Ludwig Huna
Die Kardinäle
Ludwig Huna

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Einunddreißigstes Kapitel

Im Vatikan, in einem Gemach zu ebener Erde versammelten sich insgeheim die Kardinäle. Die Verhaftung Petruccis und de Saulis hatte ihnen Erbitterung und Schreck in die Glieder gejagt. Sie können es nicht fassen, daß ihr Oberhaupt sich mit dem Fluch der Borgia beladen will, daß er es wagen könne, die sonst unantastbaren Kardinäle ohne ihre Zustimmung in Gewahrsam zu nehmen.

Soderini und Corneto flüstern miteinander in höchster Erregung. Wird man sie auch zur Rechenschaft ziehen? Ist man auf ihre Konspirationen bei den Banketten drauf gekommen? Hat man ihre Beratungen überwacht, ihr Kommen und Gehen beschnüffelt?

Die Kardinäle beschließen eine Abordnung an den Papst zu senden und ihn zu bitten, die beiden Kardinäle freizulassen.

Paris de Grassis tritt der Abordnung entgegen. »Seine Heiligkeit hat sich in die Engelsburg zurückgezogen, deren Wachen verstärkt wurden. Seine Heiligkeit wünscht unbelästigt zu bleiben.«

Die Kardinäle grollen noch lauter. Das Verhalten des Papstes ist ungeheuerlich und widerspricht der herkömmlichen Gepflogenheit. De Grassis kündigt ihnen an, der Papst habe 340 beschlossen, am 29. Mai ein Konklave einzuberufen, um die Kardinäle über die Ursache der Verhaftung der beiden Kirchenfürsten aufzuklären. Man geht unter Murren und Kopfschütteln auseinander. Wispeln und Flüstern in den Kardinalsgruppen, man hört den Namen Giulio öfter nennen. Auch Cibò, der Verwandte des Papstes, wird gemieden. Deutlich fühlt man, daß die Stimmung gegen den Papst die Oberhand gewinnt.

Battista da Vercelli und Nino haben die Dummheit begangen, sich in das mediceische Florenz zu flüchten. Schergen des Kardinals Giulio wissen sie aus ihren Schlupfwinkeln herauszukitzeln. Sie werden gefangen und nach Rom gebracht, auf die Folter geworfen, und sie gestehen, von einem Plan der Vergiftung des Papstes gewußt zu haben. Mehr nicht.

Aber dieses wenige genügt, um im Verein mit den Briefen Petruccis als Schuldmaterial zu gelten. In der Engelsburg tönen die herzzerreißenden Folterschreie der beiden bis in die Zimmer der gefangenen Kardinäle.

Petrucci bekennt vor dem geistlichen Gericht rückhaltlos seine Absicht. Aber er verflucht auch Leo, der sein Treuwort gebrochen und einen reumütigen Menschen gnadenlos von sich gewiesen.

De Sauli gesteht nur, daß er von der Absicht Petruccis, sich zu rächen, gewußt, doch über die 341 Art der Ausführung nichts erfahren habe, seine Schuld sei nur, geschwiegen zu haben.

Der Papst schließt sich in der Engelsburg ein und will niemand sprechen. Er mustert im Geist alle Kardinäle und glaubt immer mehr Mitschuldige unter ihnen zu entdecken. Jeder, der einst seine Stimme für ihn bei der Papstwahl verweigert hatte, erscheint ihm verdächtig. Sein Argwohn überfegt jeden zweiten mit Schuld oder Mitschuld. Ihn überschleicht die Furcht, auch nur einen einzigen Kardinal zu empfangen, denn er glaubt ihn mit dem Dolch bewaffnet vor sich zu sehen. Seine Angst wächst von Tag zu Tag, er glaubt sich des Nachts verfolgt und läßt auf dem Gang Doppelposten aufstellen. Die Nähe der gefangenen Kardinäle drückt auf ihn wie ein Alp, er argwöhnt, daß sie von ihren Mitverschworenen befreit werden könnten. Bis in die Nacht sitzt er über den Akten, die ihm der Prokurator jeden Abend vorlegt. Petrucci gilt ihm als der Hauptschuldige und er ist so gerecht, de Sauli mit einer milderen Schuld zu belasten; aber ihn freizulassen, vermag er sich nicht zu entschließen.

