Dmitrij Mereschkowskij
Der vierzehnte Dezember
Dmitrij Mereschkowskij

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Achtes Kapitel

Kachowskij blieb sich bis ans Ende treu. »Ich habe allein gelebt und werde allein sterben.«

Wenn er im Korridor seinen Genossen begegnete, sprach er mit niemand und gab niemand die Hand; er hielt nach wie vor alle für ›Schurken‹. Er war in seinem Haß erstarrt.

Tag und Nacht las er. Die Bücher schickte ihm die Tochter des Platz-Majors, Adelaida Jegorowna. Das Fenster seiner Zelle sah gerade auf die Wohnung Poduschkins. Die alte Jungfer hatte sich in Kachowskij verliebt. Sie saß immer am Fenster und sang zur Gitarre:

›Er saß im Kerker hinter Mauern
Und hatte Not zu überstehn.
Gewiß, Sie würden ihn bedauern,
Könnten Sie nur den Ärmsten sehn!‹

Kachowskij hatte ein zärtliches Herz, aber kurzsichtige Augen. Ihr Gesicht sah er nicht, er sah nur Kleider in allen Farben des Regenbogens: blaue, grüne, gelbe und rosa. Sie erschien ihm wunderschön wie dem Don Quichote seine Dulcinea.

Über die Bücher fiel er mit Heißhunger her. Besonders gern las er die ›Göttliche Komödie‹. Er hatte Reisen im Ausland gemacht, war auch in Italien gewesen und verstand ein wenig Italienisch.

Von Farinata und Kapaneus war er entzückt. ›Quel magnanimo, dieser großmütige‹ Farinata degli Uberti quält sich im sechsten Kreise der Hölle, auf dem feurigen Friedhofe der gottlosen Epikuräer. Als Dante und Vergil auf ihn zugehen, erhebt er sich aus seinem feurigen Grabe

› . . . bis zu der Brust, mit einer solchen Stirn,
Als hätt er für die Hölle nur Verachtung.
Come avesso lo inferno in gran dispitto.‹

Und der Riese Kapaneus, einer der sieben Heerführer, die Theben belagert hatten, der wegen Gotteslästerung von Zeus in die Hölle geschleudert worden ist, liegt nackt auf nackter Erde unter ewigem Feuerregen.

›Wer ist der Große, welcher, diese Glut
Verachtend, liegt, die Blicke trotzig hebend,
Noch nicht erweicht von dieser Feuerflut‹

fragt Dante Vergil, und Kapaneus antwortet ihm:

›Qual fui vivo' tal son morto!
Tot bin ich wie einst lebend!
Sei auch mit Arbeit Jovis Schmied geplagt,
Von welchem er den spitzen Pfeil bekommen,
Den er zuletzt in meine Brust gejagt,
Gewiß, daß nie ihm frohe Rache lacht!‹

Kachowskij selbst glich diesen beiden großen Verächtern der Hölle.

Als P. Pjotr ihn bei der Beichte in der letzten Nacht vor der Hinrichtung fragte, ob er seinen Feinden verzeihe, antwortete Kachowskij:

»Ich verzeihe allen, außer zwei Schurken: dem Kaiser und Rylejew.«

»Mein Sohn, vor dem heiligen Abendmahl, vor dem Tode . . .« entsetzte sich P. Pjotr. »Ich beschwöre dich bei Gott: Demütige dich und verzeihe . . .«

»Ich verzeihe nicht.«

»Was soll ich nun mit dir anfangen? Wenn du nicht verzeihst, kann ich dir kein Abendmahl reichen.«

»Also nicht.«

P. Pjotr mußte die Sünde auf sich nehmen und einem Unbußfertigen das Abendmahl reichen.

Als aber Poduschkin und Trofimow zu ihm kamen, um ihn zur Hinrichtung zu führen, sah Kachowskij sie so an, ›als hätt' er für die Hölle nur Verachtung‹.

