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Cholera asiatica

Die Cholera ist eine Infektionskrankheit, deren Erreger der Kochsche Kommabazillus ist. Es scheint jedoch, als ob gerade bei der Cholera eine gewisse Bereitschaft (Disposition) zur Erkrankung vorliegen muß, während andererseits eine natürliche Immunität viele Personen vor der Infektion schützt.

Wie in so vielen Krankheiten, so hat sich denn auch in dieser furchtbaren Seuche die Überlegenheit des homöopathischen Heilverfahrens aufs beste gezeigt und den Triumph vereitelt, dessen sich wenigstens dieses Mal über die Homöopathie ihre Gegner zu erfreuen hofften, deren selbst eingestandenes nutzloses Verfahren sich wohl bei keiner Krankheit so sehr als bei dieser bekundete. Man war so unvernünftig, dem bedauernswerten Kranken die schärfsten Säuren in den Mund zu flößen, wovon ein Tropfen, aufs Betttuch geschüttet, große Löcher hineinfraß, was in manchen Orten, z. B. in Königsberg, Aufstände im Volke hervorrief, das in diesem unvernünftigen Handeln der Ärzte eine absichtliche Vergiftung der Kranken zu sehen glaubte. Diese Mißhandlungskuren waren denn aber auch daran schuld, daß diese Herren, die bei ihrer rationellen Unparteilichkeit schon so weit gekommen sind, daß sie die diagnostische Fertigkeit und Zuverlässigkeit als ihr alleiniges Privilegium beanspruchen, von 100 Kranken mehr als die Hälfte verloren. Die Tatsachen liegen in aktenmäßig beglaubigten Berichten der Welt vor Augen, unter denen folgende kurze Angaben aus den darüber veröffentlichten statistischen Notizen hier am Platze sein werden. (Die hier folgenden statistischen Zusammenstellungen entnehme ich einer Abhandlung des um die Homöopathie sehr verdienten Dr. F. A.  Günther.)

In den Jahren 1830 und 1831 wurden in Rußland in den von der Cholera ergriffenen Gouvernements Saratoff, Tambtoff und Twer 1270 Patienten homöopathisch behandelt; 1162 davon genasen, 108 starben. Demnach kommen auf 100 Erkrankte 91 3/5 Genesene und 8 2/5 Gestorbene, und es ist höchst merkwürdig, daß dieses Verhältnis dem Ergebnisse der homöopathischen Behandlung der Cholera in Ungarn, Mähren und Wien fast ganz gleich ist.

Der Königliche Kreisphysikus Dr.  Strecker in Dingelstedt hat in einem Dorfe des Eichsfeldes von 58 homöopathisch behandelten Cholerakranken 54 gerettet und die Resultate seines Verfahrens der Königlichen Regierung zu Erfurt vorgelegt. (Vgl. Schweickerts Zeitung vom Jahre 1832, Nr. 50.)

Zu Mühlhausen in Thüringen starben innerhalb 11 Wochen von 400 allopathisch behandelten Cholerakranken 214 (nach amtlichen Berichten), während ebendaselbst dem Chirurgus Wohlleben aus Körner (im Gothaischen) von 43 homöopathisch behandelten Cholerapatienten nur 10 starben. (Vgl. »Allg. Anzeiger d. D.« vom Jahre 1832, Nr. 335.)

Als im Jahre 1854 die Cholera nach Palermo kam, erkrankten daselbst 1513 Soldaten; also Leute, die in betreff der Nahrung, Kleidung, Wohnung, Beschäftigung, der Körperkräfte, des Alters, kurz aller irgendmöglichen Verhältnisse, möglichst gleichgestellt waren. Von diesen wurden allopathisch behandelt 902 und starben 386, also über 42 %; homöopathisch behandelt wurden 611, von denen nur 25, also kaum 4 %, starben.

