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Gicht und Rheumatismus oder Gliederreißen

Diese beiden schmerzhaften, das Leben oft sehr verbitternden Krankheiten haben miteinander so viel Ähnliches, daß man sie füglich wohl zusammen abhandeln kann, zumal da beide zur Heilung dieselben Mittel erfordern.

Als gichtische oder arthritische Zufälle bezeichnet man zunächst gewisse entzündliche oder schmerzhafte Affektionen der Gelenke, die anfallsweise auftreten und darin zu bestehen scheinen, daß ein Überschuß verbrauchter, aber unausgeschiedener Stoffe, hauptsächlich in der Form von harnsaurem Natrium (die harnsaure Diathese oder gichtische Dyskrasie), im Blute zirkuliert und in periodischen, entzündlichen Anfällen in den Gelenken, als Gichtknoten (Tophi arthritici) oder in Gestalt eines kreideartigen Niederschlages auf der Synovialkapsel und als pulverförmiger Anflug auf dem Gelenkknorpel abgelagert wird. Man könnte sie vielleicht als harnsaure Dyskrasie mit der harnsauren Steinkrankheit zusammenstellen. Doch findet man bei Gichtkranken verhältnismäßig nur selten die Bildung von Stein und Grieß, was wohl darin seinen Grund hat, daß die Harnsäure eben in anderen Organen sich ablagert und der Harn eine bedeutende Verminderung der Harnsäure aufweist.

Unter Rheumatismus und Flüssen verstehen wir viele von Erkältung herrührende und mit eigentümlichen Schmerzen verbundene Übel, die größtenteils auf Entzündung in den Bewegungsapparaten beruhen. – Die Gicht unterscheidet sich vom Rheumatismus hauptsächlich in der Art der Schmerzen, die bei der Gicht plötzlich und sehr heftig auftreten, festsitzen, aber auf benachbarte Teile überstrahlen und sich absatzweise erneuen; glühend, bohrend, hämmernd, sägend usw. Ferner im Aussehen der Hautentzündung, die glänzend und roseartig ist, und besonders in den Krankheitsprodukten, die, je öfter die Anfälle wiederkehren, desto mehr von einer kalk- oder kreideähnlichen Masse hinterlassen und die Knochen, besonders an den Gelenken, stark auftreiben. – Die rheumatischen Schmerzen hingegen sind mehr ziehender oder reißender Art, verschlimmern sich durch Bewegung des kranken Gliedes, nehmen meist durch Kälte zu und werden durch Wärme gebessert. Der Sitz der Schmerzen ist hauptsächlich in den Muskelhäuten und in den Muskelgeweben, herumwandernd oder überspringend. Manche Menschen haben mehr als andere, besonders bei Erkältung, Neigung zum Rheumatismus. Der Rheumatismus kann akut oder chronisch verlaufen, ist im ersteren Falle meist mit Fieber verbunden und kann wochen-, ja selbst monatelang dauern. Er endigt entweder in Zerteilung, oder er geht, besonders durch Schwielen oder Gelenkanschwellungen, in die chronische Form über. Oft kommt die Krankheit in den Nackenmuskeln vor (der steife Hals), oder im Hüftgelenk als rheumatisches Hüftweh (Ischias rheumatica), in den Lendenmuskeln als Lendenweh, mit großen Schmerzen in der Kreuzbiegung, oft urplötzlich entstehend, bei der geringsten Bewegung unerträglich werdend: der sog. Hexenschuß. In vieler Hinsicht bilden die rheumatischen Krankheiten ein Mittelglied zwischen den Entzündungen und Neuralgien.

Der chronische Rheumatismus bildet nicht selten in den das Gelenk umgebenden Weichteilen seröse oder kallöse Exsudate, wodurch häufig hartnäckige Anschwellungen des Gelenkes entstehen. Tödlich endet der Rheumatismus, besonders der Gelenkrheumatismus, durch Komplikation mit Herzentzündung oder auch durch entzündliche oder wässerige Ausschwitzungen in die Höhlen des Gehirns oder Rückenmarks usw., hauptsächlich nach Störung des Schweißes oder Friesels.

