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XIII

Olivenbestandene Bergabhänge, Villen, Orangenhaine, kleine Fischerdörfer mit großen Hotels, eine sonnenbeschienene Landstraße mit Eselfuhrwerken und schweren Frachtwagen, und wieder Bergabhänge, Villen und Hotels flogen an ihnen vorüber. Es sah in der rasenden Fahrt so aus, als wälze sich alles ihnen entgegen wie aus einem großen Füllhorn. Einen Augenblick gewahrten sie einen Schimmer des Meeres, das groß und ruhig in der Mittagssonne dalag; im nächsten jagten sie mit einem Flußpferdgebrüll der Hupe zwischen hohe feuchte Mauern hinein, wo wilde Walddüfte ihnen aus den großen Parks dahinter entgegenschlugen.

Jytte saß mit halbgeschlossenen Augen hinter ihrem braunen Schleier da. Wenn die Mutter oder Torben sie anredeten, lächelte sie nur, indem sie so tat, als könne sie infolge des Brummens des Automobils nichts hören.

Torben saß ihr gegenüber, aber ihr In-sich-selbst-Versinken erregte keine Unruhe in ihm. In seinem Knopfloch saß ihr freiwillig gegebenes Pfand, und in seinen Ohren klangen noch, gleich einer süßen Verheißung, die Worte, mit denen sie ihm vorhin im Garten hatte entfliehen wollen: »Nicht jetzt! ... Nicht hier!« Er lächelte ihr schon zu mit der Sicherheit des Besitzes, während seine wirren Gedanken der glücklichen Zeit entgegentaumelten, wo seine lange Einsamkeit ein Ende haben sollte ... in drei, vielleicht vier ... allerhöchstens in fünf Monaten.

In niedrigem Flug waren Jyttes Gedanken den entgegengesetzten Weg geglitten, – zurück zur Vergangenheit, zu ihren Freundinnen und deren Schicksalen. Die hatten sie in der letzten Zeit unablässig beschäftigt, und des Nachts waren sie durch ihre Träume gejagt wie ein Zug von Schreckbildern. Sie war selbst auf ihren Hochzeiten zugegen gewesen, entsann sich ihrer in ihrem selbstsicheren Glück unter Myrtenkranz und Brautschleier – und nun saßen sie ringsumher da und machten sich lustig über die Enttäuschungen der Ehe oder suchten ihre Schande zu verbergen. Da war Emmy, die schon zweimal geschieden war und sich nun mit gutem Essen und platonischen Tenorverliebtheiten tröstete. Und da waren Lydia und Fennimoor und – ach Gott ja! – die arme Kitty, die feinste und liebevollste von ihnen allen, die das Zusammenleben mit einem hübschen Gardeoffizier brutalisiert hatte, so daß sie jetzt in die schlechteste Gesellschaft hinabgesunken war und sich wie eine Dirne aus den Armen des einen in die des andern warf. Torben Dihmer war ja hundertmal mehr wert als irgendeiner von den Männern, die ihre Freundinnen bekommen hatten. Dafür aber war sie selbst hundertmal ungereimter und anspruchsvoller als eine von ihnen. Und Dihmer hatte wohl schließlich auch seine Fehler. Wer konnte wissen, wozu sich zum Beispiel diese ererbte Liebe zu Grund und Boden, zu Kühen und Schweinen bei ihm mit der Zeit entwickeln konnte? Warum sollte gerade sie die eine unter Tausenden sein, die die Ehe nicht enttäuschte? Welchen Grund hatte sie, zu glauben, daß es ihr nicht selbst auch einmal beschieden sein sollte, als zerzaustes Huhn dazusitzen und über ihren langen, tiefen Traum von Glück zu lachen? – Aber dann wollte sie lieber sterben.

