Georg Freiherr von Ompteda
Margret und Ossana
Georg Freiherr von Ompteda

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Dreizehntes Kapitel

Was machte Margret, die nie von Göllan fortgekommen, da für Augen, als sie im Speisesaal des großen Hotels saßen! Wenn sie mit ihrem Mann zum Essen ging, hoben sich von den schon besetzten Tafeln die Blicke, und einmal hörte sie, wie jemand unbedacht laut sagte: »Sie muß eine Italienerin sein!« Wie sie dann an ihrem Tisch allein saßen, tippte sie ihrem Mann mit dem Finger auf die Hand: »Meinhardt, hast du's gehört? Und i denk', i bin doch so deutsch wie du!«

Dann sagte sie ihm, wie sie die Woche, die sie nun schon hier weilten, täglich mehr gefühlt, daß sie seine Anschauungen teile. Er erzählte ihr von seinem Besitz und freute sich schon, ihr alles zu zeigen, sie mitzunehmen auf jedem seiner Gänge. Und jetzt, wieder im großen Saal an ihrem Ecktischchen, wo man wie versteckt saß und doch den ganzen Raum überblicken konnte, begann er von neuem davon. Als sie nicht antwortete, fragte er: »Freust du dich nicht darauf?«

Sie meinte: »Doch!«, aber es klang nicht sehr entschieden, so daß er zurückgab:

»Mir kommt vor, als hättest du keine Lust?«

»Ach, es ist so schön hier, und ich freue mich auch so auf unsere Reise weiter nach Italien hinein. Ich bin so glücklich, keinen Menschen zu sehen!« »Bist du denn menschenscheu?«

Sie neigte sich zu ihm:

»Ich säh' am liebsten niemand! Ich bin nie so glücklich g'wesen, als jetzt fort von z' Haus! Das ist wohl undankbar? Aber ich muß die Wahrheit sagen.«

»Du bist also glücklich mit mir allein?«

Sie zögerte einen Augenblick, dann brach ein warmer Strahl aus ihren Augen: »Ja, so glücklich, Meinhardt, wie i nit geglaubt hab', es je zu werden. Du bist so gut, so ... so ... rücksichtsvoll! I hab' mich ein wenig gefürchtet vor dir und –«

Er lächelte.

Sie machten Spaziergänge miteinander in das Hinterland, Entdeckungsfahrten oft stundenweit, durch Weingärten und Olivenpflanzungen mit ihren silbrig belaubten Bäumchen, deren hohle Stämme auseinanderklafften, daß man meinte, sie könnten dem Winde nicht widerstehen. Meinhardt ließ seine Augen über die Landschaft schweifen:

»Nur wenige Stunden von uns und doch ganz anders! Auf die Dauer könnt' ich nicht hierbleiben!«

Es war, als klänge leises Heimweh nach dem Burggrafenamte heraus. Und er malte ihr ein Bild, wie von Norden herab vom märkischen Sand die Landschaft wechselte, über Thüringens lachende Laubwälder und Hügel, über bayrisches, ernstschönes Moos, einsame rauhe Alpentäler mit schneebedeckten Zinnen, hinunter in das liebe Etschland zu Sonne und immergrünen Pflanzungen. Dabei trotz Palmen und Lorbeer in geschützter Niederung, an den Berglehnen Wald, deutscher Wald! Hier jedoch brannten bei all dem Farbenspiel der seltsam bläulich, silbrig oder schwarz schimmernden Belaubung die gelbrotgrau strahlenden Hänge und Felsen kahl und nackt in der im Winter wohl lieben, im Sommer aber dörrenden Glut der Sonne.

Margret hing sich an Meinhardts Arm, und sie kehrten zum Hotel zurück, an Eselskarren vorüber, an Bettlern, die aufdringlich sie verfolgten. Mädchengesichter tauchten auf mit Bronzehaut und manchmal fast klassisch geschnittenen Zügen, dann mehrten sich die Fremden. Deutsch klang, man ahnte die Nähe des Hotels.