Im Grübeln und Sinnen aber vergißt er seine Geldgier nicht. Sie schleicht wie ein Dämon heran, überfällt ihn beim Lesen der Prozeßakten, während vor seinen Augen die Verzweiflungsschreie Petruccis auf dem Protokollpapier festgehalten sind. Gold, blinkendes, gutes Gold 342 könnte aus diesem Gewoge des Hasses in seine Hände gelangen. Petruccis schöner Palast mit allen Antiken und Kunstgegenständen, seine Pfründen, sein Bankvermögen könnten in die Hände der Kirche fallen, wenn der Besitzer beseitigt ist. Der aus dem Leben gestrichene Kardinal müßte zur Vermehrung des Mediceer-Schatzes wesentlich seinen Beitrag leisten.

Und da nun einmal Mitschuldige da sind, so spinnt der Papst seine Gedankenfäden weiter. Auch de Sauli muß sich bequemen zu zahlen, wenn er mit dem Leben davonkommen soll. Dann nennt der Brief an Urbino noch die verschwörungswilligen Kardinäle Riario, Adriano da Corneto und Soderini. Sie sollen ihre Begnadigung teuer erkaufen. Riesenziffern tanzen vor des Papstes Gieraugen herum. Er taxiert die Besitztümer, Ämter und Pfründen der verdächtigen Kardinäle und wirft stattliche Summen aufs Papier. Sie wachsen von Name zu Name. Was allein könnte ihm Riario einbringen! Der Name blendet ihn wie ein giftroter Pilz im Grünen. Wenn dieser Mensch ihn, den Papst, beiseitegeschoben hätte, wäre er selbst Papst geworden. Riario wäre das Triumphgeschrei der andern geworden. Sie hätten den alten Fuchs, der so bescheiden tut, auf den Heiligen Stuhl erhoben. Du Wolf im Schafspelz, dein Papsttraum soll dir teuer zu stehen kommen.

343 Am nächsten Tag gibt der Papst den Befehl, den Kardinal Riario vorzuladen und gleichzeitig auch das Konklave einzuberufen.

Am 29. Mai sitzen die Kardinäle in erregtem Gespräch im Vorsaal des Konklavezimmers. Der Kardinal von Ancona Giovanni Accolti wird sofort zum Papst gerufen, der in einem entfernten Zimmer sitzt. Minuten und Viertelstunden vergehen. Weder der Papst noch Ancona, der Mitglied des geistlichen Gerichtes ist, zeigen sich bei den Kardinälen. Diese beginnen zu stutzen, zu murmeln und zu murren. Dieses Wartenlassen ist doch sonst nicht seine Art. Farnese wird vom Zeremonienmeister gerufen. Gleich darauf Riario, der mit unbefangenem Gemüt soeben mit Farnese gescherzt hatte.

Wenige Minuten, nachdem Riario hinter der Tür verschwunden, trat der Papst aus seinem Zimmer, bleich, zitternd. Der Zeremonienmeister empfängt ihn im Vorzimmer. Sonderbar, denkt de Grassis, es ist Sitte, daß der Papst, wenn er zu den Kardinälen kommt, zwischen zwei Kammerherren geht, und heute ist er allein, ohne Meßgewand? Er erbietet sich, dem Papst das Gewand umzuwerfen, das zwei Diener bereithalten. Der Papst wehrt ab.

»Ich habe die Kardinäle lange warten lassen, ich bitte um Entschuldigung. Sie mögen auseinander gehen. Das Konklave ist zu schließen.« 344 Seine Stimme bebt merklich. Die schwammigen Glieder können sich kaum aufrecht halten.

»Was ist geschehen?« erlaubt sich de Grassis zu fragen.

»Ich habe den Kardinal Riario, Vizekanzler des heiligen Stuhls und Dekan des Kardinalskollegiums soeben durch den Hauptmann Rangone verhaften lassen. Er ist ein Mitschuldiger des Kardinals Petrucci.«

»Oh, Allerheiligster Vater, Riario! Das geht wie ein Lauffeuer durch ganz Rom. Man wird es nicht fassen können –«

»Fragt jemand, ob ich es fassen könne?« Leo bebt am ganzen Leibe. »Meldet es den Kardinälen.« Darauf geht er in sein Arbeitszimmer zurück.