Ein neues Flußpferdgebrüll machte sie zusammenschrecken. Sie fuhren durch einen Pinienhain, und nach einer kleinen Weile machte der Wagen halt oberhalb einer kleinen Stadt, wo sie frühstücken wollten. Die Stadt lag im Grunde einer breiten Schlucht, die sich nach dem Meer zu erschloß. Die Landstraße ging in einem Bogen um die Schlucht herum, lief gleich einer Galerie an der steilen Bergwand entlang, hoch über den Dächern der Häuser. Da war überhaupt kein anderer Weg zu der Stadt hinab, als eine Steintreppe in vielen Absätzen, die zwischen den hohen Gartenmauern ein- und ausging.

Torben half den Damen aus dem Wagen. Als Jytte ausstieg, drückte er ihr heimlich die Hand, – und ein Kälteschauer von Angst ging durch ihr Herz.

»Ach, Torben,« dachte sie, »was soll nur einmal aus uns beiden werden?«

Zuerst spazierten sie ein wenig in der Stadt umher, frühstückten dann in dem »Italienischen Löwen«, einer gewöhnlichen italienischen Trattoria am Marktplatz. Der Tisch wurde draußen im Schatten gedeckt, und die Mahlzeit war ganz ländlich: ein Makkaronigericht mit Tomaten, Eier in Spinat, gebratene Hühner, Ziegenkäse und zum Nachtisch ein abgesägter Zweig mit Apfelsinen.

Hinterher gingen sie an den Strand hinab und nahmen Platz auf einer Bank unter der Felswand.

Frau Berta, die sich nicht vor dem heimtückischen Landwein in acht genommen hatte, begann hier eine etwas umständliche Erzählung von einem Reiseabenteuer, das sie und ihr Mann einmal in der Schweiz gehabt hatten. Torben war ein rücksichtsvoller Zuhörer, Jytte hingegen fühlte sich gereizt. Sie sehnte sich jetzt danach, mit Torben allein zu sein.

Schließlich erhob sie sich und ging an das Wasser hinab, wo sie sich auf eine Klippe ganz weit hinaus setzte.

Das Meer lag so still und blinzelte der Sonne zu, wie ein schlaftrunkenes Kind, das gern erwachen will. Aber zu ihren Füßen plätscherte die Brandung, und dieser Laut rief heimische Erinnerungen in ihr wach. Kindheitserinnerungen von dem Samsöer Strand stiegen aus dem Wellengebrause auf, während sie mit ihrem sorgenvollen Herzen dasaß und auf den ersten Liebeskuß wartete.

Sie sah sich selbst als kleine Menschenknospe von sieben bis acht Jahren in rotem Höschen am Strand herumlaufen, zusammen mit ihren beiden Brüdern, die schon halberwachsen waren. Oben in der Düne saßen der Vater und die Mutter Hand in Hand. Dann erhob sich der Vater in seiner ganzen Hünenbreite und schleuderte den Spazierstock weit in das Wasser hinaus. »Wer holt ihn mir wieder?« rief er – und eins, zwei, drei, waren Arvid und Ebbe aus den Kleidern, und sie selbst hatte ebenfalls Eile, alles abzustreifen, um dem Sieger entgegenzuwaten, wenn er mit dem Stock im Mund wie ein Hund herangeschwommen kam. Das alles erschien ihr so kurze Zeit her. Ein Ereignis von gestern oder vorgestern. Und dabei waren doch der Vater und beide Brüder schon lange tot. Arvids Erscheinung entsann sie sich kaum mehr. Sie war noch ein Kind, als er auf seiner Märchenflucht verschwand, Sie erinnerte sich so eben noch des bleichen, verbissenen Gesichts ihres Vaters an dem Tage, als das Telegramm kam, das von seiner Fahnenflucht meldete. Und dann – das verzweifelte Warten, das jahrelange Hoffen auf ein Lebenszeichen!

So war der Kummer zu ihren Eltern gekommen und hatte das Haar der Mutter vor der Zeit gebleicht. In welcher Gestalt würde er einstmals zu ihr und Torben kommen? Wie sehr zwei Menschen einander auch liebten, – dem Unglück gegenüber waren sie gleich wehrlos. Es ging durch verschlossene Türen und nahm mit sich, was man am allerbesten verwahrt glaubte ... Als sie sah, daß die andern sich erhoben, kehrte sie zu der Bank zurück. Die Mutter fand es nun an der Zeit, heimzukehren. Sie selbst äußerte keine Ansicht, und so geschah es denn, daß sie von dannen gingen.