Die Gicht ist eine chronisch verlaufende Krankheit mit mehr oder weniger heftigen, akuten Anfällen. Jeder Anfall ist mit Fiebererscheinungen verbunden. Die befallenen Teile sind rot und geschwollen. Die Dauer jedes Anfalles erstreckt sich gewöhnlich auf mehrere Wochen, und der Anfall pflegt in den nächsten Jahren wiederzukehren. Der Anfall selbst besteht darin, daß der Kranke plötzlich, oft nach Mitternacht, von heftigen, stoßweise sich neuverstärkenden Schmerzen in einem kleinen Gelenke (gewöhnlich zwischen dem ersten Gliede der einen großen Zehe und dem Mittelfuße, seltener in einem anderen Gelenke) geweckt wird, wobei dieses anschwillt, rot, glänzend und entzündet wird. Zugleich stellt sich Fieber ein, das sich abends verschlimmert, mit dem Schmerze steigt und mit diesem wieder abnimmt. Oft verbreiten sich die Schmerzen über mehrere Gelenke. Noch heftigere Anfälle affizieren das Verdauungs- und Nervensystem und erzeugen Funktionsstörungen der verschiedensten Art; oft stellen sich Brustkatarrhe ein, hypochondrische Stimmung usw. Meist zeigt sich die Gicht, nachdem Vorboten von Abdominalplethora, Magensäure und andere Verdauungsstörungen vorausgegangen sind. Kürzere Zeit vor dem ersten wie vor den späteren Gichtanfällen fühlen sich die Kranken abgespannt, schlafen unruhig, klagen über Herzklopfen und Beklemmung, haben starke Schweiße und lassen einen dicken, dunklen Harn, der starke Bodensätze macht. Die Gichtablagerungen und Gichtknoten, die harte, oft gegen Druck empfindliche Höcker bilden, finden meist an den Seiten der Fingergelenke statt, wodurch das Bewegen der Finger gehemmt wird; später stellen sich oft Steifheit und Verwachsung der Gelenke, auch wohl Verschwärung der Weichteile (Gichtgeschwüre) und Abmagerung der Glieder ein. Wo die Gicht bestimmte Stellen des Körpers befällt, da äußern sich stets die empfindlichsten Lokalschmerzen, z. B. an den Füßen (Podagra), seltener an den Händen (Chiragra), besonders bei Frauen; an den Knien (Gonagra), Ellbogen (Pechyagra), Schultern (Omagra) usw.; am Kopfe, Kopfgicht (Cephalagra), am Rückgrat, in der Lenden-, Kreuz- und Hüftgegend. Bei der Lendengicht finden sich heftige Schmerzen im Hüftgelenke, die längs der ischiadischen Nerven herabschießen, entweder bis zum Knie- oder auch bis zum Fußgelenk. Oft verändert die Gicht ihren Ort – herumziehende Gicht, Arthritis vaga.

Die Gicht hat ihre Ursache meist in Grundumständen, dem Habitus des Kranken (Lebemänner, Weintrinker, venöse Konstitutionen usf.). Sie ist oft ererbt, doch entwickelt sie sich größtenteils in den mittleren Lebensjahren. Das männliche Geschlecht scheint mehr als das weibliche von der Gicht befallen zu werden,

In bezug auf Diät vermeide man streng alles Saure, Bier, Wein und alkoholischen Getränke und besonders jede Fleischkost. Große Aufmerksamkeit erheischt die Wahl der Wohnung und des Aufenthaltes. Zugige und feuchte Gegenden, wie auch neue und exponierte Häuser sind sorgfältig zu meiden und nur solche zu bewohnen, die trocken, warm und sonnig gelegen sind. Feuchte Keller- und selbst Parterrewohnungen, insbesondere wenn sie nach Norden oder in der Nähe von Kanälen, Flüssen und stehenden Wassern liegen oder gelegentlichem Feuchtwerden ausgesetzt sind, machen zu rheumatischen und gichtischen Leiden geneigt.