»Er ging in den Tod, wie man in ein anderes Zimmer geht, um seine Pfeife zu rauchen«, sagte Poduschkin erstaunt.

 

»Pawel Iwanowitsch Pestel ist der hervorragenste unter allen Verschwörern«, pflegte P. Pjotr zu sagen. »Er ist ein tiefsinniger Mathematiker und glaubt an sein Recht wie an eine mathematische Wahrheit. Er ist immer und überall der gleiche. Nichts vermag seine Festigkeit zu erschüttern. Er scheint imstande zu sein, auf seinen Schultern die Last zweier Berge zu tragen.«

»Ich habe nicht ordentlich zugehört, was man mit uns tun will; aber es ist ganz gleich, wenn es nur schneller ein Ende nimmt!« sagte Pestel nach Verlesung des Urteils.

Als der Pastor Reinbot ihn fragte, ob er sich auf den Tod vorbereitet habe, antwortete er:

»Es tut einem leid, seinen altvertrauten Schlafrock zu vertauschen.«

»Was für einen Schlafrock?«

»Unser russischer Dichter Delwig hat einmal gesagt:

»Fürchten uns nicht vor dem Tode, doch leid tuts den Körper zu lassen,
So wie den Schlafrock vertraut jeder nur unlustig tauscht.«

»Glauben Sie an Gott, Herr Pestel?«

»Was soll ich sagen? Mon coeur est matérialiste, mais ma raison s'y refuse. Mit dem Herzen glaube ich nicht, aber mit meiner Vernunft weiß ich, daß es etwas geben muß, was die Menschen Gott nennen. Gott ist in der Metaphysik ebenso notwendig, wie die Null in der Mathematik.«

»Schrecklich! Schrecklich!« flüsterte Reinbot und begann von der Unsterblichkeit und vom Leben nach dem Tode zu sprechen.

Pestel hörte ihm zu mit der Miene eines Menschen, der schlafen will; schließlich unterbrach er ihn mit einem Lächeln:

»Offen gestanden, habe ich das hiesige Leben satt. Das Gesetz der Welt ist das Gesetz der Identität: A ist a, Pawel Iwanowitsch Pestel ist Pawel Iwanowitsch Pestel. Und das ist schon seit dreiunddreißig Jahren so. Furchtbar langweilig! Dann ziehe ich schon das Nichts vor. Dort ist nichts, aber auch hier ist dasselbe. Aus dem einen Nichts ins andere. Der gute Schlaf ist ohne Träume, der gute Tod ohne Jenseits. Ich will so furchtbar schlafen, Herr Pastor.«

»Schrecklich! Schrecklich!«

Vom Abendmahl wollte er nichts wissen.

»Ich danke Ihnen, ich brauche es absolut nicht.«

Und als Reinbot ihn ermahnte zu bereuen, sagte er, ein Gähnen unterdrückend:

»Ach, Herr Reinbot, wollen wir uns doch lieber über Politik unterhalten.«

Und er begann vom englischen Parlament zu sprechen. Reinbot erhob sich.

»Entschuldigen Sie, Herr Pestel, ich kann nicht von solchen Dingen mit einem Menschen sprechen, der in den Tod geht.«

Nun stand auch Pestel auf und reichte ihm die Hand.

»Also gute Nacht, Herr Reinbot.«

»Was soll ich Ihren Eltern ausrichten?«

Über Pestels gedunsenes, gelbes, verschlafenes Gesicht – er hatte in diesem Augenblick besondere Ähnlichkeit mit Napoleon nach Waterloo – huschte ein Schatten.

