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Hörselberg.

Venus, wo bist du? weit, weit sind wir hier von dem heimlichen Berge,
Der uns schon manchmal vordem Herberg', erquickliche, gab.
Ach, hier watet der schleichende Fuß über sandige Fläche,
Nichts als ein Kirchlein ragt vor, schäbig aus Ziegeln gebackt.
Horch, da erscholl wie ein Rauschen im Wald ihre liebende Stimme:
»Kinder, wo war't ihr so lang? War't ihr auch stät und getreu?
Schreckt euch auch Distel und Dorn nicht? und meiner unsterblichen Freude
Festliches Sonnengesicht, scheint's euer Auge nicht blind?
Aber was prüf' ich euch erst! Wer ein Liebling der Himmlischen sein darf,
Findet den Hörselberg schon. Wunsch und Geleit ist umsonst.«
Sieh, da erröthete sacht das unfruchtbare Gemäuer,
Wie sich in Marmor ergießt rosig ein edles Geblüt.
Und da das Thor vor uns wich, bewegte sich wolkige Bläue
Statt des getünchten Gewölbs über dem suchenden Blick.
Schwänen im See gleich tauchten die leise sich wiegenden Säulen
Lilienhäupter ins Blau. Aber dem Wanderer gleich,
Der, aus dem Elend zurück, die Heimath, die herrliche, wieder
Still mit gesättigtem Aug', aber durch Thränen erblickt,
Auf das erduldete Weh sich auf einmal besinnend: so standen
Wir aneinander geschmiegt. Da sie uns Zagende sah,
Lachte die selige Göttin und warf uns zum Willkomm die Hand voll
Rosen ans glückliche Herz, die ihr am Busen geblüht.

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