Wilhelm Raabe
Christoph Pechlin
Wilhelm Raabe

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Das neunzehnte Kapitel.

Miß Christabel Eddish lag in Krämpfen, und hoffentlich wird die Welt, der diese Mitteilung gemacht werden mußte, nicht weniger erschüttert unter dem Eindrucke dieser Nachricht stehen, als die beiden Herren im leeren Tanzsaal des Wirtshauses zum Lamm in Hohenstaufen darunter standen.

Der Baron stieß auf die merkwürdig ruhige Meldung der jungen Dorfmaid nur einen dumpfen unverständlichen Laut hervor; Christoph Pechlin faßte sich schneller und wußte sich verständlicher zu äußern.

Es freut einen immer, wenn man recht behält, vorzüglich wenn man sich recht weitläufig und ausführlich nach irgendeiner beliebigen Richtung hin prophetisch ahnungsvoll bloßgegeben hat. Es kann einem unter Umständen sogar ein sehr schwerer Stein durch solches Rechtbekommen vom Herzen genommen werden; denn wahrlich, nicht jeder ist zu jedem ihm beliebigen Zeitpunkte Vates – ein Seher und Prophet. Pechles Vorhersagung erfüllte sich im vollsten Maße: die Baronin rief bereits nach ihrem Gatten, und der Augenblick, in welchem auch Miß Christabel nach Hülfe rufen mußte, war nahe.

Vorerst tat der Exstiftler auf die Meldung der blonden Kellnerin hin drei weite Schritte durch den widerhallenden Saal. Dann blieb er vor der schwäbischen Jungfer stehen und fragte: »Mädle, ischt des wahr?« und dann, nachdem ihm von neuem die Versicherung gegeben war, daß die Sache sowohl mit der Dicken als auch der Dürren ihre Richtigkeit habe, stellte er sich fest und grinsend vor dem Freunde auf und sprach:

»Siehst du, Ferdinand, das nennt man eine romantische Nacht am Fuße des Hohenstaufen! Mein Sohn, was hab' ich dir vorhin auf dem Gipfel verkündet? Siehst du, Sechserle, die reinen klaren Blicke ins Leben muß man sich bewahren, nachher frißt man alles durch, kommt kühl a' und läßt sich seine Medaille vom Preisrichter von der Tribüne 'runter reiche. Na, dann gehe du mit Gott, mein Sohn – gehe zu deinem guten Weible! – Daß du mich in den Ochsen begleitest, damit ist es nun nichts; aber was mich anbetrifft, so muß i in den Ochse. In einer halben Schtund denk i mir, treffen wir in aller Gemütlichkeit wieder zusamme. Nachher berichtet jeder das Seinige, und i mein, wir bringe au no die Dame zum Lachen.«

Auf diesen letzten Trost hin stieß der Baron einige Laute hervor, die möglicherweise bereits für ein Gelächter gelten konnten, aber von jedem selbst nur oberflächlich in die Geheimnisse der Heilkunde Eingeweihten anstandslos unter die den Hundskrampf begleitenden Jammeräußerungen gerechnet werden mußten.

Dreimal klopfte Pechle den Freund mit der flachen Hand ermunternd und ermutigend auf den Rücken, Dann verließ er noch vor dem Baron den Tanzsaal und schwang sich die Treppe hinunter, der Pforte des Hauses zu. Ehe er jedoch das Lamm verließ, warf er selbstverständlich noch einen schlauen, augenzwinkernden, aber ungemein vorsichtigen Blick durch die Tür in das bereits geschilderte Gemach am Eingange des Hauses – augenblicklich das Damenzimmer in Hohenstaufen, das heißt, jene Räumlichkeit, in welche sich unsere beiden Damen, die Frau Baronin Lucie von Rippgen und Miß Christabel Eddish, ihre Busenfreundin, nach der genußreichen Nachmittagsschwärmerei auf dem Hohenstaufen zurückgezogen hatten.

Und dieser blitzschnelle Blick überzeugte ihn vollständig, daß die Hohenstaufensche Maid in ihrer pflichtmäßigen Meldung durchaus nicht übertrieben habe.

Die Dicke befand sich wirklich im Zustande vollkommenster ratloser, willenloser Auflösung, und die Hagere hatte in der Tat Krämpfe! . . .