»Richten Sie ihnen aus«, sagte er mit bebender Stimme, »daß ich vollkommen ruhig bin, an sie aber nicht ohne Schmerz denken kann. Übergeben Sie diesen Brief meiner Schwester Sophie.«

Der Brief war französisch und ganz kurz:

»Ich danke dir tausendmal, liebe Sophie, für die Zeilen, die du dem Brief unserer Mutter beigefügt hast. Ich bin gerührt von deiner zärtlichen Teilnahme und deiner Freundschaft. Glaube mir, meine Freundin, keine Schwester ist noch von ihrem Bruder so zärtlich geliebt worden, wie du von mir. Leb wohl, meine liebe Sophie. Dein dich zärtlich liebender Bruder und aufrichtiger Freund Pestel.«

Nachdem er den Brief Reinbot eingehändigt hatte, geleitete er ihn zur Tür, als wollte er ihn schneller loswerden. Aber in der Tür blieb er stehen, drückte ihm fest die Hand und sagte mit einem Lächeln:

»Gute Nacht, Herr Pastor. Sagen Sie mir doch auch ganz einfach: Gute Nacht!«

»Ich kann Ihnen nichts sagen, Herr Pestel. Ich kann nur . . .«

Reinbot kam nicht weiter, schluchzte, umarmte ihn und ging.

»Ein schrecklicher Mensch!« erzählte er später: »Es war mir, als spräche ich mit dem Teufel selbst. Ich ließ ihn mit verstocktem Herzen zurück und empfahl ihn der Barmherzigkeit Gottes.«

Als Pestel sich vor dem Aufbruch zur Richtstätte umkleidete, merkte er, daß er das goldene Brustkreuz, ein Geschenk Sophies, verloren hatte. Er erschrak, erbleichte und begann zu zittern, als hätte er plötzlich seinen ganzen Mut verloren. Lange suchte er es mit zitternden Fingern auf dem Boden. Endlich fand er es und begann es gierig zu küssen. Dann tat er es sich um den Hals und beruhigte sich sofort.

In Erwartung Poduschkins setzte er sich auf einen Stuhl, ließ den Kopf sinken und schloß die Augen. Vielleicht schlief er auch nicht, aber er sah wie ein Schlafender aus.

 

Michaïl Pawlowitsch Bestuschew-Rjumin fürchtete den Tod nach seinen eigenen Worten »wie der letzte Feigling und Schuft«. Er glich einem im Käfig zitternden Vogel, nach dem die Katze ihre Pfote ausstreckt. Zuweilen weinte er vor Angst, wie ein kleines Kind, ohne sich dessen zu schämen. Zuweilen staunte er:

»Was ist mit mir geschehen? Ich war doch niemals feige. Ich stand unter dem Kartätschenhagel auf der Ustimowschen Höhe und fürchtete mich nicht. Warum fürchte ich mich jetzt?«

»Damals gingst du freiwillig in den Tod, jetzt aber unter Zwang. Fürchte nur nicht, daß du fürchtest, und alles wird vergehen«, tröstete ihn Murawjow; aber er sah, daß der Trost nicht wirkte: Bestuschew hatte solche Angst, daß man glaubte, er werde gleich verrückt werden oder wirklich »wie der letzte Feigling und Schuft« sterben.

Murawjow wußte, womit er ihn hätte beruhigen können. Bestuschew fürchtete, weil er noch immer hoffte, »die Konfirmation sei nur eine Dekoration«, im letzten Augenblick werde ein Bote vom Zaren mit der Begnadigung geritten kommen. Um seine Angst zu besiegen, mußte man ihm diese Hoffnung nehmen. Aber Murawjow wußte nicht, ob er es tun solle; ob ihm nicht jemand die Augen mit dem heiligen Schleier der Hoffnung verhülle?

Bestuschew saß neben Murawjow in der 13. Zelle des Kronwerkes. Zwischen ihnen war eine Balkenwand, wie die, welche Murawjow von Golizyn trennte, und auch in dieser Wand war ein breiter Spalt. Sie stellten ihre Betten so auf, daß sie sich im Liegen unterhalten konnten.

In der letzten Nacht vor der Hinrichtung las Murawjow Bestuschew aus einem französischen Neuen Testament vor: Beide verstanden schlecht Kirchenslawisch.

