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8.

Es war inzwischen fast zehn Uhr geworden und er legte den Mantel an, denn vom Michigansee her fegte ein scharfer Wind durch die Straßen, setzte seinen Hut auf und begab sich nach der Office der Tribune.

Die riesigen Pressen lagen noch still, als er das mächtige Gebäude betrat, denn die Morgenausgabe war erschienen und die Vorbereitungen für die Abendausgabe hatten in den Maschinensälen noch kaum begonnen, Druckerlehrlinge und Botenjungen lungerten müßig herum und trieben allerlei Allotria. Niemand wehrte ihnen oder kümmerte sich um sie; das renkte sich alles von selbst ein, wenn die Arbeit für die nächste Ausgabe mit der hast einsetzte, die für jede große Zeitung charakteristisch ist.

Tilton hatte sich fünf Minuten verspätet und sprang daher in den Aufzug, als der Führer das eiserne Gitter vor diesem schon halb geschlossen hatte. Tilton war schon verschiedene Jahre im Zeitungsdienst, fühlte aber noch jedesmal, wenn er die Redaktionsräume betrat, als ob sich seine innerste Natur veränderte. Das ruhige Behagen, das er zu Hause und noch auf dem Wege fühlte, verschwand dann wie ein Geist im Morgenlicht, und der nervöse Schaffensdrang, der alle Zeitungsleute beherrscht und sie in einer Atmosphäre fieberhaften Hetzens und Drängens, unter dem klappern der Schreibmaschinen, dem Ticken der Telegraphen, dem Lärm der Radios und Tapeapparate, und ungeduldig auf »Copy« wartender Botenjungen um jede Minute geizen läßt, nahm von ihm Besitz und beschleunigte seine Pulse. Die großen Pressen kamen ihm wie Ungeheuer vor, die jetzt noch schliefen, aber bald aufwachen und wie gierige Raubtiere auf die nächste Fütterung warten würden. Das Gehen und kommen von Leuten, Publikum und Reportern, alle in Eile, alle in Aufregung gab dem Ganzen einen Anstrich wie von einer Börse.

Gerüchte von Kriegen, Revolutionen, von Morden, politische Berichte und diplomatische Neuigkeiten, Familientragödien und gesellschaftliche Ereignisse, sportliche Veranstaltungen und Marine- und Fliegernachrichten, alles lief hier aus der ganzen Welt zusammen und mußte bearbeitet werden, um dem Publikum nicht als nackte Tatsache, sondern in der Form vorgesetzt zu werden, die sein Geschmack verlangt. Das menschliche Interesse war also der Gesichtspunkt, unter dem jeder Bericht verfaßt oder auf den hin er umgearbeitet werden mußte. Jedes Gerücht, jeder Krieg, jede Revolution, jeder Mord, jedes Familiendrama und jede sonstige interessante Neuigkeit bildeten ein Rennen nach den Spalten der Zeitungen, bei dem der gesamte Redaktionsstab immer nur von der Sucht beherrscht wurde, einen Scoop zu erringen. Man arbeitete unter dauernder Aufregung, dauernder Abwechselung, dauernder Nervenspannung; es war Sport und Abenteuer zugleich, so daß man die Überarbeitung kaum noch fühlte – bis die Nummer in der Presse war.

Tilton verweilte einen Augenblick im Postannahmezimmer und fragte nach Briefen. Nach einer verneinenden Antwort begab er sich nach dem Reporter- und Neuigkeitenzimmer. vier Leute saßen hier auf den Ecken ihrer Schreibtische, rauchend und unaufhörlich sprechend, bis die Arbeit mit Hochdruck einsetzen würde.

Es waren Sinclair, der Kriminalist, der zu dieser Stellung emporgerückt war, nachdem er sich ein paar Jahre lang als Reporter bei den Polizeigerichten und später in den Sälen der höheren Kriminalgerichte herumgedrückt und bewährt hatte. Williams, der Re-write-man, der die Berichte der Reporter und gelegentlicher Einsender zu bearbeiten hatte und wegen seiner vielen Streichungen allgemein gefürchtet und insgeheim auch ein wenig verhaßt war. Nathan, der Theaterkritiker, dessen Amt durch Radio und Kino und das durch beide veranlaßte bedauerliche Schließen der besseren Theater etwas von seinem Nimbus verloren hatte. Miß Annie Morgan, die Sobsister oder Heulschwester, die für die rührseligen Artikel zu sorgen hatte, und noch ein Reporter, der die blutige Fehde der beiden chinesischen Tongs oder Geheimbünde, die neuerdings in Neuyork, Chikago und San Franzisko wieder ausgebrochen war und mit echt chinesischer Grausamkeit geführt wurde, zu bearbeiten hatte.