Auf dem Wege, die enge und beschwerliche Steintreppe hinauf, die nach der Landstraße führte, wo ihr Wagen hielt, ging Frau Berta voran. Dann kam Torben und zuletzt Jytte, die hin und wieder einmal eine Handreichung von ihm annahm, wenn die Stufen besonders hoch waren. Zu beiden Seiten waren sie von festen Gartenmauern eingeschlossen, die infolge der vielen Windungen der Treppe während des Aufstiegs sie voreinander verbargen. Indessen vergrößerte das junge Paar absichtlich nach und nach die Entfernungen zwischen sich und Frau Berta. Und dann geschah es in einem Augenblick, als diese wieder hinter einem Mauerrande unsichtbar geworden war, daß Torben den Arm um Jyttes Taille legte und sie an sich zog. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter wie ein übermüdes Kind und ließ sich auf Stirn und Wange küssen.

»Meine Geliebte!« sagte er.

Da erhob sie die Augen strahlend zu den seinen und reichte ihm freiwillig den Mund.

*

Während der Heimfahrt saß Jytte wie bei der Ausfahrt neben der Mutter unter ihrem dichten Schleier verborgen und überließ die Unterhaltung den andern. Als sie ihre Wohnung erreicht hatten und aus dem Wagen gestiegen waren, schob sie ihren Arm in den der Mutter.

Torben begleitete sie durch den Garten, aber am Fuße der Treppe zu der Loggia verabschiedete er sich.

»Sie wollen gehen?« sagte Frau Berta. »Ja, ja ... aber kommen Sie wieder, wenn Sie Lust haben! Sie wissen, daß Sie immer willkommen sind.«

Torben erwartete, daß Jytte unter irgendeinem Vorwand ihn bis an die Pforte begleiten würde, so daß sie ohne Zeugen Abschied voneinander nehmen konnten. Das geschah indessen nicht. Sie drückte ihm zögernd die Hand, sah ihm auch vertraulich in die Augen, ließ aber den Arm der Mutter nicht los.

Er ging aus diesem Grunde ein wenig verstimmt von dannen.

Es bedrückte ihn namentlich, zu denken, daß Jytte in wenigen Stunden wieder da unten im Hotel sitzen und sich von diesem Herrn von Auen unterhalten lassen würde. Wenn sie sich nun mit ihrer Mutter ausgesprochen hatte, wollte er auch eine andere Ordnung vorschlagen. Daß Jytte selbst nicht das allergeringste tat, um bemerkt und bewundert zu werden, wußte er sehr wohl. Das war ja das Eigentümliche an ihr, daß ihr Wesen, so weiblich es war, doch nicht einen Schatten von Koketterie hatte. Gerade ihre Natürlichkeit war der Grund, daß sie immer so von Männern umschwärmt wurde. Und doch war es ihm im höchsten Grade zuwider, sie sich als Gegenstand der Courmacherei dieses Deutschen zu denken.

Als er an der Einfahrt zum Hotel vorüberkam, erblickte er Direktor Zaun, der auf einer der Bänke da draußen saß. Er hätte ihn am liebsten gemieden, aber Herr Zaun, der ihn von seinem Balkon aus zusammen mit den Damen hatte vorüberfahren sehen und der hier eigens saß, um ihm aufzulauern, stürzte sofort auf ihn los.

»Ich bringe eine Neuigkeit, die Sie hoffentlich interessieren wird,« sagte er. »Wollen Sie mir eine kurze Unterredung gewähren ... Wir gehen wohl am besten in den Park hinein. Da ist augenblicklich kein Mensch. Wir können ganz ungestört sein.«

So wenig Torben auch in der Stimmung war, mit ihm zu reden, wurde er doch neugierig.

