Hermann Fürst von Pückler-Muskau
Aus Mehemed Alis Reich
Hermann Fürst von Pückler-Muskau

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Vorwort

Das vorliegende Werk befand sich schon seit vier Jahren im wesentlichen ganz so, wie es noch jetzt ist, in meinem Portefeuille. Es bedurfte nur einer letzten Durchsicht und Feile, um es dem Druck übergeben zu können. Daß dieses nicht geschah, wird, wie ich glaube, dem Buche keinen Schaden bringen, da zu jener Zeit das Interesse an den ägyptischen Angelegenheiten wegen zu großer Konkurrenz fast abgenutzt war und es jetzt wohl anziehen kann, eine unveränderte Schilderung jener Länder zu lesen, wie sie damals waren und leider jetzt nicht mehr sind! Diese Betrachtung ist jedoch natürlich neueren Datums, und wenn man mich frägt, weshalb ich denn eigentlich so lange mit der Publikation dieser Arbeit gezögert – so weiß ich in der Tat dies selbst kaum mit Genauigkeit anzugeben. Einesteils wendete sich, nach einer Abwesenheit von sieben Jahren in mein Besitztum wieder zurückgekehrt, meine Tätigkeit von da an durchaus mehr künstlerischen als literarischen Beschäftigungen zu. Anderweit bewog mich vielleicht das Gefühl einer mir so sehr geziemenden Bescheidenheit, nicht jahraus jahrein das Publikum mit Produktionen aus derselben Feder zu überschwemmen, so nachsichtig diese Schriften auch von dem größten Teil meiner Leser aufgenommen wurden. Obgleich dies aber der Fall war, konnte ich mir demungeachtet nicht verbergen, daß gerade das, was ich mir am meisten zum Verdienst anrechnen zu dürfen glaube, meine Freimütigkeit und die natürliche Selbständigkeit, welche mir es unmöglich macht, irgendeiner einseitigen Parteiansicht unbedingt zu huldigen, mir fast das Los der Fledermaus zwischen den Tieren und Vögeln bereitete. Die Aristokraten fanden mich zu liberal, die Liberalen zu aristokratisch, die Frömmler gottlos, die Nichtgläubigen nur Religiosität heuchelnd, die Bürokratie im Vaterlande stellte mich als einen halben Revolutionär dar, die Freitümler behaupteten dagegen, ich nähme mich wohl in acht, je ernstlich anzustoßen, und schmeichle gelegentlich immer der Macht – kurz es schien, daß ich es niemandem recht machen könnte. Wären die Folgen hiervon nur im Bereiche der Kritik verblieben, so hätte mich alles wenig gekümmert, aber ich mußte zu meinem Nachteil gewahr werden, daß diese Ansichten auch einen bedeutenden Einfluß auf meine Lebensverhältnisse auszuüben begannen und mir positiv und negativ wirklichen Schaden brachten. Da ich nun nicht heucheln kann und auf der andern Seite die Rolle des ohne Not und ohne Erfolg sich opfernden Don Quixote zu spielen ebenfalls wenig Lust fühlte, so hielt ich es für besser, mich als Schriftsteller so lange zurückzuziehen, bis für mich günstigere Konjunkturen einträten.

Dazu kam, daß mich eine Art der Kritik wirklich verdroß. Ich meine die, welche mir beständig vorwirft, weder ein Dichter noch ein Gelehrter zu sein. Hätte ich je auch nur im entferntesten eine solche Prätention gezeigt, so hätten diese Kritiker ganz recht. Da mir dies aber nie im Traum eingefallen, so ist der Vorwurf ebenso absurd, als wenn man das Veilchen verachten wollte, weil es keine Eiche ist. Sterne, Lord Chesterfield und Frau von Sévigné waren auch weder Gelehrte noch Dichter, und wie glücklich würde ich mich schätzen, besäße ich nur den hundertsten Teil ihres Ruhmes. So viel indes wage ich zu sagen, daß ich immer nur für die gute Gesellschaft schrieb, die nie aus Pedanten besteht.

Warum ich nach allen diesen bittern Erfahrungen dennoch wieder auf der Rennbahn erscheine? Lieber Leser, einige Gründe dafür sind von der Art, daß ich sie Dir nicht mitteilen kann, aber Du hast ohne Zweifel die Bibel gelesen und kennst daher die Geschichte von dem verbotenen Apfel im Paradiese, und daß, wer einmal davon gekostet, über kurz oder lang immer wieder Verlangen danach spürt.

Die Erbsünde also, verehrte Zuhörer, ist hauptsächlich daran schuld.

Waldeinsamkeit am 29. Febr. im Schaltjahr 1844.


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