Charles Dickens
Skizzen aus dem Londoner Alltagsleben
Charles Dickens

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Zweites Kapitel

Der Pfarrer. – Die alte Dame. – Der Halbsold-Kapitän.

Wir begannen das vorige Kapitel mit dem Diener unseres Kirchspiels, weil wir keine geringe Meinung von der Würde und Wichtigkeit dieses Dienstes haben. Wir wollen nun das gegenwärtige mit dem Geistlichen anfangen. Unser Pfarrer ist ein junger Herr, von einnehmendem Aeußern und solch bezaubernden Wesen, daß kaum ein Monat nach seinem ersten Auftreten in dem Kirchspiele abgelaufen war, als auch schon die eine Hälfte unserer jungen Damenwelt in eine religiöse Schwermuth, und die andere Hälfte in hoffnungslose Liebe versank. Nie hatte man früher Sonntags eine solche Zahl junger Frauenzimmer in unserer Pfarrkirche gesehen, und nie war den niedlichen, runden Engelsgesichtchen auf Mr. Tomkins' Grabmale im Seitengange eine so inbrünstige Andacht zu Theil geworden, als wie sie die jungen Kirchengängerinnen jetzt an den Tag legten. Der Pfarrer war zu der Zeit, als er das erste Mal auftrat, um unsere Pfarrgenossen in Bewunderung und Erstaunen zu setzen, ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt; er trug sein Haar auf der Mitte der Stirn, nach der Form eines sächsischen Bogens gescheitelt, einen Brillant vom ersten Wasser an dem vierten Finger der linken Hand (die er stets an seine linke Wange hielt, wenn er Gebete las) und hatte eine ungewöhnlich feierliche, tiefe Grabesstimme. Unzählig waren die Besuche, welche kluge Mütter unserm neuen Pfarrer machten; unzählig die Einladungen, mit denen er bestürmt wurde und die er, wir müssen ihm Gerechtigkeit wiederfahren lassen, willfährig annahm. Hatten schon seine Manieren auf der Kanzel einen für ihn günstigen Eindruck hervorgebracht, so wurde derselbe durch sein Erscheinen in der Gesellschaft noch zehnfältig vergrößert. Die Kirchenstühle in unmittelbarer Nähe der Kanzel oder des Altars stiegen im Preise; Sitze im Mittelgange waren noch mehr werth; nur ein zollbreit Raum auf den vordersten Sitzen der Emporkirche konnte man sich aber weder durch Geld noch gute Worte verschaffen, und gewisse Leute gingen sogar so weit, zu versichern, daß sie die drei Miß-Browes, die einen dunkeln Kirchenstuhl dicht hinter dem der Kirchenvorsteher inne hatten, eines Sonntags auf den freien Plätzen am Altar bemerkt hätten, augenscheinlich, um den Pfarrer, wenn er in die Sakristei ging, an sich vorüber zu lassen. Dieser fing an Stunden zu halten, und nun ergriff die Ansteckung sogar die bedächtigen Väter. Einst verließ er in einer Winternacht nach halb ein Uhr das Bett, um an dem Kinde einer Wäscherin in einer Waschkufe die Nothtaufe vorzunehmen, und die Dankbarkeit der Pfarrgenossen kannte nun keine Gränzen mehr – sogar die Kirchenvorsteher wurden freigebig und brachten es dahin, daß die Kosten für einen Wagen, den der Pfarrer sich hatte machen lassen, um bei schlechtem Wetter den Leichengottesdienst besorgen zu können, von dem Kirchspiele übernommen wurden. Er schickte einer armen Frau, die auf einmal mit vier Kindern niedergekommen war, drei Pinten Fleischbrühe und ein Viertelpfund Thee – das Kirchspiel war entzückt. – Er veranstaltete eine Subscription für die Wöchnerin – ihr Glück war gemacht. Er sprach eine Stunde und fünfundzwanzig Minuten in einer Anti-Sklaverei-Versammlung im Wirthshause zum Gestiefelten Bock. Der Enthusiasmus hatte seinen höchsten Gipfel erreicht. Man machte den Vorschlag, dem Pfarrer für seine ausgezeichneten Dienste, die er dem Kirchspiele geleistet, mit einem Stück Silbergeschirr ein Geschenk zu machen. Die Subscriptionsliste blieb zwar lange leer, aber die Ursache rührte nicht daher, daß irgend Jemand der Subscription entrinnen wollte, sondern vielmehr davon, weil man nicht wußte, wer den Anfang mit dem Unterzeichnen machen sollte; kaum war aber dieß geschehen, so war der Subscriptionsbogen im Nu gefüllt. Man ließ ein prachtvolles silbernes Schreibzeug mit einer passenden Umschrift verfertigen und lud den Pfarrer zu einem öffentlichen Frühstück in dem, vorerwähnten Gestiefelten Bock ein, wo ihm das Schreibzeug durch Herrn Gubbins, den Exkirchenvorsteher, mit einer zierlichen Rede überreicht wurde, die sodann der Pfarrer in Ausdrücken beantwortete, welche allen Anwesenden Thränen entlockten, so daß selbst die Kellner vor Rührung zerschmelzen wollten.

