Ludwig Huna
Die Kardinäle
Ludwig Huna

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Siebzehntes Kapitel

Am nächsten Tag empfing Petrucci den Wundarzt. Er zeigte ihm die empfindliche Sohle seines rechten Fußes. Aber Vercelli konnte nichts Besonderes entdecken. »Schmerzt es da? Hier? Nicht?«

»Es ist, als hätte die Berührung Eurer kundigen Hand jeden Schmerz vertrieben.«

Battista da Vercelli lächelte. »Man hört das öfters von Kranken sagen. Aber Ihr spracht doch, Exzellenz, von einer Verletzung. Ich sehe keine Wunde – keinen Bruch –«

»Die Wunde –« lächelte nun der Kardinal, »sitzt weiter oben.«

»Am Knie?«

»Noch höher.«

»Im Magen, Darm? Oder gar im Herzen?«

231 »Ecco! Im Herzen und im Kopf.«

»Oder nicht doch in der Seele?«

»Ecco! Ich will Euch nicht täuschen, Battista. Eine Frage vorher. Es geht Euch gut in Marino? Die Colonna sind ein ehrenwert Geschlecht, Marcantonio ist dem Papst sehr verbunden, er ficht jetzt unter kaiserlicher Fahne in Verona und wird sich seine Lorbeeren holen. Ihr denkt wohl nicht daran, Eure Stellung mit einer bessern zu vertauschen?«

Battista horchte auf. »Die Colonna zahlen gut. Ich reite viel von einem Kastell zum andern, sehe mich da und dort um, das macht Knochen und Blut gesund, und bei den Ritten bekommt auch die Lunge ihre Medizin.«

»Dann würde mein Antrag, Euch ein noch schöneres Amt aufzubürden, wohl von Euch zurückgewiesen werden?«

»Exzellenz, Ihr kitzelt mich arg. Wie komme ich überhaupt in den Bereich Eurer Gedanken? Ihr kennt mich doch kaum.«

»Dennoch weiß ich es, Battista da Vercelli sieht dem Tod ins Auge, er hat bei Ravenna, irre ich nicht, den Franzosen Hiebe gegeben. Ich brauche einen solchen Mann.«

»Wollt Ihr den Arzt oder den Kämpfer in mir?«

»Beides, aber nicht für mich. Ihr sollt noch höher hinauf.«

232 »Ei, dann müßte ich doch schier Seiner Heiligkeit selbst zu Füßen fallen.«

»Und würde Euch dieser Fußfall sehr verstimmen?«

Battista wurde verlegen. »Der Papst hat seine Leibärzte Jacopo da Brescia, Marini und den Juden Sarfadi. Sie betreuen ihn ausgezeichnet.«

»Dennoch gelang es keinem, seine Fußfistel zu heilen.«

»Daran ist die torpide Konstitution Seiner Heiligkeit schuld. Auch ich könnte sie nicht heilen.«

»Wer ein Werk bezweifelt, gibt es auch schon verloren. Den Versuch könntet Ihr doch machen. Ich könnte Euch auch nur den Weg dorthin ebnen. Ich habe noch mit keinem Menschen gesprochen. Ich denke mir, daß Kardinal Riario den Mittler machen könnte, er stellt Euch vor, Leo wird begierig, will Eure kunstgeübte Hand an sich arbeiten lassen, er läßt Euch rufen, Ihr untersucht die Fistel, das übrige wird sich finden.«

»Das alles kommt so unerwartet. Soll ich da ganz aus dem Dienst der Colonna scheiden?«

»Ihr braucht nicht zu kündigen. Ihr könnt immer wieder auf Euer Kastell zurück.«

»Die Leibärzte des Papstes werden sich gegen den Eindringling wehren.«

»Wenn Jacopo da Brescia verreist, könntet 233 Ihr vorübergehend als Ersatz eintreten. Da laßt mich nur machen.«

Der Antrag überrumpelte den Arzt, er versuchte für sich die Hintergründe zu erkennen. »Das erscheint mir wie in einem Märchen. Wird nicht alles im nächsten Augenblick zerrinnen?«

»Es hängt von Euch ab. Und wegen der Bezahlung – Leo verschwendet Geld genug, er wird bei Euch nicht geizen.«

Der Arzt lächelt. »Ich weiß, ich weiß. Paris de Grassis trägt immer einen Beutel hinter ihm her, aus dem Seine Heiligkeit skrupellos die Goldmünzen unter seine Lieblinge wirft. Dennoch – der Papst hat auch Stunden, wo er Anwandlungen des Gegenteils zeigt. Denkt an Augurelli, den famosen Goldmacher.«

»Was gab's mit ihm?«

»Der gute Mann war ein besserer Versemacher als Alchimist. Er überreichte dem Papst ein langatmiges Gedichtrezept über die Kunst, Gold zu machen. Der Papst schenkte ihm zum Dank dafür einen leeren Beutel und meinte, das Gold dazu könne er sich ja nach seinem Rezept selber machen.«

Petrucci lachte. »Dem betrogenen Betrüger geschah recht. Und nun – wollt Ihr im Prinzip einwilligen?«

»Mit einem Vorbehalt. Daß ich immer bei Colonna sein darf.«

234 »Das dürft Ihr, Herr.«

Vercelli verabschiedete sich. Der Kardinal rief Nino zu sich. »Merke dir den Mann gut, ich habe wichtige Dinge mit ihm vor.«

»Mit diesem Arzt?«

»Ärzte können nicht nur das Leben eines Menschen erhalten und retten, sondern sie können unter Umständen –« Er lenkte mit einem Ruck der Schulter plötzlich ab. »Der Herzog von Urbino schweigt sich aus, wir müssen ihn im Namen der verbündeten Kardinäle zur Eile drängen. Setz dich und schreibe.«

 


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