»Und sie kamen zu dem Hofe, mit Namen Gethsemane. Und er sprach zu seinen Jüngern: Setzet euch hier, bis ich hingehe und bete. Und nahm zu sich Petrum und Jacobum und Johannem und fing an zu zittern und zu zagen . . .«

»Wart, Sserjoscha«, unterbrach ihn Bestuschew. »Was ist das?«

»Was denn, Mischa?«

»Steht es wörtlich: zu zittern und zu zagen?«

»Ja, so steht es.«

»Warum zitterte Er denn? Vor dem Tode?«

»Ja, vor den Leiden und dem Tod.«

»Wie ist es möglich, daß ein Gott den Tod fürchtet?«

»Es ist nicht der Gott, sondern der Mensch. Er ist Gott und Mensch zugleich.«

»Und wenn Er auch ein Mensch ist. Gibt es denn wenig furchtlose Menschen? Sokrates zum Beispiel trank das Gift, seine Beine waren schon erstarrt, und doch scherzte er noch immer. Aber was ist das? Es ging ihm doch so wie mir?«

»Ja, wie dir, Mischa.«

»Aber ich bin doch ein Schuft?«

»Nein, kein Schuft. Du bist vielleicht besser als viele furchtlose Menschen. Matjuscha und Pestel fürchten sich gar nicht, und das ist nicht gut.«

»Und Ippolit?«

»Ippolit sah den Tod nicht. Wer große Liebe hat, der sieht den Tod nicht. Aber unsere Liebe ist nicht so groß: Wir dürfen nicht fürchten.«

»Nun, lies, lies!«

Murawjow las weiter. Aber Bestuschew unterbrach ihn wieder.

»Sserjoscha, wie glaubst du, ist P. Pjotr ein ehrlicher Mensch?«

»Ja.«

»Warum lügt er dann immer, daß man uns begnadigen werde? Hast du das mit dem Boten gehört?«

»Ja.«

»Warum lügt er dann? Es wird doch kein Bote kommen? Wie glaubst du? Sserjoscha, warum schweigst du?«

Murawjow hörte es seiner Stimme an, daß er bereit war, wie ein Kind, ohne sich zu schämen, in Tränen auszubrechen. Er schwieg und wußte nicht, was zu tun: Soll er ihm die Wahrheit sagen, ihm den heiligen Schleier der Hoffnung nehmen oder sich seiner erbarmen und ihn betrügen? Er erbarmte sich seiner und betrog ihn.

»Ich weiß nicht, Mischa. Vielleicht wird ein Bote kommen.«

»Nun gut, lies!« rief Bestuschew erfreut. »Lies doch das aus dem Propheten Jesaias, was du dir einmal herausgeschrieben hast.«

Murawjow begann zu lesen:

»Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere ein Schwert aufheben und werden fort nicht mehr kriegen lernen.

Die Wölfe werden bei den Lämmern wohnen, und die Pardel bei den Böcken liegen. Und ein Säugling wird seine Lust haben am Loch der Otter.

Man wird nirgend lechzen noch verderben auf meinem heiligen Berge; denn das Land ist voll Erkenntnis des Herrn wie mit Wasser des Meeres bedeckt.

Und soll geschehen, ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.

Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet . . .«

»Wart, wie schön! Nicht der Vater, sondern die Mutter . . . Es wird doch alles wirklich so sein?«

»Ja, es wird so sein.«

»Nein, es wird nicht sein, es ist schon!« rief Bestuschew. »Im Anfang heißt es: ›Dein Reich komme‹ und zum Schluß: ›Denn dein ist das Reich.‹ Es ist, es ist schon da . . . Weißt du, Sserjoscha, als ich auf dem Platze von Wassilkow den Katechismus vorlas, gab es einen solchen Augenblick . . .«

»Ich weiß es.«

»Hast du es auch gehabt? . . . In einem solchen Augenblick zu sterben ist doch gar nicht schrecklich?«

»Es ist nicht schrecklich, Mischa.«

»Nun, lies, lies . . . Gib mir die Hand!«

Murawjow steckte die Hand durch den Spalt. Bestuschew küßte sie und drückte sie dann an die Lippen. Im Einschlafen hauchte er die Hand immer an, als küßte er sie auch im Schlaf. Manchmal fuhr er zusammen und schluchzte wie ein kleines Kind im Schlafe, immer leiser und leiser, bis er ganz still wurde und einschlief.