Man sollte nun wohl annehmen dürfen, daß der Gegenstand der allgemeinen Bewunderung unter solchen Umständen bereits den höchsten Gipfel der Beliebtheit erreicht hätte. – Keineswegs! Der Pfarrer fing an zu husten, – eines Morgens hustete er vier Mal zwischen der Litanei und Epistel, und fünf Mal beim Nachmittagsgottesdienste. – Da war es klar – der Pfarrer hat die Schwindsucht. Welch interessante Schwermuth! Waren die jungen Damen vorher bis zur Ueberspannung gereizt, so kannte ihre Sympathie und ihre Bekümmerniß nun keine Gränzen mehr. So ein Mann wie der Pfarrer – so ein theurer – so ein liebenswürdiger Mann sollte schwindsüchtig sein! Es war zu viel. Anonyme Geschenke, bestehend aus bewährtem Brustthee und Hustenzucker, elastische Westen, Flanellwämser und warme Strümpfe kamen in Haufen in das Haus des Pfarrers, bis er so vollständig mit Winterkleidern ausgestattet war, als hätte er im Sinne, eine Reise nach dem Nordpol zu unternehmen. Bulletins über seinen Gesundheitszustand liefen des Tags ein halbes Dutzend Mal im ganzen Kirchspiele umher, und der Pfarrer befand sich im Zenith seiner Popularität.

Um diese Zeit trat in den Gesinnungen des Kirchspiels eine Veränderung ein. Ein sehr ruhiger, achtungswürdiger, stiller, alter Mann, der seit zwölf Jahren die Predigerstelle in der Kapelle versehen hatte, starb an einem schönen Morgen plötzlich, ohne daß er von diesem Todesvorhaben etwas hätte vorher merken lassen. Dieser Umstand gab Veranlassung zum ersten Gegeneindruck, und die Ankunft seines Nachfolgers zum zweiten. Dieser war ein blasser, schmächtiger, leichenhaft aussehender Mann, mit großen schwarzen Augen und langem, straffem, schwarzem Haare; seine Kleidung war nachlässig bis zum Uebermaße, seine Manieren tölpisch, seine Vorträge abscheulich, kurz, er war in jeder Hinsicht das Gegenstück des Pfarrers. Unsere weiblichen Pfarrgenossen strömten haufenweise hin, um ihn zu hören; zuerst weil er ein so sonderbares Aussehen hatte, dann, weil sein Gesicht so ausdrucksvoll war; ferner, weil er so gut predigte; und endlich, weil sie wirklich glaubten, daß etwas ganz Unbeschreibliches in seinem Wesen läge. Was nun den Pfarrer anbelangt, so war dieser ohne Zweifel gerade wie vorher; aber doch ließ sich trotz dem nicht läugnen, daß – daß – kurz der Pfarrer war nicht mehr neu, und der andere Geistliche war es. Die Unbeständigkeit der Volksgunst ist zum Sprichworte geworden; seine Zuhörer verließen ihn, Einer nach dem Andern. Der Pfarrer hustete, bis er ganz schwarz im Gesicht wurde, – es war vergeblich. Er konnte nur mit Anstrengung Athem holen – es war eben so unwirksam, Theilnahme für sich zu erwecken. Man kann nun auf ein Mal wieder in jedem Theile unserer Pfarrkirche Sitze bekommen, während man damit umgeht, die Kapelle zu erweitern, da sie jeden Sonntag bis zum Ersticken angefüllt ist.

