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Eiterige Nierenentzündung. Nephritis suppurativa

Die Entzündung beschränkt sich gewöhnlich auf einige kleinere oder größere Stellen der Nierensubstanz, selten ergreift sie das ganze Gewebe und die Nierenkapsel. Häufig ist nur eine Niere ergriffen; sind beide Nieren stark affiziert, so erfolgt meist der Tod unter typhösen (urämischen) Erscheinungen. In vielen Fällen bilden sich Abszesse oder Eiterherde, die sich nicht selten durch die Harnwege entleeren, wo dann eiteriger Urin ausgeschieden wird. Die chronisch verlaufende Nephritis ist oft kompliziert mit Entzündung und Vereiterung der Nierenkelche und des Beckens oder abhängig von Erkrankungen der Blase, der Harnleiter usw.

Symptome der eitrigen Nierenentzündung sind dumpfe, drückende, stetige und zunehmende Schmerzen in der Nierengegend, entweder an einer oder beiden Seiten des Rückgrates. Der Eintritt der Krankheit wird in den meisten Fällen durch einen Schüttelfrost angekündigt, auf den mehr oder weniger heftige Schmerzen in der Nierengegend folgen. Oft ist nervo-sympathisches Erbrechen vorhanden, das sich mit der Intensität der Schmerzen steigert. Die Schmerzen ziehen sich nach der Blase, dem Schambogen oder dem gleichseitigen Hoden hin, der hinaufgezogen ist. Der unter heftigem Drange gelassene sparsame Urin ist sauer (später alkalisch) reagierend, innig mit Blut gemischt und enthält zugleich Eiweiß und Fibrincylinder. Später, wenn es zu Abszeßdurchbrüchen in die Nierenkelche oder in das Nierenbecken kommt, wird der sparsam gelassene Harn eiterhaltig. – In manchen Fällen tritt Taubheits- oder Lähmigkeitsgefühl in den Schenkeln ein oder Schmerzen im Kreuzbein und in der Lendengegend. Bei Abszeßbildungen: Hektisches Fieber, Schweiß und Frostanfälle; erschwerte Rückenlage, Brechneigung oder Erbrechen. – Ursachen sind: Stoß, Schlag und Verletzung der Nierengegend, Einkeilung von Nierensteinen, Reizung der Nierenkelche durch verhaltenen Harn bei Krankheiten der übrigen Harnwege, oder Einschwemmung von Gerinnsel (Emboli) in die Nierenarterien bei Herzleiden oder Pyämie (embolische Nierenentzündung). Sind steinige Concremente im Nierenbecken, dann treten die sehr heftigen Schmerzen kolikartig auf, und es gehen ihnen Blutharnen, Dysurie oder der Abgang von Harnsand oder Harnsteinchen vorher. – Die akute nichteitrige Nierenentzündung endet in Zerteilung unter allgemeinem Schweiße und reichlicher Absonderung eines dicken, schleimigen, sedimentierenden Harnes oder in Verhärtung und Vernarbung der befallenen Stellen. In unglücklichen Fällen tritt auch Eiterung mit Entleerung in die Bauchhöhle, in den Darmkanal oder die Lendenmuskeln ein; auf diese Weise kann die Niereneiterung schließlich in Abzehrung enden. Schüttelfröste sind von schlechter Vorbedeutung; heftige Fiebererscheinungen mit Harnunterdrückung (Anurie) und Gehirnsymptomen deuten auf große Lebensgefahr. Brand tritt selten ein, oft aber, bei starker Entzündung beider Nieren, gänzliche Harnverhaltung und Übergang des Harnstoffes in das Blut, Urämie, wo dann unter Hinzutritt nervöser Erscheinungen der Tod erfolgt. –

Aconitum: Wenn Erkältung die Ursache ist, bei sehr intensivem Fieber und heftigen Schmerzen. Es tritt gewöhnlich sehr bald nach dem Gebrauche dieses Mittels Schweiß ein, wodurch sich der Kranke bedeutend erleichtert fühlt.

Argentum nitricum: Hilfreich in verschiedenen, besonders katarrhalischen Nierenaffektionen. Bei sehr bedeutenden, von den Nieren nach der Harnblase sich erstreckenden Schmerzen. Der Urin wird nicht selten unter heftigem Brennen oder sonstigen Beschwerden gelassen und setzt mitunter roten Sand im Nachtgeschirr ab.