»Ich stehe Ihnen zu Diensten. Was haben Sie mir zu sagen?« »Die Auflösung des Things ist vorgestern in einer Ministersitzung beschlossen!« verkündete Herr Zaun. »Die Sache ist noch nicht offiziell, und ich darf meine Quelle nicht nennen, aber sie ist ganz zuverlässig. Im August haben wir die Wahlen. Sie entsinnen sich vielleicht, daß ich genau diesen Zeitpunkt als den wahrscheinlichsten im Falle einer Auflösung bezeichnete.«

Torben nickte. Er dachte daran, daß die Wahlen also genau in die Zeit fallen würden, in der er Hochzeit halten zu können hoffte.

»Morgen oder übermorgen reise ich nun nach Hause. Der Parteivorstand wird sich am nächsten Donnerstag versammeln, um Beschlüsse über die einleitenden Vorbereitungen zu fassen. Und nun würde es mir allerdings sehr lieb sein – ja, ich würde es als einen persönlichen Triumph für mich auffassen, wenn ich Ihre Zusage überbringen könnte, daß Sie einen Kreis übernehmen wollen.«

»Sie reisen heim?«

»Ja, morgen abend, spätestens Montagmorgen.«

»Aber Sie wollten doch eine Kur gegen Ihre Schlaflosigkeit durchmachen?«

»Ja, die muß ich also unterbrechen. Ich betrachte mich keineswegs als unentbehrlich; – Gott bewahre! aber ich habe nun seit mehreren Jahren die Wahlleitung der Partei unter mir gehabt und mir dadurch eine Personalkenntnis erworben, die sich nicht so ganz leicht aneignen läßt.«

»Ich muß Ihnen vorerst eine Frage stellen, Herr Direktor. Da ja ein Wählerbund mit der Arbeiterpartei geschlossen ist, glauben Sie da im Grunde, daß es für die Partei vorteilhaft sein würde, einen Mann wie mich auf ihrer Kandidatenliste zu haben – einen Gutsbesitzer?«

»Einen Gutsbesitzer, der dem Gedanken von dem Anrecht auf den Grund und Boden huldigt, wie Sie es seinerzeit im Aprilverein auseinandergesetzt haben, – absolut ja! Einen Gutsbesitzer, der obendrein kürzlich durch die Tat den schönsten Beweis für seine humane Gesinnung geliefert hat. Ich denke natürlich an die Stiftung, die Sie auf Ihrem Gut errichtet haben. War es nicht ein Altenheim? Ich will Ihnen sagen, daß diese Veranstaltung Sie gerade in Arbeiterkreisen sehr populär gemacht hat.«

Torben erwiderte nichts. Es war ihm unangenehm, an diese Sache erinnert zu werden. Sehr gegen seinen Willen hatten alle Zeitungen des Landes seinen Namen in den Himmel erhoben anläßlich dieses Altenheims, das ihm auch in anderer Weise zum Ärgernis und zur Schande geworden war. Fast in jedem Brief, den er von seinem Inspektor erhielt, wurden ihm Klagen über die Bewohner des Heims vorgebracht, die mit allem unzufrieden waren und in ewigem Streit lebten. Am meisten leid hatte es ihm getan, daß die Spektakelmacher schließlich die alte Barbara vertrieben hatten, so daß sie eines Tages in aller Stille Favsingholm mit ihren wenigen Habseligkeiten verließ. So schien also wirklich in Erfüllung gehen zu sollen, was Mads Vestrup, der Unglücksrabe, ihm prophezeit hatte, daß er keine Freude von diesem Heim haben werde.

Herr Zaun hatte ein Papier aus seiner Brusttasche gezogen. Es war der Entwurf des Parteivorstandes zu einem neuen Programm, das auf der bevorstehenden Landesversammlung angenommen werden sollte und das die Wahlkandidaten der Partei also anerkennen mußten. Er bat um die Erlaubnis, es von Anfang bis zu Ende vorlesen zu dürfen.