Von allen Bewohnern des Kirchspiels ist Niemand bekannter und geachteter, als eine alte Dame, die in unserem Kirchspiele schon lange gewohnt hat, ehe noch unser Name ins Taufregister eingetragen wurde. Unser Kirchspiel gehört zu den Vorstädten, und die alte Dame bewohnt ein Haus in einer hübschen Reihe – zur Straße fehlt nämlich noch die zweite – in der lebhaftesten und angenehmsten Gegend des Kirchspiels. Das Haus ist ihr Eigenthum und trägt noch innen und außen – mit Ausnahme der alten Dame selbst, die etwas weniges älter aussieht, als vor zehn Jahren – vollkommen dasselbe Aussehen, wie es zu Lebzeiten des alten Herrn war. Das kleine Wohnzimmer an der Vorderseite, der gewöhnliche Aufenthaltsort der alten Dame, ist das treffendste Muster von Stille und Sauberkeit; der Bodenteppich ist mit einem Stücke grauer Leinwand bedeckt; die Spiegel und die Gemälderahmen sind sorgfältig in gelbem Musselin eingehüllt; die Tischteppiche dürfen nie weggenommen werden, als wenn die Tischblätter mit Terpentin abgerieben und gewichst werden, ein Prozeß, der einen Tag um den andern Morgens um halb zehn Uhr vor sich geht; Alles, vom Kleinsten bis zum Größten, hat seinen bestimmten Platz und darf nicht verrückt werden, namentlich auch die niedlichen Sächelchen, deren größerer Theil aus Geschenken besteht, welche die alte Dame von kleinen Mädchen, deren Eltern in derselben Reihe wohnen, erhalten hat, in deren Besitz sie zum Theil schon seit vielen Jahren ist, wie z. B. die beiden altmodischen Uhren (von denen die eine gewöhnlich eine halbe Stunde zu spät, die andere eine halbe Stunde zu früh geht), das kleine Gemälde, das die Prinzessin Charlotte und den Prinzen Leopold vorstellt, wie sie sich in der königlichen Loge des Drurylane-Theaters zeigen, u. dgl. Hier sitzt nun die alte Lady, mit der Brille auf der Nase, und emsig mit Nähtereiarbeit beschäftigt, zur Sommerzeit am Fenster, und wenn sie dich, lieber Leser, die Stufen der Treppe heraufkommen sieht, und du hast das Glück, zu ihren Günstlingen zu gehören, so trippelt sie hinaus, um dir die Hausthüre zu öffnen, ehe du klopfst, und nöthigt dir, wenn dich das Gehen in der Hitze ermüdet hat, ein paar Glas Xeres auf, ehe sie dich zum Sprechen gelangen läßt. Besuchst du sie Abends, so findest du sie zwar nicht minder liebenswürdig, doch ein wenig ernster als sonst; dann liegt eine Bibel auf dem Tische vor ihr aufgeschlagen, aus welcher »Sarrah«, die eben so niedlich gekleidet, und eben so pünktlich als ihre Herrschaft ist, regelmäßig zwei oder drei Kapitel laut vorliest. Die alte Dame sieht, mit Ausnahme der vorerwähnten kleinen Mädchen, selten Gesellschaft bei sich; von diesen aber hat jedes seinen bestimmten Tag, an dem es zum Thee kommen darf, und auf den sich die Kinder im Voraus freuen, als wenn sie zum größten Feste geladen wären, oder als ob ihre Existenz davon abhinge. Sie macht selten entferntere Besuche, als in ihre beiden Nachbarwohnungen zur rechten und linken Seite, und wenn sie dorthin zum Thee geht, so springt Sarah voran und klopft zwei Mal heftig, um jeder Möglichkeit vorzubeugen, daß »Missiß« sich durch Warten vor der Thüre erkälte.