Arnica: In allen Fällen, wo die Nierenentzündung durch traumatische Einwirkungen (Fall, Stoß oder Schlag) auf die Nierengegend veranlaßt worden ist. Hierbei können auch kalte Umschläge gemacht werden.

Belladonna: Bei stechenden oder stechend-brennenden, sich zeitweise verschlimmernden Schmerzen, die sich längs der Harnleiter bis in die Blase erstrecken und durch äußeren Druck erhöht werden. Nervöse Erscheinungen, Gehirnsymptome und Delirien beim Einschlafen.

Cantharis: Bei tropfenweisem Harnabgange unter stechenden oder schneidenden Schmerzen, die sich von der Harnröhre (Urethra) herauf bis in die Blase erstrecken. Auch bei mit Blut gemischtem oder gar nicht erfolgendem Urin. Vorzügliches Mittel bei bereits beginnender Exsudation im Nierenparenchym, in deren Folge die Harnkanälchen komprimiert und hyperämisch sind.

Coccus cacti, frisch zubereitet, hat sich oft bewährt bei Nierenentzündung infolge von Nierensteinen. Bei sehr qualvollen Nierenkoliken, so auch bei der Wanderniere. Dumpfe, stechend-ziehende Schmerzen, die sich von dem Nierenleiter bis zur Blase erstrecken. Dunkler Harn, mit reichlichem Bodensatz von harnsauren Salzen. Nierengrieß. Gaben in öfterer Wiederholung, je nach der Heftigkeit der Symptome.

Lycopodium: Ein oft unersetzliches Mittel bei Entzündung des Nierenbeckens und der Kelche; hat mitunter gute Dienste nach überstandener Nierensteinkolik geleistet, indem es die Bildung neuer Concremente in den Nierenkelchen und Becken zu verhindern scheint. Von großem Nutzen ist in solchen Fällen auch Karlsbad.

Mercurius solubilis: Wenn nach dem Vorgebrauche von Aconitum oder Belladonna das Fieber nachgelassen, aber noch dumpfe, drückende, nach Lageveränderung oder Berührung sich verschlimmernde Schmerzen zurückgeblieben sind. Bei häufigem Harndrange und bei geringer oder blutiger Harnabsonderung, die auf beginnende Exsudation im Nierenparenchym deuten. In diesem Falle sofort zu verabfolgen.

Nux vomica: Drückende Schmerzen in der Nierengegend und in der rechten Lende dicht über dem Hüftkamme, mit Kongestionen nach dem Unterleibe; oder Spannung, Aufgetriebenheit und Druck in der Nierengegend. Von großer Wichtigkeit bei Branntweintrinkern und bei kongestiver Hyperämie der Nieren.

Werden bei einer Nierenbeckenentzündung (Pyelitis) infolge von Steinchen, oder bei einer Nierenkolik infolge des Durchtrittes von Harnconcrementen aus dem Nierenbecken durch die Harnleiter in die Blase die Schmerzen weder durch Colocynthis noch durch Belladonna oder Atropinum sulfuricum gebessert, steigern sie sich, wie nicht selten, bis zur Unerträglichkeit, dann machen wir sofort von Morphium oder Codeïn Gebrauch, bis die Schmerzen nachlassen, und verordnen später den Gebrauch der Kronenquelle zu Obersalzbrunn, wie auch bei Blutharnen angegeben. Prof.  Rindfleisch, Würzburg, hat gegen Steinbeschwerden an sich selbst, angeblich mit ausgezeichnetem Erfolge, Lithium salicylicum angewandt. Wir verabfolgen von der D1 dieses Mittels täglich 3mal eine kaffeebohnengroße Gabe oder 1 Tablette. – Man vermeide zu große Mengen stickstoffhaltiger Nahrung (fetten Käse, Eier, Fleisch), schwere Weine, Grog, Gewürze u. dgl. Dagegen ist zu empfehlen vegetabilische Kost, Früchte: Weintrauben, überhaupt Obst; reichliches Wassertrinken, besonders Mineralwasser.


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