Von Arzneimitteln, die wir in dieser Krankheit in 1- bis 2stündlichen Wiederholungen verabfolgen, haben sich besonders bewährt:

Aconitum: Hauptmittel bei akuten Anfällen von Gicht und Rheumatismus, besonders nach Erkältung, mit Entzündungsfieber. Hitze, auch mit zeitweisem Frostschauer, großer Durst, Trockenheit der Haut, bedeutende Pulsfrequenz. Gelenk- und Muskelschmerzen an verschiedenen Stellen, besonders dumpfe, durchschießende oder festsitzende Schmerzen mit Schwellung und Spannung der Gewebe, Schlaffheit der Gelenkbänder oder Gefühl von Kräftemangel in den Muskeln. – Je bedeutender der Schmerz und das Entzündungsfieber und je intensiver die örtlichen Entzündungssymptome auftreten, um so mehr ist die Anwendung dieses Mittels geboten. – Bei heftiger Gelenkentzündung, die, besonders wenn Schüttelfröste vorangegangen sind und mehrere größere Gelenke zugleich ergriffen werden, sich häufig gleich im Anfange mit Herzbeutel-, Lungen- oder Brustfellentzündung kompliziert.

Stellen sich Herzsymptome ein: Gefühl starken Herzklopfens mit großer Angst, klemmenden, bohrenden, wühlenden Schmerzen in der Herzgegend, Empfindung von dumpfem Drucke und Stichen daselbst, dann verabfolgen wir sofort Aconitum in ¼- bis ½stündlichem Wechsel mit Spigelia. Das Hauptmittel jedoch bei der gefährlichen Komplikation des Gelenkrheumatismus mit Herzsymptomen ist Veratrum viride, in ¼stündlicher Wiederholung. Man vergleiche, was bei Herzentzündung (Endo- und Pericarditis) gesagt worden ist. Ferner ist noch Kalmia latifolia ein sehr wertvolles Mittel, wenn Gicht oder Rheumatismus von den Gelenken auf das Herz überspringen. Die Herzaffektionen sind so bedeutend, daß sie den Atem benehmen. Sehr verminderte Energie der Herztätigkeit. Die Schmerzen schießen abwärts nach Bauch und Magen. – Bei Brustfellentzündung mit heftigen, stechenden Schmerzen ist das Hauptmittel Bryonia, und bei Brustfell- und Lungenentzündung Tartarus emeticus oder Phosphorus, letzterer besonders bei Bronchopneumonie.

Wir verabfolgen Aconitum, stündlich 1 bis 2 Gaben, so lange als Fiebersymptome vorhanden sind, und bis die Lokalisation erfolgt. Es tritt nach Anwendung dieses Mittels sehr bald reichlicher Schweiß mit Erleichterung aller Symptome ein. Auch ist Aconitum bei chronischem Rheumatismus, selbst wenn kein Fieber vorhanden ist, ein sehr hilfreiches Mittel, wenn plötzlich nach einer Erkältung Schmerzen in einzelnen Muskelpartien auftreten. Bei der echten akuten Gicht: Cantharis oder Apis.

Belladonna: Sowohl bei Muskel- und Gelenkrheumatismus, besonders mit erysipelatöser Geschwulst der ergriffenen Teile, als auch bei akuten Gichtanfällen mit Entzündungsfieber, vorherrschendem Nervenerethismus und Gehirnhyperämie. Bedeutende Schmerzen, besonders in den Kopf-, Nacken- oder Halsmuskeln; Nackensteifheit und Schlingbeschwerden. Neigung der Schmerzen, ihren Sitz zu verändern und plötzlich an anderen Körperstellen aufzutreten, die dann gegen Berührung oder Druck äußerst empfindlich sind. – In allen diesen Fällen verabfolgen wir Belladonna mit bestem Erfolge und, wo erforderlich, auch mit Aconitum, in 1stündlichem Wechsel.

Bryonia: Sehr wichtig bei Muskel- und Gelenkrheumatismus, mit mäßigem Fieber und lähmungsartigem Zustande der ergriffenen Partien; Geschwulst der Weichteile an den Gelenken. Genicksteifigkeit, Rückenweh, Schmerzen der Schulterblatt- und Zwischenrippenmuskeln. Stechen, Spannung und Steifigkeit in verschiedenen Gelenken, besonders im Hand-, Fuß-, Knie- und Ellbogengelenk, mit bedeutender Verschlimmerung durch Bewegung der ergriffenen Teile; die Schmerzen springen oft von einem Gliede auf ein anderes. Bei Podagra, auch im Wechsel mit Aconitum. Gewöhnlich stellen sich auch nach diesem Mittel reichliche und die Beschwerden mildernde Schweiße ein.

