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Elftes Kapitel

Als Mehivi das Haus verlassen hatte, begann Kory-Kory sofort, die Pflichten seiner Stellung zu erfüllen. Er brachte uns Nahrung verschiedener Art und bestand darauf, mich wie ein kleines Kind zu füttern. Vergeblich erhob ich ernsthaften Widerspruch; er legte eine Kalebasse mit Koku vor mich hin, wusch seine Finger in einem Gefäß mit Wasser, dann steckte er die Hand in die Schüssel, rollte die Speise zu kleinen Klößen und schob mir einen nach dem anderen in den Mund. Wenn ich mich widersetzte, erhob er ein solches Geschrei, daß ich nachgeben mußte. Toby durfte sich selbst bedienen.

Als die Mahlzeit vorüber war, ordnete mein Diener die Matten, bedeckte mich mit einem weiten Mantel aus Tappa, dann betrachtete er mich wohlgefällig und rief »Kai-Kai muï, muï, ah! Muï, muï, mortarkih. – Viel essen, ah! Schlafen sehr gut.« An der Weisheit dieser Worte zweifelte ich nicht. Da ich mehrere Nächte keinen Schlaf gefunden und der Schmerz in meinem Bein sehr nachgelassen hatte, benützte ich die Gelegenheit.

Als ich am nächsten Morgen erwachte, sah ich Kory-Kory an der einen Seite neben mir liegen, und Toby an der anderen. Ich fühlte mich nach einer ruhigen Nacht merklich erfrischt und war mit dem Vorschlag meines Dieners, daß ich zum Fluß hinabgehen und mich waschen sollte, sogleich einverstanden, nur fürchtete ich, daß mir die Bewegung zuviel Schmerz verursachen könnte. Aber diese Sorge war überflüssig, denn Kory-Kory sprang vom Pai-Pai herunter, lehnte sich daran wie ein Träger, der einen Koffer auf die Schulter heben will, und gab mir mit lautem Zuruf und einem Übermaß von Gebärden zu verstehen, daß ich auf seinen Rücken steigen sollte, da er mich zu dem etwa vierhundert Schritt vom Hause entfernten Fluß tragen würde.

Unser Erscheinen auf der Veranda vor dem Hause lockte sogleich eine Menge Zuschauer herbei, die eifrig miteinander sprachen. Sobald ich meine Arme um den Hals des freundlichen Menschen geschlungen hatte und er mit mir davontrabte, folgte die Menge, die hauptsächlich aus jungen Mädchen und Burschen bestand, uns sogleich, fröhlich lachend und springend, und begleitete uns ans Flußufer. Dort watete Kory-Kory ins Wasser, das ihm bis zu den Hüften reichte, trug mich etwa bis in die Mitte des Flusses und setzte mich dort auf einen glatten schwarzen Stein, der sich einige Zoll über die Wasserfläche erhob. Die amphibische Schar, die uns auf den Fersen folgte, sprang hinter uns in die Flut; erkletterte die grasbewachsenen Felsen, die hier und da aus dem Bett des Baches ragten, und wartete neugierig darauf, meinen Waschungen zuzusehen. Mich aber machte die Gegenwart des weiblichen Teiles der Gesellschaft noch befangen; schließlich zog ich meine Jacke aus und wusch mich bis zum Gürtel. So wie Kory-Kory begriff, daß ich nicht weitergehen wollte, schien er starr vor Staunen, stürzte auf mich zu und in einem Schwall von Worten verwahrte er sich gegen diese Beschränkung des Bades und hieß mich durch unverkennbare Zeichen mit dem ganzen Körper ins Wasser tauchen. Und da er mich offenbar für ein unerfahrenes Kind hielt, dem er helfen mußte, selbst wenn es dies übel aufnahm, so hob er mich einfach vom Stein und badete und wusch mich mit zartester Sorgfalt. Als dies vorüber war und ich mich wieder hinsetzte, sah ich erst die ganze Szene, die sich um mich entwickelt hatte, mit staunender Bewunderung.

Von all den grünen Steinen, die ringsumher lagen, glitten die Eingeborenen ins Wasser, tauchten und schwammen nach allen Richtungen; die jungen Mädchen machten fröhliche Luftsprünge, so daß das lange Haar um ihre Schultern flog, ihre Augen wie Tautropfen in der Sonne funkelten, und bei jedem lustigen Vorfall hallte ihr frohes Gelächter durch den Hain.

