöglich war, ihn zurückzuweisen.

Der Despot hatte gleich beim Beginn seiner Verrätereien herausgefühlt, daß er von nun an oft dem Willen des Volkes und den Umständen würde Rechnung tragen müssen, daß er in Abhängigkeit von Parteigängern geraten würde, welche sich mit seiner Größe nicht messen konnten, daß dieser Kmiziz, welchen er sich zum treuen Hunde heranziehen wollte, eher einem gehätschelten Wolfe gleichen werde, welcher, gereizt, nach der Hand des Herrn schnappte.

Alles das regte das stolze Blut Radziwills auf. Er beschloß, zu widerstehen, um so mehr, da auch ein angeborener Rachedurst ihn zum Widerstande trieb.

»Wolodyjowski und die anderen Dreie müssen sterben!« sagte er mit erhobener Stimme.

Aber da hatte der Fürst Feuer ins Pulver geworfen.

»Hätte ich die Ungarn nicht niedergehauen, so wären nicht sie es, die sterben müßten!« rief Kmiziz.

»Wie? Du hältst mir schon deine Verdienste vor?« fragte drohend der Hetman.

»Durchlaucht!« rief Herr Andreas in heftigem Tone, »ich halte nichts vor ... Ich bitte, ich flehe nur ... Aber das wird nicht geschehen. Diese Männer sind in ganz Polen berühmt ... Es darf nicht geschehen, es darf nicht! Ich werde nicht wie ein zweiter Judas an Wolodyjowski handeln. Für Ew. Durchlaucht will ich durchs Feuer gehen, nur versagt mir diese Gnade nicht ...«

»Und wenn ich sie versage?«

»Dann mögen Durchlaucht mich erschießen lassen! ... Ich will nicht mehr leben! ... Möge ein Donnerwetter mich erschlagen! ... Mögen die Teufel mich bei lebendigem Leibe zur Hölle holen.«

»Besinne dich, Unglückseliger, vor wem du stehst.«

»Bringt mich nicht zur Verzweiflung, Durchlaucht!«

»Deinen Bitten kann ich Gehör schenken; die Drohungen beachte ich nicht.«

»Ich bitte, ich flehe.« Herr Andreas fiel auf die Kniee. »Gestattet mir, euch mit dem Herzen zu dienen, Durchlaucht, nicht aus Zwang; ich müßte sonst wahnsinnig werden!«

Radziwill antwortete nicht; Kmiziz kniete noch immer. Röte und Blässe wechselten blitzartig auf seinem Gesicht. Es war deutlich zu erkennen – noch einen Augenblick nur und der Sturm brach gräßlich bei dem jungen Krieger los.

»Steh auf,« sagte Radziwill endlich.

Herr Andreas stand auf.

»Du kannst deine Freunde gut verteidigen,« sagte der Fürst. »Ich habe den Beweis, daß du auch mich verteidigen, mich niemals verlassen wirst. Aber Gott hat dich aus Salpeter statt aus Fleisch und Knochen geschaffen; hab Acht, daß du nicht in Flammen aufgehst. Ich kann dir nichts versagen. So höre denn: Ich beabsichtige, den Stankiewitsch, Mirski und Oskierko zu den Schweden nach Birz zu schicken; mögen die beiden Skrzetuskis und Wolodyjowski mit ihnen gehen. Man wird ihnen die Köpfe dort nicht abreißen, und, daß sie zur Kriegszeit ruhig zu sitzen gezwungen werden, ist um so besser für uns.«

»Ich danke Ew. Durchlaucht, meinem Vater!« rief Kmiziz lebhaft.

»Gemach!« sagte der Fürst. »Ich habe deinen Schwur geehrt, nur zu sehr geehrt, jetzt ehre du auch den meinigen ... Diesem alten Edelmann ... ich habe seinen Namen vergessen ... diesem brüllenden Teufel, welcher mit den Skrzetuskis hierherkam, habe ich in tiefster Seele den Tod geschworen. Er war es, der zuerst mich einen »Verräter« hieß, mich der Bestechlichkeit beschuldigte; er hetzte die anderen auf, denn es wäre so weit nicht gekommen ohne seine Frechheit! (Der Fürst schlug mit der Faust auf den Tisch.) Eher hätte ich den Tod, der Welt Ende erwartet, als daß jemand es wagen würde, mir, dem Radziwill, das Wort »Verräter« ins Antlitz zu schleudern – ins Antlitz, in Gegenwart so vieler Menschen! Es giebt keinen Tod, keine Qualen, die zu schwer wären für dieses Verbrechen. Bitte nicht für ihn, denn es nützt dir nichts.«

Aber Herr Andreas ließ sich nicht leicht abschrecken, wenn er sich etwas vorgenommen hatte. Doch war er nicht mehr zornig, auch nicht mehr heftig. Im Gegenteil! Er faßte aufs neue die Hand des Hetmans, und indem er sie mit Küssen bedeckte, begann er so herzlich zu bitten, wie er es nur konnte.

