Karl Philipp Moritz
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Karl Philipp Moritz

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Die Jubelpredigt

– schade um sie! daß durch ein feindliches Geschick ihr Eindruck gehemmt, ihre erschütternde Kraft gelähmt wurde!

Und doch auch nicht schade um sie! denn sie wird ebenso wie Hartknopfs Antrittspredigt ihren inneren Wert behalten, wenngleich die Herzen und Sinnen der Bauern in Ribbeckenau dadurch nicht gerührt wurden.

Hartknopfs Predigten sind geschrieben und sind ein heiliges Buch, worin für kommende Zeiten Trost und Stärkung liegt.

Aber die Bauern in Ribbeckenau blickten nur nach den leeren Stellen an der Kanzel und auf dem Orgelgesimse, und ich selbst konnte mich des Lächelns kaum erwehren, wenn ich an das verunglückte Hallelujah dachte.

Alle diese Zufälligkeiten aber nun abgefallen, und Hartknopfs Worte glänzen wieder in ihrer ursprünglichen Reinheit und Klarheit.

»Die Zeiten rollen fort und kehren wieder – es ist nichts Neues unter der Sonne.«

»Steh still, o Wanderer, auf dem Pfade und blicke noch einmal zurück, bis dahin wo des Himmels Wölbung auf der Nacht des Waldes ruht.«

»Du tratest aus dem Dunkel in das Freie, und was du sahst, schien dir nicht unbekannt.«

»Dein Ohr vernahm die längstgewohnten Töne wieder, und du wärest schnell der Sprache dieses Landes kundig.« –

»Du fügtest dich in Sitten und Gebräuche, als brächtest du sie selber mit herüber.«

»Du sprachest von dem, was vor Jahrhunderten geschah, wie von den Angelegenheiten deines Hauses.«

»Du wußtest dich so schnell in das verwickelte Labyrinth, in das du kamst, zu finden, als war es deiner eigenen Hände Werk.«

»Dir lächelte mit dem Strahlenhaupte, verjüngt aus Morgenwolken dein alter Freund entgegen.«

»Den hieß dein Auge mit seinem ersten Blicke willkommen und sieht sich nimmer satt.« –

»Und nimmer hört dein Ohr sich satt. Denn keine Zunge erschöpft, was in dem Innersten deines Busens in tiefe Nacht sich hüllt.«


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