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G.
Richelieu in der Bastille.

(Nach den Mémoires historiques, t. II, p. 109.)

Jean François Armand Duplessis, Herzog von Richelieu, in die Bastille gesetzt wegen Zweikampfs mit Herrn de Matignon, Grafen de Gacé, Gouverneur der Landschaft Aunis.

Der Herzog von Richelieu war damals zwanzig Jahr alt. Er war am 13. März 1696 geboren.

Er wurde dreimal in die Bastille gesetzt: am 22. April 1711, am 4. März 1716 und am 28. März 1719, das erste Mal unter dem Namen des Herzogs von Fronsac, die beiden andern Male unter dem des Herzogs von Richelieu.

Die Ursache seiner Einsperrung i. J. 1711 war die, daß er bei einer hohen Prinzessin, Der Herzogin von Burgund. der Mutter eines großen Prinzen, geschlafen hatte. Er war dabei von Herrn de Cavoie auf der That ertappt worden, und dieser teilte die Sache der Frau von Maintenon mit. Im Augenblicke der Überrumpelung war Herr von Richelieu völlig nackt aus dem Bett gesprungen und hatte sich darunter versteckt. Er wurde diesmal von seinem Vater in die Bastille geführt.

Der Anlaß zu seiner zweiten Einsperrung i. J. 1716 war folgender. Herr von Richelieu plauderte auf dem Ball der Großen Oper eine nächtliche Orgie aus, bei der Frau von Matignon das Opfer aller Gäste und sogar der Bedienten gewesen war, Herr von Matignon forderte und verwundete ihn, und um ihn den Händen des Parlements zu entziehen, das die Herzöge und Pairs richten zu wollen sich erkühnte, schickte man ihn in die Bastille.

I. J. 1719 brachte ihn sein Verhältnis zu Fräulein von Valois zum drittenmale ins Gefängnis. Charlotte Aglaé von Valois, spätere Herzogin von Modena, war die dritte Tochter des Regenten und sterblich in den Herzog verliebt, der neben ihr noch sieben bis acht andere Geliebten hatte, von denen drei Prinzessinnen von Geblüt waren. Die Liebes-Korrespondenz aller dieser Damen ist noch vorhanden und wird wahrscheinlich eines Tages gedruckt werden. Die Tochter des Regenten legt in ihren Briefen den lebhaftesten Schmerz über ihre Abreise nach Modena an den Tag: während der Reise von Paris nach Lyon schrieb sie dem Herzog sechsundzwanzig bis dreißig Klagebriefe. Zur Zeit ihrer Abreise zirkulierte in Paris folgendes Gedicht:
J'épouse un des plus petits princes,
Maître de très-petits États,
Quatre desquels ne vaudraient pas
Une de nos moindres provinces.
Là le plus chéri des amours,
Est celui qu'on fait à rebours,
Nul jeu, finance très-petite –
Quelle différence, grand Dieu!
Entre ce pauvre et triste lieu
Et le riche lieu que je quitte!

Es muß übrigens bemerkt werden, daß diese Liebschaft nicht der alleinige Grund für die Gefangensetzung des Herzogs war: Richelieu hatte sich wie der Herzog von Maine mit dem spanischen Gesandten Prinzen von Cellamare in eine Verschwörung eingelassen, die gleichzeitig mit der Maineschen entdeckt wurde und seine Verhaftung zur Folge hatte.

Am 25. August 1786 machte der Herzog der Bastille einen letzten Besuch und bestieg dabei die Türme, obschon er neunzig Jahre fünf Monate zwölf Tage alt war. Er starb 1788.

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