Die Kardinäle, ohnehin schon gereizt, empfangen die Nachricht mit höchster Bestürzung. Die Kirchenfürsten erheben sich und besprechen erregt das unerhörte Ereignis. Einer der beliebtesten, kunstsinnigsten Kardinäle unter dem Verdacht der Verschwörung gefangen! Er, dem ein Großteil von ihnen die Papstwürde zugedacht hatte! Der Groll gegen die Maßnahme des Papstes wuchs von Minute zu Minute. Für die meisten stand es fest, daß Riario jetzt seine angebliche Verbundenheit mit den Pazzi, die vor vielen Jahren gegen die Medici in Florenz mit Dolchen losgegangen waren, bitter bezahlen 345 müsse. Auch daß er Vizekanzler des Heiligen Stuhles war, neidete ihm der Kardinal Giulio. Vielleicht erweckte auch die Prachtentfaltung des Kardinals, der oft mit seinen vierhundert reichbeschirrten Pferden durch Rom ritt, den Neid des Papstes. Zudem war bekannt, daß Riario seinerzeit die Ernennung des Bastards Giulio de'Medici zum Kardinal heftig bestritten hatte. Alles zusammen mochte wohl Zündstoff genug für Leo gewesen sein.

Die Kardinäle schicken eine Abordnung zum Papst, die das Schicksal des Gefangenen erleichtern helfen soll. Sie erwirkte auch tatsächlich, ohne vor den Papst gelassen zu werden, doch wenigstens die Milderung, daß Riario nicht in der Engelsburg, sondern im Vatikan sorgsam verwahrt wird.

Durch dieselbe Deputation verpflichtet Leo das Kollegium zum Schweigen über die Vorfälle. Was zur Folge hatte, daß zwei Stunden darauf ganz Rom von den Vorfällen wußte. Die Römer standen in den Straßen und hielten sich die Köpfe vor Verwunderung. Riario gefangen! Den sie ob seiner Leutseligkeit liebten und verehrten. Was fiel dem Papst ein, ihn derart zu beschuldigen?

Da endlich läßt Leo wenigstens seinen Vetter Giulio und Farnese zu sich. Bibbiena traut er plötzlich nicht mehr, denn er weiß, daß dieser trotz der Freundschaft zu ihm ebenfalls mit der 346 Papstwürde liebäugelt. Eine Art Verfolgungswahn überrennt ihn. Er läßt den Kardinälen sagen, er könne sich nicht eher beruhigen, als bis alle Schuldigen reumütig vor ihm stünden. Seine Angst vor einem zersetzten, gegen ihn verschworenen Kardinalskollegium geht so weit, daß er sich mit einer ausgewählten Leibgarde von Schweizern umgibt, die ihn bei der Messe sogar bis zum Altar begleiten müssen.

Anfangs Juni beruft Leo abermals das Kardinals-Kollegium ein.

Die Kardinäle wettern und grollen. Wird er sie wieder zum Narren halten wie das erstemal?

Nun ist es so weit. Die Flügeltüren öffnen sich, der Papst tritt bleich und erregt vor die Purpurträger hin. Er gibt ihnen gar keine Rechenschaft über sein strenges Vorgehen. Aber er läßt jeden Kardinal einzeln vortreten und läßt ihn eidlich erklären, ob er schuldig oder unschuldig sei.

Doch noch ehe der älteste Kardinal gerufen wird, fegt Leo über die Köpfe hin: »Es sind noch zwei Verschwörer unter Euch, und melden sie sich nicht freiwillig, so werden sie herausgeholt und in die Engelsburg geworfen.« Aber niemand meldet sich.

Da läßt der Papst den Kardinal Soderini vortreten, und er senkt seinen Blick wie einen Stahl in das Herz des Kirchenfürsten. »Ihr seid nicht schuldig?«

347 Soderini verneint.

Da hält ihm Leo den Urbinobrief Petruccis vor die Augen.

Dem Kardinal stürzen Tränen über die Wangen. »Ich habe von der Unzufriedenheit Petruccis gewußt, nicht aber von der Ungeheuerlichkeit seines Vorhabens.«

»Ich glaube Euch nicht!« brüllt Leo über sein Haupt hin. »Und Ihr, Adriano da Corneto?« Des Papstes Miene ist gänzlich verzerrt.

