Karl Philipp Moritz
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Karl Philipp Moritz

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Der Fichtenwald

Hier war nun alles auf einmal so tot und einförmig. Und Hartknopf wanderte ganz allein.

Es war Ebbe in seiner Seele geworden. Die angenehmen Bilder standen tief im Hintergrunde.

Er horchte auf den Tritt seiner Füße; und stand zuweilen still, und machte mit seinem Stab Figuren in den Sand. – Mit dieser Handlung begannen die fürchterlichsten Stunden seines Lebens.

Dies war das Zeichen der gänzlichen Leerheit, der Selbstermangelung, des dumpfen Hinbrütens, der Teilnahmslosigkeit an allem. – –

Als er von dem Pächter Heil und seiner Schwester Abschied nahm, da war seine Miene noch heiter und froh. Sobald er aber aus der Tür getreten war, und niemand mehr um sich sah, seufzte er; ach Elias! und seine Lippen schlossen sich wieder.

Er eilte mit starken Schritten dem Fichtenwalde zu. Und als er ihn erreicht hatte und in sein heiliges Dunkel trat, fühlte er auf einmal seine Brust von einem großen Gefühl erweitert, das aber ebenso plötzlich sich wieder verlor, als es entstanden war. –

Es war die große leblose Natur, welche er in diesem Augenblick fest an sich schloß, und die sogleich wieder allen Reiz für ihn verlor – weil das schimmernde zarte Gebildete das Große verdunkelte; und doch war das zarte Gebildete nicht stark genug, das Große in seinem Umfange festzuhalten und es dem Liebenden zur Morgengabe zu bringen.

Es entstand ein schrecklicher Kampf in Hartknopfs Seele; das Leere wollte die Fülle, das Chaos die Bildung verdrängen. Nichts war der Mühe des Festhaltens, nichts der Ausschließung wert.

Ohne Gedanken, ohne Empfindung zog er noch immer Figuren im Staube, als sein guter Genius ihm die Hand leitete und er auf einmal unwillkürlich den Namen Elias auf den Boden schrieb. Durch diese trostreichen Züge stärkte die Hand des Engels ihn, und der Kelch ging diesmal noch vor ihm vorüber. –

Er ging mit schnellen Schritten vorwärts, in der Kühle des Waldes. Er hatte einen Punkt gefaßt, an dem er sich wieder halten konnte, dem das übrige sich unterordnete. Seine Phantasie fand wieder freien Spielraum. Er dachte sich in der Stube des Pächters Heil mit der weichen Fußdecke und den blauen senkrechten Streifen an den Wänden.

Dann beschäftigten sich seine Gedanken mit dem Herrn von G., den er nun persönlich sollte kennenlernen, nachdem er schon lange im Briefwechsel mit ihm gestanden.


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