»Wir haben eben von Ihnen gesprochen«, sagte der Re-write-man.

»Well, wer hat mich verleumdet?« fragte Tilton mit tiefem Ernst.

»Miß Morgan, denn sie behauptete eben, daß Sie der liebenswürdigste Mensch wären, den sie jemals kennen gelernt habe. Und dabei hat sie täglichen Umgang mit mir.«

»Meinen Sie nicht, daß das die Sache genügend erklärt?« fragte Miß Morgan spöttisch.

Ehe Tilton etwas daraus erwidern konnte, bemerkte William:

»Sie werden wohl heute noch etwas in der Zutasache zu tun bekommen, haben Sie ja ganz gut eingeleitet. Jetzt sind aber Nachträge eingelaufen und es scheint, als ob wir für eine Woche Copy davon haben werden. Der tote Zuta ist eine viel wichtigere Persönlichkeit als der lebende, denn er hat etwas hinterlassen, das in dieser gesegneten zweiten Stadt Amerikas eine größere Explosion auslösen muß, als alle seine Bomben und Maschinengewehre.«

»Was ist es?« fragte Tilton gespannt, indem er Hut und Mantel ablegte und in einen von einer Anzahl Schränken hängte, die für diesen Zweck in eine Wand eingebaut waren. Dann setzte er sich vor einer Schreibmaschine auf einen Stuhl und schlug die Beine übereinander.

»Well, die Polizei und die Leute aus der Office des Attorney General, der jetzt sehr eifrig ist, denn es sind bald wieder Wahlen, haben in Zutas Wohnung Haussuchung gehalten; noch in der Nacht, um zu sehen, ob sie etwas finden könnten, das sie auf die Spur der Mörder leitet. Da hat man nun entdeckt, daß Zuta eine ganz gewissenhafte Art von Gangster war. Er hat nämlich Bücher geführt, wie jeder ordentliche Geschäftsmann. Aus diesen geht hervor, daß er finanzielle Verbindungen mit Politikern, Richtern, Staatssenatoren, Rechtsanwälten und Polizeibeamten unterhielt. Er war der geschäftsführende Leiter und Kassierer des Aiello-Moran-Ganges und alle Einnahmen und Ausgaben gingen durch seine Hände.«

»Er war noch mehr«, warf Sinclair, der Kriminalist, ein. »Ich bin überzeugt, daß er der Anstifter von dem Mord an Lingle war. Der Befehl dazu ging von ihm aus. Das weiß ich, aber es ist natürlich eine andere Sache, es zu beweisen.«

»Es käme wohl auch zu spät«, versetzte William, »hier ist eine Liste aus der Office des Attorney General, die Zahlungen Zutas an Persönlichkeiten enthält, über die wir einstweilen nur Vermutungen haben, wenn die der Wahrheit wohl auch verdammt nahekommen.«

Er reichte Tilton ein Blatt Papier. Dieser warf einen Blick darauf und fand, daß es Angaben über Persönlichkeiten enthielt, die nicht mit Namen genannt, sondern nur nach ihren Stellungen bezeichnet waren, mit dabeistehenden Summen.

Da waren 5500 Dollar gezahlt an einen früheren Richter am städtischen Gericht.

250 Dollar an einen Richter des Superior Court.

Zwei Schecks von je 200 Dollar gezahlt an einen Staats-Senator.

Der Brief eines Evanstoner Polizeibeamten, der Zuta um ein Darlehen von 400 Dollar bat.

Die Empfangsbestätigung eines Chikagoer Polizei-Sergeanten über 600 Dollar.

Die Karte eines früheren Sheriffs, die Zuta ungehinderten Zutritt zu den Gefängnissen in Chikago verschaffte.

Zuletzt kam ein Posten, der besonderes Interesse erweckte, weil Zuta damit sehr geheimnisvoll umgegangen war. Er lautete: Gezahlt 3500 Dollar an Ost-Chikago.

»Was machen Sie aus dem letzten Posten?« fragte William.