»Ew. Durchlaucht werden durch keine Kette oder keinen Strick mein Herz fester an euch fesseln als mit dieser Gnade. Aber laßt sie nicht halb gethan sein, auch nicht teilweise, sondern ganz, Durchlaucht! Was dieser Edelmann gestern ausgesprochen, das waren die Gedanken aller Anwesenden. Auch ich dachte dasselbe, bis Ew. Durchlaucht mir die Augen öffneten ... Ich soll lebendig verbrennen, wenn ich es nicht dachte ... Der Mensch kann ja nicht dafür, daß er dumm ist ... Zudem war dieser Edelmann betrunken und redete, was ihm das Herz eingab. Er glaubte, im Interesse des Vaterlandes zu handeln, und man kann doch nicht jemanden für seine Vaterlandsliebe bestrafen wollen. Er wußte recht gut, daß er seinen Kopf in Gefahr brachte, trotzdem sprach er, wie es ihm ums Herz war. Er ist mir weder Bruder noch Gevatter, aber dem Herrn Wolodyjowski mehr als ein Bruder, er ersetzt ihm den Vater. Dieser würde ihn maßlos betrauern und das soll nicht geschehen. Es liegt eben in meiner Natur, daß ich für diejenigen, denen ich wohl will, selbst mein Seelenheil hingäbe. Wer mich schonen, aber dafür meinen Freund erschlagen wollte, den soll der Teufel für sein Gnadenwerk holen. Durchlaucht! mein Vater, mein Wohlthäter, macht das Maß eurer Gnade voll und schenkt mir diesen Edelmann; ich schenke euch dafür all mein Blut, sei es morgen, heute, sogleich!«

Radziwill kaute am Bart.

»Ich habe ihm gestern den Tod geschworen.«

»Was der Hetman und Wojewode von Wilna geschworen, das kann der Großherzog von Litauen und, Gott gebe es, bald König von Polen, als gnädiger Monarch wieder lösen ...«

Herr Andreas sagte aufrichtig, was er fühlte und dachte, aber wäre er der ausgesucht geschickteste Höfling gewesen, er hätte zum Schutz seiner Freunde kein mächtigeres Argument finden können. Das stolze Angesicht des Magnaten erhellte sich beim Klange dieser Titel, welche er noch nicht besaß. Nach einer Weile sagte er:

»Deine Rede hat mich so eingenommen, daß ich dir nichts versagen kann. Es sollen alle nach Birz gehen. Dort mögen sie für ihre Schuld Buße thun, und wenn das geschehen sein wird, worauf du hindeutest, dann kannst du neue Gnadenbezeugungen für sie erbitten.«

»So wahr ich lebe, ich werde sie fordern. Wolle Gott, daß es recht bald geschehe!« antwortete Kmiziz.

»Gehe jetzt, ihnen die gute Nachricht zu bringen!«

»Die gute Nachricht gilt mir, nicht ihnen; sie würden dieselbe um so weniger freudig begrüßen, als sie das nicht erwarteten, was sie treffen sollte. Ich gehe nicht zu ihnen, Durchlaucht, denn das würde so aussehen, als wollte ich meine That sogleich selbst anpreisen.«

»Thue, wie du willst. Wenn es aber so sein soll, dann versäume keine Zeit, sondern eile, die Fahnen Mirskis und Stankiewitschs zu holen, denn gleich darauf wartet deiner eine andere Expedition, welche mehr nach deinem Geschmack sein wird.«

»Was für eine, Durchlaucht?«

»Du reitest mit einer Einladung von mir an den Herrn Billewitsch, den Schwertträger Reußens, mit seiner Verwandten hierher zu mir nach Kiejdan zu kommen und während der Dauer des Krieges hier zu wohnen. Verstehst du?«

Kmiziz wurde verlegen.

»Er wird das jedenfalls nicht thun, denn er hat Kiejdan in großem Zorn verlassen.«

»Ich hoffe, sein Zorn ist schon verflogen. Auf jeden Fall nimmst du Leute mit dir, und wenn sie nicht in Güte hierher kommen wollen, so setzest du sie einfach in den Wagen, umringst sie mit deinen Dragonern und bringst sie hierher. Der Edelmann war weich wie Wachs. Da ich mit ihm redete, errötete er wie ein Backfisch und verbeugte sich bis zur Erde. Ihn erschreckte nur der Name des Schwedenkönigs, wie den Teufel das Weihwasser, deshalb riß er aus. Ich muß ihn hier haben, deinetwegen und meinetwegen. Ich hoffe, daß ich aus diesem Wachse noch ein Licht knete, das ich demjenigen aufstecke, dem ich wohl will. Erfüllt sich das, so ist es gut, wenn nicht, nun, so habe ich eine Geisel. Die Billewitsch gelten viel in Smudz, denn sie sind fast mit dem ganzen Adel dort verschwägert. Wenn ich also den Aeltesten von ihnen in meiner Hand habe, so werden die anderen sich zweimal besinnen, ehe sie etwas gegen mich ins Werk setzen. Und bedenke, daß in seinem Gefolge und im Gefolge deines Mädchens das ganze Ameisennest der Laudaer steht, welches, wenn es in das Lager des Wojewoden von Witebsk überginge, dort mit offenen Armen empfangen werden würde. Es ist das von großer Wichtigkeit, von so großer, daß ich eben überlege, ob man nicht mit den Billewitsch den Anfang machen soll.«

