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Bauchschmerzen und Kolik. Enteralgia, Colica

Mit dem Namen Kolik bezeichnet man einen im Gedärme seinen Sitz habenden, heftig kneipenden oder schneidenden, plötzlich und in Anfällen auftretenden, den Neuralgien verwandten Schmerz. Auch angehäufte Kotmassen, Gase, gewisse Gifte usw. vermögen Koliken zu erzeugen, und wir sprechen dann von einer Blähungskolik, Bleikolik, Hämorrhoidalkolik usf. Da wir den Begriff Kolik nicht im engeren Sinne nehmen, so wollen wir in diesem Abschnitte auch zugleich die Gallensteinkolik behandeln.

Krampfkolik oder Unterleibskrämpfe. Colica neuralgica, Kolik im engeren Sinne. Äußert sich durch krampfhafte Leibschmerzen, die in Anfällen auftreten und mit keiner erweislichen anderen Krankheit des Darmkanales zusammenhängen. Hauptmittel hierbei sind: Belladonna, Colocynthis, Dioscorea, Hyoscyamus oder Nux vomica. – Bei Hysterischen: Asa foetida, Cocculus, Ignatia, zuweilen auch Veratrum.

Entzündungskolik. Colica inflammatoria. Plötzlich eintretende, anhaltende, aber periodisch heftiger auftretende Leibschmerzen, die besonders in der Nabelgegend empfunden werden. Diese sind meist schneidend, reißend oder kneipend und werden durch Druck auf die Bauchdecke erhöht, während bei der Krampfkolik Druck auf den Bauch den Schmerz zu mäßigen pflegt. Die Temperatur ist mehr oder weniger erheblich gesteigert, der Puls häufig, voll und gespannt. Durst, Übelkeit und Brecherlichkeit sind gewöhnlich Begleiterscheinungen der Krankheit, die meist durch Erkältung verursacht wird.

Zu empfehlen gegen diese Erscheinungen sind: Aconitum, Belladonna, Bryonia oder Arsenicum. Bei kleinen Kindern nach Erkältung und bei Durchfall: Chamomilla, Pulsatilla oder Arsenicum. Im übrigen verweisen wir auf das bei Darmentzündung Gesagte und auf die Anzeigen für jedes einzelne Mittel, weiter unten.

Blähungskolik. Colica flatulenta. Anhäufung von Gasen im Leibe und Gefühl von großer Last mit Knurren und Poltern, mehr oder minder stark aufgetriebener Leib mit ängstlichem, kurzem Atemholen. Kneipende, zusammenschnürende oder auseinanderpressende Schmerzen, beim Gehen kaum zu ertragen, besser beim Krummsitzen oder Liegen. Der Urin ist wässerig. Die bewährtesten Mittel dagegen sind: Belladonna, Carbo vegetabilis, Cepa, China, Cocculus, Lycopodium, Nux vomica, die unten näher charakterisiert sind.

Hämorrhoidalkolik. Sie soll bei Leuten vorkommen, die an blinden Hämorrhoiden leiden, und ist wohl eine mehr auf Hypothese als auf Wirklichkeit beruhende, bei älteren Leuten oft auf Harnblasenaffektion zurückzuführende Erscheinung. – Ist die Blase ergriffen, so zeigen sich die Symptome des akuten Blasenkatarrhs, worüber das Nähere an Ort und Stelle zu ersehen. Im übrigen verweisen wir auf das bei Afterknoten Gesagte.

Gallensteinkolik. Colica hepatica. Dieses Leiden entsteht infolge Stauung der Galle und einer dadurch bedingten abflußerschwerenden abnormen Lagerung der Gallenblase sowie einer durch einen krankhaften Reiz hervorgerufenen Ablagerung von Gallensteinen (Calculi biliarii). Diese harten Gebilde von der Größe eines Senfkorns bis zu der einer Haselnuß drängen sich nicht selten durch die Gallengänge und veranlassen hierdurch Hemmungen im Abfluß der Galle, Reiz und Entzündung, und wenn sie eingeklemmt werden, jene äußerst schmerzhafte Gallensteinkolik mit periodischen, vorzüglich nächtlichen Zufällen von höchster Stärke oder anhaltende Schmerzen in der Leber, Gelbsucht, Galleerbrechen, Durchfälle. Oft gehen auch durch den Stuhl Gallensteine ab. Man unterscheidet reine Cholesterinsteine, weißlich, weich, von glatter, höckeriger Oberfläche, mit kristallinischem, radiärem Gefüge, oft bis zur Größe eines Taubeneies; geschichtete Cholesterinsteine mit radiärem, kristallinischem Kern, der von verschieden gefärbten, graugelben, grünlichen, braunen bis dunkelgefärbten Cholesterinschalen umschichtet ist, zuweilen Kalk enthaltend; Cholesterinkalksteine, die am häufigsten vorkommen und meist einen Kern von Cholesterin, der von rotem Gallenfarbstoff (Bilirubin) und Kalkkarbonat umhüllt wird, von gelblicher, bräunlicher oder weißer Farbe. Sie liegen oft in größerer Anzahl, 5 bis 100, in der Gallenblase bzw. in den Gallenwegen und platten sich durch gegenseitigen Druck ab (facettierte Gallensteine). Zuweilen finden sich auch grießartige, reine Pigmentsteine (Bilirubinkalksteine), die fast ausschließlich aus Kalkverbindungen, rotem Gallfarbstoff und Exsudatprodukten bestehen. Seltener kommen Steine aus reinem Kalkkarbonat vor.