»Völlig klar«, entgegnete Tilton ohne Zögern. »Damit ist nichts anderes als der Polizeibezirk nördlich vom Flusse gemeint.«

»Zweifellos. Ich habe übrigens die Office des Attorney General angerufen und mit dem Assistenten gesprochen. Er meint, daß sie heute und morgen wohl sehr beschäftigt sein würden mit Besuchen gewisser Herren, die das Bedürfnis fühlten, diese Zahlungen hinwegzuerklären. Und andere wieder würden wahrscheinlich vorziehen, sich auf eine kleine Ferienreise zu begeben.«

Er wurde unterbrochen, denn seine Stenotypistin, die eben am Fernsprecher eine Mitteilung entgegengenommen, rief ihn an den Apparat, indem sie sagte:

»Ellis spricht von der Nordpolizeistation aus. Er hat eine dringende Mitteilung.«

Sie reichte ihm den Hörer.

Ellis war der Polizeireporter des Blattes für den nördlichen Bezirk und da er William dringend zu sprechen verlangte, mußte es sich um eine wichtige Neuigkeit handeln.

Der Re-write-man horchte eine Zeitlang, dann rief er überrascht:

»Was, Aiello erschossen? Der Partner Morans? Mit Maschinengewehren? Hundertfünfzig Schüsse sagen Sie – hundertfünfunddreißig? Allright. Miß Schenk wird Ihr Diktat aufnehmen, sie ist hier.«

Er gab den Hörer an die Stenotypistin zurück und sie machte sich bereit, den Bericht des Reporters niederzuschreiben.

»Ihr habt es gehört, Boys«, wandte er sich an seine Kollegen. »Aiello ist eben erschossen worden. Mit Maschinengewehren. hundertfünfunddreißig Kugeln. Gründliche Arbeit, das muß man sagen.«

»Nicht schade um ihn«, meinte der Kriminalist. »Aber lassen Sie sehen. Was ist Aiello. vor diesem und Moran waren Dion O'Banon, Hymic Weiß und Schemer Drucci der Reihe nach die Führer des Ganges, soweit ich mich erinnern kann. Sie sind alle von ihren eigenen Leuten oder doch von Konkurrenzgangstern, was in diesem Falle so ziemlich dasselbe ist, erschossen worden. Es scheint also doch, als ob der Posten eines Gangführers entschieden ungesund ist. Schade, daß sie nicht noch gründlicher arbeiten, man könnte ihnen sonst die Ausrottung des Verbrechertums in Amerika ruhig selbst überlassen.«

»Nicht, solange die Politik in Amerika das ist, was sie ist. Graft von Anfang bis Ende und bis in die höchsten Ämter hinauf, wo man Millionen zusammenrafft, anstatt der verhältnismäßig lumpigen Zehn- und hunderttausende in den unteren. Denken Sie doch nur an Präsident Harding. Sein Denkmal, das ihm die Nation errichtet hat, bevor sie von seinen Verfehlungen Kenntnis erlangt hatte, ist das prächtigste Bauwerk dieser Art in der Welt und er ist darin beigesetzt worden. Aber eingeweiht ist es noch nicht. Ich erinnere mich noch, wie kurz nach seinem Tode, das war 1923, die Geldsammlung dafür eröffnet wurde. Charles E. Hughes, der damals noch Staatssekretär war, sagte in einem Radiovortrag: ›Warren G. Harding gab sein Leben für sein Land. Niemand kann mehr tun als das. Er erschöpfte sich im Dienste für sein Volk.‹ Well, Boys, Ihr wißt ja, wie er sich erschöpft hat und wie er starb.

Hughes war im Denkmalsausschuß. Weiter gehörten dem Komitee an Calvin Coolidge, Andrew W. Mellon, Herbert C. Hoover und andere mit großen Namen. Diese Leute vor allem müssen gewußt haben, daß Harding völlig in den Händen der Bootlegger und Grafter war, trotzdem redeten sie alle in diesem Sinne, wie Professoren bei einer Schulfeier. Und achthunderttausend Dollar gingen ein. Das Denkmal wurde in Marion, Ohio, errichtet. Als es aber eingeweiht werden sollte, waren alle die großen Herren verhindert, Reden dabei zu halten, Calvin Coolidge und Hughes, Mellon und Hoover und alle die anderen. Sie hätten sich bloßgestellt, denn inzwischen war zu viel über Harding durchgesickert. So kommt es, daß seine Gebeine immer noch in einem uneingeweihten Gedächtnisbau ruhen.«

Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn, die schon bis zum Scheitel hinauf reichte und fuhr fort:

»Nein, wir werden den Gangsterkrieg unsern Kindern und Enkeln überliefern, denn überall im Lande haben wir die Tammanymethoden in der Politik und die Politiker brauchen die Verbrecher, um sich ihre Taschen zu füllen. Daher das Rennen nach den Ämtern und die erbitterten Wahlkämpfe mit ihren unglaublichen Betrügereien. Und es ist wie überall, die unteren Ränge spielen dabei um ihr Leben und die oberen riskieren höchstens einmal einen kleinen Skandal, und auch dann muß es schon hart auf hart kommen, denn sie müssen geschont werden, weil sie zu viel wissen.«

Die Tür des Nebenzimmers wurde in diesem Augenblicke geöffnet und der Cityeditor, ein schon älterer Mann, erschien auf der Schwelle. Er warf einen raschen Blick durch den Raum und sagte dann:

»Mr. Tilton und Mr. William, bitte.«

Die beiden Genannten folgten ihm in sein Zimmer, wo er sich vor seinem, mit Haufen von Manuskripten und Zeitungen bedeckten Schreibtische niederließ und zunächst mit ein paar kräftigen Zügen seine Pfeife wieder in lebhafteren Brand setzte. Er lud sie nicht ein, Platz zu nehmen. Das konnten sie tun, wenn es ihnen beliebte, denn es war keine Etikettefrage, nur war es manchmal schwierig, eine Sitzgelegenheit zu finden, da alle Stühle mit Zeitungen, Korrekturfahnen und anderen wichtigen Dingen bedeckt waren.

Er räusperte sich und grunzte ein- oder zweimal, was, wie Tilton schon herausgefunden hatte, bei ihm immer der Vorläufer einer Anerkennung war.

»Well, Tilton«, sagte er dann, »Sie haben ja ganz gut gearbeitet. Daß Sie den Mord Zutas mit ansahen, war allerdings Zufall. Aber Ihre Mitteilung über Jack Diamond zeigt, daß es Ihnen bereits gelungen ist, Fühlung mit den Herren Verbrechern zu nehmen.«

»Und solange sie nicht Fühlung mit mir nehmen, ist das ja auch all right«, bemerkte William sarkastisch.

»Ja, das soll manchmal recht unangenehm sein«, versetzte der Editor grimmig. »Übrigens, wenn mich nicht alles täuscht, werden wir mit den Gangstern in der nächsten Zeit noch gehörig zu tun bekommen. Das Gesindel wird immer dreister, die Sache kann kaum noch so weiter gehen. Donald D. Conn, der Manager der ›Fruitindustries, Inc.‹, hat mich eben angerufen und mir erzählt, daß er von einer unbekannten Persönlichkeit, zweifellos aber einem Manne Al Capones, über den Fernsprecher gewarnt worden sei, es würde Morde geben, wenn er etwa versuchen wollte, seine Ware auch in Chikago einzuführen. Auch brieflich sind die gleichen Drohungen an ihn gelangt.«

»Was ist es mit der Fruitindustries, Inc.?« fragte William.

»Well, es ist eine Tochtergesellschaft der Vereinigung der kalifornischen Weinbauer. Unter der Prohibition haben die Weinbauer nicht mehr genügend Absatz für ihre Trauben. Es ist nun ein Verfahren ausfindig gemacht worden, den Saft, der sonst innerhalb sechsunddreißig Stunden zu gären anfängt und sich in Wein verwandelt, haltbar zu machen. In dieser Form kann er auf weite Entfernungen verschickt werden. Die Gesellschaft hat mit dem Absatz in Neuyork. begonnen und Chikago soll demnächst folgen. Die Bootlegger, besonders die Bierverkäufer, wollen sich diese Konkurrenz aber nicht gefallen lassen. In Neuyork hat das schon zu zehn oder zwölf Morden geführt. Da konnte Narbengesicht Al in Chikago natürlich nicht zurückbleiben. Er kennt nur ein Gesetz, den Mord, und nur ein Recht, das des Mörders. Amerika ist heute ganz und gar in den Händen der Racketeers und die Prohibition war das Mistbeet, auf dem das Übel emporwuchern konnte.

