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Alessandro di Girolamo Sozzini

Marianotto lehrt den Spitalarzt Meister Terentio, wie er es machen solle, um von der Gicht geheilt zu werden.

Meister Terentio, der Spitalarzt, wurde arg von der Gicht geplagt. Eines Tages namentlich verursachte sie ihm so unerträgliche Schmerzen, daß er fortwährend herzzerreißend schrie. Da nun Marianotto ein sehr guter Freund von ihm war, entschloß er sich, ihn rufen zu lassen, daß er komme und ihn ein wenig zerstreue. Der Wunsch war Marianotto nicht so bald ausgerichtet worden, als er ihm auch schon Folge leistete. Er fand den Arzt Meister Terentio ohne Schuh und Strümpfe in einem Sessel sitzend. Die Fußsohlen hatte er auf ein Kopfkissen gestellt und rührte sie nicht von der Stelle, denn der geringste Gegenstand, den er mit den Füßen berührte, verursachte ihm die herbsten Schmerzen. Er fing nun an, sich Marianotto gegenüber über sein Leiden zu beschweren; der aber begann, mit seinen Späßen und Schnurren loszulegen und sagte zu ihm, er solle guter Dinge sein, denn die Gicht sei ein Übel der Reichen. Meister Terentio, der einen heftigen Anfall seiner Schmerzen beginnen fühlte, schrie: »Au, au!« und sagte: »O Marianotto, du scherzest: wenn dieses Übel nur die Reichen befiele, wäre es nicht über mich gekommen, hätte vielmehr deinen Herrn besucht, zumal wir Nachbarn sind, und ihm hätte es wohl angestanden, da er reich ist.«

Da antwortete ihm Marianotto: »Mein Herr ist weit übler dran gewesen als Ihr, und ich glaubte, Ihr wüßtet es, und wenn es Euch unbekannt war, so will ich es Euch sagen.« »Oh, wie hat er es denn angestellt, sie los zu werden?« fragte ihn Meister Terentio. »Durch ein Mittel«, erwiderte Marianotto, »das auch Ihr anwenden könntet, wenn Ihr wolltet; es wirkt ganz sicher.«

Da sah ihn der Meister mit weitaufgerissenen Augen an und sagte: »Ei! Marianotto, lehre mich's, ich werde dir ewig dafür verbunden bleiben und bin entschlossen, alles auf mich zu nehmen; denn ich sehne mich danach, gesund zu werden und wenn ich ein Auge dafür hergeben müßte.« »Es bedarf dazu keiner größeren Ausgabe als fünf oder sechs Heller«, erwiderte ihm Marianotto, kurz entschlossen, das Heilmittel sachgemäß anzuwenden. »So sag mir also, was ich zu tun habe«, sagte der Arzt, »und überlaß das andre mir.«

Da sagte Marianotto: »Leiht Euch einen Bronzemörser, tut ein halbes Viertel Pfirsichkerne hinein und stampft dann so lange mit den Fersen darauf herum, bis sie zu Pulver zerstoßen sind und dieses streut Euch auf die Füße, wenn sie Euch schmerzen, dann wird der Schmerz sofort verschwinden.«

Bei diesen Worten geriet Meister Terentio in Zorn, da es ihm schien, als habe ihn Marianotto allzusehr zum besten gehabt. Da er sich aber nicht anders an ihm rächen konnte, wies er ihm augenblicklich die Türe und sagte ihm, er solle sich nicht wieder blicken lassen.


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