Colchicum: Oft sehr hilfreich bei akutem Gelenkrheumatismus und bei der Gicht mit trockener Hitze, quälendem Durste und großer Empfindlichkeit, selbst vor der geringsten Zugluft. Verschlimmerung zur Nachtzeit und bei Bewegung des Körpers oder Berührung der betreffenden Teile. Bei allgemeiner Entzündung der Gelenke, die sich vom Ballen oder Knöchelgelenke weiter erstreckt und sogar die kleinsten Gelenke der Zehen und Finger ergreift; mit Röte, Geschwulst, großer Schmerzhaftigkeit und dem Gefühle von Steifheit oder Eingeschlafenheit bei Bewegung. – Beschleunigtes, keuchendes Atmen und erhöhte Herztätigkeit während des oft sehr bedeutenden Fieberanfalles; bei zu befürchtender Komplikation mit Endo- oder Pericarditis. – Stark sauerriechender kopiöser Schweiß, verminderter, sehr saturierter Urin von hohem spezifischen Gewichte und starkem Gehalte an harnsaurem Ammoniak. – Bei sehr geschwächten Personen.

Chamomilla: Muskelrheumatismus mit fast unerträglichen Schmerzen, großer Unruhe und Hitzegefühl, besonders bei Kindern und nervösen Personen. Die Schmerzen, die oft in Anfällen auftreten, verschlimmern sich meist abends und nachts, lassen das Gefühl großer Schwäche und Lähmigkeit zurück und werden durch äußere Wärme sowie durch Bewegung des Körpers gebessert. Unter den obwaltenden Symptomen ist die Feldkamille jedem anderen Mittel vorzuziehen.

Dulcamara: Dieses Mittel hat viel Ähnlichkeit mit dem vorigen, ist aber jenem vorzuziehen, wenn die rheumatischen Schmerzen vorzugsweise ihren Sitz zwischen den Schultern, im Nacken, Ellbogen oder Hüftgelenk haben. Vgl. Rhus Toxicodendron.

Kalium jodatum: Hat sich ganz vorzüglich bei der Gicht und bei gichtischen Gelenkentzündungen, bei Knochenauftreibungen und bei Gichtknoten bewährt. Oft nach dem Vorgebrauche von Mercurius solubilis, wenn dieses Mittel angezeigt, aber den Übergang in die chronische Form nicht zu verhindern vermochte. – Wir verabfolgen von der 2. Decimalverschüttelung täglich 2mal 5 bis 6 Tropfen in 1 Eßlöffel voll Wasser, lassen damit 8 Tage lang fortfahren und in Pausen von je 8 Tagen das Mittel in gleicher Weise wiederholen. Tritt in einem Zeitraume von 12 Wochen keine weitere Besserung des Zustandes ein, dann reichen wir Sulfur, Hepar sulfuris oder Calcium carbonictim.

Ledum palustre: Rheumatische und gichtische Schmerzen in den Gelenken mit vorherrschendem Kältegefühl, großer Müdigkeit, Neigung zum Liegen und Strecken der Glieder; Taubheit und Eingeschlafenheitsgefühl. Ziehende Schmerzen im Kreuz, Reißen im Schulter- und Ellbogengelenk, auch im Kniegelenk mit Anschwellung darin; Hüftgelenkschmerz, stechende Empfindung in den Fußwurzelknochen und Zehen. Die Schmerzen wandern von unten nach oben und verschlimmern sich in der Bettwärme.

Mercurius solubilis: Sehr wichtig bei akuten Gelenkrheumatismen und Anfällen von Gelenkgicht mit teigiger Geschwulst; bei nächtlichen, sich in der Bettwärme verschlimmernden Schmerzen, die durch jede Erkältung leicht erneuert werden und mit reichlichen, sauerriechenden, nächtlichen Schweißen, die keine Erleichterung bringen, vergesellschaftet sind. Gewöhnlich ist geringer Urinabgang mit vermindertem Harnstoff und reichlichen harnsauren Salzen mit den Anfällen verbunden.

Natrium salicylicum: Wird empfohlen gegen Gicht und Rheumatismus, wenn zugegen: Geschwulst und Steifigkeit der Gelenke mit öfterem Rucken und Knacken in diesen. Reißende und stechende Schmerzen in den ergriffenen Teilen. Podagra mit starker Entzündungsgeschwulst der ganzen Umgebung der großen Zehe. Von diesem Mittel verabfolgen wir 2stündlich 2 dg der 1. Decimalverreibung. Höhere Verreibungen und exzessive Verdünnungen verträgt dieses Mittel nicht, da es nur als Palliativmittel betrachtet werden darf.