Zum Essen zogen sie sich um. Die Tür zwischen ihren Zimmern war nicht verschlossen, wenn nun auch Meinhardt immer klopfte, ehe er eintrat, so war es doch allmählich gekommen, daß er, früher fertig, dem letzten Anziehen beiwohnte, bei dem die Jungfer half. Margret war es bald wie selbstverständlich: die Gemeinschaft des Lebens begann ihr Band um sie und ihren Mann zu schlingen, so daß Theres seine Gegenwart fast mehr empfand als die junge Frau.

Nach dem Essen saßen sie in der großen Halle.

Meinhardt rauchte und schlürfte seine Tasse Kaffee. Ihm war das selbstverständlich aus den Zeiten seines Diplomatenlebens. Sie, die es zu Hause nicht gekannt, wollte zuerst nicht trinken. Aber eines Tages sagte sie:

»Ich tue, was du tust!« Und er bestellte auch für sie, als glitte sie allmählich in die Lebensgewohnheiten ihres Mannes hinüber. Zu der einfachen Ausstattung an Kleidern, die das bescheidene Mädchen nur erhalten, hatte er dieses und jenes geschenkt. Nun trug sie seine Straußenfederstola mit jener Selbstverständlichkeit, wie Frauen sich von heute zu morgen in Moden und Sitten finden. Sie schrieben auch nach Haus, bisweilen sie, bisweilen er, ihre Namen setzten sie nebeneinander. Von den Eltern waren schon mehrere Briefe gekommen. Die des alten Barons klangen zuerst ganz verzweifelt, doch allmählich erzählte er, offenbar sehr beschäftigt, von neuen Bekanntschaften, die er auf der Kurpromenade gemacht. Die junge Frau sagte, die Augenbrauen schmerzlich in die Höhe ziehend: »Der Papa vergißt auch! Nichts dauert ewig!« »Margret, ist's nicht ein Glück? Wenn wir immer nur an die Vergangenheit dächten, wär' für die Gegenwart ja kein Raum!«

Sie schien zerstreut, darum erweiterte er seinen Gedanken:

»Wir müssen Platz schaffen für neue Eindrücke. Was g'schehen, was vorüber ist, wirft man rückwärts. Es ist wie der Tod eines lieben Menschen. Ich bin so erschüttert g'wesen, wenn ihr's auch nicht so g'merkt habt, daß ich meinen Vater nicht mehr lebend wiedergesehen hab'! Und jetzt? Ich denk' an ihn, aber ruhig, wie eine liebe Erinnerung, ja, manchmal lange, lange gar nicht mehr. Und es ist noch nicht dreiviertel Jahr her! Ich glaub', mancher tät' sich scheuen, das einzugestehen. Dir, Margret, kann ich ja alles sagen! Und du nicht auch mir?«

Sie beugte sich nieder auf die Postkarte, an der sie eben schrieb.

»Alles dauert nur eine Weile, jedem auf der Erde ist durch Naturgesetz seine Zeit bestimmt. Wenn nun ein Mensch von uns scheidet, und wir können gut an ihn zurückdenken, müssen wir stark sein und uns sagen: er hat seine Zeit erfüllt, wer sollte mehr tun? Das nenn' ich größere Pietät als Kopfhängenlassen und Heulen, vielleicht ist es sogar eine Art Reinigung, die die Zeit übt.«

Sie hob den Kopf: »Wie meinst du das?«

»Indem das Vergessen unsere Seele säubert von Erinnerungen an abgetane Dinge, wie der Frühling den Wald von altem Holz und Laub!«

An diesem Abend saßen sie lange auf dem Balkon von Margrets Zimmer. Die Nacht war eingebrochen, nur von dem Flimmern der Sterne erhellt, deren Widerschein aus den schwarzen Fluten des Gardasees als Spiegeln und Glitzern zuckte. Rechts in der Ferne, vom Kap, das jenseits der Bucht von Salo vorsprang, fiel Lichterschein herüber. Geradeaus lag ein dunkler, schwarzer Strich auf den Fluten: die Garda-Insel. Dicht unter der Kaimauer des Hotels glitt ein Boot: Fremde, sich rudern lassend. Ihre dunkeln Schatten trugen Papierlaternen, deren helle Kugeln bei jeder Bewegung des Anziehens der Riemen vor- und zurückruckten. Lachen klang herauf, Hundegebell, verlorene Laute aus den Straßen des Ortes, dann war wieder alles still.