Am Nachmittag erhielten wir neuerlich den Besuch Mehivis. Der vornehme Wilde schien in gleich freundlicher Stimmung und war so herzlich wie zuvor. Er blieb etwa eine Stunde, dann stand er auf und lud Toby und mich ein, ihn zu begleiten. Ich wies auf mein Bein; aber Mehivi wies auf Kory-Kory. Ich stieg wieder auf die Schultern des treuen Menschen und, wie der Meergreis auf Sindbad dem Seefahrer ritt, folgte ich dem Häuptling, von Kory-Kory getragen.

Der Weg, auf dem wir gingen, zeigte mir mehr als alles das lässige Wesen der Inselbewohner. Es war offenbar der betretenste Pfad des Tales, in den mehrere andere von beiden Seiten mündeten, und war vielleicht seit Generationen die Hauptstraße gewesen; dennoch schien er, bis ich mich an ihn gewöhnt hatte, genau so verwachsen und schwierig wie die tiefste Wildnis. Ein Teil führte am Fuß einer steilen Böschung hin, voll vorspringender Felsblöcke, deren Spitzen oft durch den üppigen Pflanzenwuchs und das hängende Laub verborgen waren. Bald führte der Weg direkt über diese Felsen, bald in einem weiten Umkreis um sie herum; bald führte er plötzlich über glatte Steine in die Höhe, stieg auf der anderen Seite in eine tiefe Schlucht hinab oder in das kiesige Bett eines Baches. Bald lief er mitten durch einen Wald, und man mußte sich beständig unter mächtige wagerechte Zweige bücken, bald über gewaltige Stämme und Äste hinwegschreiten, die quer über den Weg lagen und dort verfaulten.

Das war die Hauptstraße in Taïpi. Kory-Kory keuchte und schnob unter meiner Last; ich stieg daher bald ab, faßte Mehivis langen Speer und half mir damit; es war immer noch bequemer als die andere Art, die für mich und meinen müden Diener gleich beschwerlich wurde. Wir erstiegen einen Hügel, den wir plötzlich vor uns ansteigen sahen, und waren am Ziel. Es wird nicht leicht sein, die Stelle so lebhaft mit Worten zu schildern, wie ich sie vor mir sehe. Hier lagen die Haine des Tales, die »Tabu« waren, der Schauplatz manchen bis tief in die Nacht reichenden Festes, mancher schauerlichen Gebräuche. Unter den dunkeln Schatten der heiligen Brotfruchtbäume herrschte ein feierliches Zwielicht, ein Düster wie in einer Kathedrale. Der furchtbare Geist heidnischen Götzendienstes schien in dem Schweigen zu hausen, und jeder Gegenstand schien von ihm erfüllt. Da und dort in unheimlichem Schatten, durch überhängende Laubmassen halb verborgen, erhoben sich Altäre aus ungeheuren schwarzen, geglätteten Steinblöcken erbaut, ohne Bindemittel zwölf, fünfzehn Fuß hoch aufeinandergeschichtet und von einem einfachen offenen Tempel überragt, den ein niedriger Zaun aus Rohrpfählen umgab. Darin konnte man Opfer von Brotfrucht und Kokosnüssen in den verschiedensten Graden der Fäulnis und ebenso faulende Reste irgendeines kürzlich dargebrachten Opfers sehen.

In der Mitte des Waldes lag der geheiligte »Hulah-Hulah-Grund«, der für die phantastischen, religiösen Feierlichkeiten dieser Stämme dient. Auf einem weiten rechteckigen Pai-Pai stand an beiden Enden je ein hoher stufenförmiger Altar, und um ihn scheußliche hölzerne Götzenbilder gereiht, während sich an den beiden anderen Seiten je eine Reihe von einfachen Bambushütten befand, die gegen das Innere des Vierecks offen waren. In der Mitte standen gewaltige Bäume, die ihren tiefen Schatten über den ganzen Raum warfen und um deren massige Stämme Stufen aus leichtem Holzwerk liefen; wenige Fuß über den Boden erhöht und mit einem Rohrgeländer versehen, bildeten sie die einfachen Kanzeln, von denen die Priester zu ihrer Gemeinde sprachen.

