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Des Nordens deutsche Söhne
      
 Verheerten zorneswild
      
 Das heißersehnte, schöne
      
 Italische Gefild.
      
 Jetzt ist der Kampf am Ende!
      
 Mit Kaiser Otto ringt
      
 Der Tod, der ihm behende
      
 Den jungen Leib durchdringt.
»Nicht meiner Jugend Brausen,
      
 Noch frischer Liebe Gluth
      
 Jagt so mit Fiebersausen
      
 Mein aufgeschrecktes Blut.
      
 Noch halten Willkommreiser,
      
 O Rom, dein Haupt umkränzt,
      
 Und hast doch deinem Kaiser
      
 Den Gifttrank schon credenzt.
Du goldne Stadt der Wonne,
      
 Was hab' ich dir gethan?
      
 Ich flog, wie nach der Sonne
      
 Der Adler, dir hinan.
      
 Was galt mir meine Krone?
      
 Der Heimath heilig Band?
      
 Denn deinem ärmsten Sohne
      
 Beneidet' ich sein Land.
Mit jungem Ruhm umflechten
      
 Wollt' ich dein altes Haupt;
      
 Doch du hast aus der Rechten
      
 Das Schwert mir weggeraubt.
      
 Stark unter Palmenzweigen
      
 Sollt'st du mir neu erblühn;
      
 Doch meine Hände neigen
      
 Verwelkt des Friedens Grün.
O ew'ge Stadt der Liebe,
      
 Im Wandel still stehst du,
      
 Dem wirren Weltgetriebe
      
 Siehst du gelassen zu.
      
 Du siehst die Völker steigen
      
 Und sinken und vergehn,
      
 Siehst meinen Tag sich neigen
      
 Und meinen Ruhm verwehn.
Dir wird die Sonne strahlen
      
 Und deines Himmels Blau,
      
 Das ich mit vielen Qualen
      
 Zum letzten Male schau.
      
 Durch deine Straßen schreiten
      
 Die schönen Frauen hin,
      
 Ich kann sie nicht geleiten,
      
 Der ich im Grabe bin.
Ihr Freunde mein, ihr guten,
      
 Wehrt eurem Jammer nicht!
      
 Laßt eure Thränen fluthen
      
 Mir auf das Angesicht.
      
 Ich kann sie ja noch fühlen –
      
 Bald mag ein Thränenmeer
      
 Mein finstres Grab durchwühlen,
      
 Ich fühl' es dann nicht mehr.
Die holden Lebenslüfte
      
 Wehn über mir dahin,
      
 Wenn ich ins Reich der Grüfte
      
 Hinabgestiegen bin.
      
 Ich kann das Haupt nicht heben,
      
 Mich drückt ein Leichenstein;
      
 Verbannt aus Luft und Leben
      
 Schließt mich die Erde ein.
Ach, wär' ich nur auf Stunden
      
 Zu jeder Mitternacht
      
 Dem leid'gen Tod entwunden,
      
 Zum Leben angefacht!
      
 Mit meiner Hand bewegen
      
 Könnt' ich den schweren Stein,
      
 Und, wie Lebend'ge pflegen,
      
 Schaut' ich den Mondenschein
Ich könnte Athem holen
      
 Aus wundenloser Brust,
      
 Auf unbeschuhten Sohlen
      
 Fühlt' ich des Wandelns Lust.
      
 Der Kirche Säulengänge
      
 Hätt' ich als Lorbeerhain,
      
 Der Mönche Nachtgesänge
      
 Belauscht' ich ganz allein.
Tragt mich, ihr meine Treuen,
      
 Wenn ich gestorben bin,
      
 Durch aller Feinde Dräuen
      
 Zur süßen Heimath hin.
      
 Zwar werd' ich sie nicht schauen,
      
 Mein Aug' ist ewig blind;
      
 Doch ihre Thränen thauen
      
 Auf das verlorne Kind.
Dem Edlen sollt ihr melden,
      
 Der meine Krone erbt,
      
 Wie meinen Traum von Helden
      
 Der schnöde Tod entfärbt.
      
 Empor das Herz mir stürmte;
      
 Doch Gott im Himmelssitz,
      
 Er haßt das Hochgethürmte
      
 Und fällt's mit jähem Blitz.«
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