In dem obengenannten Jahre suchte die Cholera auch die Caraibischen Inseln heim, und auf der »Perle« dieser Inseln, Barbados, erkrankten 2113 Personen. Von 346 allopathisch Behandelten starben 154, von den 1767 homöopathisch Behandelten jedoch bloß 370.

In demselben Jahre erkrankten auch zu Raab in Ungarn 1371 Personen an der Cholera. Von diesen vertrauten sich 1217 allopathischen Ärzten an, und es starben von ihnen 578, während von den 154 Patienten des homöopathischen Arztes Dr.  Bakody nur 6 starben. –

Tatsachen wie diese sprechen für sich selbst und gewähren ein Urteil über die Homöopathie, das keinem zweifelhaft sein kann. Bekanntlich hatte Hahnemann schon vor dem Erscheinen der Cholera in Europa auf die bei dieser Krankheit spezifischen Mittel aufmerksam gemacht, und die Wahrheit seiner Lehre hat sich in dieser furchtbaren Seuche wunderbar bestätigt. Obgleich nach Wilhelmi die Allopathen 283 der bewährtesten (?!) Heilmittel gegen die Cholera besitzen und in dem Buche von Anton: »Die bewährtesten Heilformeln für die epidemische Cholera (Leipzig 1849)« sogar 410 Rezepte mitgeteilt werden, so sind ihnen doch bekanntlich im Durchschnitt die Hälfte der Erkrankten und oft darüber gestorben, wie ihre eigenen, gewiß nicht zu genauen Angaben beweisen, während den Homöopathen, die nicht mehr als 6 Hauptmittel dabei in Anwendung gebracht haben, im Durchschnitt kaum der zehnte Teil der Erkrankten gestorben ist.

Die Krankheit beginnt selten mit Vorboten. Die Inkubation dauert 1 bis 3 Tage. Das erste Zeichen erfolgter Infektion sind schmerzlos abgehende, dünne, aber noch gallig gefärbte, hellbraune Stühle, die sich stündlich oder noch öfter wiederholen. Tritt nach Verlauf einiger Stunden oder höchstens einiger Tage keine Besserung ein, dann geht die Krankheit meist ganz plötzlich in die charakteristischen Formen über. Den Kranken befällt ein beklemmendes Gefühl in der Brust und Herzgrube. Die sich im Laufe der Krankheit vermehrenden Durchfälle werden hell, dem Reiswasser ähnlich, mit flockigem Bodensatz, und haben einen faden, dem Seifenwasser vergleichbaren Geruch. Mit der Zunahme der Entleerungen stellt sich ein leichtes, ohne Anstrengung erfolgendes Erbrechen von trüber Flüssigkeit ein, mit sich schnell steigernder Mattigkeit in den Gliedern, manchmal Zittern und Schlottern in den Händen und Füßen. Den Kranken quält eine eigentümliche Angst; der Durst ist groß und unlöschbar. Die Haut fühlt sich entweder kalt und trocken (marmorkalt) oder kalt und feucht (froschkalt) an. Die Zunge ist kalt, der Atem kühl. Die Gesichtszüge sind eigentümlich entstellt und zeigen das Gepräge höchster Erschöpfung, die sich bis zur Ohnmacht steigert. Die Stimme wird klanglos. Das Aussehen ist leichenhaft, die Augen eingesunken, mit bläulichen Ringen umgeben; die Wangen fallen ein, die Nase wird spitz. Die Gesichtsfarbe ist cyanotisch, ebenso besteht bläuliche Färbung der Fingernägel. Der Bauch fühlt sich weich und teigig an, mit hörbar schwappender Flüssigkeit, oder ist eingezogen und gespannt. Der Kranke klagt über zusammenziehende, krampfhafte Schmerzen in den Därmen. Die Hauttätigkeit ist erschlafft und zeigt keine Elastizität; eine auf der Haut gedrehte Falte bleibt stehen. Gewöhnlich treten jetzt krampfhafte Kontraktionen der Wadenmuskeln sowie auch anderer Muskelgruppen ein. Der Puls steigt auf 120 Schläge und darüber, ist weich, oft kaum fühlbar. Die Urinsekretion ist völlig unterdrückt. Das Bewußtsein ist ungetrübt. Auf dieser Höhe kann sich das Leiden einige Zeit, selten über 12 Stunden halten. Das Blut verdickt sich infolge seines Wasserverlustes allmählich immer mehr, was eine hochgradige Abschwächung der Herzaktion und zuletzt eine Paresis des Herzens zur unausbleiblichen Folge hat. Die Kranken werden in einigen Stunden hingerafft. Oder es tritt eine günstige, vollkommene Reaktion mit allmählicher Abnahme der Cholerasymptome ein, die Körperwärme stellt sich allmählich wieder ein, mit Ausbruch von Schweiß, Abnahme des Durstes und Wiederkehr der Harnabsonderung, die anfangs oft reich an Eiweißgehalt, aber arm an Kochsalz und Harnstoff ist. Je reichlicher die Urinabsonderung, desto schneller tritt die Genesung ein.