Sie ist sehr gewissenhaft darin, jede Einladung pünktlich zu erwiedern, und wenn sie Herrn und Madame So und So und Herrn und Madame Der und Die zu sich bitten läßt, so wird von ihr und Sarah die Theemaschine und das schönste chinesische Theeservice und das Theebrett mit der Päbstin Johanna sorgfältig abgestäubt, und die Gäste werden im größten Putze und im Besuchszimmer empfangen. Sie hat nur wenige Verwandte, die in verschiedenen Theilen des Landes zerstreut wohnen, und die sie daher selten sieht. Sie hat einen Sohn in Ostindien, den sie Jedermann als einen sehr hübschen, liebenswürdigen, jungen Mann schildert – dem Gemälde seines armen seligen Vaters, das an der Wand hängt, sprechend ähnlich; aber die alte Dame fügt mit traurigem Kopfschütteln hinzu, daß er ihr viel Leid angethan und ihr das Herz fast gebrochen; doch habe es Gott gefallen, sie darin zu bestärken, daß sie nur das Bessere von ihm glaube, weßhalb sie bitte, ja des Gegenstandes nimmer zu erwähnen. Sie hat eine große Menge Hausarme, und wenn sie des Sonnabends vom Wochenmarkte zurückkehrt, so findet sie auf der Hausflur eine regelmäßige Versammlung alter Männer und Frauen, die auf ihr wöchentliches Almosen warten. Ihr Name steht auf allen Subscriptionslisten für wohlthätige Zwecke immer obenan, und ihre Beiträge zu der Winter- Feuerungs- und Suppen-Vertheilungs-Gesellschaft sind stets die freigebigsten. Sie unterzeichnete zwanzig Pfund zur Errichtung einer Orgel in unserer Pfarrkirche und wurde am ersten Sonntag, als die Kinder nach derselben sangen, so ergriffen, daß sie durch den Kirchenstuhlschließer nach Hause geführt werden mußte. Ihr Eintritt in die Kirche ist stets das Zeichen zu einem kleinen Geräusch im Seitengange, welches durch das gemeinsame Aufstehen der armen Leute veranlaßt wird, die gebückt und höflich stehen bleiben, bis der Kirchenstuhlschließer die alte Dame in ihren gewöhnlichen Kirchenstuhl begleitet, sich ehrfurchtsvoll verbeugt, und die Thüre wieder geschlossen hat. Dieselbe Ceremonie wiederholt sich, wenn sie die Kirche verläßt und mit der ihrem Hause zunächst wohnenden Familie heimkehrt, mit welcher sie auf dem ganzen Wege über die Predigt spricht, nachdem sie unabänderlich die Unterredung dadurch eröffnet hat, daß sie den jüngsten Knaben nach dem Texte fragt.

Auf diese Weise bringt die alte Dame ihr Leben hin, mit der einzigen Abwechslung, daß sie jedes Jahr einen kurzen Ausflug nach der Seeküste macht, und dort einige Zeit ein stilles Häuschen bewohnt. Ihr Leben ist nun in demselben unveränderten wohlthätigen Laufe so viele Jahre dahin gerollt, und dessen Ende wird wohl nimmer sehr ferne sein, dem sie übrigens mit Ruhe und ohne Zagen entgegen sieht. Sie hat Alles zu hoffen und Nichts zu fürchten.

Sehr verschieden von der alten Dame ist einer ihrer nächsten Nachbarn, der sich in unserem Kirchspiele einen großen Ruf erworben hat. Es ist ein alter Seeoffizier auf halbem Sold und sein rauhes und rücksichtloses Benehmen bringt in die häuslichen Gewohnheiten der alten Dame nicht wenig Störung.