Am Tische saß Lucie noch immer vor den Schüsseln und Tellern der Abendmahlzeit, das Haupt auf beide schöne, wenn auch etwas fleischige Hände stützend; und ihr gegenüber lag Miß Christabel Eddish in den Armen Virginys, und Virginy, die doch vieles im Leben ausgehalten hatte, war kaum imstande, auch hier ihrer Pflicht zu genügen. Ihre jungfräuliche Herrin lag schwer auf ihr; und sie, Miß Virginy, sah mit einem fast lächerlichen Ausdruck hülfeflehender Ratlosigkeit umher, und ihre Augen waren auch die einzigen, welche das vergnügte Gesicht Pechles in der Türritze ausfindig machten und einen kurzen Augenblick lang einen sofortigen Trost von ihm erwarteten. Der hämische, schwäbische Extheologe wußte sich aber zu bezwingen; er warf der Verzweifelnden keine Kußhand zu, sondern ließ nur einen leisen, aber um so bedeutungsvollern Pfiff hören. Und da er eben auch den Baron gebrochenen Leibes und geknickten Geistes die Treppe heruntertappen hörte und sah, so wandte er sich schnell, sprang aus der Haustür, und die steinernen Tritte hinunter, mitten in das Gewühl der Dorfgasse hinein.

Das war denn freilich ein Gewühl zu nennen!

Längst wußte niemand mehr, wofür er sich schlug und weshalb er geschlagen wurde. Nicht Einer in dem heitern Durcheinander konnte mehr Rechenschaft darüber geben, weshalb er eigentlich so sehr außer sich geraten sei. Nicht Einer wußte mehr, wofür er hatte Rache nehmen, worüber er Rechenschaft hatte fordern wollen. Wie seit Jahrhunderten in jeglichem deutschen Bürgerkriege wußte fünf Minuten nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten niemand mehr, warum er den Gegner hasse, und weshalb er den Prügel gegen ihn führe. Die Lust und das Behagen, den Prügel zu führen, ersetzte jedweden Rechtsgrund und es war jedermann einerlei, wohin der Schlag fiel, den er schlug, wenn er nur irgendein Ziel traf und einen blutrünstigen Striemen oder eine blaue Anschwellung, wie es sich gehörte, auf irgendeinem Körperteile irgendeines gleichfalls mit einem Knittel bewaffneten Nebenmenschen, deutschen Mitbürgers und Vaterlandsgenossen hervorrief.

Es war groß, und um den alten glorreichen Bergkegel über dem Dorfe wetterleuchtete es jetzt noch zu allem übrigen. Unbedingt saß da die tapfere Mutter Germania, sah hinab auf ihre fröhlichen Kinder, lächelte seelenvergnügt und strich leise probend an der Schärfe ihres Schwertes hinunter und hinauf und hatte in altgewohnter genialer Sorglosigkeit beide Füße auf den Schild gesetzt, mit mehr Furcht vor dem einheimischen Schnupfen, als vor den Dolchstößen und Streichen auswärtiger heimtückischer Feinde. Wir aber wollen das Gleichnis und Bild hier nicht weiter verfolgen und können uns begnügen, mitzuteilen, daß unser Freund Christoph Pechlin den Grundgedanken in einem durch mehrere Nummern der Beilage der Augsburger Allgemeinen Zeitung laufenden Aufsatze trefflich verarbeitet hat und zwar nach dem Jahre Achtzehnhundertsechsundsechzig, was denn auch, gottlob, einige Jahre später, wie wir alle erfahren haben, die trefflichsten Früchte getragen hat.

In solchen wie in verschiedenen anderen Dingen können wir versichert sein, daß unser Freund Pechle den Nagel auf den Kopf zu treffen weiß, und lobenswürdig ist dabei auch, daß er in seiner Bescheidenheit sich das nicht einmal hoch anrechnet. Und wenn in diesem Augenblicke alle Geister der alten Kaiser von dem Staufenberge herniedergestiegen wären, so hätten sie dem Aufruhr in Hohenstaufen, dem Dorfe, nicht mit größerer Befriedigung und tieferem Sachverständnis zusehen können, als ihm Christoph Pechlin zusah.

Bis jetzt, das heißt, fünf Minuten nachdem er das Gasthaus zum Lamm verlassen hatte, sah er dem Kampfe nur zu. Er mußte das wohl seiner jetzigen Lebensstellung und Würde, seinem jetzigen Alter für angemessen erachten; aber die Zeit, in welcher er sich ohne Aufenthalt persönlich eingreifend in die Schlacht gestürzt haben würde, lag wahrlich noch nicht weit ab.