Oft tritt aber eine ungünstige Reaktion ein. Die Körperwärme kehrt ungleichmäßig zurück, es werden nämlich Kopf und Rumpf heiß, während Gliedmaßen und Gesicht kalt bleiben. Der Puls nimmt rasch eine harte Beschaffenheit an, wird voll und frequent. Das Gehirn ist eingenommen, der Kranke liegt schlafsüchtig und delirierend da. Die Temperatur steigert sich bedeutend, die Cholerasymptome – besonders der Durchfall – dauern, wenn auch im geringeren Grade, fort; letzterer ist zersetzt und stinkend, die Zunge ist trocken und rußfarbig belegt. Es entsteht das Bild eines intensiven Typhus, mit dem meistens die Symptome hochgradiger Nierenerkrankung verbunden sind. Der Übergang dieses Choleratyphoids in Genesung ist stets ein langsamer, doch tritt die günstige Wendung schon in der zweiten Woche ein. In anderen Fällen treten schwerere Komplikationen und entzündliche Lokalisationen auf, z. B. der Lunge, der Luftröhre, der Milz, oder es bilden sich diphtherische Prozesse im Pharynx, in den Gedärmen usw., und der Tod ist unter diesen Umständen der gewöhnliche Ausgang.

Die Arzneimittel, die die Homöopathie bei dieser das Leben so sehr bedrohenden Krankheit zur Anwendung bringt, sind zwar nicht zahlreich, haben sich jedoch in der Mehrzahl der Fälle als wahre Heilmittel bewährt. Unsere vielfach erprobten Mittel bei der Cholera sind: Ipecacuanha, Camphora, Veratrum, Cuprum und Arsenicum. In einzelnen Fällen Jatropha curcas und Acidum hydrocyanicum.

Einer jeden Diarrhöe, die zur Zeit einer herrschenden Cholera eintritt, muß die größte Aufmerksamkeit gewidmet werden, weil die Erfahrung lehrt, daß solche Durchfälle am meisten zur Cholera prädisponieren. Zur Zeit einer herrschenden Choleraepidemie hüte man sich sorgfältig vor Erkältung und vermeide den Genuß saurer Speisen und gegorener Getränke, ebenso den Genuß des Obstes. Überhaupt suche man alles fernzuhalten, was Durchfälle hervorrufen könnte; auch alle Gemütsbewegungen, Ärger, Schreck usf. Da die Erfahrung gelehrt hat, daß nur die Auswurfstoffe der Kranken anstecken, so entferne man diese sogleich und desinfiziere die Aborte mit einer 5 %igen Karbolsäurelösung, der auf 1 Liter 10 bis 15 g Eisenvitriol hinzuzusetzen sind. Die größte Reinlichkeit ist hier eine Hauptsache. Besonders sorge man für reine Luft im Krankenzimmer und hüte sich, den Gestank der Karbolsäure in dieses dringen zu lassen. Als vorbeugendes, einfaches Prophylaktikum empfiehlt Dr.  Constantin Hering das Einstreuen von Schwefelmilch in die Strümpfe.