Nux vomica: Bei akutem Rheumatismus, der besonders im Nacken und in der Wirbelsäule seinen Sitz hat; daher auch Hauptmittel bei Hexenschuß. Die Beschwerden verschlimmern sich durch Bewegung, frische Luft und Kälte und treten gewöhnlich nach Mitternacht oder in den Morgenstunden auf. Oft in Verbindung mit gastrischen Beschwerden, bei Hämorrhoidariern und Liebhabern geistiger Getränke.

Pulsatilla: Rheumatische Geschwulst und Entzündung der Gelenke. Wandernder, seinen Sitz plötzlich wechselnder Gelenkrheumatismus mit geringem Fieber und Entzündungsschmerz; besonders bei Ergriffensein der großen Gelenke. Verschlimmerung in der Bettwärme und nachts; Besserung durch Entblößen des leidenden Teils.

Rhododendron: Bei wanderndem (chronischem) Muskel- und Gelenkrheumatismus mit mäßigen, von Witterungswechsel abhängigen Schmerzen, die besonders von rauhem, feuchtem und windigem Wetter hervorgerufen werden und sich in der Ruhe verschlimmern.

Rhus Toxicodendron: Eins der bewährtesten Hauptmittel, sowohl bei akuten als auch bei chronischen rheumatischen und gichtischen Affektionen, wenn solche vor allem nach Einwirkung feuchter Kälte oder Durchnässung entstehen. Bei reißenden, spannenden oder Verrenkungsschmerzen mit Gefühl von lähmiger Schwäche und Kribbeln; bei Schmerzen, die besonders in der Ruhe oder nach dem Aufstehen, bei anfangender Bewegung heftiger werden, sich aber bei fortgesetzter Bewegung bessern. Bei roter, glänzender Geschwulst der leidenden Teile mit Stechen bei Berührung. Ist oft sehr hilfreich bei Hüft- und Lendenweh und auch bei Hexenschuß.

Sabina: Leistet oft viel bei chronischem Gelenkrheumatismus mit Knacken und Geschwulstgefühl in den Gelenken; Podagra mit Geschwulst und glänzender Röte der großen Zehe und heftigen Schmerzen bei Berührung und Bewegung. Schmerzhafte Affektionen der Knochen, Knochenhaut und Gelenke.

Sulfur: Da der Schwefel erfahrungsgemäß ein vorzügliches Mittel ist, sowohl zur Bekämpfung von Funktionsstörungen einzelner Organe auf Grund krankhafter Zustände in der Rück- und Neubildung von Gewebsbestandteilen, als auch zur Verbesserung des Stoffwechsels im allgemeinen, so werden wir auch mit diesem Mittel gute Erfolge erzielen bei chronisch-rheumatischen und gichtischen Gelenkaffektionen, Knochen- und Muskelleiden auf skrofulöser Grundlage. Nach Sulfur haben sich oft Calcium carbonicum, Lycopodium oder Silicea bewährt.

Tartarus emeticus: Von bedeutender Wirkung in den höchst schmerzhaften lokalen Muskelrheumatismen, wie sie nach Erkältung neben starker Muskelanstrengung gern die Muskeln des Rückens befallen. Bei heftigem Gelenkrheumatismus mit mäßigem Fieber, der sich bald hier, bald dort durch Schmerz, Geschwulst und Röte äußert, auch zuweilen mehrere Stellen zugleich befällt, oft in Verbindung mit Verdauungsstörungen. – Nützt viel bei Hexenschuß (Lumbago) in 3. oder 4. Verreibung, 3- bis 4stündlich eine bohnengroße Gabe. Desgleichen Rhus Toxicodendron bei plötzlicher Erkältung und Arnica bei Überanstrengung. Von unverkennbarem Nutzen ist auch das Kneten und Klopfen (Massieren) der schmerzhaften Stellen. Mercurius solubilis bei hexenschußartigem Ergriffensein der Lenden- und Kreuzbeinmuskeln, so daß sogar das Liegen schmerzhaft ist. –