Der beschuldigte Kardinal wehrt sich heftig gegen den Verdacht. Aber dem von der Borgia-Vergiftung arg belasteten Kardinal traut Leo alles zu.

Farnese und Remolini reden unausgesetzt in Adriano hinein, halten ihm vor, daß er sich sein Schicksal erleichtere, wenn er bekennen wollte. Endlich gesteht er, daß er wohl von dem bösen Trachten Petruccis gewußt, es aber nicht gebilligt habe. Beide Kardinäle sprachen die Wahrheit.

Darauf jagt Leo das Kollegium auseinander. Schließt sich wieder ein und nimmt seinen Vetter Giulio wieder zu sich. »Du meinst, ich sei zu milde, weil ich Adriano und Soderini frei herumlaufen lasse?«

»Ich staune in der Tat über Eure Sanftheit, Allerheiligster Vater.«

»Ich bin nicht blutgierig, ich will sie mit der Angst davonkommen lassen, aber sie sollen ihren 348 Tribut zahlen, sollen ihr Geld auf den Tisch werfen, das ihre Schuld wert ist. Fünfundzwanzigtausend Dukaten sollen sie zusammen aufbringen, das stopft schon ein wenig das Loch in meinem Beutel. Es ist glimpflich genug, was ich über sie verhänge.«

Giulio verzieht die Unterlippe. »Ich hätte sie an Eurer Stelle in die dunkelste Kammer der Engelsburg werfen lassen, wo sie ein paar Jahre Zeit gehabt hätten, über die Opportunität päpstlicher Verschwörungen nachzudenken.«

»Das kann noch immer erwogen werden. Die fünfundzwanzigtausend Dukaten sind noch kein Schlußpunkt.«

Die verurteilten Kardinäle atmen auf. In aller Eile bringen sie die enorme Summe auf, tragen sie selbst vor den Papst hin. Leo runzelt die Stirn. Seine Harpyiennatur schwelgt sich aus. »So war's nicht gemeint, Ihr seid falsch berichtet. Jeder von Euch hat fünfundzwanzigtausend Dukaten zu zahlen.«

Die Kardinäle erschrecken. Sie stammeln etwas von einer Unmöglichkeit – da weist ihnen Leo die Tür.

Noch am selben Abend meldet der Kapitän der Schweizer, daß beide Kardinäle aus Rom entflohen seien, niemand wisse wohin.

Soderini und Adriano hatten wohl gewußt, wessen sie sich zu versehen hätten, wenn sie das 349 restliche Geld nicht aufbringen konnten. Soderini war nach Fondi geflohen, wo ihn die starke Hand seines Freundes Prospero Colonna schützte. Über Adrianos Schicksal war zunächst nichts zu erfahren. Man wußte nur, daß er in Begleitung seines Bereiters und eines Mönches des nachts auf der Via Tiburtina davongeritten sei.

Zu Pfingsten läßt Leo die Kardinäle abermals versammeln, nachdem er ihnen die ganze Zeit über ausgewichen war. Sie glauben in seinen Mienen Milde und Versöhnung lesen zu können. »Ich will den schuldigen Kardinälen alles verzeihen,« sagt er. Tränen fließen über die roten Wangen, er scheint gerührt und von seiner eigenen Milde ergriffen zu sein. Farnese tritt vor und dankt dem Papst für die unerhörte Gnade.

Aber nach der Messe, die Leo selbst zelebriert, ändert er plötzlich seinen Sinn. Ein unverhoffter Besuch wartet nach der Messe auf ihn. Sein Neffe Lorenzo ist aus dem Felde nach Siena geeilt, um sich mit Raffaello Petrucci über das Schicksal Petruccis zu beraten. Das Ergebnis hiervon legt er jetzt dem Papst vor.