Die rein symptomatische Behandlung der Choleradurchfälle ist die zweckmäßigste. Der Sachverständige verordnet demnach:

Ipecacuanha: Bei milden Anfällen von Diarrhöe, aber vorherrschendem Erbrechen von schleimigen, grünlichen, galligen Massen. Eignet sich vorzüglich für Kinder und Frauen, besonders im Sommer nach Erkältung und Diätfehlern.

Phosphorus: Überwiegender Durchfall mit heftigen Leibschmerzen und wegprasselnden, wässerigen, aber noch mit Kotmassen vermischten Stühlen; Brennen, Kollern und Poltern im Bauch, große Schwäche. Auch wenn nach Gebrauch von Ipecacuanha und Veratrum das Erbrechen zwar vorüber, der Durchfall aber noch vorhanden ist.

Arsenicum: Bei plötzlich eintretenden, sehr erschöpfenden Choleradurchfällen mit Brennen im Magen, heftigem Brechwürgen und außerordentlichem Durst. Weicher, hinschwindender Puls, heftige Herzpalpitationen, mit Atembeengung und unsäglicher Angst. Gänzliche Unterdrückung der Harnsekretion. Sind diese Symptome vorhanden, dann ist Arsenicum sofort zu verabfolgen und jedem anderen Mittel vorzuziehen.

Veratrum album: Erstes und anerkanntes homöopathisches Hauptmittel sowohl bei der Cholera, als auch bei der Cholerine. Man wende dieses Mittel sofort an, wenn der Anfall mit Erbrechen und Durchfall beginnt und dieser auffallend farblos ist. Bei kleinem, seltenem Puls, vielem Durst, Ohnmachtsgefühl, Wadenkrampf und kühler, bläulicher Haut.

Cuprum: In der krampfhaften Form, mit konvulsivisches Bewegungen der Muskeln und Zusammenziehen der Finger und Zehen. Dabei große Unruhe, vergebliches Brechwürgen und Zusammenschnüren der Brust. Hörbares Kollern im Leibe und unterdrückter Stuhlgang infolge eingetretener Darmlähmung. Der Puls wird frühzeitig schwach und setzt aus.

Cuprum arsenicosum: Ein in neuerer Zeit mit sehr gutem Erfolge angewandtes Choleramittel. Wenn zugegen: Brechwürgen mit unaussprechlichem Angstgefühl und Brustbeklemmung; auch arges Erbrechen mit wässerigen Durchfällen. Heftig schneidende Kolikschmerzen. Unruhe, Ohnmachtsanwandlungen, große zitterige Schwäche in den Beinen. Brennender Durst mit stetem Verlangen zu trinken. Kalter Schweiß und blasses, verfallenes Gesicht.

Acidum hydrocyanicum: Diese Arznei (1 bis 2 bis 3 Tropfen in 1 Eßlöffel voll Wasser alle 5 bis 10 bis 15 Minuten) empfehlen wir besonders in jener Form der asiatischen Cholera, die unter allgemeiner Lähmung der Empfindungs- und Bewegungsnerven, unter Erstickungserscheinungen, eisiger Kälte der Haut und Bläue an Gesicht und Hals am raschesten zum Tode führt. Sehr wirksam im asphyktischen Stadium, wenn Pulslosigkeit, Ohnmächten und Gliederstarre infolge der Blutstauungen in den Venen des Gehirns eintreten. Kafka empfiehlt hierbei als das souveränste Mittel, das dem Choleraanfalle in seiner höchsten Entwicklung entspricht, Tartarus emeticus, alle 10 bis 15 Minuten 1 Gabe. Es vermindert mit auffallender Schnelligkeit das Erbrechen sowie die Brechübelkeiten und Ohnmächten, die Präkordialangst und die Brustbeklemmung; auch das Schlucken von Eisstückchen tut gegen das Erbrechen zuweilen gute Dienste. Wenn die Cyanose und die schwierige Respiration immer mehr in den Vordergrund treten und der Kranke der Agonie nahe ist: Carbo vegetabilis. – Von entschiedenem Nutzen ist ein anhaltendes, doch sanftes Frottieren des Körpers mit in Essigwasser getauchten Tüchern.