Dieses Allerheiligste war durch das strengste »Tabu« vor jeder Entweihung geschützt. Jedes Weib, das den geheiligten Raum betrat oder berührte, ja, nur ihren Fuß in seinen Schatten setzte, war zu sofortigem Tode verurteilt.

Man betrat den abgeschlossenen Raum auf der einen Seite durch eine Art Laubentor, dem gegenüber sich turmhohe Kokosnußbäume erhoben, die in regelmäßigen Zwischenräumen auf einen flachen Grund von etwa zweihundert Schritt Länge gepflanzt waren. Am anderen Ende der Palmenreihe sah man ein Gebäude von beträchtlicher Größe, in dem die Priester und Diener des Haines wohnten. In seiner Nähe stand ein anderes bemerkenswertes Gebäude, das wie alle über einem Pai-Pai errichtet und wenigstens zweihundert Fuß lang, aber nicht mehr als zwanzig breit war. Die ganze Vorderseite dieses Gebäudes war völlig offen, und von einem Ende zum anderen lief eine enge Veranda, die am Rande des Pai-Pais durch einen Rohrzaun eingehegt war. Das Innere schien eine ungeheure Halle, der ganze Boden war mit mehreren Lagen von Matten bedeckt, die zwischen parallelen Kokosnußbaumstämmen ausgebreitet waren; die Stämme selbst waren die geradesten und regelmäßigsten, die im Tale zu finden gewesen waren.

Zu diesem Gebäude, das die Eingeborenen in ihrer Sprache das »Tai« nannten, führte uns Mehivi. Bis dahin hatte eine Schar von Eingeborenen beiderlei Geschlechts uns begleitet; aber sobald wir in die Nähe der Halle kamen, trennten sich die Frauen allmählich von der Schar und blieben zurück. Das mitleidlose Verbot des »Tabu« erstreckte sich auch auf dieses Gebäude.

Als ich das Haus betrat, sah ich zu meiner Überraschung sechs Musketen gegen die Bambuswand auf der einen Seite gelehnt; von ihren Rohren hingen ebenso viele Beutel aus Segeltuch, die zum Teil mit Pulver gefüllt waren. Um diese Musketen waren die mannigfaltigsten Spieße, Ruder, Wurfspeere und Keulen in großer Zahl gereiht. »Dies«, sagte ich zu Toby, »muß das Arsenal des Stammes sein.«

Als wir am Gebäude weiter entlang schritten, erblickten wir vier oder fünf scheußliche alte Geschöpfe, die durch Alter und Tätowierung jede Menschenähnlichkeit verloren hatten. Denn bei den Kriegern wird die Tätowierung bis ins höchste Alter fortgesetzt; die Figuren verwischen sich zuletzt, und so war die Körperfarbe dieser alten Leute ein einförmiges stumpfes Grün geworden. Ihre Haut hatte ein schauerlich schuppiges Aussehen; ihre Glieder waren wie aus staubiger grüner Bronze. Ihr Fleisch hing stellenweise in unförmigen Falten herab, wie von den Flanken eines Nashorns. Ihre Köpfe waren vollkommen kahl, auf den verrunzelten Gesichtern wuchs kein einziges Barthaar. Am eigentümlichsten sahen ihre Füße aus: die Zehen waren auseinandergespreizt und wiesen wie die Linien der Windrose auf einem Schiffskompaß nach allen Richtungen des Horizonts.

Die abschreckenden Geschöpfe schienen den Gebrauch ihrer Glieder völlig verloren zu haben; mit gekreuzten Beinen saßen sie auf dem Boden und nahmen von uns nicht die geringste Notiz. Tatsächlich schienen sie sich unserer Gegenwart gar nicht bewußt.

Mehivi hieß uns auf den Matten Platz nehmen, und Kory-Kory sprach irgendein unverständliches Kauderwelsch. Wenige Augenblicke später trat ein Knabe mit einer hölzernen Schüssel voll Poï-Poï ein, und wieder mußte ich mich von meinem unermüdlichen Diener füttern lassen. Verschiedene andere Gerichte folgten; der Häuptling nötigte uns gastlich, uns zu bedienen und gab uns selbst das beste Beispiel. Als die Mahlzeit zu Ende war, wurde eine Pfeife angezündet, die von Mund zu Mund ging; sie hatte eine einschläfernde Wirkung und bei der Stille des Ortes, und da die Schatten der Nacht immer tiefer wurden, sanken Toby und ich in eine Art Dämmerzustand, während der Häuptling und Kory-Kory neben uns einzuschlummern schienen.