»Allerheiligster Vater – Siena ist empört über die milde Behandlung Petruccis.«

»Empört, sagst du? Wer ist mehr empört darüber als ich selbst? Doch als Oberhaupt der Kirche muß ich mir den Anschein der Gnade geben. Ich will Zeit gewinnen, die Stimmung der 350 Sieneser zu ergründen. Du sagst, sie seien empört –«

»Raffaello behauptet es wenigstens.«

»Das ist in diesem Fall nicht sehr ausschlaggebend,« sagt Leo beinahe wehmütig. »Mir wäre lieber, die Sienesen wären wirklich empört, ich fürchte, daß nur Raffaello empört ist. Doch wenn er meint, die Bürger von Siena für ein ernsteres Urteil einnehmen zu können –«

Lorenzo unterbricht ihn schnell. »Der Kardinal würde, in Freiheit gesetzt, sein verbrecherisches Tun fortsetzen, das Volk für die Wiedereinsetzung seiner Brüder aufhetzen und so aus Siena einen ewigen Unruheherd schaffen. Mit der Unschädlichmachung Petruccis könnte man dies vermeiden.«

»Was versteht Raffaello unter Unschädlichmachung?« Leo sieht den Neffen lauernd an.

»Das was der Kardinal Giulio de'Medici darunter versteht, den ich soeben gesprochen.«

»Du sprichst plötzlich so verhalten – was meint Giulio?«

Lorenzo sieht zu Boden. »Mögt Ihr doch selbst, Allerheiligster Vater, das Wort nach bestem Wissen und Gewissen deuten.«

Leo starrt ins Leere. »Unschädlichmachung. Ein gewichtiges Wort. Einer der hinter den Mauern sitzt, ist für gewöhnlich unschädlich.«

»Bei Petrucci handelt es sich aber um etwas 351 Ungewöhnliches. Sein flammender Geist durchbricht Kerkermauern, Rom und Siena könnten ihn bald zum Märtyrer seiner Sache machen, man wird ihn ein Opfer seiner Überzeugung nennen, die Klage um sein Schicksal wird an die Mauern der Engelsburg branden und Ihr werdet es bis in die Säle des Vatikans hören, wie das Volk den Kardinal in den Himmel hebt, vor dem er sich auf Erden nie gebeugt hat. Mein Rat geht nur gegen Milde und für Strenge. Ich möchte eines zu bedenken geben: Es gibt ein weltliches Gericht, dem sich auch der Kardinal nicht entziehen kann.«

Leo erblaßt. »Das weltliche Gericht – heißt in einem solchen Fall – der Tod.«

»Womit ich diese peinliche Aussprache beenden möchte,« sagt der kühlherzige junge Lorenzo mit gesenkter Stimme.

»Gräßlich, gräßlich,« jammert Leo. »Hast du noch etwas zu melden?«

»In Pesaro erschienen vor wenigen Tagen zwei Herolde des Francesco Maria della Rovere. Ein spanischer Oberst Suarez di Lione und des Herzogs Geheimschreiber Florida. Sie erklärten, ihr Herr wolle den Kampf um Urbino durch den Kampf einzelner auserwählter Männer auf beiden Seiten oder durch Zweikampf beendet sehen.«

»Die Feldherren selbst sollen –« fährt der Papst auf.

352 »Ich hielt dies für eine Beschimpfung meiner selbst und ließ sofort den spanischen Oberst ins Gefängnis werfen, den Geheimschreiber aber nach Rom ausliefern.«

»Prächtig! Den Herrn wollen wir ein wenig an der Sohle kitzeln.«

»Dem Spanier mußte ich allerdings bald die Freiheit geben, denn er drohte, seinen König zu alarmieren. Ich war gewiß etwas zu vorschnell. Aber Ihr werdet guttun, allerheiligster Vater, dem Florida die Schrauben anzulegen, um zu erfahren, wie sein Herr auf solche Beleidigungen verfallen könne.«

»Das soll geschehen. Du gehst ins Feld zurück?«

»Wir marschieren auf Monte Baroccio und hoffen, den Herzog bald niederzuringen. Der junge Giovanni de'Medici lechzt darnach, seine schwarzen Reiter in die urbinatischen Reihen zu jagen.«

»Seine Mutter Katharina Sforza hätte eine Freude an ihm, wenn sie noch lebte.«

Lorenzo erhebt sich. »Und das mit Petrucci?«

»Wird in mediceischem Sinn erledigt werden.«

Die blendende junge Gestalt schreitet zwischen den Wachen hindurch nach der Treppe. 353

 


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