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Lucifer.

Da nun der Engel, den der Herr verdammte,
Im Sturz durchmaß des Weltraums Finsterniß,
Und jäh der Sterne Fackel aufwärts flammte,
Die er umklammernd aus den Bahnen riß,
Vernahm der Herr sein stolz verhaltnes Stöhnen
Und sprach: »Der herrlichste von meinen Söhnen!

Sein Auge war die schönste meiner Sonnen,
Sein Antlitz Spiegel meiner Harmonie,
Sein sanfter Mund ein voller Liebesbronnen
Triumph sein Flug, sein Schweben Melodie.
Hinab zur gnadenfernsten Büßerhorde
Nimmt er die reinsten meiner Weltaccorde.

Zu reich schmückt' ich ihn aus mit meinen Gaben;
Er fühlte sich – fast war er es – mir gleich.
Aus meiner Fülle selber sich zu laben,
Begehrt er sich mein grenzenloses Reich.
Doch einen Gott nur kann das Weltall tragen –
Ich muß ihn stürzen, ewig ihn beklagen.

Ihr alle, die in einer Feierstunde
Mein ungehemmter sel'ger Schöpfungsdrang,
Der Menschlichkeit zu unheilvollem Bunde,
Beschenkte mit der Gottheit Überschwang,
Weh euch, ihr meiner Krone nächste Erben!
Euch reißt ein Fluch in Schuld und in Verderben!«

Am Saum des Weltbaus die entfernten Säulen
Erbebten von dem Riesenweh des Herrn,
Indeß der Abgrund schon mit dumpfem Heulen
Aufthut des Höllenschlundes Feuerkern,
Um Lucifer, den Cherubim besangen,
Mit martervollen Armen zu empfangen

Doch nichts entreißt der stolzen Lippe Klagen,
Das Siegel Gottes löst die Hölle nicht.
Ans Felsenkreuz der ew'gen Qual geschlagen
Macht er zum Königsthron das Hochgericht.
Gebändigt ehren knirschende Dämonen
Ihn, der geträumt von allen Himmelskronen

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