»In der Fahne Wolodyjowski stehen nur Laudaer Leute.«

»Die Vormünder deines Mädchens. So beginne denn damit, daß du das Mädchen hierherbringst. Nur das eine höre: Die Bekehrung des Herrn Schwertträgers zu unserer Farbe nehme ich auf mich; allein die Versöhnung des Mädchens ist deine Sache. Wenn ich den Schwertträger erst bekehrt habe, dann hilft er dir das Mädchen versöhnen. Gelingt das, dann richte ich unverzüglich eure Hochzeit aus. Willigt sie nicht ein – nun, so nimm auch so von ihr Besitz. Wenn das Spiel zu Ende ist, dann ist die Jagd aus. Das ist die beste Art, mit den Weibern umzugehen. Sie wird weinen, verzweifeln, wenn man sie zum Altar schleppt, aber am nächsten Tage wird sie denken: »Der Teufel ist nicht so schwarz, wie er gemalt wird« – und am dritten wird sie dich lieben. Wie seid ihr gestern auseinandergegangen?«

»Mir war, als hätte ich eine Backpfeife bekommen!«

»Was sagte sie?«

»Sie nannte mich einen Verräter ... Fast hätte mich der Schlag gerührt.«

»So verbissen ist sie also? Wenn du erst ihr Gatte bist, dann sage ihr, daß den Weibern der Spinnrocken besser ansteht als das Einmischen in öffentliche Angelegenheiten, und halte sie kurz.«

»Ew. Durchlaucht kennen sie nicht; bei ihr heißt es nur: Tugend oder nicht Tugend. Darnach richtet sich ihr Urteil, und um ihren Verstand möchte sie mancher Mann beneiden. Ehe man sich's versieht, hat sie den Nagel auf den Kopf getroffen.«

»Sie hat auch dein Herz getroffen ... Bemühe dich, das ihre wieder zu treffen.«

»Das wolle Gott, Durchlaucht. Ich nahm sie schon einmal mit Gewalt, aber ich habe mir gelobt, das nie wieder zu thun. Und was Ew. Durchlaucht da sagen, vom mit Gewalt zum Altar schleppen, das wäre nicht nach meinem Sinn, denn ich habe ihr und mir gelobt, nie wieder Gewalt anzuwenden. Wenn der Schwertträger überzeugt wird, wird er auch sie überzeugen und dann wird sie mich in einem anderen Lichte sehen. Und nun will ich den Billewitsch und sie hierher holen, denn ich fürchte, sie versteckt sich vor mir in irgend ein Kloster. Das aber muß ich Ew. Durchlaucht sagen, daß, obgleich es mich schon glücklich macht, dieses Mädchen auch nur anzusehen, ich jetzt dennoch lieber gegen die gesamte schwedische Macht vorrücken wollte, als vor sie hinzutreten, da sie meine tugendhaften Vorsätze noch nicht kennt und mich für einen Verräter hält.«

»Wenn du willst, schicke ich jemand anderen dorthin, den Charlamp oder Mieleschko.«

»Nein! Es ist besser, ich gehe selbst. Charlamp ist übrigens verwundet.«

»Um so besser. Gestern noch wollte ich den Charlamp zur Fahne Wolodyjowskis schicken, damit er das Kommando über sie führe und sie im Notfalle zum Gehorsam zwinge. Es hat sich aber erwiesen, daß er ein ungeschickter Soldat ist, der nicht einmal verstand, die eigenen Leute im Zaum zu halten. Mir liegt nichts mehr an ihm. Gehe also erst zu dem Schwertträger und dem Mädchen, dann hole jene beiden Fahnen. Im äußersten Falle scheue kein Blutvergießen, denn wir müssen den Schweden zeigen, daß wir mächtig sind und einen Aufstand nicht fürchten. Die Hauptleute will ich gleich unter Eskorte fortschicken. Ich hoffe, daß Paulus de la Gardie das als ein Zeichen meiner aufrichtigen Gesinnung betrachten wird. Mieleschko soll sie hinbringen. Der Anfang ist schwer, sehr schwer! ... Ich sehe voraus, daß halb Litauen gegen mich sich erheben wird.«

»Das hat nichts zu bedeuten, Durchlaucht! Wer ein reines Gewissen hat, der braucht nichts zu fürchten.«

»Ich glaubte, daß wenigstens die Radziwills alle zu mir stehen würden. Aber sieh hier, was mir der Fürst-Truchseß aus Nieswiersch schreibt.«

Der Hetman reichte den Brief Kasimir Michaels dem Herrn Andreas hin.

Kmiziz überflog die Zeilen.

»Wenn ich nicht die Absichten Ew. Durchlaucht so gut kennte, dann würde ich sagen, der Fürst Truchseß hat Recht und ist der tugendhafteste Mann der Welt. Gott gebe ihm alles Gute! ... Ich rede, wie ich denke.«

»Mach schon, daß du fortkommst,« sagte der Hetman mit einer gewissen Ungeduld.

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