Die Therapie hat hierbei zwei Aufgaben zu lösen: zunächst die Bekämpfung des Kolikanfalles und dann neue Steinbildungen möglichst zu verhüten, also die Gallenstauung zu beseitigen.

Der Kolikanfall tritt urplötzlich auf mit einer Heftigkeit zum Rasendwerden. Kalter Schweiß tritt auf die Stirn des totenbleich aussehenden, verzweifelten Kranken, der sich krümmt und windet wie ein Wurm.

Zur möglichst schnellen Bekämpfung des furchtbaren Anfalls verabfolgen wir Belladonna im Wechsel mit Ricinus communis. Wir füllen zwei Gläser, jedes mit 6 Eßlöffel voll Wasser, schütten in das eine Glas 12 bis 14 Tropfen Belladonna, in das andere ebensoviel Tropfen Ricinus communis. Zum Umrühren dient für jedes Glas ein besonderer Teelöffel. Nun verabfolgen wir in Pausen von 10 Minuten bald von dem einen und bald von dem andern Glase 2 Teelöffel voll. Die Wirkung ist eine äußerst prompte. Einige Praktiker verabfolgen statt Belladonna Atropinum sulfuricum. Nach Dr.  Noack ist schon Ricinus communis allein sehr hilfreich im Verlaufe der Gallensteinkolik und aller danach oft eintretenden Erscheinungen, wie Gelbsucht, Auftreibungen, Aufstoßen und Verdauungsstörungen. Ric.. soll auch neue Anfälle verzögern und mildern. Selbstverständlich muß sich der Patient sehr beobachten und grobe Diätfehler soviel wie möglich vermeiden. – Gegen die Gallensteine selbst hat die Homöopathie bis jetzt noch ebensowenig wie die Allopathie ein sicher helfendes Mittel. Von beachtenswerter Seite wurde, um die Erneuerung der Anfälle möglichst zu verringern, Lycopodium D10, Natrium choleinicum D4 und Cholestearin D6 (Verreibung von Gallensteinen) empfohlen. Man nehme einen Tag um den andern bald von dem einen, bald von dem andern Mittel; etwa 2 bis 3 Wochen, nach längeren Pausen, wiederhole man dieses Verfahren. Alle fetten Speisen, Hülsenfrüchte, auch Eier, müssen die Patienten strengstens vermeiden. – Zu erwähnen ist noch das Gallenstein-Mittel (I und II) Dr. Willmar Schwabes (nach Dr. Rohowsky).

Sehr zu empfehlen ist der methodische Gebrauch der Karlsbader Thermen, d. h. man steigt allmählich mit den Gaben und kommt wieder auf das ursprüngliche Maß zurück. Mühlbrunnen (2 Becher) und Sprudel (2 bis 7 Becher). Karlsbad erleichtert nicht nur den Abgang der Gallensteine, sondern hebt, vielleicht durch Verbesserung der Venosität und der Gallenbildung, auch die Disposition zur Wiederbildung, wenigstens auf lange Zeit. Ferner hat sich der Gebrauch von reinem Glycerin bewährt, 3mal täglich 1 Eßlöffel voll in 1 Glase heißen Wassers mit Zitronensaft, nach dem Essen. Dr. Willmar Schwabes » Glissitol« verbindet die schlackenlösende Wirkung des Glycerins, die von Dr. Stauffer gerühmt wird, mit bewährten galletreibenden homöopathischen Arzneimitteln zu einem idealen, auf biologischem Wege zur Heilung führenden Leber- und Gallemittel, das sich in der Praxis hervorragend bewährt hat.

Bleikolik. Colica saturnina. Durch Vergiftung mit Blei erzeugt. Magendrücken, Durst, süßlicher Mundgeschmack und Trockenheit im Munde, Stuhlverstopfung, bleiche Gesichtsfarbe, heftige Magen- und Leibschmerzen, Konvulsionen. Nach Entfernung der schädlichen Einflüsse haben sich bewährt: Belladonna, Nux vomica, Opium.


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