Schließlich wollen wir noch des Kampfers gedenken, den schon Hahnemann gegen gewisse Formen der Cholera empfohlen hat. Nach ihm ist Kampfer mit Erfolg anzuwenden, wenn der Anfall mit plötzlichem Sinken der Kräfte beginnt, das Gesicht eiskalt und entstellt ist und der Kranke sich in hoffnungsloser Mutlosigkeit oder in einem betäubten und gefühllosen Zustande befindet; ebenso auch bei sehr schmerzhaften Wadenkrämpfen. Durst, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall fehlen noch. – Nach Anwendung des Kampfers zeigt sich sehr oft baldiger Ausbruch von Schweiß als sicherstes Zeichen der Besserung. Wir reichen von Camphora alle 5 Minuten 1 Tropfen in 1 Eßlöffel voll Wasser, bis Besserung erfolgt; später viel seltener, weil er sonst leicht lästige Blutüberfüllung des Gehirns (Gehirnhyperämie) erzeugt. Von dem italienischen Arzt Rubini wurde eine Kampferlösung in Kognak: Camphora Rubini, mit großem Erfolg angewendet. Man verabreicht davon alle 5 bis 10 Minuten 2 bis 3 Tropfen in 1 Teelöffel Zuckerwasser und, sobald die Reaktion eingetreten ist, ¼- bis ½stündlich die gleiche Gabe. Nach Camphora paßt oft Veratrum.

Wir verabfolgen bei der Cholera sämtliche Arzneien in tieferen Potenzen in ¼stündlichen oder noch häufigeren Wiederholungen.

Um den entsetzlichen Durst des Kranken zu stillen, ist Wasser allein nicht genügend. Man gebe ihm vielmehr Eiswasser oder säuerliche Getränke, soviel er nur will, um den qualvollen Durst zu löschen. Auch scheinen die Säuren sehr wirksam zu sein, um den Cholerapilz zu vernichten. Wir empfehlen daher Apfelwein, Champagner oder auch Sauerkrautwasser in reichlichen Mengen als Getränk. Es scheint, sagt Dr.  Hensler (in »Meine Erfahrungen in der asiatischen Cholera«), daß die Säuren gewisse organische Krankheitskeime zerstören, die bei ihrer Entwicklung ähnliche Wirkungen hervorbringen, wie die Säuren, wenn sie in vergiftender Menge genossen werden. Dafür spricht wohl auch die Tatsache, daß es noch nie gelungen ist, Tiere durch Beimischung von Cholerastoff zur Nahrung anzustecken. Die Tiere haben eben viel kräftigere Säuren im Verdauungskanale als der Mensch.

In Cholerazeiten bleibe man so viel wie möglich zu Hause, unternehme nur kleine Spaziergänge und esse nicht außer dem Hause. Alle Speisen seien gekocht, auch das Trinkwasser. Seine Wäsche lasse man im Hause, nicht außer dem Hause waschen. Kommen Cholerafälle in der Familie vor, so ist strengste Reinlichkeit Haupterfordernis. – Alle Aussonderungsstoffe müssen schnell entfernt und die Ausleerungsgeschirre und der Abort sorgfältig desinfiziert werden. Wer mit Cholerakranken zu tun hat, wasche sich recht fleißig und sorgfältig die Hände mit einer desinfizierenden Seife (z. B. Kresolin-Seife, Tannin-Seife – durch die Firma Dr. Willmar Schwabe, Leipzig O 29, erhältlich –), da gerade die Finger, wenn sie durch die Ausleerungsstoffe Cholerakranker besudelt worden, am leichtesten den Choleraerreger dem Körper zuführen können. Bettüberzüge sind auf das sorgfältigste durchzukochen (Persil). Ebenso sind Bettstelle und Matratze zu desinfizieren.