Im Vorgarten des Hotels, wo die Palmen standen, schritten in der milden Abendluft Gestalten auf den hellen Kieswegen hin und her. Man sah eine weiße Hemdenbrust leuchten, den Schal, den eine Dame über den Ausschnitt des Abendkleides geworfen. Bisweilen klang ein Flüstern zu den beiden, die in den Korbsesseln saßen, unbeweglich hinausstarrend auf den nächtlichen See, ein Flüstern von all den Balkonen unter, über, neben ihnen, wo Menschen saßen, noch eine Viertelstunde Luft zu schnappen, ehe sich für die Nacht die Läden ihrer Zimmer schlossen. Meinhardt beugte sich zu Margret:

»Lach' mich aus, aber weißt, worüber ich so glücklich bin? Daß du nit immer sprichst.«

Sie lächelte nur.

»Ja, ja, man macht sich als Junggeselle doch halt so Ideen, wie das werden wird, wenn man verheiratet ist. Da hab' ich mir immer gedacht, wie ich so g'sehn hab', daß dem Henrietterl sein Plappermäulchen keinen Augenblick still stand: wenn du so a Frau hätt'st, die immer lacht und immer schwatzt – schauerlich! Und Gott sei Dank, Margret, du red'st zur rechten Zeit, aber du hast auch das sichere Gefühl, das man keinem anlernen kann: jetzt muß man still sein. Denn es gibt Momente, wo Schwatzen oder gar Lachen eine Beleidigung ist!«

Da rückte sie stillschweigend ihren Stuhl neben den seinen, und sie blieben dicht aneinander gelehnt und starrten in die dunkle Nacht hinaus über die weite Seefläche hin, in der sich der Funkenwiderschein der Sternensaat dort oben spiegelte. Es war stiller geworden, kein Boot glitt mehr vorbei, kein Laut kam mehr aus Gardone, kein Laut auch von der breiten Front des Hotels.

Margret erhob sich: »Ich bin müd'!«

Die Balkons waren verlassen, die Läden hatten sich geschlossen, das Hotel schien zu ruhen. Er half ihr die Doppeltür schließen, dann sagte er einfach: »Gute Nacht!«

Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken, und zum ersten Male küßte sie ihn, ehe er sie berührt. Als er in sein Zimmer verschwand, ohne sich umzublicken, sah sie ihm lange nach. Das Mädchen, vom früheren Dienst her gewohnt, ihre Herrin für die Nacht zu frisieren, trat ein wie jeden Abend, doch Margret, die sich nie hatte bedienen lassen, löste selbst ihr Haar. Dabei sprach sie mit Theres. Sie fragte, wie es ihr hier gefiele. »Sehr gut!« meinte die Jungfer, doch es klang nicht recht überzeugend. Und schließlich gab sie zu: immer möchte sie doch nicht hier sein – sie hätte ein wenig Heimweh. Margret lachte sie zwar aus, aber es war ihr wie ein Anstoß, und sie nahm sich vor, am nächsten Morgen ihren Mann zu bitten, weiterzufahren.

Als das Mädchen gegangen war, schritt die junge Frau in ihrem Zimmer lange auf und ab: sie konnte nicht schlafen. Endlich müde, setzte sie sich an den Tisch und nahm aus ihrer Reisetasche die Briefe, die sie empfangen. Schon einen ganzen Stoß. Sie blätterte sie durch, und es fiel ihr auf, daß, wenn auch die Eltern geschrieben, Ossana ließe grüßen, die Schwester selbst doch kein Lebenszeichen gegeben. Und Margret kam der Gedanke: es ist Neid!