Ich möchte nun, daß Tilton den Alderman Purnell interviewt. Er ist eine Stütze der Trockenen – aus guten Gründen. Denn ich habe ihn stark im Verdacht, daß das Vermögen, das er sich in ein paar Jahren erworben hat – denn bevor er Alderman und Politiker wurde, besaß er nichts –, von Diensten stammt, die er der anderen Seite geleistet hat. Es wird nun interessant sein, seine Ansichten über die Prohibition und ihre neueste Entwicklung kennen zu lernen. Nebenbei oder eigentlich in der Hauptsache versuchen Sie aber herauszufinden, ob er etwas von den Drohungen gegen die Fruitindustries weiß, ich meine, von wem sie ausgehen. Wir brauchen Beweismaterial. Wieviel Raum können Sie ihm geben, William?«

»Eine Dreiviertelspalte. Genügt das?«

»Vollkommen. Und sehen Sie zu, ob Sie von Ihren Freunden in der Unterwelt etwas darüber erhorchen können. Die Drohungen sind so zahlreich, daß es gelingen sollte, in dem einen oder anderen Falle zu entdecken, von wem sie ausgehen. Das weitere wird sich dann schon ergeben; nur erst eine Spur, bei der man einsetzen kann. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Sie sind frei für heute.«

Zurückgekehrt nach dem Neuigkeitenzimmer, begab sich Tilton an den Fernsprecher und setzte sich mit Alderman Purnell in Verbindung.

»Tilton von der Tribune? All right. – Well, ich bin sehr beschäftigt, aber, lassen Sie sehen – kommen Sie um drei Uhr, dann werde ich da sein.«

Dadurch fand Tilton Zeit, den Brief nach San Franzisko, zu dem er sich nun doch entschlossen hatte, zu schreiben und Dorsey aufzusuchen, um zu hören, ob dieser ihm Winke geben konnte, den Drohungen gegen die Fruitindustries, Inc. nachzugehen.

Der Brief an Miß Carranza, den er schrieb, während der Betrieb zur Herstellung der nächsten Nummer bereits mit Hochdruck um ihn her summte, hatte folgenden Inhalt:

»Liebe Miß Carranza!

Ich weiß nicht, ob Sie sich meiner noch erinnern. Wenn das nicht der Fall sein sollte, gestatten Sie wohl, daß ich Ihnen darin etwas zu Hilfe komme, indem ich erwähne, daß ich im vorigen Jahre gelegentlich eines Dinners bei Governor Young die Ehre hatte, Ihr Tischnachbar zu sein. Später hörte ich dann von dem traurigen Schicksal, das Ihren Vater betroffen hat und ich gestatte mir noch nachträglich, Ihnen mein aufrichtiges Beileid daran auszudrücken.

Der Grund, weshalb ich heute an Sie schreibe, ist, daß mir in meiner Tätigkeit als Reporter an der Tribune in Chikago der Mörder Ihres Vaters bekannt geworden ist. Ich halte es für meine Pflicht, Ihnen hiervon Kenntnis zu geben, obwohl ich mir bewußt bin, daß es sehr schwierig sein wird, ihm das Verbrechen auch nachzuweisen. Sein Name ist Piggy Donnovan und er ist der Anführer einer Bande von Entführern, die im ganzen Lande arbeiten, aber hier in Chikago ihr Hauptquartier haben. Seine Adresse ist mir nicht bekannt, aber die Polizei wird sie ausfindig machen können. Ob es freilich ratsam ist, die Polizei, die von den Gangstern regelmäßige Einnahmen bezieht, mit den Nachforschungen zu betrauen, möchte ich bezweifeln.

Piggy Donnovan soll den Mord im geheimen Einverständnis mit einem Verwandten von Ihnen, Ihrem jetzigen Vormund, um es offen zu sagen, begangen haben, dem daran lag, die Hinterlassenschaft Ihres Vaters in seine Verwaltung zu bekommen. Das habe ich indessen nur als Gerücht gehört und gebe es als solches an Sie weiter, damit Sie Gelegenheit haben, die Sache, wenn Sie das für richtig halten, durch eine geeignete Persönlichkeit nachprüfen zu lassen.

Ich bin selbstverständlich zu allen weiteren Auskünften, soweit ich in der Lage bin, solche zu geben, gern bereit und begrüße Sie inzwischen als

Ihr Ihnen freundschaftlich ergebener
Norman Tilton.«


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