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Liebesreime.

XXXIV.

Goldnes Liebchen, Sonne, Perle, Blume,
Und ihr Augen, liebe Weihnachtslichter!
Ja, wär' ich der Kaiser aller Dichter,
Dichtet' ich euch bald zu Ehr' und Ruhme!
Soll mein Lied verklären dich auf Erden,
Nicht, wie jetzt, du meine Lieder weihn,
Müßtest du erst minder herrlich werden,
Oder ich ein größrer Dichter sein!

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XXXV.

Liebt er mich noch? Frühling lächelt: ja!
Sonne strahlt's und alle Lüfte wehen's,
Alle Vögel zwitschern fern und nah:
Ja, er liebt, wir wissen's, wir verstehen's.
Ach, inmitten all' der hohen Lust
Hockt mein Herz als Käutzchen unterdessen
Trüb im trübsten Winkel meiner Brust,
Ruft: ich weiß es, er hat dich vergessen!

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XXXVI.

Wenn er auf einmal plötzlich vor mir stände,
O Erd' und Himmel, was begönn' ich nur?
Sein theures Haupt nähm' ich in beide Hände
Und küßte meiner alten Küsse Spur
Auf seinen Augen, Lippen, Haaren, Wangen –
Was hab' ich ohne dich nur angefangen!
Auf seinen Grübchen, Groll- und Lächelfalten –
Wie hab' ich's ohne dich nur ausgehalten!

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XXXVII.

Laß, o meine Blume, dich begießen
Mit dem Wasser meiner beiden Augen;
Aus den Thränen, die dir willig fließen.
Wirst du Kraft zu ew'ger Blüthe saugen.
Keiner, der die holden Blätter schaut,
Ahnt, daß sie auf meine Qualen warten.
Welch ein Dämon, höllisch süßes Kraut,
Pflanzte dich in meinen stillen Garten!

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XXXVIII.

Ich weiß, warum der Mond so blaß und trübe
Den Stern der Erde immerdar umkreist;
Er geht den Weg der Sehnsucht und der Liebe,
Die Straße, wo auch ich mich matt gereist.
Du hältst mich fest, ich kann dir nicht entfliehen;
Du reißt mich hin und bist doch ewig fern –
O meine Welt! mich stets dir nachzuziehen,
Ermüde nie, ich folge ja so gern.

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XXXIX.

Liebchen, mühsam und beschwerlich läßt sich
Stählern kritzeln auf papiernen Blättern!
Wärst du bei mir, ach wie gerne preßt' ich
Auf dein Lippenpaar lebend'ge Lettern.
Schriebe drauf mein thöricht Liebeshoffen:
Rosenblätterbrief von Thau benetzt!
Und die Antwort wär' schon eingetroffen,
Eh' ich noch das Siegel aufgesetzt.

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