Auf einem erhöhten Punkte, einem weich, nachgiebig und doch elastisch aus den mannigfaltigsten vegetabilischen Stoffen zusammengesetzten Hügel stand er und blickte mit untergeschlagenen Armen auf das durch die Nacht herauwogende Kampfgewirr, auf den schattenhaften in jeglicher Tier- und Menschenstimme seinen Gefühlen lautgebenden Knäuel. Er hatte sich sehr bald in der Sachlage zurechtgefunden und rief nach niemandem, um sich den Gang der Schlacht und die Waffen und Wappen der hervorragenden Streiter deuten zu lassen.

Sämtliche männliche Hochzeitsgäste aus dem Ochsen hatten diesen verlassen und vergnügten sich mit den Gegnern aus dem Lamm in der Gasse. Wenn zuerst jeder blind darauf losgeschlagen hatte, so hatten sich jetzt die Parteien doch allmählich voneinander gesondert. Sie hatten sich besser kennen gelernt, jeder wußte, was er tat, und die Leute aus dem Lamm befanden sich unbedingt im Rückzuge.

Derjenige, welcher mit der besten Laune in die Schlacht zieht, hat die meisten Aussichten, dieselbe zu gewinnen, und die Leute aus dem Ochsen befanden sich in festtäglicher Stimmung. Es ist kein Wunder, daß ein Bräutigam in seiner Hochzeitsstimmung, alle übrigen Umstände dazu gerechnet, Wunder der Tapferkeit tut; und es ist kein Wunder, daß ihm die Verwandtschaft und die Gäste seines freudigen Festes mit aller Muskelkraft frohmutig zur Hand gehen. Schon schlugen die wilden Wogen an den erhöhten Standpunkt Pechles heran, schon war, dicht vor seinen Füßen, ein breitschultriger Kämpfer mit dem Gesichte tief in die vorhin angedeuteten Bestandteile des Hügels hineingefahren, und ein nägelbeschlagener Bundschuh hatte ihn noch tiefer hineingedrückt! Schon hatte ein anderer ritterlicher Mann oder Jüngling mit dem Körperteil, auf welchen die Stiefel in solchem Durcheinander zu treffen pflegen, sich weich neben ihm niedergelassen! Schon war auch er, der stille Beobachter, nur mit genauer Not einem Steinwurfe entgangen, der auch ihn, wenn er getroffen hätte, unbedingt bewogen haben würde, seine aufrechte Stellung im Leben, in der Philosophie, der Ästhetik, Literatur und Politik für immer mit der entgegengesetzten Lage zu vertauschen! Schon . . . doch was schon?! Einem daherfliegenden Knüttel durch einen zweiten Seitensprung ausweichend, gab Pechle jauchzend und jubilierenden Herzens, wie Moses auf dem Berge in der Schlacht gegen die Amalekiter, dem Handgemenge seinen Segen, als plötzlich seine ganze Aufmerksamkeit allen fliegenden Geschossen zum Trotz durch eine höchst außergewöhnliche Erscheinung gefesselt wurde. Eine hell in der Dunkelheit leuchtende Figur tauchte zappelnd inmitten des Gewühles auf, schlug um sich wie die anderen Schattentänzer, verschwand im Haufen und erschien von neuem, länger und zappelnder.

»Was ist denn des?« fragte der Exstiftler unentwegt aber erstaunt. »Herrgottssakrament, woher stammt denn dieses Phänomen?« und in dem nämlichen Moment schon erhielt er die bündigste Antwort auf seine Fragen.

Von der Wucht und Gewalt verschiedener kräftiger, auf den umliegenden nahrhaften Gefilden erstarkter Arme und Fäuste geschleudert, taumelte mit einem Male ein vom Kopfe bis zu den Füßen in ein gelbliches Sommerkostüm gekleidetes langbeiniges Wesen gegen seinen erhöhten Standpunkt heran. Es schoß – fuhr heran, streckte im Fallen zwei lange Arme aus, erfaßte in der höchsten Not eines der beiden Beine des wackern Ex-Tübingers, krallte sich ein, hielt sich noch einen kurzen Augenblick schwankend im Gleichgewicht und setzte sich dann doch, gleich den zwei anderen eben Niedergestreckten, setzte sich mit Nachdruck und ächzte:

»Damn! Donnär! Wettär! A-uh! Pardon, monsieur! . . . Verzeih Sie, mein Herr; aber es gouing nicht anders.«

