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Die Nonne.

Sieben Ringe, sieben schwere Ringe
Sind als Fesseln um mein Herz geschweißt,
Und darunter zuckt es, wühlt und reißt,
Daß das Band zerspringe.

Wie ein Netz von Eisen wiegt der Schleier,
Der von meinem Haupte niederwallt.
Ach, ich wollte, ihn zerrisse bald
Der ersehnte Freier.

Tröstet andre mit Verheißungsworten,
Ich erwarte keinen Himmel mehr.
Schein wie wir ist auch der Engel Heer
Vor den sel'gen Pforten.

Diese Erde giebt mir Luft und Leiden.
Laßt mich gehn auf meines Schicksals Spur;
Meinen schmerzlich schönen Antheil nur
Will ich an den beiden.

Aus dem Quell der Liebe will ich saugen;
Meinen Durst löscht keine andre Fluth.

Lodern will ich, wie die Flamme thut
In des Freundes Augen.
Meine Sehnsucht mattet sich vergebens,
Doch sie wächst und wächst, eh' daß sie stirbt.
Wachsen soll sie, bis sie jäh erwirbt
Einen Tag des Lebens.

Einen Tag, den letzten und den ersten:
Wenn, von Liebe qualvoll überfüllt,
So mein Herz in seinem Drange schwillt,
Daß die Ringe bersten.

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