Wilhelm Hauff
Der Mann im Mond
Wilhelm Hauff

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Präliminarien

Indessen war Ida glücklich, selig zwischen dem Geliebten und dem Oheim. Dieser Oheim, sie hatte sich ihn als einen grämlichen, alten Herrn vorgestellt; dieser war es, der hie und da in Gedanken ihr Glück noch gestört hatte. Sie wußte ja, wie Emil an ihm hing, wie es ihn betrüben würde, wenn jener sein Verhältnis zu Ida ungünstig aufnähme. Und jetzt, nein sie wußte sich nicht zu fassen vor lauter Seligkeit. Der freundliche, gütige Ladenstein hatte sich wie durch einen Zauberschlag in die gestrenge Exzellenz den Minister Grafen von Martiniz verwandelt, und doch blieb er so freundlich, väterlich, traulich wie zuvor; sie wußte nicht wem von beiden sie das nette, lustige Amorettenköpfchen zuwenden sollte, sie lachte und tollte, gab verkehrte Antworten und schnepperte, wie ihr das Schnäbelchen gewachsen war. Es war das glückseligste Kind, die holdeste, vollendetste Jungfrau und das lieblichste, anmutigste Bräutchen unter der Sonne in einer Person.

Einer der Glücklichsten im Saal war aber Hofrat Berner. Heute abend erst war er zurückgekommen, hatte sich nur schnell in die Toilette geworfen und schnurstracks zu Präsidents und das erste war, als er in den Salon trat, daß er hörte, wie der Präsident seine Kinder präsentierte; er hätte mögen aus der Haut fahren vor teilnehmendem Jubel seines alten treuen Herzens. »Das ist mein Werk«, lächelte er vor sich hin, »ganz allein mein Werk; es konnte nicht anders gehen, nachdem es einmal eingefädelt war.« Aber wie riß er die Augen auf, als er von einer Gräfin Aarstein, von einem alten Grafen Martiniz, welche auch hier seien, hörte. Nun da muß es was Tüchtiges gesetzt haben, dachte er, das beste wird sein, ich frage Idchen selbst.

Das Brautpaar empfing ihn mit Jubel und Martiniz stellte ihn sogleich dem alten Grafen vor, denn er hatte ihm viel von diesem alten Freund und Ratgeber ihrer Liebe erzählt. Ida gestand ihm, daß sie ihn oft schmerzlich vermißt habe; auch Martiniz äußerte dies und versprach, ihm alles so bald als möglich zu erzählen.

»Lassen wir die Brautleutchen, alter Freund«, unterbrach Graf Martiniz seinen Neffen, indem er den Hofrat am Arm nahm und mit sich fortzog; »lassen wir sie; uns Alten liegt es ob, für das Glück der Jungen zu sorgen. Man hat mir gesagt, daß Sie, lieber Hofrat, sich so trefflich darauf verstünden, ein Festchen zu arrangieren. Ich war in früheren Jahren einmal Oberhofmeister, das fügt sich nun ganz vortrefflich. Da wollen wir nun, wir zwei, beide miteinander etwas zusammenschustern, wie man es hierzuland noch nicht sah.«

Der Hofrat war es zufrieden und der Graf machte ihm jetzt seine Vorschläge. Morgens sollten sie getraut werden; »Nicht zu Haus, das kann ich für meinen Tod nicht leiden, die Haus-Kopulationen reißen jetzt so ein, daß sie fast zur Mode werden, als wäre eine vornehme Ehe nicht dieselbe, wie eine geringe; als wäre der Altar Gottes nicht für alle und jeden; aber der Fluch kommt gewöhnlich bald nach. Hat man sich in den gewöhnlichen Zimmern, wo man sonst tollte und lachte, wo man, sobald der Altar weggeräumt ist, tafelt und tanzt, hat man sich da trauen lassen, so kommt einem auch das neue Verhältnis so ganz gewöhnlich vor, daß man bald davor keine Ehrfurcht mehr hat.« – Also in der Kirche; nachher sollten die Gäste hinausfahren nach Blauenstein.

Der Hofrat machte große Augen und als er hörte, daß dies die neue Besitzung des lieben Pärchens sei, und daß Groß-Lanzau auch noch dazu gehöre, er hätte, wenn es sich nur halbwegs geschickt hätte, ein paar Kapriolen in die Luft gemacht – nach Blauenstein, dort mußte das Schloß festlich geschmückt sein und zu essen, was man nur Feines und Gutes haben kann, nachher – die beiden Alten sahen sich an und beiden zuckte der kleine, sarkastische Schelm um den Mund, denn beiden fiel ein, daß sie noch Junggesellen seien – »Nun nachher«, fuhr der Graf fort, »muß das Brautpaar eine kleine Reise machen und wir beide gehen als garde de dame auch mit, bestellen die Pferde auf den Stationen, daß die jungen Eheleutchen in ihrem Landau nicht inkommodiert werden, wir beide aber spiegeln und erfreuen uns an dem Glück, das wir, ich und Sie, lieber Hofrat, zusammen gemacht haben.«

Dem Hofrat, obgleich er lächeln wollte, stand doch eine Träne der Rührung im Auge; er drückte dem edelmütigen Polen die Hand und erklärte sich bereit, mit ihm selbst um die Erde zu reisen. »Und wann soll die Hoch–«

»Über acht Tage soll die Hochzeit sein«, rief der alte Herr; und der Präsident, der gerade hinzugetreten war, rief es nach und lud sämtliche versammelte Gäste dazu ein.


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