»Bitte sehr! bin vollkommen überzeugt! Wollen Sie nicht Platz behalten? Nein? nun dann erlauben Sie mir –« und Pechle war seit geraumer Zeit gegen keinen Menschen so höflich und zur Hülfe bereit gewesen, wie in diesem Augenblick gegen den Kapitän Sir Hugh Sliddery. Er griff ihm moralisch und physisch unter die Arme, er stellte ihn wieder fest auf die Füße, er rückte sogar ein wenig zu auf seinem Beobachtungshügel und überließ ihm den höchsten Punkt desselben, und dann erst sprach er im gewählten Buchdeutsch weiter:

»Sie sind hier fremd, mein Herr? Bitte, wir haben beide ausreichend Platz – ich freue mich sehr! Machen Sie keine Umstände – das kennt man bei uns zu Lande nicht. Sie sind ein Engländer! Yes? Nun – wie gefällt es Ihnen denn bei uns in Schwaben?«

Daß die Reihe der Fragen und sonstigen Höflichkeitsbezeugungen dergestalt in eine Schlußfrage auslaufen würde, war vorauszusehen; aber seltsamerweise schien der Kapitän das durchaus nicht vorausgesehen zu haben.

Kurz atmend, alle Teile seines langen Leibes, die er mit den Handflächen erreichen konnte, seufzend reibend, starrte Sir Hugh den höflichen barmherzigen Bruder auf dem hohenstaufenschen Düngerhaufen, einen langen Augenblick hindurch, soweit die Nacht es erlauben wollte, an und erwiderte erst dann langsam, zögernd und sehr gedehnt:

»Oh, Sir, serr guot, Sir! Sir – aus–ge–seichnet, Sir!«

»Sehen Sie, das freut mich wahrhaftig! Nicht wahr, es ist sehr nett bei uns? Wissen Sie, das nennt man doch a Mal, historischen Boden betreten! was?«

»Oh very historical – ser 'istorisch! aber sie haben aouch mir betreten! sie haben getreten auf mir, sie –«

»Das tut nichts! das geht drein, Herr; und jetzt erlauben Sie mir, daß ich mich Ihnen zu näherer Bekanntschaft vorstelle: mein Name ist Pechlin – Doktor der Philosophie, Christoph Pechlin aus Waldenbuch! und nun – mit wem habe ich meinerseits die Ehre?«

Captain Slid–de–ry! Sir Hugh Sliddery aus – oh by God aus England« keuchte der neue Bekannte unseres Freundes. »Blaugeslagen! Yellow und grüngeslagen – oh damn that beastly mob!« winselte er, die Zähne aufeinandersetzend, das linke, von einem hohenstaufenschen dreibeinigen Schemel getroffene Knie in die Höhe ziehend und das blutrünstige Schienbein mit beiden Händen umfassend.

»Machen Sie sich nichts daraus, ich mache mir auch nichts daraus,« sprach Pechle freundlich tröstend. »Sehen Sie, morgen früh wird es Ihnen darum nur desto lieber sein, daß Sie heut Abend mit dabei waren. Hoffentlich haben Sie nichts umsonst hingenommen! Nicht wahr, Sie haben mit klingender Münze für jedes genossene Vergnügen bezahlt?«

»Uih, duas hab ich!« krächzte der Engländer. »Ich hab getan das Meinige; uaber, Sir, es war keine Uordnung in das affaire: kein Plan, Sir. Es war not a pitched battle, und ich bitt Sie, mein Herr, uo soll sein das Uordnung in das bataille, ouenn niemand oueiß, uofür er kriegt die Släg?!«

»Yes!« sagte Pechle in vollständiger Ermangelung einer anderen Antwort und kratzte sich ein wenig hinter den Ohren. Aber während alledem toste das Gefecht rund um sie her ruhig weiter, und augenblicklich schien die Partei des Lamms, die Lämmerpartei, verstärkt durch frischen Zuzug, den Ochsenleuten die Oberhand abzugewinnen; jedenfalls stand die Schlacht und wog Zeus, der Regierer der Götter und der Menschen, zweifelnd die Lose auf seiner Wage.