Sie hatten auf einer Bank unter einer der großen Palmen des Parkes Platz genommen. Da waren keine Menschen zu sehen. Aber bei der herrschenden Stille hörte man die Musik unten von der Promenade her. Sie kam zu ihnen, getragen von einer Brise draußen aus dem Meer, das auch zu tönen begonnen hatte.

Nur mit Anstrengung nahm sich Torben zusammen, um der Vorlesung einigermaßen aufmerksam folgen zu können. Seine Gedanken suchten beständig zu entschlüpfen, um bei Jytte zu sein. Es waren verheißungsvolle Worte über Kätnerbewilligungen, über vermehrte Altersunterstützungen, über die freiere Stellung der dienenden Klasse, über die Erweiterung des Wahlrechts und über Prämien für Gartenzucht – die ganze lange Reihe der hervorragenden Punkte der Partei, die auch ihm einmal als Meilenzeiger auf dem Wege zu einem glücklichen Reich der Gerechtigkeit gestanden hatten. Jetzt erschienen ihm alle diese feierlich ausgesprochenen Gelübde so arm und naiv. Und er verstand in diesem Augenblick besser als früher, warum es ihm so schwer geworden war, sich wieder in der Welt zurechtzufinden. Hier war er mit der Laterne der Erinnerungen umhergegangen und hatte nach seinem alten Ich gesucht, das in Wirklichkeit schon längst tot war. Und es war wohl mehr als zweifelhaft, ob es sich je wieder erwecken ließ. Auf alle Fälle saß seine wiedergewonnene männliche Kraft vorläufig gefangen wie Herkules und hielt der Königin von Lydien das Garn.

Die Unterredung endete denn auch ohne ein Ergebnis. Je eifriger Herr Zaun wurde, ihm ein bindendes Versprechen zu entlocken, um so bestimmter wies er ihn ab.

»Ich habe mich daran gewöhnt, lange Zeit zum Überlegen zu gebrauchen,« sagte Torben, indem er sich erhob, um zu gehen. »Außerdem fürchte ich, daß mich niemand anerkennen würde, falls ich Ihrer Aufforderung Folge leisten und wieder in der Arena auftreten würde. Sie selbst vielleicht am allerwenigsten, Herr Zaun!«

*

Als er nach Hause kam, lag da Post für ihn aus Favsingholm. Es war der gewöhnliche Wochenbericht von seinem Inspektor, Berechnungen und verschiedene Anfragen, außerdem kleine Mitteilungen mehr privaten Charakters. Unter den letzteren waren diesmal wieder Berichte über Mads Vestrups Verabschiedung und das ganze unheimliche Drama, das die Gemüter daheim in der Gegend seit seiner Abreise erfüllt hatte. Der Inspektor schrieb, die Familie habe eine vorläufige Zufluchtsstätte irgendwo in der Nähe von Viborg gefunden, während der Pfarrer selbst den Stab in die Hand genommen hatte als eine Art Wanderprediger. Da ihm nicht nur die Kirchen, sondern auch die Versammlungshäuser verschlossen waren, mußte er seine Versammlungen in Wirtshausgärten und Reiseställen oder auf offenem Felde abhalten. Hinterher ließ er seine Mütze herumgehen. Im übrigen aber beschäftigten sich die Zeitungen nicht mehr mit ihm.

Torben fand gerade keinen Grund, den ehemals so selbstgerechten Pfarrer zu bemitleiden. Trotzdem konnte er nicht ohne Mitgefühl an ihn und seine Familie denken. Die ganze Sache hatte ihn übrigens nicht überrascht. Bei seiner Kenntnis von Mads Vestrups Charakter war er sich auch klar darüber, daß es nicht leicht sein würde, ihm den Mund zu verstopfen, jetzt, wo seine Gier geweckt war. Und der Gedanke beunruhigte ihn. Er hatte allen Respekt vor der dänischen rabies theologorum, die so viel Unglück im Lande verursacht hatte. Und es ließ sich ja nicht leugnen, daß der Boden durch viel Unvernunft und Fehlgriffe gut vorbereitet war.


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