China: Bei sehr herabgekommenen, blutarmen Individuen; bei ödematöser Anschwellung einzelner Körperteile. – Arsenicum: Ähnlich wie China, jedoch bei unlöschbarem Durste, starken, erschöpfenden Schweißen und geringem Harnabgänge. – Ferrum: Bei blutarmen Rekonvaleszenten (ähnlich China) und bei rheumatischer Lähmung im Schultergelenk, besonders im linken Deltoideus, während Sanguinaria Beziehungen zum rechten hat. – Jodum: Ähnlich Kalium jodatum, aber oft noch wirksamer; beide jedoch bei noch nicht zu erschöpften Patienten. – Phosphorus: Sehr wirksam bei chronischen Gelenkentzündungen, besonders des Knie- und Fußgelenkes, mit Exsudaten zwischen den Knochenenden, die hierdurch aus ihrer Lage herausgetrieben werden. – Ruta: Rheumatische Lähmungen des Hand- und Fußgelenkes.

Als Bäder Zu empfehlen sind hier auch Dr. Willmar Schwabes Collosulfan-Bäder. Diesbezügliche Prospekte erhält man kostenlos durch Dr. Willmar Schwabe, Leipzig O 29. haben beim chronischen Gelenkrheumatismus unter den natürlichen Thermen den meisten Ruf Teplitz, Wiesbaden, Gastein, Kreuznach; auch sind heiße und konzentrierte Solbäder von 28 bis 30 °R, in denen die Patienten 10 Minuten verweilen müssen, sehr zu empfehlen. Bei der Gicht, zumal bei zu Fettablagerungen geneigten Personen, Karlsbad, Kissingen; bei hageren und schwächlichen Personen, die schon in ihrer Ernährung beeinträchtigt sind, oder bei solchen, bei denen schon erhebliche Bewegungsstörungen eingetreten: Teplitz, Wildbad oder Wiesbaden. Bei nicht harter, sondern elastischer Geschwulst der Gelenke sind die schwefelhaltigen Bäder in Burtscheid bei Aachen und die schwefelhaltigen Moorbäder sehr zu empfehlen. Bei an Herzkrankheiten leidenden Patienten sind Bäder zu widerraten, weil entschieden schädlich.

Bei chronischem Rheumatismus mit umherziehenden Schmerzen und Lähmigkeitsgefühl in den Gliedern sind oft Dampfbäder von gutem Erfolge, weil diese durch reichliche Schweiße die harnsauren Salze, die durch die Nieren nicht ausgeschieden werden, aus dem Körper entfernen.

Derartige Dampfbäder kann man sich leicht selbst einrichten. Man stellt unter einen Rohrstuhl einen Blechtopf mit kochendem Wasser. Der Patient setzt sich nun, bis aufs Hemd entblößt, auf den Stuhl und wird mit einer Decke, die bis zur Erde reichen muß, so umhüllt, daß nur der Kopf sichtbar ist. Es entwickeln sich nun in dem durch die Decke abgeschlossenen, zeltähnlichen Raume starke Wasserdämpfe, die sehr bald reichliche Schweiße hervorrufen. Nachdem der Patient 10 bis 15 Minuten im Dampf bade verweilt hat, wird er mit einem wollenen Tuche gut abgetrocknet und ins Bett gebracht, das er nach 1- bis 2stündlichem Nachschwitzen und darauffolgenden kühlen Wasserabreibungen wieder verlassen kann. Derartige Dampfbäder kann man wöchentlich mehrmals wiederholen. Herzleidende dürfen sich jedoch dieser Prozedur nicht unterziehen.

Als gelinden antagonistischen Hautreiz gegen rheumatisch-gichtische Schmerzen, Bronchialkatarrh usw. wenden wir manchmal mit gutem Erfolge das ungeschärfte Pechpflaster, das selbst Hahnemann nicht verschmähte, an. Dieses Pechpflaster besteht aus 32 Teilen Resina Pini (Fichtenharz) und je 12 Teilen Cera flava (gelbes Wachs) und dickem, venetianischem Terpentin. – Tut man hierzu 3 Teile Euphorb. subtilissim. pulv., so bekommt man das geschärfte Pechpflaster. Wir bestreichen nun mit dem etwas erwärmten, nicht geschärften Pechpflaster ein Stück Papier möglichst dünn und applizieren dieses auf den erwärmten Körperteil, wo es mehrere Tage liegen bleibt, bis es abfällt.


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