Zuvörderst raucht er im Vorhofe Cigarren, und wenn es ihm zuweilen einfällt, dazu zu trinken, was keineswegs ein ungewöhnliches Ereigniß ist, so hebt er mit seinem Spazierstocke der alten Dame Thürklopfer in die Höhe und bittet, ihm ein Glas Ale über das Geländer zu reichen. Dann kommt noch, zu diesem unmanierlichen Betragen, daß er eine Art von Tausendkünstler, oder um sich seiner eigenen Worte zu bedienen, »ein förmlicher Robinson Crusoe« ist, und nichts macht ihm mehr Vergnügen, als an dem Eigenthum der alten Dame Experimente anzustellen.

Eines Morgens stand er frühzeitig auf und pflanzte auf jedes Beet ihres Hausgartens drei oder vier Ringelblumenstöcke in voller Blüthe, so daß die alte Dame, die sie zu ihrem nicht geringen Erstaunen bemerkte, als sie beim Aufstehen aus dem Fenster sah, nicht anders glaubte, als sie seien während der Nacht durch irgend ein Wunder aus der Erde hervorgeschossen. Ein anderes Mal legte er die Achttageuhr am ersten Treppenabsatze auseinander, unter dem Vorgeben, sie reinigen zu wollen, und er setzte sodann das Werk durch einen bis dahin unentdeckten Prozeß auf eine so wundervolle Weise wieder zusammen, daß der kleine Zeiger seitdem dem großen, so oft er demselben kleinen begegnet, ein Bein stellt. Sofort fiel es ihm ein, sich in der Seidenwürmerzucht zu versuchen, die er täglich zwei oder drei Mal in kleinen Papierdüten herüberbrachte, um sie der alten Dame zu zeigen, wobei er in der Regel ein paar der Thierchen verlor. Die Folge war, daß eines Morgens ein ungewöhnlich großer Seidenwurm gefunden wurde, der gerade im Begriffe war, die Treppe hinaufzukriechen, wahrscheinlich in der Absicht, sich nach seinen Freunden zu erkundigen, denn wirklich machte man bei genauerem Nachsuchen die Entdeckung, daß sich fast in allen Zimmern des Hauses bereits einige seiner Stammesvettern eingebürgert hatten. Die alte Dame reiste in der Verzweiflung nach der Seeküste, und während ihrer Abwesenheit machte der Kapitän an ihrer messingenen Thürplatte so erfolgreiche Polirversuche mit äzenden Wassern, daß es ihm gelang, den eingegrabenen Namen vollständig auszutilgen.

Aber all dieses ist noch nichts im Vergleiche mit seinem aufwieglerischen Benehmen im öffentlichen Leben. Er legt dieß bei jeder Kirchspielversammlung an den Tag, die er alle besucht, widersetzt sich stets den bestehenden Autoritäten, wirft den Kirchenvorstehern allerlei Schlechtigkeiten vor; fängt mit den Kirchspielsschreibern Streitigkeiten über gesetzliche Punkte an; läßt sich vom Steuereinnehmer an seine Schuldigkeit stets erinnern, und erst, wenn dieser mit seinen Erinnerungen aufhört, sendet er die Steuer; findet jeden Sonntag an der Predigt etwas zu tadeln; sagt laut, daß sich der Organist seines Spiels schämen müsse, und erbietet sich zu jeder Wette, die Psalmen weit besser singen zu wollen, als die Kinder männlichen und weiblichen Geschlechts zusammengenommen; kurz er beträgt sich auf höchst unruhige und aufrührerische Weise. Das Schlimmste dabei ist, daß er sich unaufhörlich bemüht, die alte Dame, da er so ausgezeichnete Achtung gegen sie hegt, für seine Ansichten zu gewinnen und deßhalb mit den Zeitungs-Neuigkeiten in der Hand täglich in ihr kleines Zimmer eindringt und heftige, stundenlange politische Reden hält. – Trotz dem Allem ist er im Grunde seines Herzens ein biederer, offenherziger, menschenfreundlicher alter Knabe und harmonirt im Ganzen mit der alten Lady, obgleich er ihr zuweilen gar zu viel zumuthet, sehr gut; und wenn ihr Unmuth vorüber ist, so lacht sie so herzlich, als irgend Jemand, über seine Kunststückchen.



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