Auch Murawjow schlummerte.

Ihn weckte ein furchtbarer Schrei. Er erkannte Bestuschews Stimme nicht.

»Ah – ah – ah! Was ist das? Was ist das? Was ist das?«

Er hielt sich die Ohren zu, um nicht zu hören. Aber bald wurde alles still. Man hörte nur das Rasseln der Ketten, die man anlegte, und die beruhigende Stimme Trofimows:

»Ein schlafender Mensch ist wie ein kleines Kind, Euer Wohlgeboren: Er fürchtet alles. Wenn er erwacht, lacht er selbst darüber . . .«

Murawjow trat an die Wand, die ihn von Golizyn trennte, und fragte durch den Spalt:

»Haben Sie mein ›Vermächtnis‹ gelesen?«

»Ja.«

»Werden Sie es weitergeben?«

»Ja. Erinnern Sie sich noch, Murawjow, wie Sie mir sagten, daß wir das Wichtigste nicht wissen?«

»Ich erinnere mich dessen.«

»Ist denn nicht das das Wichtigste, wie es in Ihrem ›Vermächtnis‹ heißt: Zar Christus auf der Erde wie im Himmel?«

»Ja, das ist wohl das Wichtigste, aber wir wissen nicht, wie es zu machen.«

»Und solange wir es nicht wissen, geht Rußland zugrunde?«

»Es wird nicht zugrunde gehen, Christus wird es retten.«

Er schwieg eine Weile und fügte leise hinzu:

»Christus und noch jemand.«

»Wer denn?« wollte Golizyn fragen, fragte aber nicht: Er fühlte, daß man es nicht fragen dürfe.

»Sind Sie verheiratet, Golizyn?«

»Ja.«

»Wie heißt Ihre Gattin?«

»Marja Pawlowna.«

»Und wie nennen Sie sie?«

»Marinjka.«

»Küssen Sie also von mir Ihre Marinjka. Leben Sie wohl. Sie kommen, Gott schütze Sie!«

Golizyn hörte die Riegel und Schlösser an der Tür der Nachbarzelle rasseln.

Als die fünf, von Pawlowsker Grenadieren bewacht, in den Korridor traten, küßten alle einander, mit Ausnahme Kachowskijs. Er stand allein abseits, immer noch wie zu Stein erstarrt. Rylejew sah ihn an und wollte auf ihn zugehen, aber Kachowskij wies ihn stumm mit einem Blicke zurück: »Scher dich zum Teufel, Schurke!« Rylejew lächelte: »Tut nichts, gleich wird er es verstehen!«

Sie gingen. Kachowskij ging allein voraus; nach ihm Rylejew und Pestel Arm in Arm; Murawjow und Bestuschew, gleichfalls Arm in Arm, schlossen den Zug.

Rylejew bekreuzigte alle Zellentüren, an denen er vorbeiging, und sprach mit singender, gleichsam rufender Stimme:

»Lebt wohl, lebt wohl, Brüder!«

Als Golizyn die Schritte, das Rasseln der Ketten und die Stimme Rylejews hörte, stürzte er zum Guckloch und schrie dem Wärter zu:

»Heb auf!«

Der Wärter hob den Vorhang. Golizyn blickte hinaus. Er sah das Gesicht Murawjows. Murawjow lächelte ihm zu, als wollte er ihn fragen: ›Werden Sie es übergeben‹ – ›Ich werde es übergeben‹, antwortete Golizyn mit einem Lächeln.

Er trat ans Fenster und erblickte auf dem Kronwerk-Wall im trüben Schein des roten Sonnenaufgangs zwei schwarze Pfähle mit einem Querbalken und fünf Stricken.

 


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