Im Choleratyphoid empfehlen wir, nach den bekannten Indikationen, vorzüglich Arsenicum, Phosphorus oder Acidum phosphoricum. Phosphorpräparate besonders bei hoher Temperatur, Bauchauftreibung oder Gurren im Bauch. – Bei unterdrückter Harnabsonderung: Cantharis. – Stellen sich deutliche Zeichen der Urämie ein, ist die Zunge trocken, der Kopf heiß, und sind die Gliedmaßen kalt: Stramonium. – Liegt der Kranke schlummernd in Delirien, mit Murmeln, Sehnenhüpfen und Flockenlesen: Hyoscyamus, auch Camphora. Im allgemeinen hat man hier nach denselben Grundsätzen zu verfahren wie beim Typhus. – Äußerste Vorsicht ist anzuraten, wenn sich der Appetit wieder einstellt, denn sowohl hier, wie auch beim Typhus ist der Darm noch längere Zeit leidend, und es müssen daher die Speisen mit äußerster Sorgfalt gewählt und verabfolgt werden.

Die Cholerine – Cholera nostras – ist an sich weiter nichts als ein milderer Grad der Cholera, bei der die eigentlichen Wadenkrämpfe fehlen. Sie ist gleichfalls eine Infektionskrankheit, deren Erreger aber noch unbekannt ist. Sie tritt entweder sporadisch, d. h. in vereinzelten Anfällen auf, oder in sehr beschränkten Epidemien. Dem Ausbruch der Krankheit gehen gewöhnlich kurze Vorboten von Unbehaglichkeit, Übelkeit, Ekel, Kollern und Knurren im Bauche und verminderte Urinabsonderung voraus. In heftigen Anfällen, die gewöhnlich nachts eintreten, fehlen diese Vorboten. Die Kranken erwachen mit einem ängstlichen, beklemmenden Gefühl in der Herzgrube, dem sich sehr bald heftiges Erbrechen hinzugesellt, das im Verlauf einiger Stunden sehr oft repetiert und zuletzt ohne Speise- und Gallenbeimischung, ganz wässerig, mehr oder weniger massenhaft erscheint. Die Darmentleerungen geben das Bild eines gewöhnlichen Darmkatarrhs, ohne daß weitere Erscheinungen der Cholera zur Entwicklung gelangen; in manchen Fällen treten leichte Zeichen der Cholera, wie z. B. Kälte der Extremitäten, schlechtes Aussehen, blaue Lippen und Nägel, Unterdrückung der Harnabsonderung, Ziehen in den Waden usw. hinzu: Erscheinungen, aus denen sich unter ungünstigen Verhältnissen die wirkliche Cholera entwickeln kann. In anderen Fällen werden die Stuhlentleerungen häufiger, zuletzt reiswasserähnlich, mit heftigem, von unlöschlichem Durst begleitetem Erbrechen. Die Kranken werden sehr hinfällig, es tritt Kälte der Extremitäten ein, in manchen Fällen sogar Wadenkrämpfe und gänzliche Harnunterdrückung (Anurie), Erscheinungen, die den wahren Choleraanfall charakterisieren. Wie man sieht, kann die Cholerine höheren Grades ein täuschendes Bild des Choleraanfalles abgeben, nur fehlen die Erscheinungen der Eindickung des Blutes und der beginnenden Herzlähmung. – In dieser Krankheit werden wir, wie leicht aus dem oben entworfenen Krankheitsbilde ersichtlich, dieselben Arzneimittel anwenden wie bei der Cholera; man vergleiche übrigens noch die bei Darmkatarrh angeführten Mittel und bei Kinderkrankheiten » Sommerdurchfälle«.


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