Gegen Mitternacht erwachte ich aus unruhigem Schlaf; ich richtete mich halb auf der Matte auf. Rings um uns war es völlig dunkel. Toby lag und schlief, aber unsere Begleiter waren verschwunden. Das einzige Geräusch, das die Stille unterbrach, war das asthmatische Atmen der Greise, die in einiger Entfernung von uns ruhten. Außer ihnen schien niemand mehr im Hause zu sein.

Schlimmes befürchtend, weckte ich meinen Gefährten; flüsternd erörterten wir das unerwartete Verschwinden der Eingeborenen, als plötzlich in der Tiefe des Haines vor uns Flammen aufschossen und die umgebenden Bäume hell beleuchteten, während alles ringsumher in noch tieferes Dunkel gehüllt schien. Jetzt wurden dunkle Gestalten sichtbar, die sich zwischen den Flammen hin und her bewegten, während andere tanzten und umhersprangen und den Eindruck von Dämonen machten.

Ängstlich fragte ich meinen Freund: »Was kann das bedeuten, Toby?«

»Oh, nichts!« erwiderte er, »vermutlich machen sie das Feuer zurecht!«

»Das Feuer!« rief ich, während mein Herz wie ein Schmiedehammer zu schlagen begann, »was für Feuer?«

»Nun, das Feuer, auf dem sie uns kochen wollen, natürlich! Zu welchem Zweck sonst würden die Kannibalen solchen Radau machen, wenn nicht dazu?«

»Laß jetzt deine schlechten Witze, Toby! Es ist nicht Zeit zu scherzen! Ich fühle, daß sich etwas vorbereitet.«

»Witze!« rief Toby wütend. »Ist es meine Gewohnheit, Witze zu machen? Wozu sollten die Teufel uns denn drei Tage gefüttert haben, als zu diesem scheußlichen Zweck? Hat der Kory-Kory dich nicht mit seinem verfluchten Brei gestopft, wie man Schweine mästet, bevor man sie schlachtet? Verlaß dich darauf, wir werden noch diese Nacht verspeist werden, und an dem Feuer da wollen sie uns braten.«

Diese Ansicht war nicht sehr beruhigend; wir waren ja tatsächlich einem Stamm von Menschenfressern auf Gnade und Ungnade ausgeliefert, und das Schreckliche war keineswegs unmöglich.

»Da, ich sagte es dir, da kommen sie, um uns zu holen!« rief Toby, als vier Gestalten, die sich scharf von dem erleuchteten Hintergrund abhoben, das Pai-Pai erstiegen und herankamen. Geräuschlos glitten sie durch die Finsternis, die uns umgab, als fürchteten sie, uns aufzustören, bevor sie uns gefaßt hatten. Die furchtbarsten Gedanken drängten sich in diese eine Minute; kalter Schweiß trat auf meine Stirn, und regungslos vor Schrecken erwartete ich mein Schicksal.

Das Schweigen wurde durch die wohlbekannte Stimme Mehivis unterbrochen, die so freundlich klang, daß meine Furcht im Augenblick schwand. »Tommo, Toby, Kai-Kai!« – »Essen.« Er schien überrascht, uns wach zu finden.

»So? Kai-Kai!« sagte Toby grob; »dann kocht uns wenigstens erst – aber was ist denn das?« fügte er hinzu, als ein anderer Wilder erschien, der ein mächtiges Hackbrett trug, auf dem, wie deutlich zu riechen war, irgendein dampfend heißes Gericht lag und das er zu Mehivis Füßen auf den Boden setzte. »Vermutlich ein gebackenes Baby! Aber ich esse nicht davon, auf keinen Fall! Da wäre ich ja ein schöner Dummkopf, wenn ich mich hier mitten in der Nacht aufwecken ließe, um zu fressen und zu saufen, nur damit ich recht fett werde und so ein Haufen blutgieriger Kannibalen mich eines schönen Morgens verspeist! Nee, nee; ich weiß jetzt, was die Kerle wollen, und ich werde so hungern, bis ich nur noch Haut und Knochen bin; sie sollen eine Freude haben, wenn sie mich dann anrichten! Tommo, du wirst doch von dem Zeug da im Finstern nichts essen? Wie willst du denn wissen, was es ist?«