War es die gute Heirat? Ihre Stellung? War es etwa... daß... daß... liebte Ossana vielleicht Meinhardt? Nein, dann wäre Sturm und Krieg gewesen, denn sie kannte Ossanas Leidenschaftlichkeit. Der Gedanke an jenen Menschen, dem sie einst ihr ahnungsloses Herz geschenkt, tauchte plötzlich wieder auf. Konnte es mit Ossana nicht ebenso sein? Staunte nicht alles über die Ähnlichkeit der Schwestern?

Aber sie wollte die Erinnerung abschütteln, sprang auf und rannte wieder hin und her, sich klammernd an Meinhardts Bild: wie zart, wie rücksichtsvoll war dieser große, starke Mann! Bewunderung kam über sie, heiße Freude, daß sie es überlief. Sehnsucht empfand sie nach ihm. Sie dachte an die langen Stunden, die sie mit ihm gegangen, wo ihre Seelen immer mehr sich gefunden. Sie dachte daran, wie sie eben mit ihm auf dem Balkone gesessen, und es war, als müsse er noch da sein. Aber: wie sie sich umblickte, war das Zimmer leer.

Da lief sie erregt, eiliger und eiliger hin und her, die Hände hinter dem Kopf gefaltet, das Haupt hintenübergebeugt, die Augen geschlossen, träumend von ihm. Nicht einen Augenblick mehr erschien das verhaßte Antlitz, in dem die weißen Zähne leuchteten, dies lächelnde Verführerangesicht, nein, nicht einen Augenblick, sondern immer waren ihre Gedanken nur bei jenem, der vor Gott und Menschen ihr gehörte, und doch ihr nicht war.

Da klopfte es. Zuerst hörte sie es nicht. Es klopfte wieder lauter, und nun blieb sie stehen auf ihrem Gange, zu lauschen. Es klopfte abermals. Sie eilte an die Tür zu des Mädchens Zimmer nebenan und fragte leise:

»Theres?«

Keine Antwort. Die Jungfer schlief. Und wieder in Gedanken setzte Margret ihren Spaziergang durchs Zimmer fort. Es klopfte von neuem. Sie fuhr erschrocken zusammen. Röte ergoß sich über ihre Wangen, und sie ging im Morgenrock, wie sie war, an die kleine Tür zum Nebenzimmer ihres Mannes.

Sie lauschte und klinkte vorsichtig auf. Sie sah ihn nicht. Weiter öffnete sie die Tür: nun erblickte sie ihn auf dem Balkon, ohne Rock und Weste.

»Meinhardt!«

Er fuhr herum. Wie er sie sah, kam er auf sie zu. »Margret?« fragte er erstaunt, als er sie vor sich sah, die Augen in Beschämung gesenkt. Er zog sie an sich und strich ihr das Haar aus der Stirn.

Sie fragte: »Hast du geklopft?«

Er schien erstaunt: »Ich?«

Sie sah ihn erschrocken an: »Du hast nicht geklopft?«

»Nein!«

Da entwand sie sich voller Scham seinen Armen. Er wollte sie halten:

»Margret, Margret, ich bin ja so glücklich, daß du gekommen bist.«

Aber sie stieß ihn von sich. »Nein, nein, nein!« und verschwand in ihrem Zimmer. Heftig zog sie die Tür Zu. Atmend blieb sie stehen und blickte auf die Klinke. Sie dachte, sie würde niedergehen und Meinhardt erscheinen. Doch alles blieb ruhig.