»Halten Sie sich nur ganz ruhig an mir, Herr Hauptmann!« rief Pechlin. »Ohne Umstände – halten Sie fest. Hier sind wir verhältnismäßig sicher und brauchen uns nur ein wenig vor den Wurfgeschossen in acht zu nehmen. Was das übrige anbetrifft, so habe ich auch gute Freunde auf beiden Seiten und rufe im Notfall Quos ego!«

Ein aus einer Hecke gerissener Zaunpfahl streifte ihm unter dem letzten Wort die Stirn und schlug ihm weiter schwirrend den Hut vom Kopfe. Der Exstiftler bückte sich gemütlich nach seiner Hauptbedeckung, drückte sie noch fester auf den Schädel und sagte:

»Hab' ich es nicht gesagt? Sehen Sie, wir stehen auf der Höhe der Situation und können von hier aus ganz gemütlich den weiteren Verlauf der Dinge abwarten. Wissen Sie, bei uns nennt man das auch Politik und bildet sich nichts Geringes darauf ein.«

»Wuas ist sehr belehrend, Sir,« sagte der Kapitän, der seine Besonnenheit nun doch allmählich wieder zusammenfand. »Uaber Sir, wir können lang warten bei das Politik; und ouas fuang ich an nachher? In den Ochs geh ouich nicht wieder, uelches ist sicher. Sie hab mein Gepäck, my luggage, my baggage geworfen aus dem Fenster dem Fueind auf die Kopf. Sie hab mein Regenschirm zerschlag auf die back, die Buckel von ueiner dicken Lady. Sie hab meine Stock zerschlagen auf mir selbst! Yes, Sir, auf mir eigenhändig selber! Oh, und es ist kein ganz windowframe und kein hueil Fensterscheib in das ganz Ox, und ich lueid an die Katarrh und die Rheumatism! Was suoll ouich anfang in diese Nacht mitten in this howling wilderness, in diese heulerische Wildnis?«

»Haben Sie nicht mich? Haben wir uns einander nicht gegenseitig vorgestellt?« fragte Pechlin. »Sie gehen ganz einfach mit mir in das Lamm. Die Leute kennen mich, und auf dem Tanzsaal ist Raum für Sie.«

»Sir, auf das Tanzsaal?« rief der Kapitän. »Sir, Sie uoll mir wieder bring auf die dancing-room? Oh no! ouich uab genoug von diesem, ouich uill, ouich muß uab ein Privatappartement, uenn ouich –«

»Ja, ja, ich sitze schon mitten in allen Ihren Gefühlen, und verstehe Sie vollkommen, Sir Juh. Seien Sie ohne Sorgen, Sie werden einen guten Schlaf tun im Lamm, und außerdem finden Sie daselbst die beste Gesellschaft. Lauter schöne Leute, sehr schöne Damen und einen ganz intimen Freund von mir, Baron Rippgen aus Dresden, und alle werden sich ebenfalls freuen, Ihre Bekanntschaft zu machen.«

»Sehr schöne Damen? Ueinen Baron?«

»Yes! Oui! ja, ja! Einen lebendigen deutschen Baron – a german baron – uraltes Geschlecht – Reichsfreiherr! Nicht wahr, das schtimmt mit Ihne? . . . O ja, er führt auch seine Visitenkarte bei sich – letzter Sproß des Geschlechts – Jahrhunderte lang haben sich seine Ahnen abgemüht, um diese Blüte zu erzeugen.«

»A–h! ualso uendlich uein uanständiger Mensch!« rief Sir Hugh Sliddery, tief aufseufzend. »Oh Sir, gern – very gladly indeed würd ouich gehen mit Ihnen; aber – aber mein Anziehen – Anzüglichkeit – my dress – mon costume – ma toilette? 'Err, Sie muß das sehe buei Licht, um das zu glauben.«

»Das wollen wir auch – Sie unverschämter Esel!« äußerte sich Pechle, den Satz zur Hälfte donnernd dem englischen Edelmann ins Ohr schreiend und die andere Hälfte still sich selber in der Tiefe seiner Brust vortragend. »Kommen Sie mit ohne Umstände, da Sie uns einmal auf die Arme gefallen sind, und besehen Sie sich Ihren teutonischen Adelsringgenossen näher. Was das Kostüm angeht, so achtet man auf Reisen nicht so genau darauf, und die Weiber vor allem ziehen den abenteuerlichsten, wenn nur aus der Schlacht kommenden Heros allen übrigen vor.«

»So nehme ouich Ihre große Gütigkeit an,« sprach der Baronet. »Ich war auch in die Crimea, in die Krimm, und bin an old Soldier, ein alter Soldat, ound ouich uerd übernachten mit dem Baron und den Ladies und mit Ihnen, Sir, in dem Lamm«.



 << zurück weiter >>