»Indem ich's koste«, sagte ich, und ich kaute bereits einen Bissen, den Kory-Kory mir in den Mund gesteckt hatte; »und ich kann dir sagen, es schmeckt vorzüglich, ähnlich wie Kalbfleisch!«

»Gebackenes Kinderfleisch ist's, beim seligen Kapitän Cook!« brüllte Toby. »Kalbfleisch? Auf der Insel gab es doch kein Kalb, bevor du gekommen bist. Ich sage dir, sie mästen dich mit irgendeinem toten Happar, so wahr ich lebe!«

Das war ein scheußliches Gefühl. Wie Brechmittel und lauwarmes Wasser! In der Tat, wo sollten denn die Teufel Fleisch herbekommen haben! Aber ich wollte sicher gehen, wendete mich zu Mehivi und machte dem dienstwilligen Häuptling rasch begreiflich, daß ich Licht wünschte. Als die Fackel gebracht wurde, blickte ich scharf auf das Brett und erkannte die verstümmelten Reste eines Ferkels! »Puerki!« rief Kory-Kory, wohlgefällig darauf blickend. Ich habe nie wieder vergessen, daß dies die Bezeichnung für Schweinefleisch in der Taïpi-Sprache ist!

Am nächsten Morgen, nachdem wir von dem gastlichen Mehivi nochmals reich bewirtet worden, erhoben Toby und ich uns, um zu gehen. Aber der Häuptling bat uns, unsere Absicht zu verschieben. »Abo, abo, wartet, wartet«, sagte er, und so setzten wir uns wieder nieder, während er von dem eifrigen Kory-Kory unterstützt, einer Anzahl Eingeborenen draußen Befehle erteilte. Wenige Augenblicke später ließ er uns kommen, und wir sahen, daß er eine Art Ehrengarde aufgestellt hatte, die uns nach dem Hause Marheyos zurückgeleiten sollte.

An der Spitze des Zuges schritten zwei ehrwürdig aussehende alte Wilde; jeder trug einen Speer, von dessen Ende ein Wimpel aus milchweißem Tappa flatterte. Nach ihnen kamen mehrere Jünglinge, die Kalebassen voll Poi-Poi auf den Häuptern trugen; ihnen folgten wieder vier stämmige Kerle mit langen Bambusstäben, von deren Spitze wenigstens zwanzig Fuß über dem Boden gewaltige Körbe voll grüner Brotfrucht hingen. Dann kam eine Schar von Jungen, die Bündel reifer Bananen und aus Kokospalmblättern geflochtene Körbe trugen, angefüllt mit frischen Nüssen, deren Schalen, von der zottigen Hülle befreit, aus dem grünen Weidengeflecht hervorsahen. Zuletzt kam ein stämmig gebauter Insulaner, der auf dem Kopf ein hölzernes Tranchierbrett trug, auf dem die Überbleibsel unseres nächtlichen Mahles mit Brotfruchtblättern zugedeckt lagen.

Der erstaunliche, grotesk aussehende Aufzug machte mich lächeln; es schien Mehivis Absicht, die Speisekammer des alten Marheyo aufzufüllen; vielleicht fürchtete er, daß seine Gäste sonst nicht so gut genährt werden könnten, wie er es wünschte. Sowie wir vom Pai-Pai herunterkamen, nahm der Zug uns in seine Mitte; Kory-Kory nahm mich auf die Schulter, und gelegentlich erleichterte ich es ihm unterwegs, indem ich ein Stück weit an einem Speer ging. Als wir uns in Bewegung setzten, begannen die Eingeborenen eine Art Rezitativ, das sie in Wechselgesängen fortsetzten, bis wir an unserem Bestimmungsort anlangten. Unterwegs kamen Scharen junger Mädchen aus den Wäldern der Umgebung, die uns unter lustigem Rufen und Lachen freudig begleiteten und beinahe die tiefen Töne des Marschrezitativs überschrien. Als wir uns dem Wohnort des alten Marheyo näherten, stürzten die Insassen heraus, uns zu empfangen; und während Mehivis Gaben verstaut wurden, machte der uralte Krieger den Hausherrn mit all der Wärme und vornehmen Gastlichkeit, mit der ein englischer Landedelmann seine Freunde in seinem Stammschloß empfangen und bewirten könnte.


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