Die offene Tasche gähnte auf dem Tisch, die Briefe lagen umher. Sie wollte sich zwingen, den Eltern zu schreiben, trat an den Tisch und blätterte in den Papieren. Da waren Grüße von Freundinnen aus Meran, dort ein ernster, schöner Brief von der Stiefmutter und eine lustige Karte daneben von Poldi, Rudi und dem Henrietterl, richtig aus »Venedig in Wien«, als ob alle törichten Träume des jungen Mädchens sich erfüllt hätten, Margret nahm die Feder, aber sie wußte nicht, an wen sie schreiben sollte. An Papa? Er schien sich getröstet zu haben. An Mama? Aus ihrem Briefe hatte etwas Fremdes geklungen. Vielleicht war sie zur Frömmigkeit zurückgekehrt? An Ossana? Nein. Sie war ihr nicht entgegengekommen, und noch keine Zeile? Wie sie da die Feder sinken ließ, dachte sie: nur einen Menschen habe ich auf dieser Welt, der mich begreift, der mein ist, mir der Nächste, und ich will ihm nicht die Nächste sein? Lag nicht darin, daß sie seine Frau geworden, alles vor den Menschen wie vor Gott? Hätte sie nicht sonst damals schon vor dem Altar Nein sagen müssen? In Gewissensqualen mit sich ringend, sprang sie wieder auf und lief im Zimmer hin und her. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Irre Sehnsucht, Verlassensein, Zorn und Jammer über sich selbst quälten sie. Immer wieder stand die Gestalt ihres Mannes vor ihr – lächerlich – wie sie ihn eben erblickt, ohne Rock und Weste, in seinem weißen Hemd – und öffnete die Arme.

Ein Sturm durchschüttelte ihren Körper, ein Sturm, wie er in ihrem Blute lag, genau so wie in dem Ossanas, als sie nicht zum Hochzeitsmahl gekommen. Margret rannte auf und ab. In Schmerz, Zorn, Empörung über sich selbst stieß sie mit dem Absatz auf den Boden.

Da klopfte es wieder. Sie blieb stehen. Sie lauschte. Es kam von unten. Schnell beugte sie sich nieder. Nun vernahm sie deutlich wütendes Pochen an der Decke. Sie begriff: einer, der nicht schlafen konnte, wegen ihres nächtlichen Ganges. Da sank sie in einen Stuhl; fast hätte sie gelacht. Aber im gleichen Augenblick schoß ihr die Schamröte ins Gesicht. Sie war zu ihm gekommen, sie hatte ihren Mann aufgesucht. Sie ahnte, er hatte es falsch verstanden, und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen.

Sie zog die Schuhe aus, und schlüpfte in ihre weichen, kleinen Pantoffel. Trotzdem ging sie vorsichtig auf den Zehen zum Tisch, packte die Briefe ein und schloß die Tasche. Im Zimmer schien es ihr zum Ersticken, so schlich sie leise zur Balkontür, und stieß den Laden hinaus. Er quietschte ein wenig. Erschrocken hielt sie inne. Draußen lag der stille, weite See; in ihm spiegelten sich in ihrem unbarmherzig kalten Lichte die Sterne. Margret war müde und gähnte. Dann schloß sie die Augen und blieb wieder stehen, die gefalteten Hände hinter den schwarzen, schweren Flechten verschränkt. Als sie die Lider aufschlug, sah sie auf dem Balkon nebenan Meinhardt auf schmalem kleinen Holzsessel. Er hatte die Arme über der Balkonbrüstung verschränkt und den Kopf gesenkt, daß sie nur sein weißes Hemd leuchten sah. Vorwurfsvoll sagte sie: »Meinhardt!«

Er fuhr zusammen.

»Meinhardt, du wirst dich verkühlen!«

»Ach, mir tut's nichts!«

»Kannst nit schlafen?«

»Nein!«

»Ich auch nicht.«

Er antwortete nicht. Sie fragte:

»Willst mir was Liebes tun?«

»Wie gern!«

»Geh schlafen!«

Ohne ein Wort wandle er sich um. Sie streckte ihm die Hand hinüber. Er beugte sich vor, aber er drückte sie nur, ohne seine Frau anzusehen. Da lehnte sich Margret über die Brüstung und zog plötzlich, ehe er es hindern konnte, seine Finger an die Lippen. Dann war sie entflohen.


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